Befürworter eines BGE argumentieren oft, dass dadurch auch der Unterhalt der Kinder gesichert und die Erziehungsarbeit honoriert würde. Was den Unterhalt der Kinder angeht, stimmt das. Ein BGE für Erwachsene wäre aber keine Honorierung der elterlichen Erziehungs- und Pflegearbeit, weil es unabhängig davon gezahlt würde. Die Ungerechtigkeit gegenüber der familiären Sorgearbeit bestünde unverändert fort. Diese würde weiter behandelt wie Nicht-Arbeit und entsprechend gering geschätzt. Im Übrigen könnten viele Empfänger des BGE beliebig zuverdienen. Wer Kinder erzieht, könnte das nicht.http://familienarbeit-heute.de?p=4641
»Arbeit« ist eigentlich immer etwas Unfreiwilliges.
Dies hängt mit der eigenen »physischen Existenz« zusammen. Um unsere eigene physische Existenz zu erhalten, müssen wir bestimmte Dinge auf der Erde tun. Früchte von den Bäumen pflücken, Tiere jagen, »Ackerbau und Viehzucht« betreiben. Dann essen wir die Früchte und Tiere, um selbst am Leben zu bleiben. - Oder wir ziehen uns in Höhlen zurück, um uns vor schlechtem Wetter zu schützen, und wir bauen Häuser, um in ihnen zu leben. Und dann machen wir Menschen »Feuer«, weil es uns kalt ist und damit das Feuer uns wärmt. - All diese Dinge machen wir, weil sie unserer »physischen Existenz« dienlich sind. Und wenn wir heute über die »Wirtschaft« reden, als einen Teil unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens, dann besteht die Hauptaufgabe dieser Wirtschaft darin, eben diese physische Existenz der Menschen zu erhalten. Dieser Teil des Wirtschaftens ist die »notwendige Wirtschaft«. Wenn wir das verstehen, dass es notwendig ist, die Güter für die Existenzsicherung herzustellen, so ergibt sich aus dieser »Einsicht« dennoch nicht das Recht, insbesondere »andere Menschen« verpflichten zu können, irgendetwas arbeiten zu müssen. - Vielmehr bringt uns die Einsicht in diese Zusammenhänge dazu, dafür sorgen zu wollen, für die Sicherstellung unserer eigenen Existenz und für die Versorgung der Gemeinschaft uns einzusetzen. - Über die Zeit, Jahre und Jahrhunderte, haben wir Menschen erfahren, dass die Arbeitsteilung uns allen zum Vorteil gerät. Das »Füreinander-Leisten«, wie es Götz Werner nennt, ist die Regel geworden. Und über den Markt werden die Produkte angeboten und verteilt, die wir für unser Leben brauchen.
Arbeit tun wir, weil sie notwendig ist.
Wer Nahrung herstellt, Pflanzen anbaut, als Bauer, Bäcker, Metzger tätig ist, tut dies nicht zuerst, weil es einer »Laune« entspringt, sondern weil es »gemacht werden muss«.
Kinder zeugen gehört aber definitiv nicht dazu. Niemand »muss« Kinder zeugen. Insofern fehlt auch die Notwendigkeit, dass »die Gemeinschaft« dem Einzelnen den Zeugungsakt und die darauffolgende Erziehung und Aufzucht der Kinder »bezahlen muss«. Auch die Behauptung, diese Kinder seien »notwendig«, um die Renten der vorhergehenden Generationen bezahlen zu können, ist konstruiert und eine Anmaßung dieser »Familienarbeiter« gegenüber der Mitwelt. - Denn, wie eine Gesellschaft gestaltet wird, wie die Versorgung der Menschen garantiert wird, entscheiden nicht die Kinderzeuger, sondern »alle Bewohner«, alle Mitbürger einer Gemeinschaft, und nicht bloß Familienväter und Mütter.
Alle Weltbilder, und sicherlich auch das des Bedingungslosen Grundeinkommens, sind, wenn sie denn in die Wirklichkeit umgesetzt werden, immer nur »in Absprache« unter den Menschen und mit Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger als Gesellschaft lebendig. - Wir brauchen den Konsens oder eine überwiegende Zustimmung für ein Gesellschaftskonzept.
Was der Autor des Beitrags anspricht, und was bestimmt eine Betrachtung wert ist, ist die Frage, ob »Privates, Familiäres«, einen Anspruch auf Bezahlung hat, wie es bei einem »Arbeitsplatz« der Fall ist. - Ich denke, dies ist nicht so.
Aber mit einem Grundeinkommen würde diese Arbeit ebenfalls eine Anerkennung erfahren. - Doch das reicht dem Autor des Beitrags nicht. - Er weiß besser, was »gerecht und ungerecht« ist, und beschreibt die »Arbeit« seines Klientels als etwas, das vergütet gehört, »wie bei einem regulären Arbeitsplatz«.
Irritierend in der Broschüre ist auch die Forderung, bezahlte und unbezahlte Arbeit solle „zwischen Frauen und Männern gleich verteilt werden“. Wie soll das gehen bei einem kinderlosen Ehepaar, wo die familiäre Sorgearbeit gar nicht anfällt? Eine andere Verteilung zwischen den Eltern würde nichts an der Minderbewertung der Sorgearbeit ändern. Die Ungerechtigkeit bliebe bestehen. Eine Gleichberechtigung der Geschlechter wird erst möglich werden, wenn die familiäre Sorgearbeit der herkömmlichen Erwerbsarbeit durch Honorierung gleichgestellt wird.Was der Autor verkennt, ist, dass bei einem herkömmlichen »Arbeitsplatz« die beteiligten Personen selbst aushandeln müssen, was die Arbeit wert ist. Doch wie er sich äußert, weiß er schon alles, und es geht nur darum, »den anderen« zu sagen, wie sie es gefälligst richtig zu machen haben.
Die frei werdenden Arbeitskräfte und Mittel sollten also verwendet werden, um diejenigen Arbeiten zu bezahlen oder erst zu ermöglichen, die auf mehr Menschlichkeit und Nachhaltigkeit in der Gesellschaft abzielen. Ein BGE leistet das nicht.Wie jetzt? Sollen die Menschen verpflichtet werden, zu bestimmten Arbeiten, die der Autor für wichtig hält? - Wenn es darum ginge, hätten wir wieder »Zwangsarbeit«, die von kleinen Grüppchen, bestehend aus »Besserwissern« für andere erdacht wird. - Dann könnten wir ja gleich den »Staats-Sozialismus« einführen. Auch da waren es die »Parteikader« und Führungskräfte, die für andere die Arbeit sich ausdachten. - Das wäre dann der Terrorstaat, bei dem alles als »gut gemeint« dargestellt wird, aber dann doch bös ausgeht, weil es die »Selbstbestimmung des Individuums« ignoriert.
Ein BGE wird oft begründet mit dem „Recht auf eine menschenwürdige Existenz“. Dieses Recht steht außer Zweifel. Aber es ist untrennbar verbunden mit der Pflicht, nach Kräften zum eigenen Unterhalt beizutragen. Wer das nicht will, kann auch nicht von anderen verlangen, für seinen Unterhalt zu sorgen. Nur wer das nicht kann, hat einen Anspruch auf Hilfe durch die Gesellschaft. Wie soll einem schwer arbeitenden Bauarbeiter oder Eltern mit drei kleinen Kindern klar gemacht werden, dass sie Lohn-, Umsatz- und Ökosteuern zahlen sollen, damit jemand anderes nicht zu arbeiten braucht?Was der Autor hier macht, ist eine Vermischung von eigenen Annahmen und Grundsätzen mit Aussagen und Auszügen aus der Grundeinkommens-Diskussion. - So behauptet er, dass es »notwendig« sei, dass der einzelne Mensch zu seinem »eigenen Unterhalt« beitragen muss. Das ist aber nicht der Fall!
Die gesamte Diskussion über das Bedingungslose Grundeinkommen zieht sich über mehrere Stränge hin. Wirtschaft, Geldsystem, Menschenbild, Direkte Demokratie, Digitalisierung, Automation, Menschenwürde, Menschenrechte. Ein »Strang« ist die wirtschaftliche Entwicklung in den Gesellschaften in den letzten Jahrhunderten. »Automation« und Digitalisierung sind dabei die Stichworte. - Fazit dieser Diskussion ist, dass der einzelne Mensch heute nicht mehr dazu beitragen »muss«, seine eigene Existenz zu sichern. Der Einsatz von Menschenkraft in der »notwendigen Wirtschaft« wird immer weniger nötig sein und dennoch sind wir alle mit den dort produzierten Gütern versorgt. - Und das Mitwirken in anderen Bereichen des täglichen Lebens, kann nur freiwillig sein. - Eine »Pflicht« in der Kinderbetreuung, Werbebranche, Autoproduktion, Flugzeugabfertigung, im Reinigungsgewerbe etc. zu »arbeiten«, gibt es nicht. - Auch wenn die Jobcenter uns heute etwas anderes suggerieren wollen, es besteht für niemanden von uns eine »allgemeine Arbeitpflicht«. Und wenn sie dennoch propagiert würde, so wäre das Ausdruck eines totalitären und diktatorischen Staates.
Ebenso ist der heutige Vergleich von »schwer arbeitenden Bauarbeitern« mit Leuten, die mehrere Kinder haben, reichlich verwegen und völlig deplatziert. - Durch parteipolitische Ideologie sind die Menschen in vielen Staaten gezwungen, ihren Lebensunterhalt mittels »fremdbestimmter Arbeit« zu bestreiten. Möglicherweise würden in einer Grundeinkommens-Gesellschaft viele Personen, die heute in der Baubranche arbeiten, dort gar nicht erst anfangen. Sei es aus gesundheitlichen Gründen, sei es wegen der schlechten Bezahlung und den schlechten Arbeitsbedingungen, Samstagarbeit, jeden Tag 10, 12 Stunden, schmutzige Arbeit etc. - Aber niemand mit drei Kindern wurde dazu verpflichtet, in dieses Leben. Es war eine freiwillige, zutiefst private Entscheidung, mit einem Partner Kinder zu haben. Und niemanden sonst geht das auch etwas an. Und niemand sonst kann dafür in Anspruch genommen werden, etwas für diese Lebensumstände beitragen zu müssen, die sich jemand selbst geschaffen hat. - Es sei denn, es ist gesellschaftlich so abgesprochen.
»Steuern« zahlen wir, damit die Gemeinschaftsaufgaben in einer Gesellschaft erledigt werden können. Es ist aber richtig, immer wieder von neuem darauf zu achten, ob die gemeinschaftlichen Verwalter (Politiker) zurecht von uns Geld für bestimmte Aufgaben verlangen und welche Bereiche wir selbst für wert erachten, durch die Gemeinschaft finanzieren zu lassen. - Der Autor des Beitrags sagt, warum sollen die einen Steuern zahlen für diejenigen, die nicht arbeiten gehen? - Dabei übernimmt er die heutige, noch bei vielen Menschen verbreitete Meinung gegen das Grundeinkommen. Aber was ist, wenn eine überwiegende Zahl von Bürgerinnen und Bürgern sich für die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens aussprechen? Dann läuft die Behauptung von Johannes Resch ins Leere. Denn dann wäre es von den meisten anerkannt in einer Gesellschaft, dass vor aller weiteren Beurteilung von Beiträgen der einzelnen Bürger zu einem Gemeinwesen, wir erstmal für alle eine »Grundversorgung« garantieren. - Und das ist die Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens.
Wenn die Bindung zwischen Arbeit und Lohn aufgehoben wird, wie es durch ein BGE geschieht, leidet die Arbeitsmotivation sowohl bei den Empfängern wie bei den Netto-Zahlern, weil für beide die Arbeit an Bedeutung verliert. Das wird sogar in der Broschüre zugegeben: „Abhängig Beschäftigte mit Grundeinkommen brauchen nicht jeden Job anzunehmen“ und „Arbeitnehmer/innen können mehr fordern und mehr mitbestimmen“. Aber wie neben dem BGE auch noch höhere Löhne erwirtschaftet werden sollen, wenn weniger gearbeitet wird, bleibt im Dunkeln.Der »Wert von Arbeit« ist eine subjektive Einschätzung.
Ist es nicht eine Anmaßung, Leute dazu zu zwingen oder sie »anreizen« zu wollen, der Arbeit einen höheren Wert beizumessen? Und es bleibt nicht »im Dunkeln«, wie nach Einführung des Bedingungslosen Grundeinkommens höhere Einkommen erwirtschaftet werden können! Sie realisieren sich einfach dadurch, dass neben dem »Grundeinkommen« am Arbeitsmarkt weitere Tätigkeiten ergriffen werden, die eine Gewinnbeteiligung ermöglichen und dadurch erhöht sich das Gesamteinkommen:
Grundeinkommen + Arbeitseinkommen = Gesamteinkommen.
Es gibt jedoch keine Rechtfertigung, das Leistungsprinzip weiter auszuhöhlen. Wir benötigen nicht weniger sondern mehr Leistung, wenn wir die Gesellschaft menschlicher und nachhaltiger gestalten wollen.Wenn davon gesprochen wird, was »wir« brauchen, dann sollte das mit Sorgfalt und Verantwortungsgefühl getan werden. Was nicht geht, ist den Mitbürgern »Pflichten« auferlegen zu wollen. - Das Leistungsprinzip gilt für eine »Wettbewerbsgesellschaft«. - Diese ist aber in Zeiten von »Degrowth« und Überproduktion nicht mehr angesagt. Stattdessen brauchen wir lokal und weltweit kluges Ressourcenmanagement. Dabei ist zu berücksichtigen, dass wir überall in der Welt faire Lebensbedingungen garantieren müssen, die Achtung der Menschenrechte und gute soziale Verhältnisse für alle Menschen.
Der Wettbewerbsgedanke ist hingegen verseucht mit Egoismen, und in ihm sitzt die Idee, dass die einen gut leben dürfen, weil sie »Bessermenschen« sind, und die anderen nicht angemessen leben sollen, weil sie »Schlechtermenschen« sind.
Für die Grundeinkommens-Gegner besteht ja »Gerechtigkeit« gerade darin, dass die anderen »zurecht« arm sind, weil sie weniger leisten und sie selbst bessergestellt sind, weil sie »mehr leisten«. - Die Egalisierung dieser Unterschiede zwischen den Menschen durch ein Bedingungsloses Grundeinkommen, bereitet den Leuten Bauchschmerzen. - Sie empfinden das als »nicht gerecht«.
Insofern leben viele Leute eine Doppelmoral: Einerseits beklagen sie öffentlich »Armut«, die bekämpft gehört. Andererseits stellen sie sich quer, wenn es Konzepte gibt, die die Armut beenden, weil sie diese Konzepte als »ungerecht« empfinden, sich selbst gegenüber.