Das hutzelige Goldbergmännle geht um
Der 514 Meter hohe Goldberg am Riesrand war schon zur Steinzeit besiedelt und kann viele Geschichten erzählen
Von Bernhard Hampp
Riesbürg-Goldburghausen - Wenn die Nacht besonders finster ist, so sind auf dem Goldberg wundersame Geräusche zu hören. „Daher, daher“ – so klingt ein Rufen von den zerklüfteten Felsen her. Das Goldbergmännle, das einen märchenhaften Schatz in der Tiefe des Hügels bewacht, lockt verirrte Wanderer, hetzt sie hin und her und leitet sie in die Irre. Erst wenn die Morgennebel am Riesrand aufsteigen, gibt es sie wieder frei.
Der Goldberg mit seinem mächtigen Hochplateau und dem abends kupferfarben schimmernden Travertin-Gestein hat zu allen Zeiten die Fantasie der Rieser beflügelt. Die Sage vom Goldbergmännle findet sich in dem Buch „Die Stadt Nördlingen, ihr Leben und ihre Kunst im Lichte der Vorzeit“ von 1876. Auch die 25-Jahres-Festschrift des Schützenvereins Goldburghausen von 1982 berichtet von der Sage. Dort ist gar die Rede vom „Krautxander“, den man einst „kalt und steif vom Goldberg brachte.“ Er soll vorher mit seinen Zechkumpanen gewettet haben, dem hutzeligen Männlein den Schatz abzujagen.
„Mit Gold hat der Name Goldberg leider nichts zu tun“, enttäuscht Waltraud Weiß, Leiterin des Goldbergmuseums in Goldburghausen, alle, die sich Hoffnungen auf großartige Funde machen. Namensgeber sei vielmehr der altdeutsche Begriff Kulm für Berg, der dem lateinischen Collis (Hügel) ähnelt. Der Goldberg ist ein Zeuge der Rieskatastrophe vor 15 Millionen Jahren, als durch den Meteoriteneinschlag ein Weißjurabrocken hier landete. Später füllte sich der Krater mit Wasser und am Goldberg lagerte sich Kalk ab, der bis zur Wasseroberfläche reichte und die heute charakteristische platte Form hervorbrachte.
Der einzige Goldfund, der je auf dem Hügel gemacht wurde, ist in einer Vitrine des Goldbergmuseums zu sehen: Ein sogenannter Goldbrakteat, ein Schmuckanhänger aus der Merowingerzeit um 700 nach Christus: Einer Zeit, als der Goldberg wohl längst nicht mehr dauerhaft besiedelt war. Grabungen haben ergeben, dass auf dem Gipfel zwischen den Jahren 4000 und 250 v. Chr. insgesamt fünfmal für längere Zeit Menschen in Dörfern wohnen. Mit zahlreichen Fundstücken, Modellen und nachempfundenen Gerätschaften und Waffen gibt das liebevoll gestaltete Goldbergmuseum einen Einblick in das Leben dieser Ahnen.
Die größte Siedlung war wohl die dritte, Goldberg III genannt, zum Ende der Jungsteinzeit mit mehr als 50 Häusern. Ausgrabungen, die der Archäologe Gerhard Bersu von 1911 bis 1929 durchführte und bei denen weltweit erstmals das moderne Schichtgrabungssystem zum Einsatz kam, brachten ein grausiges Detail aus jener Zeit zum Vorschein: In Kellerschächten fanden sich auffällig viele Kinderknochen mit Brandspuren. Der Verdacht der Experten: Kannibalismus.
Auch nicht zimperlich, wenngleich weniger blutrünstig, waren die Goldburghausener der Nachkriegszeit. Sie wollten den gesamten Goldberg abtragen und zur Herstellung von Ziegelsteinen verwenden: „Das konnten Natur- und Landschaftsschützer glücklicherweise verhindern“, sagt Waltraud Weiß. Die Kräuterpädagogin leitet das Museum, das 1984 auf Initiative des Lehrers Hans Pfletschinger gegründet wurde, seit einigen Jahren.
Bei Besuchern, die oft auch an einer kombinierten Führung durch das artenreiche Naturschutzgebiet Goldberg und das lehrreiche Museum teilnehmen, stellt sie große Begeisterung fest. Das Goldbergmännle selbst hat sie noch nicht zu Gesicht bekommen. Aber sie hat täglich einen glänzenden Schatz vor Augen: „Der Goldberg strahlt bei schönem Wetter richtig schön golden.“
Das Goldbergmuseum im ehemaligen Rathaus von Goldburghausen ist von April bis Oktober sonntags von 14 bis 17 Uhr, werktags nach Anmeldung unter Telefon 09081 / 79685 oder 09081 / 29350 geöffnet. Informationen gibt es auch im Internet unter www.goldbergmuseum.de.
Erschienen in Ipf- und Jagst-Zeitung / Aalener Nachrichten am 17. 8. 2011