Sommer

Über den Sommer will ich euch schreiben, aber es ist zu heiß.

Die Landschaft im Sommer will ich beschreiben, doch es geht nicht, ich sehe sie nicht klar.

Die heiße Luft flirrt, macht alles unscharf. Wie Wellen legen sich flimmernde Luftschichten über die Landschaft, verzerren das gewohnte Bild.

Wellen, Wasser, kühles Nass, diese Worte drängen sich nun unter meiner schweißnassen Stirne.

Vielleicht kommt wenigstens ein bisschen Regen, ein verlockender Gedanke. Ein feuchter Genuss der den Pflanzen Wachstum verspricht, den Tieren das Trinkwasser in den Tümpeln, Pfützen und Bächen auffüllt. Eine Dusche aus reinigendem Regenwasser, die durchaus angenehm für Körper und die Seele ist, wenn man sich nachher umziehen und abtrocknen kann.

Das aber wäre ein segenbringender Mairegen, doch der Mai ist vorbei und nun ist es Sommer. Im Sommer kündigt sich der Regen durch dunkle Wolken an, die sich zu bedrohlich hohen Türmen aufbauen, denn der Sommer ist eine Zeit der starken Energie, der großen unbändigen Kraft. Sei es die Sonne, die unbarmherzig auf uns herunterbrennt, oder das was nun kommt, wenn sich in den schwarzen Wolkentürmen langsam die darin enthaltene Urkraft zu Wort meldet.

Zuerst ein dumpfes Grollen, zur Warnung, wie ein knurrender Hund. Doch dieses Grollen schwillt an, wird drohender, zerstörerischer bis ein unmenschlich lautes Krachen, das unsere Trommelfelle fast zerreißen lässt und unsere Gehirne fast augenblicklich auf bedingungslose Flucht und beklemmende Angst umschaltet, das Grollen zerstört.

Dieser Urknall dringt an unser Ohr, ganz kurz nachdem eine gewaltige elektrische Entladung die ganze Umgebung mehr als taghell erleuchtet hat, gefolgt von einem Feuerschein, nicht unweit von uns, den wir als brennenden Baum erkennen. Der Baum in dem die gewaltige Ladung des Blitzes vom Himmel herab in die Erde gestoßen ist und sein Holz entzündet hat.

Leise verklingt der Widerhall des Donners von den nahen Bergen, als sich langsam von dem brennenden Baum ausgehend eine Rauchsäule erhebt und sogleich vom aufkommenden starken Sturm hinweggefegt wird.

Dieser Sturm facht das Feuer an, das mächtig um sich greift. Doch so sehr der Sturm auch bläst und die Flammen aufpeitscht, er verliert doch gegen die Sturzfluten, die nun aus den Wolken auf uns herabstürzen und das Feuer in der nächsten Minute löschen. Kein einzelner Regentropfen ist mehr zu erkennen, es ist, als stünde man mitten in einem tosenden Wasserfall.

Und das Grollen, das Blitzen und das Donnern wiederholt sich immer und immer wieder, bis es langsam weiter zieht und in der Ferne, immer leiser werdend, verklingt.

Der Wasserfall versiegt, der Himmel wird wieder hell und die Strahlen der Sonne dringen wärmend auf die Sturzfluten die sich über die Landschaft ergießen, weil der Boden das viele Wasser in so kurzer Zeit nicht versickern lassen kann.

Die Kraft der Sonne beginnt das Wasser zu verdampfen, lässt Nebelfetzen aufsteigen und nach der unbändigen Urgewalt des Sommergewitters wird uns ein Schauspiel sommerliche Mystik und Romantik geboten.

Eine Viertelstunde lang ist es angenehm, erfrischend und belebend, doch dann wird es wieder schwül und heiß, viel zu heiß um aktiv zu sein.

Nein, bei dieser Hitze kann ich kann nicht über den Sommer schreiben, der mit dem längsten Tag des Jahres beginnt und mit einem großen Sonnwendfeuer begangen wird. Man feiert die kürzeste Nacht des Jahres dadurch, das man sie mit einem großen Feuer noch kürzer macht, und den längsten Tag damit noch länger.

In den Bergen werden auf den Hängen Feuer gemacht, die Bilder darstellen. Bilder die die Geister der Natur und die Dämonen der Gewitter freundlich stimmen sollen. Bilder zu Ehren der Natur, Mutter Erde, unseres Schöpfers, Gott, all das, woran wir glauben.

So ehren wir auch den Sommer, seine unbändige Macht und Kraft, die sowohl zerstören aber auch reiche Ernte bringen kann. Wir bitten mit diesen Feuern um reiche Ernte all dessen, was wir im Frühjahr gepflanzt haben, und begonnen haben.

Nein, ich kann jetzt nicht über den Sommer schreiben, denn es ist viel zu heiß und ich muss mich jetzt auch auf die Sonnwend – Feuer vorbereiten, zu Ehren des Sommers.

Geschichten davon erzählt man sich später an kalten Winterabenden vorm Kamin.

Dann werde ich sie auch aufschreiben.