TRÄNENSEE

Tränen fließen in Strömen, oder still und leise guckt nur ein winziger Tropfen, kaum bemerkt, aus dem Augenwinkel. Tränen fließen auf unterschiedlichste Weise, verschieden stark, verschieden schnell.

Doch woher kommen sie, wohin fließen sie?

Die rein physikalische Erklärung, aus den Augen und hinein ins Taschentuch, das meine ich nicht. Wie viele Tränen hat ein Mensch um sie zu weinen, was passiert mit den vergossenen Tränen, fließen die Tränen in den gleichen Tränensee, egal ob sie traurig, schmerzhaft, im Herzen berührt, oder sogar lachend vergossen werden?

Es ist ein Kreislauf, zwischen zwei Becken, der mitbestimmt wird, durch das Leid, die Freude, und durch Schmerz und Glück, die Traurigkeit und ausgelassene Fröhlichkeit in unserem Leben und wie wir das alles bewältigen.

Im oberen Tränensee ist unser Vorrat, der uns mitgegeben wird, um all unser Unglück zu verarbeiten, das besonders bittere daran auszuspülen, damit es uns langsam aber sicher wieder besser geht. Die Tränen fließen dann, vom den Bitterstoffen befreit, in den unteren Tränensee, der all unsere schlechten Erfahrungen sammelt und uns ein bisschen schwerfällig macht, etwas runter zieht und uns leicht schwanken lässt.

Viele denken jetzt, hoffentlich ist der Obere Tränensee bald leer, dann wird man nicht immer noch weiter runter gezogen. Doch was ist mit dem Bitteren, das dann in uns bleibt und unser Herz versteinert und die Bitterkeit in uns die Überhand gewinnt?

Es muss doch möglich sein, die Tränen aus dem unteren wieder in den oberen See zu bekommen. Dieses hinauf pumpen funktioniert durch ein Lächeln, durch eine zauberhafte Berührung unseres Herzens, wodurch, oder durch wem auch immer.

Und wenn es zu einer Verstopfung der Rohre durch zu viele Bitteres, durch zu viel Leid und Unglück kommt, dann hilft ein kräftiges Lachen. Wenn man „Tränen lacht“, dann werden all diese Leitungen, diese ‚Rohre durchgespült und alles an Ablagerungen, Verstopfungen ins Freie befördert, damit der Kreislauf wieder funktioniert.

Nach den traurigen Tagen des Lebens, wo wir viele Tränen vergossen haben, den Wasserspiegel des oberen Tränensees ordentlich gesenkt haben, brauchen wir immer wieder etwas, das unser Herz berührt, durch seltene Schönheit, Geborgenheit gebende Vertrautheit, oder bedingungslose Liebe, die uns heutzutage wohl fast nur mehr kleine Kinder und unsere Haustiere, ganz selten auch unsere Partner, schenken können.

Waren wir sehr lange im Tränenfluss der Trauer, des Schmerzes, so müssen wir uns auch dem Lachen öffnen, um einer Verstopfung vorzubeugen, die uns total verbittern kann, unser Herz versteinern lässt.

Es liegt an uns, uns diesen positiven Momenten zu öffnen, sie zu sehen und sie anzunehmen. Somit auch ein Lächeln, ein herzhaftes Lachen zu erlauben, damit die Rohre wieder frei sind und wir die Tränen aus dem unteren See zurück nach oben pumpen können, als Reserve für zukünftigen Unbill des Schicksals, um den Spiegel des unteren See´s zu senken, uns nicht weiter runter ziehen zu lassen.

Schön, wenn wir Menschen um uns haben, die dieses zarte Öffnen erkennen können und uns die Schönheiten des Lebens wieder näher bringen, uns ein Lächeln auf die Lippen zaubern, um uns aus der Traurigkeit, aus der Bitterkeit zurück zu holen, in den inneren Frieden des glücklich Seins und den Kreislauf schließen, damit wir nicht erstarren.

Wenn der Kreislauf funktioniert, sind wir wieder bereit, für alles Neue, sei es eine Prüfung, eine glückliche Fügung, oder ein Glücksmoment der besonderen Art, was immer das Schicksal für uns bereit hält!