Das ökologische Grundeinkommen (ÖGE), wie es Ulrich Schachtschneider beschreibt, ist ein interessanter Ansatz. Allerdings bieten sich auch hier Ansatzpunkte, dazu Stellung zu nehmen.
http://www.ulrich-schachtschneider.de/5.html
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Ein ökologisches Grundeinkommen (ÖGE) ist ein Grundeinkommen, welches durch Abgaben auf unerwünschten Umweltverbrauch finanziert wird. Es handelt sich also um die Finanzierung eines bedingungslosen Grundeinkommens über die Besteuerung einer bestimmten Form des Konsums – desjenigen Konsums, der die Umwelt nach unseren gesellschaftlichen Vorstellungen in falscher Weise belastet, der dem Ziel einer „nachhaltigen Entwicklung“ zuwiderläuft.Problematisch finde ich an diesem Ansatz, dass die »Strafgebühren«, die die Bürger für unökologisches Handeln zahlen, Grundlage für eine Grundeinkommens-Finanzierung sein sollen. - Das ist rein psychologisch ein schlechter Ansatz, weil es das Grundeinkommen diskreditiert. - Dann können wir auch gleich Zigaretten- und Benzinsteuer mit dazu nehmen. - Hier könnte der Eindruck entstehen, das Grundeinkommen würde »gegen den Willen der Bevölkerung« ermöglicht. Eine fatale Botschaft.
Zudem wird an der Art, wie der Autor das Grundeinkommen denkt, deutlich, dass er meint, das Grundeinkommen sei »Geld«. Er überlegt sich also, wie kommen wir an Geld ran.
Allerdings finden sich auch Hinweise bei ihm, das Grundeinkommen als »Güterleistung« zu denken:
Die Verbraucherzentrale NRW schlug 2008 die Einführung eines kostenlosen Strom-Grundfreibetrags von 250 kWh/Person und Jahr vor, der durch einen höheren Strompreis finanziert werden sollte („Stromspartarif“). Dieser Vorschlag stellt nichts anderes als eine Konkretion des Prinzips Öko-Bonus beim Stromkonsum dar. Eine Studie des Wuppertal-Instituts untersuchte die Wirkung dieser Tarifstruktur auf Haushalte, die von Sozialtransfers leben: 80% würden sich besser stellen als vorher. 3 Der Grund: Auch der Stromverbrauch steigt in der Regel mit dem Einkommen.--
Eine Kritik aus ökologischer Sicht gegen das Grundeinkommen lautet bekannterweise, dass dann mit der größeren Massenkaufkraft mehr umweltschädliche Dinge gekauft werden. Genau dies wird durch die Änderung der relativen Preise durch die ökologischen Steuern vermieden: Produkte mit großen ökologischen Rucksack werden teurer als ihre umweltfreundlichen Alternativen.Hier wieder das Argument einer »größeren Massenkaufkraft« durch das Grundeinkommen. Dies trifft nicht zu. Voraussetzung: Das Grundeinkommen wird verrechnet! Nur dann bleibt die Wertschöpfung relativ gleich. [Das hatte ich schon angemerkt, zu dem Artikel von »Eifelphilosoph«]
Schachtschneider will mit hohen »ökologischen Steuern« das Konsumverhalten der Bürger beeinflussen und gleichzeitig mit dem damit eingenommenen Geld das Grundeinkommen finanzieren. - Ein verwegener Ansatz. :-)
Die Gefahr besteht, dass diese Steuern als Bevormundung erlebt werden. - Allerdings sind sie dann berechtigt, wenn ein übermäßiger, gefährlicher »Verbrauch« der Erde gestoppt werden soll und eine »Schädigung« des Planeten ansonsten möglich wäre.
Er spricht die heutige Diskussion an, wie wir zu »mehr Arbeitsplätzen« kommen, durch »Wachstum« in der Wirtschaft, und das die GRÜNEN zu einem ökologischen Wachstum raten, in den Branchen, die eine ökologische Gesellschaftsgestaltung ermöglichen. - Eine Alternative dazu wäre »Degrowth, antiproduktivistisch« die Wirtschaft zu betrachten, was mit einem Grundeinkommen viel leichter gelingen könnte.
Neben dem wirtschaftlichen Wachstum, dem ökologischen Fortschritt und den neuen Technologien, wäre es die »Verteilungsfrage«, die mit dem Grundeinkommen einen weiteren Faktor ins Spiel bringen würde.
Mit einem ÖGE kann der Green New Deal einen libertären Charakter erlangen, da die Spielräume zur Gestaltung eines eigenen Lebensplans für alle, nicht nur die Begüterten, größer werden.Das wichtigste Merkmal des ÖGE für eine Postwachstumsökonomie aber ist: Mit dem ÖGE wird der Green New Deal antiproduktivistisch, denn es bewirkt neben der Förderung technologischer Alternativen mit geringerem Ressourceneinsatz einen generellen Rückgang ökonomischer Aktivitäten.Der Bürger hätte in den kapitalistisch strukturierten Gesellschaften mit einem Grundeinkommen ein Instrument in der Hand, mit dem er selbst Einfluss nimmt Produktionsinhalte, Produktionstempo und Produktionsumfang. - »Wachstum« würde von der Entscheidung der Individuen abhängig und nicht mehr wie es heute der Fall ist, als »menschenfressendes Monster« die Bürger bedrohen. - Der Kapitalismus zerstört menschliches Leben, weil er heute mittels »Geld« die Leute dirigiert und versklavt. - In einer Grundeinkommens-Gesellschaft wäre diese Wirkung massiv abgedämpft.
Erstens wird ökonomische Aktivität generell unattraktiver aufgrund der höheren ökonomischen Sicherheit durch das Grundeinkommen sowie die höheren Preise von Ressourcen. Ein ÖGE sorgt für mehr ökonomische Sicherheit im ökologischen Umbau der Wirtschaft. Während in den hegemonialen Konzeptionen zur besseren Bearbeitung der ökologischen und ökonomischen Krise wie dem Green New Deal die Sorgen der Menschen mit der Aussicht auf neue Arbeitsplätze beruhigt werden sollen, besteht das Konzept des ÖGE in der Garantie sozialer Sicherheit – einer sozialen Sicherheit unabhängig von Wirtschaftswachstum! Die durch das Grundeinkommen bewirkte größere Wahlfreiheit des Einzelnen auf dem Arbeitsmarkt ist nicht nur emanzipatorischer Fortschritt, sondern auch ein ökologisches Plus: Der Zwang zu ökologisch problematischen ökonomischen Aktivitäten wird dann geringer.Zweitens macht ein Grundeinkommen die Gesellschaft gleicher. Gleichheit als eine soziale Realität und als ein Gefühl ist wichtig für die Akzeptanz von Umweltpolitiken, die eine ökologische Transformation der Wirtschaft fördern.Drittens entwickeln sich die Arbeitsverhältnisse mit einem Grundeinkommen weniger hierarchisch. Die Menschen werden nur an solchen Produktionen teilnehmen, die aus ihrer Sicht Sinn machen.Hier ist Schachtschneider mit seinen Einschätzungen in vollem Umfang zuzustimmen.
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Was bedeutet das für die Praxis?
Einmal sind die Analysen von Ulrich Schachtschneider eine gute Grundlage für die Umweltverbände und -Organisationen sich mit der Grundeinkommens-Idee solidarisch zu erklären. - Er zeigt einen Zusammenhang auf, zwischen Grundeinkommen und Umweltschäden, etwa wenn Verbrauch und Produktion erhöht werden, »damit Arbeitsplätze entstehen« und Einkommen generiert wird. Zum Anderen macht er deutlich, dass ein »antiproduktivistisches« Verhalten (Degrowth) der Bürger, durch ein Grundeinkommen erleichtert wird, weil sie mit einem bGE die Freiheit haben, sich den Produktionsprozessen zu entziehen.
Aber warum finden wir zum Beispiel bei »Greenpeace« keine offiziellen PRO-Grundeinkommen Bekundungen, etwa von Seiten der Organisations-Führung, und ein solidarisches Auftreten und gemeinsame Veranstaltungen mit Grundeinkommens-Vertretern und -Initiativen? Das ist schon sehr seltsam. - Aber an der Basis, in diesen Organisationen, ist die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens durchaus angekommen.
Zu kritisieren an Schachtschneiders Perspektive, wäre das nicht konsequente Denken des Grundeinkommens »als Güter«. Auch er ist sehr stark mit »Geldfragen« beschäftigt. - Aber es sind Ansatzpunkte vorhanden, die ausgebaut werden können. Zum Beispiel:
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Das ÖGE kann auch in materialer Form eingeführt werden, zum Beispiel als Basisfreimenge Strom oder Gas, finanziert über einen höheren Preis für den darüber hinausgehenden Verbrauch. Ein solcher „Spar-Tarif“ wurde von der Verbraucherzentrale NRW 2008 vorgeschlagen. Über das Energiewirtschaftsgesetz könnte das Anbieten einer solchen Tarifstruktur bundesweit für jeden Versorger vorgeschrieben werden.Das Grundeinkommen in materieller Form. Genau darum geht es. - Dann wird auch deutlich, dass wir womöglich gar kein »Degrowth« brauchen, welches wir bevormundend durch Steuern und Abgaben-Strukturen den Mitbürgern nahelegen. - Wenn die Mensch die »notwendigen Güter« haben und selbst dafür sorgen, dass sie »mit Sicherheit zuverlässig ein Menschenleben lang« produziert werden, dann stellt sich jeder selbst die Frage, was brauche ich noch, was schadet dem Planeten, was kann ich beitragen, für eine ökologisch gestaltete Lebenswelt.
Ein weiterer Kritikpunkt wäre das Fehlen der »Konsumsteuer« in Schachtschneiders Grundeinkommens-Konzept. (Oder habe ich das nur überlesen?) - Denn sie passt ideal zum »Degrowth«-Gedanken.
Hier zum Vergleich ein Zitat aus »Ein Grund für die Zukunft: das Grundeinkommen«, Götz Werner, S.28:
Gehen wir auf die andere Seite, zum Konsum. Die Tatsache, dass Menschen konsumieren, führt zu jenen infrastrukturellen Notwendigkeiten, die eine Gemeinschaft finanzieren muss. Im Grunde hat die Steuer die Aufgabe, das Wertschöpfungsergebnis aufzuteilen - in jenen Teil, über den man privat verfügen kann, und in einen anderen, über den die Gemeinschaft verfügt, um das Gemeinsame zu organisieren. Oder anders gesagt: Der Einzelne muss zurücktreten von seinem persönlichen Konsum, damit die öffentliche Hand konsumieren kann. Das Interessante ist: Während wir auf der Steuerseite bei Mehrleistung Progression erleben - erleben wir auf der Konsumseite bei Mehrverbrauch Degression. Im Dutzend billiger, das kennen wir alle.[Dies ist] Eine schlichte Fehlsteuerung. Denn tatsächlich müsste es so sein, dass der Beitrag überhaupt nicht besteuert wird — und dass die Entnahme aus der gesellschaftlichen Wertschöpfung progressiv besteuert wird. Das heißt, immer dann, wenn jemand meint, er müsste in einem erhöhten Umfang Güter und Leistungen in Anspruch nehmen, dann muss er mehr bezahlen. Auch das ist kein neuer Gedanke: Wir haben längst Konsumsteuern. Aber das alles ist noch nicht so recht ins Bewusstsein gedrungen — und wir denken es nicht zu Ende: Wir sollten unser Steuersystem so weiterentwickeln, dass nur noch der Konsum besteuert wird, nicht mehr der Beitrag. Wer viel konsumiert, zahlt viel Steuern, wer sparsam lebt, zahlt wenig Steuern. Denn er benutzt auch weniger die Straße, die Flugplätze, verbraucht weniger Energie, produziert weniger Müll — er fordert der Gemeinschaft weniger ab.Eine konsequent angewandte »Verbrauchssteuer« [1], kommt dem Umweltschutz entgegen, weil der übermäßige Verbrauch an Ressourcen, Konsumrausch und die Über-Nutzung des Planeten gesteuert und gebremst wird, mit dieser »Steuer«.
Aber heute geschieht das genaue Gegenteil. - Wer viel konsumiert, wird durch Rabatte belohnt, und wer viel arbeitet, wird mit hohen Einkommenssteuern bestraft.
[1]
Verbrauchssteuer = Konsumsteuer = Ausgabensteuer = Mehrwertsteuer
Immer nur ein anderer Name, für die gleiche Idee. :-)