Traurigkeit

Du warst ehrlich zu dir selbst, hast offen geredet, fast sogar den Anstand bewahrt.

Und doch bist du traurig, Traurig weil ein sonst schöner Abend verdorben war, die Gastfreundschaft der Hausherrin gegenüber mit Füßen getreten war.

Und alles nur, weil man entgegnen muss, wenn einer gefährliche Reden schwingt, die unsere Zukunft, unsere Kinder in sehr gefährliche Situationen bringt. Einer der die Heilung des Bösen vor dem Schutz unserer Kinder und Enkelkinder stellt. Denn nur das immerwährend Böse heilen, auf Teufel komm raus, scheiß auf unsere Verluste, glaubt er, das bringt das gute in ihm raus.

Ein Mann der alten Schule, nach kirchlicher Tradition, sagt auch, wenn dir einer auf die Wange haut, dann halt ihm auch die andere hin.

Aber ist es nicht so, das es eine Aufforderung ist, sich nicht beirren zu lassen, auch die „andere Wange“ riskieren, wenn du gegen Sturschädel ankämpfen musst, für eine gerechte Sache, für die Deinen, für deine Kinder und Enkelkinder.

Aber es gibt immer wieder selbsternannte Gutmenschen, die das Riskieren einer Ohrfeige und auch einer Zweiten, um im gerechten Streit sich, seine Lieben, seine Kinder und Kindeskinder zu schützen, damit verwechseln, das man dem Bösen Tür und Tor öffnen soll. Warum wohl? Das kann niemand erklären, außer mit den Worten das Wunder geschehen können. Klar, die anderen sollen das Böse aufnehmen, verhätscheln, beherbergen, damit das Böse friedfertig erscheint, damit das Böse weg von der Straße ist, und man sich selbst nicht mehr vor ihnen fürchten muss, weil man sie dann ja nicht mehr auf der Straße sieht.

Lieber riskiere ich Ohrfeige um Ohrfeige und immer wieder Ohrfeigen, bevor ich solch eine schändliche Moral gutheiße. Also muss ich entgegnen, mich stellen, wo immer ich auf solch eine Meinung treffe, die noch dazu versucht , andere zu überzeugen, das dies der einzig seligmachende Weg sei. Ohne Rücksicht auf die Sicherheit und Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder!

So halte ich es, ich mache nichts falsch, wenn ich für die meinen und die folgenden Generationen eintrete.

Und doch bin ich traurig.

Denn so mancher denkt, es ist ja nur eine Macke, es ist ja nicht böse gemeint, es ist ja „nur gut gemeint“. Sie verniedlichen es und übersehen die Gefahr, die dieses Gedankengut mit sich bringt, wenn es verbreitet wird. Denn ihr Freund, Gefährte, Verwandter ist ja eigentlich ein guter Mensch. Aber den, der sich aufregt, der aufzeigt, den will man nicht. Man will nicht daran denken, will sich nicht entscheiden müssen, ob man es als harmlose Macke, „gut gemeint“ durchgehen lässt oder vielleicht etwas selbst sagen soll. Es ist richtig unangenehm, wenn man aus seiner sanften, „alles ist gut“ Welt herausgerissen wird, bloß weil da einer auf der Wahrheit besteht.

Kann man denn nicht einfach alles totschweigen?

Darüber bin ich traurig.

Denn so werden auch Freundschaften totgeschwiegen.

Darüber bin ich sehr traurig.

Aber waren es Freunde, wenn sie, in für mich so wichtigen Punkten, völlig anderer Meinung, gar keiner Meinung sind?

Und darüber bin ich besonders traurig, über meine eigenen Fehleinschätzung, darüber, das ich geglaubt habe, was ich hoffte, und nicht gesehen habe das da viel weniger war.

Über die eigenen Fehler bin ich am meisten traurig!

Nicht darüber, alleine im Streit dazustehen, sondern früher geglaubt zu haben, verstanden, akzeptiert und gutgeheißen zu werden.

Meine Traurigkeit wird vergehen, wenn ich in der Natur bin.

Bei den Bullen, die ihre Kühe und Kälber mit ihrem Leben vor dem Wolfsrudel beschützen und gar nicht einmal daran denken, zu fragen, ob die Wölfe, wenn sie nur lange genug mitten in der Rinderherde leben, auch Gras fressen werden und keine Kühe und Kälber mehr reiß0en werden.

Bei dem Leitwolf, der für sein Rudel sein Territorium verteidigt, keine fremden Wölfe in die nähe lässt denn sein Rudel braucht es um im Winter nicht all zu große Verluste hinnehmen muss. Er kommt sicher nicht auf den Gedanken, das gemeinsames hungern mit andern hilft, sich daran zu gewöhnen und zum Schluss ohne Beute zu überleben.

Bei den Pflanzen, die Gift in ihre blätter pumpen, wenn gefräßige Käfer kommen, damit die überleben, und nicht einmal daran denken, die Käfer, in der Hoffnung das sie wieder aufhören, wenn sie erst einmal satt sind, ihre Triebe fressen lassen.

In der Natur würde noch viel mehr funktionieren, wenn nicht die Mensch ständig glauben, eingreifen zu müssen.