Geschriebenstein

Mein Handy läutete, also genau genommen spielte es „Born to be Wild“ aus der Filmlegende Easy Rider. Ich wusste, es war Django. „Hy alter Haudegen“ begrüßte ich ihn, „wie geht es dir und deiner Maschine?“ Er war sehr kurz angebunden „Seas, hast du was vom Jackson g´hört?“ Er schien sich Sorgen zu machen. „Katzi hat mich grad an´grufen, die Zwei wollten sich am Geschriebenstein treffen, ganz nahe der ungarischen Grenze. Katzi ist von Mattersburg runtergefahren, Jackson wollt von Oberwart über Rechnitz kommen. Nach dem die Zwei sich das am Handy ausgemacht haben, ist Katzi mit ihrer Hornet wie der Teufel losgefahren und hat die knapp 60 Kilometer in unter 25 Minuten runter gedonnert, du kennst sie ja wenn sie wie der Teufel fährt. Jackson hatte ja nur 40 Kilometer zu fahren und als Katzi seine alte Tausender Kawa ausgebrannt in der Leitplanke stecken sah, war von ihm weit und breit nichts zu sehen. Sie meinte sogar, das die Maschine, obwohl grad erst ausgebrannt, kalt war!“ Django war sichtlich erregt und ich antwortete „Wo bist du, ich komme!“ Komm nach Lockenhaus, aber mitn Bike, das fällt weniger auf! Danke!“ „Klar, in zwei Stunden bin ich bei dir, bis gleich.“

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Gesagt getan, ein kurzer Anruf, damit mich keiner im Büro sucht, rein ins Ledergewand, aufs Bike und schon war ich auf der „Süd“ wie allgemein die A2 genannt wird. Die teilweise schon recht schlechten Betonplatten der Fahrbahn sind bei 110 Stundenkilometern eine Herausforderung für meine Stoßdämpfer, aber bei 190 liegt die Suzuki Bandit wieder richtig ruhig.

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Bei Wiener Neustadt auf der Schnellstraße rüber nach Mattersburg, dann hinauf nach Sieggraben, wo ich auf der wenig befahrenen Schnellstraße mit 160 unterwegs war, als mich eine kleine Gestalt auf einer Hornet überholte. Ich erkannte die spezielle Stellung der Fußraster, die es der Fahrerin erlaubten, trotz hochhackiger Stiefeln mit Plateausohlen die Brems- und Schalthebel zu bedienen. Es war Katzi, die kleine wilde Bikerin und Freundin von Jackson, zu dessen ausgebrannter Kawasaki wir nun unterwegs waren. Meine linke Hand flog zum Gruß hoch, Katzi hatte mich auch erkannt und hob die Linke ebenfalls zum Bikergruß. Ich drehte auf und hängte mich bei ihr an. Als wir in Lockenhaus zur Kirche hochfuhren sahen wir Django und er hielt uns am Hauptplatz an. Nach einer kurzen Begrüßung beschlossen wir zum „Unfallort“ hochzufahren, etwa einhundert Meter weiter in einen Waldweg einzubiegen und dort unsere Räder etwas versteckt stehen zu lassen. Zu Fuß wollten wir uns auf Spurensuche machen, um irgend etwas vom Verbleib unseres Freundes Jackson zu erfahren.

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Der erste Eindruck von der alten Tausender Kawasaki, so wie Jackson sie fuhr, die nun ausgebrannt in der Leitplanke steckte, war mysteriös. Wir blickten uns an und schüttelten leicht den Kopf. Nein, das war kein normaler Unfall. Da stimmte so einiges nicht. Der Einschlagpunkt in die Leitplanke stimmte nicht mit dem Verlauf der Kurve zusammen. Das Vorderrad steckte aufrecht zwischen Leitplanke und den angeschraubten Platten, die einen speziellen Zweiradschutz darstellten, damit man mit dem Motorrad nicht unter der Leitplanke hineinrutschen konnte. Aber auf diese Art konnte man gar nicht mit der Leitplanke kollidieren. Entweder man war sehr langsam, dann war das Motorrad aufrecht, aber konnte sicher nicht die Verschraubung aufbrechen, oder man donnerte mit ordentlicher Geschwindigkeit da rein, dann kam man aber in starker Schräglage aus der Kurve und das Vorderrad müsste etwas 45 Grad geneigt sein, oder man verlor schon die Bodenhaftung, dann könnte das Rad auch waagrecht, also liegend unten drunter rutschen. Wir waren uns sicher, dieser Unfallort und so wie diese Kawasaki in der Leitplanke steckte, das konnte nur arrangiert worden sein. Aber wozu und von wem. Ich griff auf den Motor um die Temperatur zu prüfen, obwohl das nach nun etwa drei Stunden sinnlos war. Dabei fielen mir einige original Kawasaki Kreuzschlitz Schrauben am Motorblock auf, die aber an Jacksons Maschine auf Inbusschrauben getauscht waren, die er allen anderen Schraubenvarianten vorzog. Ich zeigte unauffällig darauf, Katzi nahm ihr Handy und schrieb eine SMS und murmelte dazu, das sie später nach Hause käme, ich glaubte aber, das sie diese Schrauben fotografierte.

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Wir gingen zurück zu unseren Motorrädern und fuhren langsam weiter Richtung Rechnitz. Da wir nichts auffälliges auf und neben der Geschriebensteinstraße sehen konnten, hielten wir in Rechnitz an, um einen Kaffee zu trinken und um uns zu besprechen. Was war mit Jackson passiert. Einen Unfall schlossen wir alle drei aus. Draußen blieb ein „Gatschhüpfer“ neben Katzi´s Hornet stehen, eine zweihundertfünfziger Zweitakt Motocross Maschine, Der Fahrer war unter dem Crosshelm mit Brille und Staubtuch nicht zu erkennen, die schmutzige alte Lederkombi half auch nicht weiter. Der Biker winkte uns unauffällig so, als ob er wollte, das wir ihm folgen. Da mir diese Handbewegungen bekannt vorkamen und auch Katzi ihn mit weit offenen Augen anstarrte, ließ ich Geld für unsere Getränke am Tisch liegen, rief „kommt mit“ den anderen, die bereits aufgestanden waren, zu und eilte hinaus auf mein Bike. Der Gatschhüpfer war bereits nicht mehr zu sehen, am Klang des Rennauspufftopfes konnten wir erkennen, das er Rechnitz verließ und auf der Bundesstraße Vollgas gab. Wir hatten bald auf Sichtweite aufgeschlossen, führen aber nicht zu dicht an ihn ran. Kurz vor Oberwart verließ er die Bundesstraße und führ langsam und leise durch einen Wald zu einer Scheune, deren Tor einen Spalt offen stand. Er rollte hinein und stieß im vorbeifahren mit dem Fuß das Tor etwas weiter auf, damit auch wir in das innere der Scheune folgen konnten.

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Rasch schloss er das Tor hinter uns und nahm dann Staubtuch, Brille und Helm ab. Jackson stand mit ernstem Gesicht vor uns. „Ich brauche eure Hilfe, da läuft was schief!“ Die Scheune war seine Motorradwerkstatt, an der Wand gegenüber dem Tor gab es eine Bar und eine Clubgarnitur. Jackson konnte sich von Katzi befreien, die ihm um den Hals fiel und ein paar Mal „ich hab mir solche Sorgen gemacht“ flüsterte und ging voraus zur Bar. „Setzt euch, es ist eine lange Geschichte, die ich euch erzählen muss.“

Es ging um eine Bande, die alles mögliche über das Südburgenland nach Österreich brachte. Die neueste Masche war, kleine Päckchen mit Schnee und allerlei anderem Schmuggelgut an Flüchtlinge zu verteilen, die dann zu Fuß über die grüne Grenze geleitet wurden. Dort sammelte die Bande diese Päckchen wieder ein und das Schmuggelgut war in Österreich gelandet wo nun die Partydrogen und ähnliches für viel Geld unter die Leute gebracht wurde. Jackson hatte immer schon den Substanzen, die wie er sagte, das Bewusstsein so erweiterten, bis es sich völlig auflöste, den Kampf angesagt. Hier vermutete er eine große Organisation dahinter mit vielen Beziehungen zu Wirtschaft und Politik. Immer wieder hörte er von einem Mann namens Boris, der auch das Wiesel genannt wurde, der sich um den Schmuggel kümmerte. Die mir wohlbekannte Stimme des Universums meldete sich „steig mit allem was dir zur Verfügung steht ein und hilf Jackson alles restlos aufzudecken. Findet die Drahtzieher!“

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Wir fragten Jackson, was es nun mit diesem mysteriösem Unfall auf sich hatte. Er wollte sich mit Katzi treffen, aber als er losfahren wollte, sprang seine alte Tausender nicht an. Zu seinem Glück, wie sich später herausstellen sollte. So nahm er die zweifünfziger KTM eines Bekannten und fuhr los, als ihm vor Rechnitz eine andere alte Kawa überholte. Diese wurde kurz darauf von zwei Männern in Polizeiuniform gestoppt, die Kawa hinten in einen Kastenwagen geladen und der Fahrer wurde ebenfalls hineingestoßen. Jackson fuhr instinktiv über die Felder weiter und verschwand im Wald, während der Kastenwagen mit den wahrscheinlich falschen Polizisten, dem Fahrer und der Maschine Richtung Ungarn davonfuhren. Er vermutete, das diese Entführung ihm gegolten haben könnte, also blieb er vorsichtig versteckt im Wald und kam so erst zwei Stunden später an der arrangierten Unfallstelle vorbei. Auch er sah sofort, das da getrickst wurde und es kein echter Unfall sein konnte. Das Verschwinden einer alten Kawasaki kurz vor Rechnitz und die ausgebrannte Maschine, die seiner eigenen sehr ähnlich war, konnten nur auf eine Entführung, oder auch einem Anschlag auf sein Leben als Unfall getarnt, hindeuten. Wir mussten sehr vorsichtig sein. Die anderen, wer immer die auch waren, schreckten wahrscheinlich vor nichts zurück.

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Der Fahrer der anderen alten Kawasaki, die Jackson gesehen hatte, wurde am nächsten Tag schlafend im Gebüsch hinter einer Diskothek ohne Brieftasche und Schlüsselbund aufgefunden, mit einer ordentlichen Portion KO Tropfen im Blut, so ergab die Untersuchung, hatte er keinerlei Erinnerungen. Er wusste nur noch, das er an dem schönen Sommertag die Bikerstrecke über den Geschriebenstein genießen wollte, kurz vor Rechnitz setzte sein Gedächtnis aus, aber er war gesund und würde sich vollständig erholen. Etwas später wurde auch sein Motorrad, leicht beschädigt im Straßengraben, etwa Drei Kilometer von der Disko entfernt, gefunden. Der Zündschlüssel steckte noch, die leere Brieftasche lag daneben.

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Wir versuchten die Hintergründe zu erforschen. Da Jackson überhaupt keine Ahnung hatte, wem er so nahe gekommen sein könnte, das man ihn beiseite schaffen wollte, überdachten wir auch andere Möglichkeiten. Ein für uns glaubhaftes Szenario könnte eine Kombination aus Warnung an Jackson und einem Ablenkungsmanöver sein. Noch wurde der angebliche Unfall untersucht und vor allem nach Jackson als vermeintlichen Lenker gesucht, von dem vermutet wurde, das er verwirrt und verletzt im Wald rund um die Unglücksstelle umherirrte oder ohnmächtig im Gebüsch verborgen war. Für diese Suche waren alle Einsatzkräfte der Gegend eingesetzt, andere Bereiche der Grenze im Bezirk waren somit frei für dunkle Machenschaften. Ein paar illegale Flüchtlinge warten diesen Aufwand nicht wert, da musste etwas größeres Geplant sein. Ich war bereits in Kontakt mit meiner IT – Spezialistenteam die fleißig alle Aktivitäten im Umkreis beobachteten. Verkehrsüberwachungskameras und Handyaktivitäten der Gegend wurden überwacht, aber es gab noch keine Besonderheiten, die uns weiter halfen. Eine Gruppe überprüfte alle vorhandenen Aufzeichnungen ob bereits etwas passiert war. Auch diese Gruppe fand keine besonderen Aktivitäten. Noch nicht, denn dann gab es eine erste Spur. Ein anonymes Handy, das vor einiger Zeit Boris Jäger, dem Wiesel, gehörte, er hatte es bei der Walpurgisnacht - Geschichte verwendet, hatte sich in Rechnitz angemeldet. Die Handyortung wurde aktiviert und ergab einen Standort im Wald am Geschriebenstein. Ein kurzes Telefonat wurde geführt, mit einem anderen anonymen Handy, dessen Benutzer sich mit „Hallo Boris, ich bin´s Veit“ meldete. Boris fragte knapp „Alles ok für Heute Nacht?“ und erhielt die Antwort „Ja, so ab 11Uhr nachts. Ich bestätige 1 Stunde vor der Ankunft. Bis dann!“ Boris sagte „ok, tschau.“ und legte auf. Gleich darauf wurde das Handy wieder ausgeschaltet. Wir hatten es also offensichtlich mit Boris Jäger und Veit Obermüller zu tun. Wir führen zum angegebenen Standort um nach Spuren Ausschau zu halten.

Die Ortung war nicht sehr genau, so mussten wir ein Waldstück von etwa 600 Meter Durchmesser absuchen. Wir hatten Glück und fanden bald, an einer Wanderweggabelung eine leere Zigarettenschachtel mit der Nummer, die vorhin von „Boris“ Handy aus angerufen wurde. Etwa 25 Meter davon entfernt, fanden wir Fußspuren von Militärstiefel, wie sie auch Boris gerne trug, die aus dem Wald herauskamen. Wir folgten der Spur vorsichtig ins dichte Unterholz und fanden sehr versteckt inmitten einer Dornenbuschhecke den Eingang zu einem verlassenen Bunker, der wohl noch aus dem zweiten Weltkrieg stammt und dessen Stahltüre mit einem neuen Vorhängeschloss gesichert war. Wir waren sehr vorsichtig um nur ja keine Zeichen unserer Anwesenheit da zu lassen. Jeder von uns war davon überzeugt, das dieses Geheimlager der Schlüssel zu den Geheimnissen des Geschriebensteins war. Ich organisierte so gut es ging die Überwachung des Bunkers, und wir hielten Rat wie wir weiter vorgehen sollten. Der Inhalt des Bunkers musste sicher wertvoll und gefährlich zugleich sein, Waffen, Sprengstoff, Rauschgift, oder alles zusammen, wir wussten es nicht, aber wir wollten es herausfinden und die Sachen unschädlich machen!

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Mein Expertenteam nahm Kontakt mit einigen wenigen Vertrauensleuten bei den Spezialeinheiten der Polizei und des Bundesheeres auf, um sich hier Rückhalt zu holen ohne der Gegenseite die geringste Chance zu geben etwas mitzubekommen. So wurden ungewöhnliche Aktivitäten vorerst vermieden und absolute Verschwiegenheit im engsten Kreis eingehalten damit auch eventuell vorhandene Maulwürfe, Spione und bestochene Spitzel nicht alarmiert würden.

Natürlich konnten wir hier nicht zu Viert alles alleine überwachen. Wir wussten nicht wie groß die Mannschaft von Boris, dem Wiesel sein würde, aber sie würden sicherlich bewaffnet und gefährlich sein. Ich kannte jemand in Rechnitz, nennen wir sie Kräuterfrau, die ich nun aufsuchte, und gemeinsam mit ihren Freundinnen um Hilfe bat. Sie erklärten sich sofort bereit, wie so oft zum Kräuter sammeln in den Wald zu gehen um so unauffällig beobachten zu können. Bei Aktivitäten rund um die Hecke, die den alten Bunker verbarg, würde ich sofort benachrichtigt werden. Ich fragte, ob es nicht auffallen würde, wenn die Kräutersammlerinnen auch in der Nacht noch im Wald wären. „Manches mal tanzen wir Nachts, und heute ist Vollmond, das passt sehr gut“ lächelnd erhielt ich diese Antwort „und nein, nur bei Neumond zur Sommersonnenwende tanzen wir nackt, da musst du unbedingt kommen!“ grinste sie mich an.

Jackson blieb versteckt im Wald auf Beobachtungsposten und hielt Kontakt zu den Kräuterhexen, während Django und Katzi ein paar Bikerfreunde aufsuchen wollten, um mobile Beobachter in Lockenhaus und Rechnitz, beiderseits des Geschriebensteins zu haben. Ich kaufte Proviant im Supermarkt und verteilte ihn an alle. Wir waren nun gut vorbereitet und warteten auf die Ereignisse der kommenden Nacht. Immer wieder fuhren Motorräder auf der kurvenreichen Naturpark Strecke über den Geschriebenstein und so mancher würde uns sofort berichten, wenn irgendetwas außergewöhnliches zu entdecken war.

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Gegen Neun am Abend erhielten wir die Nachricht, das an der Tankstelle beim Bahnhof Rechnitz drei Transporter hielten. Nach dem Tanken dieser Fahrzeuge versorgten die nach Jägerart gekleideten Männer mehrere Quads. Ein Freund Django´s hatte beobachtet, wie einer der Männer mit einem Benzinkanister und dem Reifenfüllgerät der Tankstelle in den Laderaum des ersten Transporters stieg und die Ladetüre hinter sich wieder schloss. Er erhaschte einen Blick auf zwei Quads durch den Türspalt als der Mann wieder ausstieg und zum zweiten Transporter ging. Um nicht aufzufallen, ging der Bikerfreund in den Tankshop, kaufte eine Kola und ging wieder hinaus wo er die Kolaflasche öffnete und trank. Dabei konnte er nun einen Blick in den Laderaum des dritten Transporters werfen und sah neben einem Quad auch eine altes Bike. Er konnte es nur kurz sehen, glaubte aber zu erkennen, das diese Maschine ausgebrannt war. Das kam ihm sehr verdächtig vor und so brachte er diese Neuigkeiten gemeinsam sofort zu uns. Django fuhr zum Bahnhof, wo er in das Gasthaus ging, um an einem Fensterplatz die drei Transporter, die sein Freund beschrieben hatte zu beobachten. An einem anderen Tisch saßen mehrere Männer, wie Jäger gekleidet, die sich in einer fremden Sprache, Django vermutete Rumänisch, unterhielten. Er glaubte in einem der Männer Boris das Wiesel zu erkennen, war aber durch den Vollbart des Mannes nicht ganz sicher. Etwas später läutete ein Handy, Boris Jäger, Django war sich nun sicher, meldete sich mit „Hier Boris, alles ok, Veit?“ und einen Moment später sagte er '“Ja, in genau zwanzig Minuten, tschau.“ Nun ging es also bald los. Django zahlte, ging zu seinem Bike und setzte sich seinen Helm auf, in dem er die Freisprecheinrichtung für sein Handy eingebaut hatte. Er rief die Einsatzzentrale meines Teams an, die die Nachricht verschlüsselt über Spezialfunk an alle anderen weiter gab. Langsam fuhr Django vom Parkplatz als die Jägersleute in ihre Transporter stiegen. Als er sah, das sie durch Rechnitz auf den Geschriebenstein fahren wollten, hielt er an einem Zigarettenautomaten an und ließ sie so unauffällig vorbei.

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Nach dem Bericht über ein anscheinend ausgebranntes Bike im Laderaum eines Transporters dachten wir, der erste getürkte Unfall war nur die Generalprobe für das kommende, denn die Suche nach dem verunglücktem Biker der womöglich lebensgefährlich verletzt war, band sehr viele Einsatzkräfte und so wollte die Bande vermutlich an anderer Stelle ungestört den kriminellen Inhalt des alten Bunkers abtransportieren. Django gab den Transportern fünf Minuten Vorsprung und startete sein Bike, als er durch das Dunkel der Nacht im Wald oberhalb von Rechnitz einen Feuerschein sah. Er fuhr rasch die Straße hinauf, und sah noch die Rücklichter eines Transporters um die nächste Kurve verschwinden als er an einem brennenden Bike vorbei kam. Ein kurzer Blick bestätigte, das die Flammen nicht aus dem leckgeschlagenem Tank schlugen, sondern nur eine Benzinlacke unter dem Bike brannte. Der Vorderreifen steckte in der Leitplanken - Konstruktion, der Hinterreifen war bereits verbrannt, aber es waren keine Flammen auf den verkohlten Resten zu sehen. Also typisch getürkt, es musste die ausgebrannte Maschine aus den Transportern sein. Alle anderen Beobachter bestätigten, das kein Biker zu diesem Zeitpunkt auf der Straße unterwegs war. Polizei und Feuerwehr wurden verständigt, die Feuerwehr wurde aufgefordert, mit ihren Einsatzfahrzeugen die Straße zu blockieren und die Polizei gebeten, alles abzusichern, mit dem Hinweis, das bewaffnete Personen in das Geschehen verwickelt sein konnten. Das passierte natürlich nicht über den Polizeifunk, den Boris Männer sicher abhörten. Über Polizeifunk konnte man nur von einem Motorradunfall mit Feuer und Alarmierung der Freiwilligen Feuerwehr Rechnitz hören.

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Die Kräuterfrauen meldeten uns die Ankunft der Quads beim Bunker und Django sah die Transporter mit offenen Ladetüren und angelehnten Laderampen auf denen die Quads sofort auf die Ladefläche fahren konnten, auf einem Waldweg neben der Straße nahe des Bunkers. Am Aufglühen einer Zigarette erkannte er, das zumindest ein Fahrer abfahrbereit in Position war. Wir wussten nun, das wir sehr schnell handeln mussten um die Bande zu schnappen. Alle Spezialeinheiten machten sich bereit, aber die Zeit war gegen uns. Sie brauchten mindestens vierzig Minuten um hier einzutreffen, da könnten die drei Transporter schon über alle Berge sein.

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Django fuhr weiter, da Boris Männer ihn und seine Maschine schon gesehen hatten und er somit auffallen würde, wenn er nochmals in ihre Nähe kam. Wir überlegten alle, wie wir die Bande aufhalten konnten ohne all zu viel Risiko einzugehen, denn wir vermuteten, das sie gut bewaffnet waren.

Jackson meldete sich, er hatte auf einem Forstweg nahe Lockenhaus einen alten Pferdetransport – Sattelschlepper gesehen. Die Lüftungsluken waren alle mit Stroh ausgestopft, die Rampe am Heck war bereit zum Verladen und daneben lagen noch jede Menge Heuballen. Dieser Lastwagen musste erst in den letzten Stunden hier angekommen sein und nun näherte sich ein Mann zu Fuß. Vielleicht war es der Fahrer. Jackson gab mir die genaue Position und ich wollte unentdeckt zu ihm kommen. Da dieser Forstweg nahe bei Lockenhaus lag, konnte ich den letzten Kilometer ohne Motor bergab rollen, versteckte mein Bike und traf Jackson, der mir vorsichtig alles zeigte. Der Fahrer saß in der Zwischenzeit im Führerhaus und las im spärlichen Licht der Innenbeleuchtung eine Zeitschrift. Ich konnte es zuerst kaum glauben, es war Veit Obermüller persönlich.

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Die Kräuterfrauen berichteten, das nun die Quads, voll bepackt mit angeschnallten Kisten, abführen und der Bunker nun nicht mehr versperrt sei. Die Männer hatten das Vorhängeschloss mitgenommen. Je zwei Quads führen direkt in den Laderaum der drei Transporter, die Männer kamen heraus, hoben die Rampen hinein, schlossen die Türen, sprangen in die Führerhäuser und fuhren los. Veit Obermüller im Pferdetransporter erhielt eine SMS, blickte auf sein Handy und dann auf seine Armbanduhr. Wenige Minuten später bogen die drei Transporter auf den Forstweg ein, wendeten, die Männer sprangen heraus und fuhren nun die immer noch mit Kisten aller Art beladenen Quads in den Sattelschlepper. Sie türmten die Strohballen auf und versperrten so den Blick in das Innere des großen Pferdetransporters mit den beladenen Quads. Eilig sprangen sie wieder in die Kleintransporter und fuhren ab. Die Großfahndung lief an, denn wir hatten ja die Kennzeichen durchgegeben. Vermutlich wollte Boris mit den drei Wagen von Veit Obermüller, der alles in Sicherheit bringen sollte, ablenken und da in den Transportern nun nichts bedenkliches mehr zu finden war, konnten sie auch nicht all zu lange festgehalten werden. So hatten sich Veit und Boris das wohl gedacht. Wir mussten nun einen Weg finden, Veit Obermüller mit seinem Sattelschlepper aufzuhalten, bis die Spezialeinheiten da waren. Viel Zeit zu überlegen hatten wir nicht, denn der Truck setzte sich soeben schwankend in Bewegung.

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Wir blickten uns an, Jackson rief „solange er so schwankt müssen wir rein“ und er lief auf die Beifahrertüre zu während ich auf der anderen Seite zur Fahrertüre rannte. Ich riss die Türe auf, Veit wollte sie wieder schließen, hatte aber auch viel mit der Zugmaschine zu kämpfen, die auf dem unebenen Forstweg sehr bockig war. Jacksons Türe war verschlossen, zum Glück war das Fenster offen und er konnte ins Führerhaus hechten. Sofort riss er Veit Obermüller vom Fahrersitz und setzte ihn mit einem Faustschlag außer Gefecht. Ich griff das Lenkrad, rutschte sofort auf den Fahrersitz, gab wieder Gas und konnte so den LKW in Bewegung und auf dem Forstweg halten. Auch wenn die Scheinwerfer des Sattelschleppers noch von Boris Mannschaft gesehen werden konnten, so konnten sie sicher nicht bemerken, das nun das Steuer jemand anderer übernommen hatte. Ich erreichte die Straße, fuhr durch Lockenhaus langsam durch und konnte im Licht der Straßenbeleuchtung eine Karte am Armaturenbrett sehen, auf der Obermüller die Route von Lockenhaus nach Aspang an der A2 eingezeichnet hatte. Ich beschloss dieser Karte zu folgen und bat Jackson, der inzwischen Veit Obermüller auf dem Schmalen Bett hinter den Sitzen versorgt und gefesselt hatte, diese Route und die aktuelle Situation an die Einsatzzentrale weiterzugeben. Weit vor mir sah ich immer wieder Rücklichter, die womöglich von Boris Jägers Transportern sein konnten. Kurz nach Kirchschlag sah ich Scheinwerfer hinter mir auftauchen und über mein Funkgerät hörte ich die Stimme des Einsatzleiters der Sondereingreiftruppe. „Wir sind das hinter dir. Kurz vor Schönau, gleich nach der Abzweigung nach Tiefenbach gibt es eine Verkehrskontrolle, die drei Wagen vor dir werden wahrscheinlich abhauen um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Gib uns du bitte bis dorthin Deckung und fahre einfach ein Stück in die Straße nach Tiefenbach rein, ein Polizist wird dich hinein weisen. Vor Bad Schönau ist eine Straßensperre und wir kommen von dieser Seite nach, da erwischen wir sie sicher. Wenn wir sie haben, kannst du dann nachkommen, dann haben wir alles beisammen, übernehmen Obermüller und schauen uns an was die so alles aus dem alten Bunker geholt haben.“ Ich antwortete, das das ok sei und bat um einen Wagen der uns von Schönau zurück auf den Geschriebenstein brachte, damit wir unsere Motorräder holen und zu unseren Freunden fahren konnten um uns für die tapfere Hilfe zu bedanken.

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Wir frühstückten alle gemeinsam ausgiebig in Rechnitz bei den Kräuterhexen und erfuhren noch, welch riesiges Arsenal an automatischen Waffen, Munition und Sprengstoff aus den Quad – Kisten sichergestellt wurde. Die Menge reichte für eine Vielzahl von möglichen Terroranschlägen, die nun erfolgreich verhindert wurden. Müde, aber sehr zufrieden über den Ausgang dieses Abenteuers gingen wir schlafen um am Abend fit zu sein. Wir wollten dann gemeinsam unsere gute Zusammenarbeit feiern und den Geistern des Geschriebensteins für den guten Ausgang dieser Aktion danken. Und wie es auch an dieser kurvenreichen Strecke zum guten Ton gehört, wollen wir einen Trinkspruch im Gedenken an alle hier verunglückten Biker aussprechen.

„Möge die Milchstraße am Himmel nun euer neues zuhause sein und keine Geschwindigkeitsbegrenzung eure Fahrt bremsen, bis wir uns eines Tages zwischen den Sternen wieder sehen!“