Als Beispiel wird ein Strand genommen, am Eingang des Strandes steht ein Imbiss, der mehr oder weniger alle Snack- und Getränkewünsche der Strandgäste abdeckt. - Was ist das für ein politisch-wirtschaftliches System, in dem dieses Szenario angesiedelt ist.
Es ist das kapitalistisch-marktwirtschaftliche System der heutigen Gesellschaft. - In der heutigen Gesellschaft ist es so, dass jeder mit seiner Arbeit seine komplette Existenzsicherung finanzieren muss.
Wenn jetzt also vor dem Strand ein Imbiss steht, und sonst keine weitereren Anbieter mit Kleingetränken und Kleinspeisen vorhanden sind, dann ist es möglich, dass die Beschäftigten dieses Imbiss von ihren Einnahmen leben. - Das bedeutet, sie können nicht nur die laufenden Kosten finanzieren, ihre Existenzsicherung bezahlen, sondern auch einen Geldbetrag monatlich ansparen. - Das ist im Idealfall das Modell einer funktionierenden kapitalistischen Gesellschaft. - In einer »Marktwirtschaft«, Kapitalismus, Geldwirtschaft, machen wir neue Angebote, beziehungsweise lassen wir weitere Angebote zu.
Jetzt kommt jemand auf die Idee, ich mache ein neues Angebot und fahre mit einem Handwagen am Strand entlang und verkaufe dort Eis. Da der Imbiss am Strandeingang ebenfalls Eis verkauft, wird dieser diese Einnahmen eventuell verlieren oder zumindest Einbußen in diesem Bereich hinnehmen müssen, wenn der neue Anbieter zweimal am Tag am Strand entlang fährt und seine Produkte feilbietet.
Für die Gesellschaft ist das natürlich eine schöne Sache. - Die Kunden, die Verbraucher werden »umsorgt«, sie sparen sich den Fußweg zum Strandeingang und können quasi »im Liegen« einkaufen.
So hat der Kapitalismus, die Marktwirtschaft die Tendenz, eine immer umfassendere Service-Gesellschaft zu werden, zum Vorteil der Verbraucher und Bürger. - Dies ergibt sich daraus, dass für den Einzelnen ein Zwang besteht, immer wieder etwas anbieten zu müssen, damit er sich ernähren und seine Existenz sichern kann. - Entweder der Mensch ist ein Unternehmer, dann bietet er den Verbrauchern Waren und Dienste an, oder er ist ein Arbeitnehmer, dann bietet er seine Arbeitskraft den Unternehmern an.
Nun entdeckt der Strandverkäufer, das läuft ja ganz toll mit meinem Eisverkauf, und er entschließt sich, ich werde jetzt noch Sandwiches verkaufen und 2, 3 Getränkesorten noch dazunehmen. Dadurch aber wird dem Imbissverkäufer echte Konkurrenz gemacht, seine Einnahmen gehen deutlich zurück. Das Ergebnis ist, dass beide Anbieter am Markt keine zufriedenstellen Einnahmen erzielen können. Der Imbissverkäufer wird womöglich keine Rücklagen mehr bilden, und quasi »von der Hand in den Mund« leben, er wird seine Mitarbeiterzahl reduzieren und die verbliebenen Mitarbeiter werden für das gleich Geld länger arbeiten müssen. - Während der »fliegende Händler« am Strand zwar seine Einnahmen ausbauen kann, aber auch er wird an einen Endpunkt gelangen, denn es wird weiterhin eine Zahl an Strandbesuchern geben, die bei dem Imbissverkäufer ihren Bedarf decken. Durch den zunehmenden Wettbewerb werden somit beide Anbieter in einen Zustand der Selbstausbeutung geraten, um mehr recht als schlecht über die Runden zu kommen, während der Verbraucher »umsorgt und bedient« wird.
Der Kapitalismus, die Marktwirtschaft führt somit zu folgender Situation. - Es gibt die Waren- und Dienstleistungs-Anbieter, die einen Wust an Leistungen auf den Markt bringen, weil jeder Mensch, als Anbieter, überleben und ein gutes Einkommen erzielen will. - Die Verbraucher wiederum, sind mit einer Fülle an Produkten und Diensten konfrontiert, durch teils aggressive Anbieter, die ums Überleben kämpfen, und daher nicht selten missmutig und unfreundlich sind. - Dann wird von der »Servicewüste« gesprochen. Aber ist das ein Wunder, wenn die Menschen (die Anbieter) in so eine Zwangslage gebracht werden.
Es wird gesagt, in der Marktwirtschaft, im Kapitalismus ist der Verbraucher der Gewinner. [1] - Dies mag vielleicht sein, aber es gibt gleichfalls eine große Zahl an Verlierern. Nämlich all jene Anbieter am Markt, die im Wettbewerb scheitern, überschuldet sich zurückziehen müssen, oder nur durch massive Selbstausbeutung, gesundheitlich ruinöses Verhalten, psychisch stark belastetes Leben, sich »am Markt« halten können oder sie versklaven andere Menschen, ihre Mitarbeiter, beuten sie aus und ruinieren sie gesundheitlich, um selbst davon zu profitieren und sich als »erfolgreich« darstellen zu können.
Das heißt, die Marktwirtschaft, der Kapitalismus stellt kein »faires System« dar, das allen Menschen in allen Bereichen gerecht wird, sondern in ihm müssen immer Personen benachteiligt sein, leiden und sich selbst ausbeuten, damit andere einen Vorteil haben. - Ist das aber dann ein Gesellschafts- und Wirtschaftssystem, das erstrebenswert ist und das wir beibehalten wollen.
Um bei dem Beispiel des Strandes zu bleiben, kann nun Folgendes passieren. Der Strand gehört einer Gemeinde, der Imbissverkäufer ist in der Gemeindepolitik, in einer Partei aktiv und er sorgt jetzt dafür, dass Strandverkäufe durch »fliegende Händler« verboten werden. Dadurch wird zwar der Markt außer Kraft gesetzt und das Serviceangebot für die Verbraucher wird reduziert, aber der Imbissverkäufer, der auch vor Ort wohnt mit seiner Familie, und seine Mitarbeiter können dann wieder von den Einnahmen gut leben.
Und so in etwa ist nämlich auch die heutige Realität und es war kein Wunder, dass in Ludwig Erhards Bemühungen als Wirtschaftsminister und dann als Kanzler in der frühen Bundesrepublik, immer das »Kartellgesetz« im Vordergrund stand. - Denn die Menschen haben sich nicht so einfach in das marktwirtschaftliche System eingefügt, weil sie spürten, dass der Anbieter »vogelfrei« ist. Jeder neue Anbieter kann einen anderen »abschießen«. Deshalb lag es nahe, dass sich die Anbieter gleicher Waren absprachen, um so einen stabilen Preis am Markt zu haben, der allen Anbietern ein gutes Leben garantiert. Aber damit war der »Markt« umgangen und die Verbraucher waren die Dummen. - Was also tun. - In der Marktwirtschaft haben sich die Vertreter dieser Idee dazu entschlossen zu sagen, der Gewinner soll immer der Verbraucher sein, und auf Anbieterseite einzelne Unternehmer, aber dabei nehmen wir in Kauf, dass es auf Seiten der Anbieter laufend »Verlierer« gibt, oder Menschen die sich, um Anbieter bleiben zu können, selbst ausbeuten. [2]
Nun könnte die Meinung vorhanden sein, der Sozialismus sei ein besseres System. - Das ist er aber nicht. Und es ist kein Wunder, dass der Sozialismus zeitlich gesehen, zuerst am Ende war, vor dem Kapitalismus.
Wie würde das Strand-Szenario in einer Grundeinkommens-Gesellschaft aussehen. - Alle Beteiligten sind durch das Grundeinkommen existentiell gesichert. Sowohl der Imbissverkäufer, als auch der Eisverkäufer mit seinem Handwagen sind materiell versorgt und haben es eigentlich gar nicht nötig, diese Arbeit zu machen. - Beide können aber durch die Arbeit am Strand ihr Einkommen erhöhen, indem sie Einnahmen zusätzlich zum Grundeinkommen erzielen. - Wenn jetzt der Imbisshändler seine Produkte anbietet, dann ist er nicht mehr darauf angewiesen, ein ganz bestimmtes Einkommen zu erzielen. - Alles, was für ihn als »Gewinn« anfällt, durch diese Arbeit, steht zu seiner freien Verfügung, weil die Lebenshaltung bereits durch das Bedingungslose Grundeinkommen (bGE) bezahlt ist. - Er kann das Geld sparen oder gemäß seinen persönlichen Interessen ausgeben.
So ist erstmal anzunehmen, dass wir in einer Grundeinkommens-Gesellschaft weiterhin einen Markt haben. - Ob das Kapital dann immer noch diese Rolle wie heute spielen wird, ist eher anzuzweifeln. - Natürlich könnten auch in einer Grundeinkommens-Gesellschaft die Anbieter von Waren versuchen, den Markt zu beeinflussen, um größere Vorteile zu erzielen, aber die bisherigen Argumente dafür ziehen nicht mehr und das wird ihre Wirkung haben.
Würde in einer Grundeinkommens-Gesellschaft der Imbissverkäufer in der Gemeindevertretung behaupten, sein Imbiss müsste ganz bestimmte Einnahmen erzielen, um überleben zu können, dann könnten die anderen Gemeindevertreter sagen, dass das nicht stimmt, denn alle Mitarbeiter des Imbiss sind durch ein Grundeinkommen versorgt. - Das heißt, die Gemeinde, der der Strand gehört, könnte jetzt sagen, wir stellen das Service-Angebot am Strand in den Vordergrund und erlauben so viele Zusatzangebote, wie es Sinn macht für die Verbraucher und wir müssen keine Rücksicht mehr nehmen auf die Einnahme-Wünsche einzelner Dienstleister.
Somit wäre erst mit einem Bedingungslosen Grundeinkommen »der Markt« wirklich berechtigt, als Wirtschaftssystem, weil es keine versteckte Ausbeutung mehr gibt, die wie es heute der Fall ist, stillschweigend hingenommen wird. - Das Grundeinkommen würde die Vorteile einer Marktwirtschaft erst befreien und zur Geltung bringen.
[1]
Ludwig Erhard;
Wohlstand für alle
[2]
Bernd Senf 4. Der Tanz um den Gewinn: Raubbau an Mensch und Natur;