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Sprachenpolitik und DLV-Arbeit
Sektionsleitung
ist DaF-Lehrer, Multiplikator und Ausbildner am THIES und Goethe-Institut in Dakar, Senegal. Er ist Berater des regionalen Erziehungsministeriums und in der sprachenpolitischen Kommission des IDV aktiv.
ist Leiter des Dezernats für Studium und Internationales an der Hochschule Schmalkalden, Deutschland.
Kontakt: ndao_malick(a)yahoo.de
Kontakt über: andenkongress(a)gmail.com
Sektionsbeschreibung und Hinweise zur Sektionsarbeit
In vielen Ländern der Welt hat das Lehren und Lernen von Deutsch eine lange Tradition und stößt – gerade in Regionen außerhalb Europas – auf steigendes Interesse. Gleichwohl muss das Fach in Zeiten umfassender gesellschaftlicher Herausforderungen und knapper öffentlicher Kassen seine Relevanz immer wieder begründen. Umso bemerkenswerter ist es vor diesem Hintergrund, mit welchem Elan sich verschiedenste Akteure vor Ort dafür einsetzen, dass Deutsch an Schulen, Hochschulen und weiteren Institutionen erhalten bleibt oder sogar ausgebaut werden kann.
Diese Bemühungen zur Sprach(en)förderung finden dabei nicht im leeren Raum statt, sondern bedürfen auch einer engen Abstimmung mit der Gesellschaft, wobei die Unterstützung von staatlicher bzw. institutioneller Seite einen maßgeblichen Einfluss hat. In unserer Sektion wollen wir deswegen gemeinsam darüber nachdenken, sprechen und diskutieren, welche Rolle (Sprachen-)Politik und (Deutschlehrenden-)Verbände bei der Förderung und Ausgestaltung von Deutsch (d. h. Sprache, Kultur und vor allem Unterricht) einnehmen können.
Themen und Fragen, die für die Arbeit in dieser Sektion von Belang sind, betreffen ganz verschiedene Aspekte des Wirkens von (Sprachen-)Politik und Verbandsarbeit, so zum Beispiel:
Grundsätzliche Rollen und Aufgaben von Politik und Verbänden in Bezug auf Sprache, Kultur und Unterricht
Politik und Verbände als Türöffner und Ermöglicher (z. B. über bestimmte Projekte)
Aktivitäten zum Spracherhalt und zur Sichtbarmachung der deutschen Sprache (im jeweiligen Kontext)
Rolle und Bedeutung von Maßnahmen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik (AKBP), z. B. über die Bildungskooperation Deutsch (BKD) und das PASCH-
Netzwerk
Maßnahmen und Kampagnen zu Stellung und Platzierung der Sprache (z. B. an Schulen)
Mögliche Beeinflussung von Umfeldbedingungen (incl. Curricula und Lehrmaterialien)
Untersuchung und Begleitung von Arbeits- und Unterrichtsbedingungen
Bedeutung von Vernetzung auf lokaler, regionaler, nationaler und (inter-)kontinentaler Ebene
Besondere Potenziale der Süd-Süd-Kooperation bei der Lehrendenbildung
Alle Interessierten sind herzlich dazu eingeladen, einen Beitrag in der Sektion einzureichen und sich aktiv an den gemeinsamen Überlegungen vor, während und nach dem Kongress zu beteiligen. Denkbar sind dafür verschiedene Beitragsformate (s. Call for Papers), die in Absprache mit der Sektionsleitung individuell vereinbart und umgesetzt werden können.
Sektionsprogramm
David Graaff
Instituto Cultural Alexander von Humboldt, Medellín, Kolumbien
E-Mail: david-graaff(a)gmx.de
"Das Deutschlandbild der deutschen Außenpolitik und die Rolle der DaF-Akteure"
Das Erlernen des Deutschen als Fremdsprache findet heute nicht mehr losgelöst von gesellschaftlichen und politischen Interessen statt. Dessen Erwerb trage dazu bei, “den Wissenschafts- und Forschungsstandort […] zu internationalisieren, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen, […] Bildungsbiografien mit Deutschlandbezug zu schaffen und ein zutreffendes und facettenreiches Deutschlandbild zu vermitteln”, heißt es im Auswärtigen Amt (Auswärtiges Amt, 2021, S.71). In diesem Sinne kommt DaF-Akteuren (Lehrkräfte, SprachschulleiterInnen, AutorInnen, Verbände, etc.) nach Ansinnen der Politik eine Frontstellung zu. Sie sind es, die durch die Begleitung des Spracherwerbs die gesteuerte Arbeitsmigration und -integration zum Vorteil des Standortes Deutschland entscheidend mitgestalten und vorbereiten sollen. Und sie sind auch Mittler des „positiven“ Deutschlandbildes im Ausland, das im Auswärtigen Amt von einem eigenen Referat und verstärkt über verschiedene Kommunikationskanäle verbreitet wird – durchaus auch in Konkurrenz zu anderen Ländern wie Kanada und den USA, die um Fachkräfte aus dem Ausland werben.
Der Vortrag stellt die Ergebnisse einer Forschungsarbeit vor, die das politisch intendierte Deutschlandbild des Auswärtigen Amtes bei kolumbianischen DaF-Lernenden untersucht hat. Darauf aufbauend soll die Frage aufgeworfen werden, ob und inwiefern DaF-Akteure „Botschafter“ des Standortes Deutschland sein müssen oder wollen.
Ammon, U. (2015). Die Stellung der deutschen Sprache in der Welt. De Gruyter.
Bauersachs, H. (2018). Wandlungsprozesse in der deutschen Auswärtigen Kulturpolitik Eine mehrdimensionale Analyse am Beispiel der Deutschlandjahre. VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Földes, C. (1995). Zum Deutschlandbild der DaF-Lehrwerke: von der Schönfärberei zum Frustexport? Ein Diskussionsbeitrag. Deutsch als Fremdsprache, 32 (1), S. 30 - 32. DOI: 10.37307/j.2198-2430.1995.01.06
Karten, B. I. (2007). Staatliche Imagearbeit: Die Public Diplomacy des Auswärtigen Amtes. In T. Jäger & H. Viehrig (Hrsg.). Die amerikanische Regierung gegen die Weltöffentlichkeit? (S. 163 – 190). VS Verlag für Sozialwissenschaften.
Spaniel, D. (2002). Methoden zur Erfassung von Deutschland-Images. Ein Beitrag zur Stereotypenforschung. Informationen Deutsch als Fremdsprache, 29(4), 356-368. https://doi.org/10.1515/infodaf-2002-0407
Violet, A. (2016). Deutschland durch die Brille der Welt Deutschlandbild und Deutschlandbindung in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Waxmann.
Diogo Mathias Brum & Ebal Sant´Anna Bolacio Filho
Universidade Federal Fluminense, Niterói, Brasilien
mathiasbru(a)outlook.com, ebolacio(a)gmail.com
Sprachpolitik und Nationale Identität: Herausforderungen und Perspektiven im Deutsch als Fremdsprache-Unterricht
In diesem Beitrag präsentieren wir theoretische Untersuchungen darüber, wie Sprachpolitiken die sprachliche Bildung, besonders den Deutschunterricht als Fremdsprache, beeinflussen. Wir stützen uns auf Autoren, die dieses Thema im Bereich der Soziolinguistik diskutieren. Calvet (2007) argumentiert, dass Sprachpolitiken oft auf die Vereinheitlichung und Standardisierung der Sprache abzielen, um eine homogene nationale Identität zu fördern. Beeinflusst von sprachlichen Ideologien (Blanchet, Clerc, Rispail, 2014) weisen diese Politiken bestimmten Sprachen spezifische Werte zu, was die Wahrnehmung und den Gebrauch der Sprache beeinflusst. In diesem Prozess kann die sprachliche und kulturelle Vielfalt unterdrückt werden. Zum Beispiel kann die Förderung eines "Standarddeutschs" (Hochdeutsch) die Vielfalt des Deutschen als plurizentrische Sprache ignorieren oder auslöschen, was die Standardisierung verschiedener kultureller Identitäten verstärkt. Die Wertschätzung der Vielfalt ist für einen inklusiven Unterricht unerlässlich. Sprachpolitiken müssen die Bedürfnisse der Sprachgemeinschaften berücksichtigen (Spolsky, 2016). Die Homogenisierung der deutschen Sprache und Kultur suggeriert, dass sie nur einer spezifischen Gemeinschaft gehört, nicht anderen, und impliziert, dass Menschen aus anderen Herkunfts- und Kulturkreisen, sich die Sprache nicht aneignen sollen, um durch sie ihre eigene kulturelle Identität auszudrücken.
BLANCHET, Philippe; CLERC, Stéphanie; RISPAIL, Marielle. Reduire l'insecurite linguistique des eleves par une transposition didactique de la pluralite sociolinguistique. Ela. Études de linguistique appliquée, v. 2014, n. 3, p. 283-302, 2014.
CALVET, L. J. As Políticas Linguísticas. São Paulo: Parábola Editorial, 2007.
KRAMSCH, C. The Multilingual Subject. Oxford: Oxford University Press, 2009.
LIMBERGER, Bernardo; ZILLES, Ana Maria Stahl. Pluricentrismo no ensino de Alemão como Língua Estrangeira: uma proposta para análise de material didático. Revista EntreLínguas, v. 4, n. 2, 2018.
SAVEDRA, M. M. G.; LAGARES, X. C. Política e planificação linguística: conceitos, terminologias e intervenções no Brasil. Gragoatá, vol. 17, n. 32, p. 114-138, 2012.
SPOLSKY, B. Para uma Teoria de Políticas Linguísticas. ReVEL, vol. 14, n. 26, 2016.
Thomas Schaumberg
Goethe-Institut Caracas, Venezuela
thomas.schaumberg(a)goethe.de
Spracharbeit in illiberalen Kontexten: Deutschunterricht in Venezuela zwischen Inflation, politischer Unruhe und Massenexodus
Die Programmarbeit reicht mit ihren Projekten zur Stärkung der Zivilgesellschaft sowie Förderung einer freien Kunst- und Kulturszene eindeutig in den vorpolitischen Raum, und auch die Informations- und Bibliotheksarbeit macht sich mit ihrem Angebot nicht nur Freunde: Das Goethe-Institut, die seine Werte teilenden Vertreter der internationalen Gemeinschaft und auch seine Kooperationspartner sind prinzipiell dem Risiko von Repression und Einschüchterung ausgesetzt.
Der illiberale Kontext wirkt sich jedoch auf die Spracharbeit in Venezuela aus. Deutschunterricht und Zertifikatsprüfungen werden nicht selten als Sprungbrett zur Flucht aus dem Land genutzt. Dies gilt nicht nur für Kursteilnehmende, sondern auch für das PASCH-Netzwerk und die Lehrkräfte am Institut, die mit Fortbildungsstipendien gefördert wurden und dann teilweise nie mehr ins Land zurückgekehrt sind.
Eine in sich zusammengefallene Universitätsinfrastruktur und eine stark abgefallene Zahl Deutschstudierender macht die Suche nach qualifiziertem Nachwuchs zur Stärkung von Deutsch als Fremdsprache zu einer Mammutaufgabe. Hinzu kommen Angebote zur Vorintegration und die steigende Nachfrage an Fachkräftekurse, die nicht unumstritten sind, befördern sie doch letztlich den Abgang von qualifiziertem Personal aus dem von der größten Migrationskrise der Welt betroffenen Land.
Der Input soll Potenzial und Grenzen der Spracharbeit des Goethe-Instituts in illiberalen Kontexten aufzeigen und einen sprachpolitischen Ansatz vorstellen, der vielleicht auch in anderen Ländern helfen kann.
Geraldo de Carvalho
Werther Institut Juiz de Fora / BraDLV, Brasilien
geraldo.carvalho(a)werther.com.br
Best-Practice-Beispiele zur Umsetzung der Wiener Thesen in Brasilien
Der Brasilianische Deutschlehrerinnen- und Deutschlehrerverband (BraDLV) widmet sich seit mehreren Jahren intensiv der Umsetzung sprachenpolitischer Maßnahmen in Brasilien. Die Grundlage für sein effektives sprachenpolitisches Handeln bilden vor allem die Freiburger Resolution zur Sprachenpolitik (2017), die IDV-Publikationen am Beispiel der 2021 erschienenen Handreichung „Sprachenpolitische Öffentlichkeitsarbeit der Verbände“ und nicht zuletzt die im Rahmen der IDT Wien 2022 verabschiedeten Wiener Thesen zur Sprachenpolitik. Die 11 Thesen, die sich an die Politik und die Fachwelt insgesamt richten, zielen u. a. darauf ab, beim Sprachenlernen und -lehren die Diskursfähigkeit der Lernenden und Lehrenden zu entwickeln, um eine gleichberechtigte, konsequente Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen. Dieser Beitrag basiert auf den Wiener Thesen und wird nach einer kurzen Einführung in die Thesen Maßnahmen beleuchten, die vom BraDLV in Brasilien im Hinblick auf einzelne Thesen des Wiener Papiers ergriffen wurden. Die anhand dieses Beitrags erörterten sprachenpolitischen Maßnahmen können als Best-Practice Beispiele betrachtet werden und nicht nur Deutsch-, sondern auch Fremdsprachenlehrende im Allgemeinen zum sprachenpolitischen Handeln animieren.
Freiburger Resolution zur Sprachenpolitik (2017). Verfügbar unter: https://www.goethe.de/resources/files/pdf135/freiburger_resolution_idt_2017_komplett.pdf
Sprachenpolitische Öffentlichkeitsarbeit der Verbände (2021). Verfügbar unter: https://www.idvnetz.org/publikationen/handreichungen/Handreichung_SPK.pdf
Wiener Thesen zur Sprachenpolitik – 11+1 Forderungen zur Stärkung gesellschaftlicher Teilhabe (2022). Verfügbar unter: https://idvnetz.org/wp-content/uploads/2022/09/Wiener_Thesen_zur_Sprachenpolitik_IDT_2022_-_Kurzfassung_20220809.pdf
David Graaff hat Lateinamerikastudien in Köln und Medellín (Diplom) und Deutsch als Fremd- und Zweitsprache in Medellín und Freiburg (M.A.) studiert. Er ist derzeit Leiter der Spracharbeit am Instituto Cultural Alexander von Humboldt in Medellín und Mitglied des MultiplikatorInnen-Netzwerks DAMOS.
Ebal Bolacio hat einen Abschluss in Literatur - Lehramt (Portugiesisch-Französisch) von der Universidade do Estado do Rio de Janeiro (Uerj, 1986), einen Magister Artium in Hispanischer Philologie, Lateinamerikanischen Studien und Südostasienstudien von der Universität Frankfurt (2002), einen Master in Sprachwissenschaft von der Pontifícia Universidade Católica do Rio de Janeiro (PUC-Rio, 2007) und einen Doktortitel in Literatur von der PUC-Rio (2013). Derzeit ist er Professor Adjunto für deutsche Sprache an der UFF und im Postgraduiertenprogramm für Literatur (Sprachwissenschaft) an der Uerj. Er hat Erfahrung im Bereich Literatur, mit Schwerpunkt auf dem Unterricht von Fremdsprachen (Deutsch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch) und Übersetzung. Er ist vereidigter Übersetzer für die deutsche Sprache und belegte den ersten Platz im Wettbewerb der Jucerja im Jahr 2009.
Geraldo de Carvalho hat an der Bundesuniversität von Juiz de Fora Rechtswissenschaften studiert (1987), hat seine Masterarbeit im Bereich Übersetzung an der Bundesuniversität von Minas Gerais geschrieben (2004) und den Doktortitel im Bereich Linguistik (Übersetzung) an der Bundesuniversität von Minas Gerais erlangt (2010). Er ist Leiter der Spracharbeit am Werther Institut Juiz de Fora und beeidigter Übersetzer für das Sprachpaar Deutsch-Portugiesisch. Von 2009 bis 2012 war er Präsident des Brasilianischen Deutschlehrerinnen- und Deutschlehrerverbands (BraDLV). Von 2013 bis 2021 war er Schriftleiter des Internationalen Deutschlehrerinnen- und Deutschlehrerverbands (IDV) und im Jahr 2022 wurde er zum Generalsekretär der Fédération Internationale des Professeurs de Langues Vivantes (FIPLV) gewählt.
Mathias Brum ist Doktorand in Sprachwissenschaft (UFF/2024), Master in Sprachwissenschaft (UFF/2022), hat einen Abschluss in Portugiesischer Sprache (FISIG/2014) und einen Abschluss in Germanistik/Portugiesisch (UERJ/2021) sowie in Psychologie (UERJ/2012). Beruflich ist er als Deutschlehrer und als Berater für internationale Beziehungen tätig. Er ist Übersetzer von Kinderliedern (MeinSongBook Verlag). Er hat Erfahrung im Bereich der Sprachwissenschaften, mit Schwerpunkt auf Deutsch als Fremdsprache, und arbeitet hauptsächlich zu folgenden Themen: Deutsch, Fremdsprachen, Deutsch als Fremdsprache, Übersetzung und literarische Übersetzung.
Wir freuen uns auf das persönliche Kennenlernen bzw. Wiedersehen in Sucre!