Die goldene Dosenuhr

Mein Onkel Heinz, Gatte meiner Tante Mitzi, war immer zu scherzen aufgelegt. Er liebte es wenn er seine Frau „aufziehen“ konnte und genoss es, ihr dabei zuzusehen, wie sie ungeschickt und ungeduldig seine „Aufgaben“ lösen musste. Gerne filmte er auch dabei, er war ein begeisterter 8mm Filmer.

Einmal schenkte er meiner Tante zu Weihnachten eine goldene Uhr. Er hatte in seiner Firma eine besondere Prämie erhalten, von der er seiner Frau etwas schönes gönnen wollte.

Früher, noch bei seinen Eltern hat mein Onkel sehr oft Früchte und Gemüse, Spinat, eingedost, also haltbar gemachtes in Konservendosen fest verschlossen, den Blechdeckel mit einer eigenen Maschine umgebördelt, so das man an den Inhalt nur mit einem guten Dosenöffner heran kam.

Die Dosen und das Werkzeug gab es noch und so fand meine Tante unter dem Weihnachtsbaum ein Riesenzuckerl, das sich, nachdem sie das Papier abgerissen hatte, als eine Dose von Onkel Heinz entpuppte. Was sie nicht fand, waren all die guten Dosenöffner, die sie hatten. Mein Onkel hatte sie alle versteckt, nur diese ganz kleinen, die oft bei einer Sardinendose beigepackt waren, die man zwischen Daumen und Zeigefinger einklemmen musste und mit einem abstehenden Stichel immer wieder ein paar Milimeter weit in den Deckel stechen konnte, bis man endlich einmal rundherum gekommen ist und der Deckel endlich heraus fiel.

Tante Mitzi wurde gefilmt, als sie verzweifelt einen guten Dosenöffner suchte, als sie mit diesen unzulänglichen Dingern versuchte die Dose zu öffnen, als sie sich die Hand hielt, weil sie sich mit einer Zange selbst ordentlich eingezwickt hatte, als sie nach einem Pflaster suchte, weil sie sich am scharfen Blechrand geschnitten hatte, als sie endlich eine Schachtel in der Dose und darin die goldene Armbanduhr fand, die sie sich schon so lange gewünscht hatte. Mein Onkel konnte nicht mehr weiter filmen, als er einen Kuss als Dank für das schöne Geschenk bekam, aber als Abschluss des kleinen Filmes, den er sehr gerne im Rahmen der Familie zeigte, filmte er noch die Hand von meiner Tante, mit der neuen goldenen Uhr am Handgelenk und den Pflastern an Daumen und Zeigefinger gefolgt von ihrem strahlendem Gesicht, voll Freude über das schöne Geschenk.