Wie der Strohhalm an die Krippe kam
In der Mitte der Nacht lag ein alter Hirte auf seinem Strohlager und wartete, dass es Tag wurde. Da piekte ihn ein Strohhalm und ließ ihm keine Ruhe. Er suchte nach dem Übeltäter und entfernte ihn von seiner Bettstatt.
Nun lag der Strohhalm auf der blanken Erde. Beinahe hätte ihn eines der Schafe gefressen. Doch gerade im letzten Moment kam ein leichter Windstoß, der ihn behutsam in die Luft hob. Der Wind trug ihn über das Feld, wo die Hirten ihr Lager hatten, geradewegs in einen Garten nahe der Stadt. Dort stand eine kleine Blume. Sie war zwar zugedeckt worden, jedoch durch eine Lücke ergriff sie die frostige Kälte. Also streckte sich der Strohhalm über das kleine Loch und beschützte die kleine Blume damit vor dem Erfrieren. Bald darauf kam ein warmer Windhauch. Er nahm den kleinen Strohhalm, der von der Blume nun nicht mehr gebraucht wurde, erneut mit auf die Reise - weiter auf die Stadt zu.
Dort stand ein armseliges Haus. Der Wind blies den Strohhalm durch eine zerbrochene Fensterscheibe. In der Stube spielte ein Kind. Es hatte aber nicht ein einziges Spielzeug. Sowie es den kleinen Strohhalm sah, freute es sich. Das Kind ließ den Halm wie einen Vogel durch die Luft fliegen, als Karren über den Tisch fahren, balancierte ihn auf dem Finger, steckte ihn sich als Schmuck ins Haar, baute eine Brücke und, und, und… Als es müde war und genug gespielt hatte, legte es den kleinen Strohhalm auf die Schwelle vor der Tür und legte sich glücklich schlafen.
Bald darauf suchte ein Hirtenhund auf der Schwelle Schutz und legte sich auf den Strohhalm. Dem gefiel das gar nicht und so piekte er wieder, wie er es bereits bei dem alten Hirten getan hatte. Der Hund knurrte und kratzte sich. Als er den Strohhalm sah, nahm er ihn ins Maul und trug ihn zur Straße. Dort aber kamen gerade die Hirten vorbei, die nach dem Gesang der Engel mit ihren Schafen zum Kind in der Krippe wollten. Da lief der Hund, der ja ein Hirtenhund war, mit ihnen – den Strohhalm fest in seinem Maul. Beim Kind angekommen, stupste es der Hund mit seiner Schnauze am Köpfchen. Der Strohhalm fiel so direkt neben das Ohr. Alle hatten dem Kind etwas mitgebracht. Der kleine Strohhalm aber erzählte dem Jesuskind die Geschichten, die er unterwegs erlebt hatte…