»Auslese ist natürlich und richtig.« - Wer dies propagiert, braucht gegenüber der Bevölkerung Begründungen für ein solches Konzept, und willfährige Denker sind immer zu finden. In diesem Fall ist es Gunnar Heinsohn, der mit fragwürdigen Erklärungen Unrecht unterfüttert.
Industriestaaten konkurrieren weltweit um die talentiertesten Nachwuchskräfte.
Schon der erste Satz von Heinsohn zeigt, wo die Reise hingehen soll, was für eine Gesellschaft er sich vorstellt, von der er behauptet, sie sei üblich und richtig. Es geht ums Auswählen. Und zwar nicht bei den Urlaubsreisen oder den Reissorten im Supermarkt, sondern bei den Menschen und ihrem Anrecht auf Chancen. - Nur »die Besten« sollen weiterkommen.
Wer aber sind die Besten?
In der Grundeinkommens-Diskussion kritisieren wir die Gestaltung der Gesellschaft, weil sie nicht allen Menschen angemessene Entwicklungschancen und soziale Sicherheit gewährt. Heinsohn, aber auch die Befürworter von Hartz4 gehen den anderen Weg: Entwicklungschancen und Sicherheit haben diejenigen, die die Besten sind: in der Schule, im Sport, an der Uni, im Berufsleben, bei den Bewerbungsgesprächen und in Eingangstests. - Wer dabei zu den Versagern gehört, ist dann durch »natürliche Auslese« auf seinen Platz verwiesen worden.
Diese unmenschliche Ideologie hat heute wieder ihren Einzug in die Gesellschaft gefunden, durch die Einführung von Hartz4 und den damit verbundenen Überlegungen und Unterstellungen. Wer keinen Arbeitsplatz hat, ist nach Ansicht mancher Leute »selbst dran schuld«. Wer aber selbst verschuldet »arm dran« ist, dem kann (und soll!) nicht weiter geholfen werden und derjenige muss sich mit seiner Situation abfinden. - In dieser Logikschiene, die auch Heinsohn und Gleichgesinnte aufzeichnen, steckt die Idee drin, dass Armut »natürlich« ist, denn wer selbst schuld ist, an seiner Situation, lebt eben in anderen Verhältnissen, als solche, die ihre Lage »selbst erarbeitet« haben.
Viviane Forrester hat in den 90er Jahren dieses Denken vorhergesehen.
https://sites.google.com/site/loseblaetter/der-terror-der-oekonomie
Der Akademiker Heinsohn liefert mit seinen Aussagen die Basis für diejenigen, die später einmal die »Drecksarbeit« machen könnten. So wie die Nazis ja auch ihre Gaskammer-Orgien »rational und logisch« und auch im Sinne einer »Auslese« vorher begründet und erklärt hatten und von bestimmten Bildungsbürgern erläutert bekamen. Dass das Ganze unmenschlich war, mussten sie sich hinterher von den Siegermächten anhören. - Wer erklärt es Gunnar Heinsohn, dass so ein Denken einfach unmöglich ist.
Das Vokabular des Unmenschen liest sich dann so:
• Weil Staaten .... die ungeteilte Macht .... für die Optimierung ihrer Einwohner nutzen, ....
• ... Konkurrenzfähigkeit erhalten.
• ... kompetente Erwachsene,
• ... Menschen als Mitglieder des besten Prozents ...
• Zugleich will jeder Staatsverband Zuzügler vermeiden oder sich wieder von ihnen befreien, wenn sie das Tempo nicht mitgehen.
• Über die Hälfte aller Schüler endet im Rechnen mangelhaft oder schlechter. Genauso niederschmetternd schneiden Deutschlands Migranten der zweiten Generation ab.
• .. Unterbindung inkompetenter Zuwanderung und das Kappen der Mittel für die Vergrößerung bildungsferner Familien.
• ... greift Berlins Verfassungsgrundsatz, dass alle ins Land Kommenden – selbst die Illegalen – menschenwürdig zu bezahlen sind.
• Die Trennung von Schwachen wird heute zur Bruchstelle.
• Die Starken sondern sich ab
Heinsohn ist emeritierter Professor für Sozialpädagogik. Kein Studiengang ist davor gefeit, missbraucht zu werden, obwohl doch in manchen Ausbildungen so etwas wie Humanität durchzuschimmern scheint. Man denke nur an das Medizinstudium, mit dem Eid auf den Hippokrates. Aber schon hier konnten Standesvertreter ausgemacht werden, die sich vor keiner Perversion drückten. Siehe Mengele. Und ist nicht eine Jobcenter-Leiterin ausgebildete Psychologin? - Deshalb sagt ein Pädagogikstudium rein gar nichts über eine humanitäre Ausrichtung der wissenschaftlichen Repräsentanten.
Heinsohn ist der Sohn des deutschen U-Boot-Kommandanten Heinrich Heinsohn (1910−1943).
http://de.wikipedia.org/wiki/Gunnar_Heinsohn
Heinsohn nennt Länder, die ein Ausleseverfahren anwenden, »Grenzoptimierer«. Hier wäre schon die Frage angebracht, wer ist innerhalb dieser realen, aber auch symbolischen Grenze, und wer soll draußen bleiben. Heinsohn behauptet, dass diese Grenzoptimierer »undemokratische Staatenbünde« meiden. Aber ist nicht jeder Staat selbst zutiefst fragwürdig, wenn er das Ausleseprinzip auf der Ebene des Existenzrechts und der Existenzsicherung gegenüber seinen Bürgern und den Menschen überhaupt, praktiziert?
Und es wird deutlich, wie unbrauchbar der Demokratiebegriff ist. Heinsohn wähnt sich und Gesellschaften, die die Starken von den Schwachen sondern wollen auf der »sicheren Seite«. Er tut so, als wäre sein Denken im demokratischen Umfeld angesiedelt. Es zeigt sich, dass der Demokratiebegriff nicht verwendet werden kann, um menschenrechtskonforme Gesellschaftsordnungen zu beschreiben. - »Auslese« und Inklusion sind unvereinbar. - Wer »brauchbare« von unbrauchbaren Menschen unterscheiden will, und damit auch deren Chancenanrecht, hat sich auf der Seite der Faschisten und Anhänger totalitärer Staaten angesiedelt. - Dabei kommen die Vertreter dieser Ideologien mit einer Unschuldsmiene daher, als ob sie gar nicht begreifen können, was man denn gegen ein solches Denken hat. - Ist doch alles im grünen Bereich. Oder?