Das eine Szenario ist die wirtschaftsliberale Variante des BGE: Ein Grundeinkommen auf dem Niveau eines am Existenzminimum bemessenen Sozialhilfesatzes ersetzt sämtliche anderen Leistungen gesellschaftlicher Daseinsfürsorge und wird als „negative Einkommensteuer“ gezahlt, also ab einer gewissen Höhe eigenen Einkommens zunehmend wegversteuert. Finanziert wird es durch Steuern, vornehmlich durch eine höhere Mehrwertsteuer: faktisch also durch eine Konsumsteuer, was gerade die aufs Grundeinkommen angewiesenen Bürgerinnen und Bürger besonders belasten würde.https://www.freitag.de/autoren/jgregersen/das-bedingungslose-grundeinkommen
Zu Anfang spricht der Autor von einem »Bedingungslosen Grundeinkommen«. Und jetzt will er die »Negative Einkommenssteuer« als »wirtschaftsliberale Variante« des bGE ins Spiel bringen.
Aber die Negative Einkommenssteuer hat nichts mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen zu tun! Denn für die Auszahlung dieser Steuer ist ein Arbeitseinkommen Grundlage. Doch das Bedingungslose Grundeinkommen will ja gerade die Kopplung von Arbeit und Einkommen aufheben. - Deshalb repräsentiert die Negative Einkommenssteuer kein Bedingungsloses Grundeinkommen.
Auch ist seine Behauptung, dass mit einem Grundeinkommen »sämtliche anderen Leistungen gesellschaftlicher Daseinsfürsorge« wegfallen, irreführend. Ersetzt werden sollen die Leistungen, die für die Existenzsicherung gebraucht werden. Und die Existenzsicherung betrifft erstmal nur Nahrung, Kleidung, Wohnen und Energie. Es kann auch der Hartz4-Warenkorb als Orientierungshilfe verwendet werden. - Aber es wurde schon häufiger gesagt, das dieser zu klein bemessen ist.
Des Weiteren ist seine »Variante« des bGE ohne Belege. Wer vertritt ein solches Grundeinkommen, das der Autor hier beschreibt. Niemand? Ja, es wird niemand sein. Denn er packt Einkommenssteuer und Mehrwertsteuer und zusätzlich die Negative Einkommenssteuer in ein »Modell«, sagt aber nicht, wer konkret so ein Modell überhaupt bewirbt und für solch' ein Grundeinkommen in der Öffentlichkeit einsteht.
Und dann zum Schluss noch sein Hinweis, das eine »Konsumsteuer« die »aufs Grundeinkommen angewiesene Bürger« besonders belasten würde. - Hier stecken gleich zwei Unkorrektheiten drin. Einmal ist die Konsumsteuer nicht »ungerecht«, weil die Steuermenge gleich bleibt. Denn alle Steuern werden zusammenaddiert und in einer zusammengefasst. Da hat sich dann nichts verändert, zu der bisherigen Besteuerung. [1] - Das andere, aus der »Mottenkiste der Grundeinkommens-Wahrnehmung«, ist die Behauptung, eine Konsumsteuer würde die Bürger »besonders belasten«. - Das Grundeinkommen ist ja gerade die »Rückvergütung« der gezahlten Konsumsteuer, bis in Höhe der von der Gesellschaft vereinbarten Geldsumme. [2]
Und dann ist seine Bemerkung absurd, in einer Grundeinkommens-Gesellschaft, in der der Mensch durch das Grundeinkommen »frei« geworden ist. - In einer Gesellschaft, in der die Existenz der Menschen gesichert ist, bestehen im Verhältnis zu heute »fast paradiesische« Verhältnisse. - Dass er dann dennoch die Bürger mit einem Grundeinkommen und Konsumsteuer als »besonders belastet« wahrnimmt, ist schon seltsam.
[1]
Götz Werner informiert über den Steuer-Zusammenhang an einem Beispiel in dem Buch
Götz W. Werner
Ein Grund für die Zukunft:
das Grundeinkommen
Interviews und Reaktionen
S.39
Interviewer:Aber der Dumme ist - wie so oft - der, der wenig hat. Er bezahlt prozentual am meisten. Außerdem werden die Waren teurer.Götz Werner:Nein. Man kann, erstens, die Mehrwertsteuer sozial gestalten. [Damit ist die unterschiedliche Staffelung der Steuersätze gemeint, bei der MwSt. Existenzsichernde Güter mit geringem Steuersatz, Luxusgüter mit hohem Steuersatz]Und zweitens werden die Waren nicht teurer. Eine Brille kostet, sagen wir mal, 100 Euro. Darin sind heute 16 Euro Mehrwertsteuer und 84 Euro Warenwert. In diesen 84 Euro sind aber 34 Euro versteckte Steuern, der tatsächliche Warenwert beträgt also nur 50 Euro. 50 Prozent Mehrwertsteuer wären also nichts anderes, als den Steueranteil sauber auszuweisen. Ich sage ja auch nicht, dass die Mehrwertsteuer auf einen Schlag so hochgehen soll, das würde Jahre dauern. In den skandinavischen Ländern ist sie jetzt schon viel höher als bei uns, zum Teil bei 25 Prozent, und diesen Ländern geht es deutlich besser als uns. Ja, diese Konsumsteuer würde viele unserer strukturellen Probleme lösen.Siehe auch Bilder am Ende des Textes.
Staatsquotenvergleich:
http://www.eso.uzh.ch/modul2/StaatSoz/2000000500006BCB000035F346EA2CF7.gif
http://de.statista.com/graphic/5/6769/staatsquoten-der-eu-laender.jpg
[2]
Darauf weist André Presse hin, in seinem neuesten Interview.
http://www.treffpunkteuropa.de/interview-des-monats-einkommen-ohne-grund
.... denn nur dadurch ist gesichert, dass das Existenzminimum auch mehrwertsteuerfrei ist, nicht nur einkommensteuerfrei. Wir empfinden es heute als ganz selbstverständlich, dass das Existenzminimum von der Einkommensteuer befreit ist. Über die Mehrwertsteuer nehmen wir heute schon mehr ein als über die Einkommensteuer. Dort haben wir aber noch nicht über Freibeträge nachgedacht, was unter anderem mit den vorhin schon genannten Staffelungen in der Mehrwertsteuer zu tun hat, aufgrund derer wir denken, wir hätten damit dem sozialen Ausgleich schon genüge getan. Man kann das umstellen, und das schlagen wir vor.FAZIT:
Wenn wir uns daran orientieren, dass ein Grundeinkommen »bedingungslos« ausgezahlt sein soll, es die Existenzsicherung garantiert, die Arbeit vom Einkommen trennt, und wir verstehen, dass wir heute, als auch in einer Grundeinkommens-Gesellschaft nicht mehr als vereinbart Steuern bezahlen, dann gibt es keine »verschiedenen Modelle« des bGE.
Es kann nur auf das Eine herauslaufen: Wir Menschen leben in existentieller Sicherheit, und gewähren uns diese gegenseitig.