Thesen zur Grundstruktur unseres Gemeinschaftslebens
Wenn Menschen zusammenkommen, um über ein Thema zu sprechen, können wir davon ausgehen, dass wir »überwiegend nicht einer Meinung sind«, was die Beurteilung und Behandlung einer Sachlage angeht.
Das wäre aber eine wichtige Feststellung. Nämlich, dass es »normal« ist, wenn wir Menschen nicht einer Meinung sind. Wir brauchen also erst gar nicht »wie aufgeregte Hühner« aufeinander einreden, um diesen Umstand schnell wieder zu verändern. Wir können diese Tatsache als eine Selbstverständlichkeit unserem Menschenwesen zuordnen und Verständnis dafür aufbringen. - Wir Menschen sind auf natürliche Weise, bezogen auf viele Dinge, nicht einer Meinung.
Wenn das nun so ist, wie kommen wir dann aber zu »gemeinsamen Entscheidungen«? - Durch Abstimmungen. Und die Mehrheitsentscheidung gilt.
Nun zeigt es sich aber immer wieder, dass solche Mehrheitsentscheidungen von der unterlegenen Gruppe nicht akzeptiert werden, und wenn diese die Mittel hat, wird sie »mit Gewalt« versuchen, eine durch die Mehrheit zustande gekommene Entscheidung wieder zu kippen. - Es wird versucht, den Regierenden Straftaten unterzuschieben. Sofern die unterlegene Gruppe Verbindungsleute in Justiz, Polizei und Geheimdienst hat, wird sie die von der Mehrheit gewählte Entscheidung diskreditieren und rückgängig machen wollen. - All das geschieht »mit Gewalt«.
Das heißt, es ist nicht in jedem Fall garantiert, dass Mehrheitsentscheidungen umgesetzt werden. - Von Wahlmanipulationen habe ich noch gar nicht gesprochen. - An Staaten, die mir in diesem Zusammenhang in den Sinn kamen, könnte ich Thailand und Brasilien nennen.
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Aber festhalten möchte ich noch einmal, es ist nicht ungewöhnlich, dass wir Menschen nicht einer Meinung sind, deswegen sollten wir auch nicht versuchen, eine gemeinsame Linie oder Meinung zu erzwingen.
Genau diesen Weg gehen aber oft Parteien und andere Organisationen, wo die Macher bemüht sind, alle »unter einen Hut« zu bekommen. Dort werden verschiedene Interpretationen »glattgebügelt«, bis es passt, und einer Partei- und Organisationspropaganda entspricht, die sich die Funktionäre ausgedacht haben.
Im Grunde sind solche Organisationen und Institutionen nicht für Menschen gedacht, die Wert darauf legen, dass ihre Position und Einschätzung in ihrer Form erhalten bleibt, und Gehör findet. - Wer auf seine eigene Meinung Wert legt, wird sich nicht so einfach in Vereinen und Gruppierungen einbinden lassen.
Ein zweiter Punkt wäre die »Feindseligkeit« unter uns Menschen. - Weniger in den 70er, 80er, aber schon eher heute, stehen die Menschen in feindseliger Haltung gegeneinander. Jeder darauf bedacht, sich selbst »am Leben zu halten«. - Die anderen sollen mal sehen, ob sie das auch schaffen. - Das passt zu diesem »Selbstoptimierungs«-Gedanken, der von dem Soziologen Hartmut Rosa ins Spiel gebracht wurde. - »Ich schaffe es, aber schaffst du es auch?«
Dieser Umstand der Feindseligkeit drückt sich verschiedentlich aus. Manche umarmen erstmal ihre Gegner und versuchen, diese auf die eigene Seite herüberzuziehen. Wer sich diesem, oft »paternalistisch« daherkommenden Verfahren, entzieht, der kann im Anschluss ja immer noch geschlagen werden.
In Diskussionen und gemeinsamen Gesprächen wird immer auch Gewalt ausgeübt. Diese Gewalt und Macht versucht sich in der »Technik der Gesprächsführung« und »Methode der Gesprächsgestaltung« zu verberben. - Wenn der Herr Doktor und die Frau Professor sprechen, dann muss an deren Aussagen was dran sein, und der Standpunkt von Frau Meier und Herrn X sind relativ, da diese überhaupt keine Titel vorweisen können. - Machtvoll auftretende Leute nehmen sich frech mehr Zeit in Gruppengesprächen, obwohl sie niemand darum gebeten hat. - Gegenteilige Ansichten werden in Frage gestellt, weil sie angeblich »nicht wissenschaftlich fundiert« sind, und die »machtvolle« Ansicht, versucht als Gruppe aufzutreten, um Einzelpersonen mit gegenteiliger Meinung einzuschüchtern.
Wenn wir neben dem Umstand, dass wir »in der Regel« nicht einer Meinung sind, noch hinzunehmen, dass wir eine überwiegend feindselige Haltung zueinander haben, dann ist damit der Kampfplatz »Öffentlicher Raum« beschrieben, in dem wir gemeinsam die Belange der Allgemeinheit bestimmen sollen. - Das kann also recht anstrengend werden, dieses Unterfangen. - Da aber viele Lobby-Gruppen sich langfristig Vorteile davon versprechen, in Form von Gesetzen und Verordnungen, die für ihre Anliegen günstig sind, sind in diesem Bereich doch viele »Kämpfer« unterwegs.
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Somit wäre zum Einen die eigene Position zu entwickeln, die es dann zu verteidigen gilt. Aber, wenn wir Menschen anerkennen, dass es »normal« ist, dass wir unterschiedlicher Meinung sind, können wir entspannter mit diesem Umstand umgehen und uns die »Differenz« in den Ansichten zugestehen.
Und wenn wir duchschauen, dass das »gemeinsame Gespräch« für viele Zeitgenossen in Wirklichkeit ein Kampfplatz ist, auf dem sie ihre »Sonderinteressen« verankern wollen, dann müssen wir die gemeinsamen Gespräche so gestalten, dass diesen Versuchen Einhalt geboten wird.
So ist es nicht verwunderlich, aber eigentlich liegt es auf der Hand, dass Internetforen und die Sozialen Netzwerke ebenfalls »Öffentlicher Raum« darstellen, der wie eine Gaststätten-Hinterzimmer-Parteiversammlung auch, von Machtinteressen umrankt ist. - Das heißt, die »Regeln«, wie Gespräche gestaltet werden können, wie »Gruppen« etabliert und abgesichert werden können, wie Personen in den Sozialen Netzwerken in Erscheinung treten können, all das spielt eine große Rolle, weil es den Umstand beeinflusst, wie »frei und selbstbestimmt« wir uns fühlen, um unsere persönlichen Positionen und Einstellungen einbringen zu können.
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Nicht nur haben wir in der Welt Länder mit vielen Menschen, in denen Diktaturen an der Macht sind, sondern das Diktatorische überhaupt, nimmt tendenziell in der Welt zu. - Auch in den sogenannten »Demokratien« ist schon längst der »starke Staat« dabei, Freiheitsrechte der Menschen außer Kraft zu setzen, um zum Beispiel »Terrorismus« abwehren zu können, oder scheinbar widerspenstige Bürger zu »integrieren«.
So ist einerseits die Tendenz zu verspüren, dass mehr Menschen sich als Individuen in die Gestaltung der Gesellschaften einbringen wollen, und andererseits Machtapparate, Parteikader, Diktatoren und Lobbygruppen um ihre »alte« Vorherschaft ringen und weiter durchsetzen möchten.
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Insofern ist es nicht unwichtig, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie wir Gesellschaften zugunsten der Allgemeinheit verändern können, und wenn diese profitiert, profitieren wir auch, weil wir Teil der Allgemeinheit sind.
Wer keine Zeit hat, sich eher überfordert fühlt, mit inhaltlichen Auseinandersetzungen, will vielleicht »eine gute Alternative zur Wahl« haben, und das genügt den Menschen.
Mein Eindruck ist aber, dass mehr Personen als noch vor einigen Jahren, direkt in Sachfragen entscheiden wollen, in den Gesellschaften. Und das ist eine gute Grundlage, sich mit Direkter Demokratie auseinanderzusetzen, die Grundeinkommens-Idee zu analysieren und ganz grundlegend die Frage im Blickfeld zu behalten, wie können wir effektiv für unsere Sache eintreten, und in absehbarer Zeit gute Ergebnisse erzielen, zugunsten der Menschenrechte, der Menschenwürde, des individuellen Wohlbefindens.