Die große Sumpfwiese mit all ihren selten gewordenen Pflanzen und Tieren, mit ihrem kleinen Teich in der Mitte, den Zugvögel aller Art so gerne als Rastplatz auf ihren weiten Reisen nützen, war in Gefahr. Alle umliegenden Grundstücke wechselten den Besitzer. Sie wurden von verschiedensten Personen, allesamt unbekannt, gekauft. Gerüchten zu Folge lauter Strohmänner von Veit Obermüller, der wohl wieder einmal einen exklusiven Golfclub für die Reichen und somit einen perfekten Rahmen für seine Intrigen plant. Eine Umwidmung vom Naturschutzgebiet in irgendeine andere Nutzung war nur möglich, wenn der Sumpf und der Teich austrocknete. Die große Frage war nun, wie sollte der Sumpf trockengelegt werden. Erst wenn man das weiß, kann man dagegen wirken.
Ich fuhr noch vor dem Wochenende zur Sumpfwiese um mir das alles aus der Nähe anzusehen. Als ich einmal den Teich umrundete, traf ich Sepp Hinterbauer, ein Draufgänger und Naturbursche im wahrsten Sinn des Wortes und immer dafür zu haben, die Natur zu schützen.
Wir begrüßten uns herzlich und er erzählte, ebenfalls von der Gefahr für die Sumpfwiese gehört zu haben. Auch Sepp konnte sich keinen Reim darauf machen, wie man die Wiese austrocknen wollte. Nachdenklich blickten wir ins Wasser des Teiches. Am Ufer saß ein großer Frosch. Er blickte mich direkt an und in seinem quaken erkannte ich eindeutig die Worte „Schütze die Sumpfwiese!“; ich hatte einen neuen Auftrag. Mit Sepp vereinbarte ich für den nächsten Tag ein Treffen, denn wir wollten uns gemeinsam für die Sumpfwiese einsetzen. Ich kontaktierte sofort meine IT Spezialisten per Videokonferenz um den Fall, der ja noch komplett im dunkeln steckte, zu erörtern. Wir wollten jeden noch so kleinen Hinweis verfolgen um für alle Fälle gerüstet zu sein.
Am nächsten Tag, als ich mich mit Sepp traf, war keiner von uns schlauer. Wir hatten keinerlei Hinweise, wie der Sumpf ausgetrocknet werden sollte. Sepp erzählte noch, das der Naturschutzbund, dem er nahe stand, ein neues Mitglied geworben hatte. Es war der Besitzer des Hanges oberhalb der Sumpfwiese und den umliegenden Grundstücken. Von diesem Hang kam all das Wasser, das den Teich speiste und damit den Sumpf feucht hielt. Der Verein übernahm die Sicherheiten für einen Kredit des Mannes und entzogen so das Grundstück dem Einfluss der Bank. Nichts deutete darauf hin, das irgend jemand etwas im Schilde führte.
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Am darauffolgenden Dienstag, in der Nacht zuvor gab es ein starkes Gewitter, lichtete sich der Morgennebel erst spät und gab grausige Szenen frei. Eine winkende Hand ragte aus dem seichten Uferwasser, einige Hundert Meter weiter konnte man einen Fuß entdecken und am gegenüberliegenden Ufer war eine verzerrte Fratze mit langem verfilzen Haaren angeschwemmt worden. Der auffrischende Wind und die leichten Wellen in Ufernähe bewegten diese seltsam ledern anmutenden menschlichen Körperteile auf eine ganz besonders schaurige Art.
Der herbeigerufene Notarztwagen versorgten die beiden Frauen, die diese makabren Funde entdeckt hatten und nur schreiend und stotternd der Lage waren per Handynotruf die Polizei zu informieren. Die Feuerwehr begann schon Schläuche zu verlegen um das Wasser abzupumpen damit eine Bergung und Spurensuche einfacher möglich wäre, als ein umsichtiger und besonnener Einsatzleiter der Polizei alles stoppte und den Teich großräumig absperren ließ. Er forderte Forensik - Spezialisten von der Zentrale an, bat aber auch gleichzeitig um Historiker, die behilflich sein konnten, wenn sich die Funde als viele hunderte oder Tausende Jahre alte Moorleichen früherer Epochen herausstellten.
Sepp war sofort mit einer Schar freiwilliger Helfer zur Stelle um den Flurschaden, den die schweren Einsatzfahrzeuge verursacht hatten, notdürftig zu beheben und Folgeschäden abzuwenden. Ich gab diese neueste Entwicklung an mein Spezialistenteam weiter, die mir kurz darauf berichteten, das ein Wissenschaftlerteam hier her unterwegs war, die diese Funde mit einer geheimnisvollen Königssiedlung der alten Kelten in Verbindung brachte. Gleichzeitig tauchten überall im Internet Berichte über angebliche Hinweise auf diese historisch überaus interessante Königsstadt auf.
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Plötzlich schoss mir ein Gedanke durch den Kopf. Wenn diese plötzlich auftauchenden Hinweise und das anreisende Historiker Team von Obermüller vorbereitet und finanziert war, dann sollte der Teich und das Moor nicht trockengelegt, sondern „historisch ausgegraben“ werden. Dann mussten auch die grausigen Fundstücke von Obermüllers Mannen, ich denke da an Boris Jäger und seine Crew, im Schutz der Gewitternacht im Teich platziert worden sein. Doch auch ernsthafte unabhängige Wissenschaftler würden diese menschlichen Überreste untersuchen und hier leicht ungereimtes finden können. Veit Obermüller müsste also irgendwo echt alte, aber frisch gefundene Exponate aufgetrieben haben. Auch das würde rasch entdeckt werden, es sei denn, diese Exponate waren schon gründlich untersucht und dann in einem Museum in einem Glasschrank verschlossen worden. Da würden Fälschungen, wenn sie gut gemacht waren, kaum jemals auffallen.
Ich besprach diese Möglichkeit mit meinem Spezialistenteam. Sie fanden meine Theorie auch sehr wahrscheinlich, da sie nirgends ältere Hinweise auf diese alte Königsstadt finden konnten. Wir beschlossen, einen geeigneten unabhängigen Historiker, dem auch die heutige Natur am Herzen liegt, anzuheuern. Mein Spezialistenteam sollte die Vorauswahl treffen und alles wissenswerte über die möglichen Kandidaten recherchieren.
Es begann nun eine sprichwörtliche Suche der Stecknadel im Heuhaufen, nur das die Stecknadel ebenfalls aus Stroh war. Also galt es nun herauszufinden, wer die Moorleichenteile versteckt hatte, woher die Exponate stammten, wo und wie sie entwendet wurden und wie sie womöglich ersetzt wurden. Das konnten ja auch Opfer aktueller Verbrechen sein, die überall auf diesem Kontinent begangen werden konnten. Da ein Transport per Flugzeug wegen der strengen Kontrollen unwahrscheinlich war und ein Transport per Schiff zu langsam wäre, ist der Suchkreis wohl auf ein bis zweitausend Autokilometer beschränkt. Also fast ganz Europa. Ein sehr großes Gebiet und wir mussten schnell sein, damit der Teich nicht abgepumpt würde um die Grabungen zu starten.
Als erstes, mit Hilfe meiner wieder zugewiesenen Superkraft „Euro“ konnte ich eine Firmengruppe finden, die zuerst Schallreflexionsuntersuchungen im Boden und verschiedenste Strahlungsmessungen durch Überflüge mit speziell ausgerüsteten Heißluftballons durchführen wollte. Damit würden bereits einige Geheimnisse gelüftet, die jetzt noch im Boden verborgen waren. Diese Firmengruppe war für ihre genaue Arbeitsweise bekannt und so würde es wohl einige Wochen dauern, bevor man pumpen und graben konnte. Das verschaffte uns etwas Zeit, um den vermuteten Betrug aufzudecken und die Sumpfwiese mit ihrem Teich zu retten. Geschickte PR Arbeit einer Gruppe meiner Spezialisten verhinderte, das Obermüller sofort mit den trockenlegenden Ausgrabungen beginnen durfte, so gerne er das auch wollte. Letzt endlich beruhigte ihn die Tatsache, das man mit all diesen Methoden zwar etwas finden könne, aber nicht ausschließen könne, das trotz negativer Messungen doch einiges interessantes im Boden verborgen ist. So fügte er sich und wartete.
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Die Moorleichenteile gingen, nachdem die Forensiker die Freigabe erteilt hatten, denn es waren eindeutig historische Funde, in die nächste Universität zur Untersuchung. Es gelang mir mit Hilfe meiner Superkraft Euro ein Konsortium von Firmen und Wissenschaftlern zusammenzustellen, die durch den Einsatz ganz neuer Analyseverfahren mit Hilfe neuester Technologie auswertbare DNA Spuren finden wollten und mit der DNA von allen anderen Fundstücken in Europa vergleichen wollten. So würden wir Fälschungen bereits ausgestellter Exponate entdecken, die vielleicht die Herkunft der im Sumpfwiesenteich gefundenen Stücke verschleiern sollten. Entsprechende Forschungsgelder und hohe Prämien für das Auffinden von Verwandtschaftsverhältnissen der unterschiedlichen Europäischen Moorleichen – Kulturen würden die Sache vorantreiben und hoffentlich Hinweise zur Aufdeckung der Geheimnisse der Sumpfwiesenleichenteile liefern. Diese Suche nach DNA Spuren bei allen irgendwo in Europa befindlichen Exponaten wurde durch meine PR Spezialisten überall durch Zeitungsmeldungen und Fernsehinterviews verbreitet. Auch das Internet war voll mit diesen Meldungen. Vielleicht hatte ja jemand etwas zu verbergen und würde nun nervös.
Alles lief an und wir warteten auf Ergebnisse und Hinweise, die uns weiterhelfen konnten. In allen Richtungen waren die Fühler ausgefahren, doch nichts konnte licht ins dunkel bringen. An die sehr geringe Chance, das die Funde tatsächlich aus dem Sumpfwiesenmoor stammten, glaubten wir nicht, denn alles drumherum erschien einfach zu konstruiert. So blieb nur warten und alle Informationen noch genauer auf mögliche hinweise zu untersuchen.
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Expertenteams waren eine Woche nach dem Fund in ganz Europa unterwegs um überall in den Museen Proben für die DNA Tests zu nehmen, als bekannt wurde, das in einem kleinen Finnischen Dorf nahe an der Grenze zu Russland ein kleines Heimatmuseum Opfer eines Einbruches geworden war. Hie wurden Fundstücke aus einem angrenzenden Hochmoor aufbewahrt, unter anderem einige Köpfe, die vermutlich aus der Richtstätte des Dorfes stammten. Hier wurden noch vor kaum mehr als einem Jahrhundert Schwerverbrecher mit dem Richtbeil geköpft und anschließend ins Moor geworfen. Es gab zwar Vermutungen, das auch wesentlich ältere Exponate in dieser grausigen Sammlung versteckt sein könnten, doch wurden sie alle bis jetzt nur oberflächlich untersucht. Die Dorf-Granden wollten ihre Moormörder, wie sie die Fundstücke nannten, nicht aus der Hand geben. Ein angesehener Historiker, der aus diesem Dorf stammte, hatte auch immer wieder versichert, das alle Fundstücke zwischen 1590, als in den Chroniken des Dorfes erstmals ein Scharfrichter erwähnt wurde, und 1896 als der Scharfrichter zum letzten Mal bei einer Räuberbande zum Einsatz kam, datiert werden können.
Ein Zettel war an die Türe genagelt auf dem, aus einer Zeitung ausgeschnitten, die Worte „ 100 000.- Euro, oder wir werfen die Köpfe ins Moor zurück“ stand. Ich denke, da war jemand nervös geworden und wollte etwas vertuschen. Diese Spur wollte ich selbst vor Ort verfolgen und reiste sofort auf dem schnellstem Weg dorthin. Zuerst mit dem Flugzeug nach St. Petersburg. Dort wollte ich mir einen Geländewagen mieten und auf der E18 und A127 über die nahe Grenze zu dem kleinen finnischen Dorf inmitten der tausend Seen Landschaft fahren. Dort würde sich ein allradgetriebener Geländewagen bezahlt machen. Als ich nachmittags am Flughafen eincheckte, mailte ich meinen Spezialisten meine Absicht, einmal in St. Petersburg zu nächtigen, mit der Bitte alles mögliche zu durchforsten, ob irgendwo jemand, der mit unserem Fall zu tun haben könnte, in der Stadt sei. Beim durchforsten der Kreditkartenrechnungen aus St. Petersburg fanden sie etwas und teilten es mir gleich nach meiner Landung in St. Petersburg mit. Meine Spezialisten konnten alles hacken, und da sie nichts veränderten und nur unauffällig Informationen für uns beschafften, die nirgendwo sonst weitergegeben werden, konnten sie unentdeckt still und heimlich agieren. Ein Geländewagen war vor zwei Tagen mit der Kreditkarte von Boris Jäger bei Sevent, einer großen Leihwagenkette, für drei Tage gemietet worden, auf der Kreditkarte war der voraussichtliche Rechnungsbetrag von Sevent reserviert worden. Ich hatte also die Chance Boris über den Weg zu laufen. Das wollte ich nicht, Boris musste nicht wissen, das ich ihm auf der Spur war, aber ich wollte seinen Geländewagen mieten, gleich nach seiner Rückgabe, ohne das die Reinigungsmannschaft eventuelle Spuren wegputzen konnte. Da für die Rückgabe des Autos die selbe Sevent Filiale gleich neben dem internationalen Flughafen vorgesehen war, es waren keine Kosten für eine Überstellung von einem anderen Ort auf der Kreditkartenreservierung zu sehen, orderte ich eine stille Observierung dieser Filiale bei einer Detektei unseres Vertrauens. Ich blieb vorerst im Ankunftsbereich des Flughafens, nur zwei Minuten zu Fuß von der Autovermietung entfernt und wartete auf die Nachricht, das Boris seinen Geländewagen zurück bringen würde. Dann wollte ich mit etwas Trinkgeld und viel Überzeugung die Sevent - Crew dazu bringen, mir genau diesen Wagen gleich ohne Reinigung zu vermieten. Das sollte klappen, denn zur Zeit war kein Geländewagen in dieser Filiale frei. Sollte doch auch ein anderer Wagen zurückgegeben werden, so war vereinbart, das der observierende Detektiv diesen wagen anmieten sollte, damit ich den Wagen bekam, den Boris zurückbringen würde.
Ich stärkte mich mit Tee und Sandwichs in der Lounge während ich auf den entscheidenden Anruf wartete.
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Mein Smartphone klingelte und der Detektiv sagte mir, das Boris Jäger jetzt da ist und seinen etwas verschmutzten Geländewagen zurück gab. Ich machte mich vorsichtig auf den Weg, ich wollte ja Boris nicht begegnen, und alles lief nach Plan. Ich konnte den Wagen ohne Innenreinigung, nur außen wurde er oberflächlich mit einem Hochdruckreiniger gesäubert, während ich die Papiere ausfüllte und unterschrieb, gleich haben. Als ich vom Autoplatz auf die Straße fuhr, nahm ich den Detektiv mit, der als Autostopper da stand. Er lotste mich zur Garage seiner Firma, wo einige Hilfsmittel zum genauen Durchsuchen des Wagens vorhanden waren und wir bei unserer Suche auch bald fündig wurden. Eine Tankrechnung aus dem Nachbarort des kleinen Heimatmuseums, Eine Juwelierrechnung aus St. Petersburg über weißgold- Ohrringe und ein passendes Goldkettchen mit einem Totenkopf aus Weißgold, weiters einige kleine Glassplitter die vielleicht von der eingeschlagenen Vitrine des Heimatmuseums stammen konnten, das würde die Detektei noch überprüfen aber für mich stand schon fest, das Boris mit dieser Sache zu tun hatte, ich musste aber beweisen, das er einen uralten Kopf von diesem Heimatmuseum in den Sumpfwiesenteich versenkt hatte, um den Schwindel aufzudecken und die Sumpfwiese zu retten. Also gleich morgen zeitig in der früh Aufbruch in das kleine finnische Dorf. Bei meinem Spezialistenteam hinterließ ich noch schnell den Wunsch, alle Informationen und besonders Fotos, sowohl von dem Kopf aus dem Sumpfwiesenteich, als auch von allen Köpfen des kleinen Heimatmuseums und deren Umgebung, zu bekommen. Vielleicht gibt es alte Fotos aus dem Museum oder von den verschiedenen Funden im Moor. Und wer weiß, vielleicht werde ich ja auch durch den goldenen Totenkopf an der Goldkette schlauer.
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Gegen Mittag erreichte ich das kleine Dorf und steckte gleich im dichten Gedränge vor dem Heimatmuseum fest. Schaulustige und einige Fotografen drängten sich vor dem verschlossenem Eingang. Ich stellte mein Auto ab und umrundete das Gebäude. Ursprünglich eine Blockbohlen-Scheune, nun als Museum adaptiert betrachtete ich die Rückseite des Hauses. Auch hier gab es eine Türe die durch nur durch ein einfaches Vorhängeschloss gesichert war, also wesentlich leichter zu knacken als der Haupteingang. Neben der Tür saß auf einer Bank eine der Dorfschönheiten. Sie war komplett schwarz bekleidet, es sah aber nicht nach Trauer aus sondern nach gothic style. Ein tätowierter Totenkopf am Oberarm und ein Zungenpiercing rundeten diesen Eindruck ab. Sie sprach mich auf englisch an: „Hy stranger, do you like to have a look at our swamp cadaver at midnight with me?“ dabei spielte ihre linken Hand mit einem Weißgold - Totenkopf, den sie an einer Kette um den Hals trug. Ich konnte mein gewecktes Interesse nicht verbergen wollte aber zuerst ein Quartier finden. Auf meine Frage nach einem Hotel nahm sie mich an der Hand und ging mit mir zu einem nahegelegenem Bauernhof. Sie erzählte, das ihr Vater der Bürgermeister und zugleich der Museumsleiter des kleinen Heimatmuseums sei, und sie den kleineren Teil des seit Generationen im Familienbesitz befindlichen Bauernhofes bewohne und auch ein Zimmer zu vermieten hatte. Ihr Vater habe fünf Zimmer für Pensionsgäste und auch das Frühstückszimmer, das ich mitbenutzen dürfe. Ich bejahte, als sie mich fragte, ob ich das Zimmer haben wollte und sie bot mir zum Entspannen nach der anstrengenden Reise entweder einen Saunabesuch oder eine Massage an. Sie ergänzte sofort, das sie gelernte Masseurin sei und fügte mit einem Augenzwinkern dazu, das sie es am ersten Tag nie ausnütze, wenn ein stattlicher Mann nur mit einem Badetuch bedeckt, vor ihr lag. So lernte ich Kyllikki kennen, die achtundzwanzig jährige Tochter des Bürgermeisters, die mit mir um Mitternacht ins Museum gehen wollte und mir die örtlichen Moorleichen zu zeigen, oder was davon noch da war.
Während sie mich massierte, erzählte sie von ihrer Liebe zu diesen Überbleibseln aus längst vergangenen Zeiten, die Faszination die das Moor auf sie ausübt, die Schönheit der Moorlandschaft in der Dämmerung und später in der Dunkelheit, wenn Irrlichter tanzen. Manchmal unterbrach sie ihre Erzählungen um leise ein paar Strophen eines mystischen Gesanges in ihrer Sprache anzustimmen. Der Gesang, ihre liebevolle Beschreibung der Stimmungen im Moor und ihre schönen Hände, die mich kräftig und sanft zugleich massierten, konnten schon Sehnsucht nach dem Moor erwecken.
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Als ich eine Stunde später aufwachte, Kyllikki hatte mich wohl in den Schlaf gesungen, saß sie neben mir, bot mir Tee an und sprach „Dein Interesse an mir hat wohl mit diesem Totenkopfanhänger zu tun, aber ich wollte, das dein Interesse auch mit mir selbst zu tun hat.Darum habe ich dir von mir und meiner Heimat, die durch das Moor geprägt ist, erzählt und auch ein bisschen für dich gesungen.“ sie blickte mich herzlich und offen an, “hat es ein bisschen funktioniert?“ folgte dann ihre Frage. Ich blickte ihr tief in die Augen, nahm sie bei der Hand und sprach zu ihr „ja es hat funktioniert! Ich werde dir nun die ganze Wahrheit erzählen. Du hast starkes Interesse an dir geweckt, so wie ich dich nun seit gerade mal zwei Stunden kenne. Doch warum ich überhaupt hier bin, hat etwas mit deinem Totenkopfanhänger zu tun.“ Sie blickte mich nun erwartungsvoll an und ich spürte förmlich durch ihre Hand, was sie wollte und was ich tun sollte. „Wenn ich dir verspreche, das mein Interesse an dir kein Schmäh ist, und du mir das glaubst, dann will ich dir alles über die große Sumpfwiese, die vor kurzem gefundenen Moorleichenteile, Veit Obermüller und seine Pläne die Sumpfwiese mit ihren seltenen Pflanzen und Tieren trockenzulegen und damit auch den Zugvögeln einen ihrer letzte Rastplätze wegzunehmen. Das sind die Gründe meiner Reise denn ich möchte das verhindern. Ich habe hier einiges zu tun, herauszufinden, das hat hohe Priorität, denn die Zeit läuft für Veit Obermüller und gegen die Natur. Aber ich will dich näher kennenlernen, denn du bist ein ganz besonderer Mensch.“ Sie drückte meine Hand und sagte“ Das verstehe ich, auch ich bin bereit für die Natur einzustehen. Oft spreche ich mit den Naturgeistern im Moor, ich fühle mich fast als eine der ihren. Ich kann mir nun schon ein bisschen vorstellen, worum es dir geht, doch sag mir noch, was hat der Totenkopfanhänger damit zu tun, vielleicht kann ich dir ja bei deinem Kampf für das erhalten der Natur helfen.“ Ich erzählte kurz alles nötige und kam dann zu dem Punkt, als ich eine Juwelierrechnung aus St. Petersburg im Mietwagen von Boris Jäger, den ich gleich nach seiner Rückgabe, … Sie unterbrach mich „Ich habe den Anhänger vor zwei Tagen von Boris Okhotnik bekommen! Okhotnik ist Russisch und bedeutet Jäger!“ Sie war sehr aufgeregt, „das wollte er also. Er war vor über einem Monat ein paar Tage mit meinem Vater geschäftlich beisammen, von daher kenne ich ihn.“ nachdenklich sank sie in ihren Fauteuil zurück. „Wir waren damals, er bat mich darum, in der Nacht im Museum. Er hatte auch einen Moormörder - Kopf in einem kleinen Alukoffer mit. Er sagte mir, das sei ein Muster für kleine Kopfnachbildungen, die man als Souvenir verkaufen könne.“ sinnierte Kyllikki vor sich hin „Er stelle ihn zu den anderen und machte Fotos. Zum Schluss verschmierte er feine Moorerde in seinem Gesicht, kniete sich hinter die Vitrine mit den Moorköpfen, und sagte zu mir ich solle ihn mit den anderen Köpfen fotografieren. Ich knipste sofort mit dem Handy, aber er sagte, nein mit dem Handy ginge das nicht, ich soll seine Kamera nehmen.Ich glaube er hat gar nicht bemerkt, das ich mit meinem Handy doch ein Foto gemacht habe.“ Sie stand auf. „ich zeige es dir auf meinem Computer, da ist die Qualität besser zu erkennen.“ Die Qualität des Fotos war erstaunlich, sie hatte eines dieser ganz neuen Supersmartphone´s mit einer hochqualitativen Zeiss Optik. Es ist erstaunlich, was die Moderne Technik alles zuwege bringt. Man sah Boris Jäger mit verschmiertem Gesicht und einige Moorleichenköpfe vor ihm auf der Vitrine. Kyllikki zeigte mir, welchen Kopf Boris mitgebracht hatte. Er war einem anderen Kopf aus dem Museum äußerst ähnlich. Ich sendete mit ihrer Erlaubnis das Foto mit den zugehörigen Erklärungen an meine Spezialisten. Ich bat Kyllikki, mit mir ins Museum zu gehen um die Fotos der Köpfe, die nun ausgestellt waren, zu fotografieren und ebenfalls an meine Spezialisten zu senden. Das, so sagte sie, war erst nach Einbruch der Dunkelheit möglich, wegen der vielen Schaulustigen und Reporter. „Wenn wir doch nur Fotos von den Köpfen nach dem ersten Besuch von Boris hätten, das wäre dann der endgültige Beweis“ murmelte ich vor mich hin. Sie sprang auf, griff zum Telefon und sprach schnell und aufgeregt auf finnisch, das ich leider nicht verstand. Als sie das Telefon weglegte, sagte sie zu mir (wir sprachen beide englisch, aber ich übersetze es gleich) „in einer Stunde hast du Fotos, frage mich aber nicht von wem die aufgenommen wurden, das musste ich versprechen. Datum und Zeit sind bei den Fotos dabei. Wenn du die Zeit siehst, wirst du feststellen, das das Museum um Mitternacht nicht geöffnet hat.“ sie lächelte als sie das sagte. „willst du nicht mit mir um Mitternacht ins Museum gehen, um deine Fotos von den Fotos zu machen?“ zwinkerte sie mir zu. Ich erwiderte, „weißt du, was schön wäre. Gleich wenn es halbwegs dunkel ist, gehen wir ins Museum, erledigen alles und dann, ich glaube wir haben heute fast Vollmond, zeigst du mir einen deiner Plätze im Moor. Im Museum ist alles Arbeit und Verbrechen für mich, im Moor ist offene Natur, da ist Freiheit.“ Ihr Blick berührte meine Seele, ihre Hand meine Schulter und sie flüsterte „ok!“
Die Fotos der Köpfe nach dem ersten Besuch von Boris wurden weitergeleitet, man konnte erkennen, das Boris einen Kopf ausgetauscht hatte, die alten Fotos der Köpfe untermauerten das, und ich ging mit Kyllikki in das Moor. Es war eine wundervolle Nacht. Der Mond und die Irrwische leuchteten uns, und die Feen und Elfen des Moores wachten über uns.
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Beim Frühstück, am nächsten Tag um Zwölf Uhr war bereits in den internationalen Nachrichten alles über den Schwindel von der großen Sumpfwiese zu hören und die Mühlen der Gerechtigkeit begannen zu mahlen. Veit Obermüllers Plan war gescheitert und Boris Jäger untergetaucht.
Die Natur rund um die große Sumpfwiese gehörte wieder ihren Pflanzen und Tieren und lud die Zugvögel zum rasten ein.
Den Geländewagen gab ich bei Sevent in St. Petersburg zurück und wollte ihn mit meiner persönlichen Kreditkarte bezahlen, da ich ihn drei Tage länger hatte als notwendig war, doch die Stimme der Urkraft des Universums sagte mir „nimm ruhig die goldene Karte der Firma, denn du hast dir eine Belohnung verdient. Auch James Bond verbringt ab und zu ein paar Extratage mit der Schönen der Mission.