Alle wirkten ein bisschen lustlos. - Der Veranstalter, Häni, aber auch das Publikum. - Einzig Pola (Pola rennt) hatte etwas Dynamik einzubringen. Bei der Frage, wer ist gegen das Grundeinkommen hob niemand die Hand. Die cirka 50 Leute waren »unter sich«.
Daniel Häni begann dann aus dem neuen Buch »Was fehlt, wenn alles da ist?« vorzulesen, das er zusammen mit Philip Kovce veröffentlicht. - Philip Kovce war nicht da, weil er zeitgleich zu einem anderen Gespräch eingeladen war. - Aber warum stand er dann auf der Veranstaltungsankündigung? - Nein, so was macht man nicht. - Die Leute haben sich Zeit genommen zu kommen, weil sie etwas erwarteten und dann sagt man ihnen, ätsch, es ist alles ganz anders.
http://www.grundeinkommen.ch/austria-lesereise-zum-grundeinkommen/
Waren die Besucher alle aus dem Rhein-Main-Gebiet? Dann hätten sie die Gelegenheit nutzen sollen sich zu vernetzen, Email-Adressen auszutauschen, um später gemeinsam die Grundeinkommens-Idee im Rhein-Main-Gebiet zu promoten.
Sich Grundeinkommens-Initiativen anzuschließen, ist zwiespältig. Wer steckt hinter solchen Organisationen. Wer steuert sie. Das ist ähnlich, wie mit dem »Partei-Apparat«. Wer sich in ihn begibt, vergeudet viel Zeit, um herauszufinden, ob der einzelne Mensch dort seine politischen Vorstellungen umsetzen kann, oder nur ein Zahnrädchen ist, im Getriebe des Molochs. - Jeder, der einmal eine Parteimitgliedschaft ausprobiert hat, kann das vielleicht bestätigen.
War der Abend vertan und die Zeit vergeudet? Nun ja, das soll jeder der Anwesenden selbst entscheiden.
Wie ist die Herangehensweise an das Thema »Grundeinkommen«.
Ich habe jetzt schon viele »Wege nach Rom« erlebt. - Die Linken und attac kommen über »den Sozialismus« und dem »starken Staat« zum Grundeinkommen. Sascha Liebermann sieht den Staatsbürger in der freiheitlichen Grundordnung am Werke. Ihm steht die Verfassung hilfreich zur Seite. Die Arbeitslosen beschreiben das Grundeinkommen mit Hilfe des Grundgesetzes und der Menschenrechte und zeigen auf das Unrecht durch Hartz4 und die damit verbundene Zwangsarbeit. - Und Daniel Häni rekuriert auf die Freiheit, die das bGE den Menschen bringt, und die Zunahme an Möglichkeiten für den Einzelnen, sein Leben zu gestalten.
Alle Wege sind erarbeitet und haben ihre Berechtigung.
Häni hat dann noch die Finanzierung des Bedingungslosen Grundeinkommens (bGE) erklärt. Dies machte er am Beispiel eines »Brotes«. Das fertige Brot ist zu 100% Einkommen. Ein Drittel der Einkommen (des Brotes) wäre als »Grundeinkommen« vorzustellen.
Man könnte auch sagen, ein Drittel der gesellschaftlichen Wertschöpfung wird nicht mehr bestimmten Vorleistungen der Mitbürger zugeordnet, wie »Arbeit, Einzahlungen, sonstige Ansprüche«, und stattdessen den Menschen direkt zur Verfügung gestellt. Das ist möglich, weil immer mehr Maschinen für uns arbeiten, Algorithmen, Computer-Programme und wir »denen« nichts bezahlen brauchen und die Produkte ohne weiteres zur Nutzung erhalten. - Auch die Frage, ob wir denn nicht wenigstens dem Erfinder der Maschinen und so weiter, seine Leistung bezahlen müssen, ist bereits beantwortet, weil diese Menschen als Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene öffentliche Ausbildungsstätten und sonstige Einrichtungen der Allgemeinheit besuchten und in Anspruch nahmen, die von allen finanziert wurden, also auch alle einen Anspruch auf die »Erfindungen« und Leistungen der ehemaligen Schüler haben.
Was fällt noch auf?
Wenn wir das Grundeinkommens-Thema mit anderen Themen vergleichen, die momentan gesellschaftlich Beachtung finden, dann sind schon Unterschiede zu erkennen.
Nehmen wir das Thema »Rundfunk-Zwangsbeitrag«. Hier geht es darum, dass viele Bürger gegen die Gesetze sind, die sich die Politiker zum finanziellen Vorteil der öffentlichen Medienmacher überlegt haben.
Wenn wir »gegen« einen Zustand sind, ist die Vorgehensweise einfacher, als wenn wir für einen Zustand sind. Die Phase der Diskussion fällt fast völlig weg. - Beim Rundfunkbeitrag hat jeder Bürger sein »Rechtsempfinden« als Grundlage für sein Urteil und seine Entscheidung und es geht sofort los, mit der Arbeit und dem Kampf gegen dieses staatliche Unrecht. Mit Leuten, die für den Rundfunkbeitrag sind, gibt es eigentlich kein Gespräch. Das ist so, als ob man mit Leuten, die »für Menschenrechtsverletzungen« sind, auch nicht spricht.
Das Grundeinkommens-Thema wird anders behandelt. Hier geht es um eine Sache, »für« die die Menschen sind. Wir sind für das Grundeinkommen, aber es ist noch nicht da. Dazu müssen die Gesetze ebenfalls geändert werden. Deshalb reden wir auch mit den Leuten, die gegen das Grundeinkommen oder noch unentschlossen sind. - Deshalb gibt es ständig »Diskussionen« zum Grundeinkommen und wir diskutieren jetzt seit 10 Jahren.
Beim Rundfunkbeitrag ist es ganz klar, er muss weg. Und die Diskussionen spielen kaum eine Rolle. Die Menschen sind erbost und sich des Unrechts durch den Staat sicher.
Mein Eindruck bei der Buchvorstellung von Daniel Häni war, dass die Diskussionen immer ermüdender werden, weil zum x-ten Mal die bekannten Argumente zum bGE im Raum schwirren. - Ändert sich deshalb etwas?
Häni meinte, dass in Deutschland die Bürger den Bereich der »Ideen zur politischen Gestaltung« fast vollständig an die Parteien abgetreten haben. In der Schweiz hingegen sind die Ideen der Bürger immer aktuell, und sie werden diskutiert und über sie wird auf Bundesebene abgestimmt, durch die Bürger. - In Deutschland bekommt der Souverän die Veränderungen einfach per Gesetz vor die Nase gesetzt.
In den Kapiteln, die er aus dem neuen Buch vorlas, ging es unter anderem um Freiheit und Selbstermächtigung. - Macht, im Gegensatz zu Gewalt. Gewalt, gegen andere Menschen, Macht im Sinne von Selbstermächtigung für die eigene Lebenswelt, die Gestaltung des eigenen Lebens.
Was bei uns in Deutschland fehlt, ist ein Diskussionsabschluss und die Selbstorganisation der Bürger, die sich jetzt beständig aktiv für ein Grundeinkommen einsetzen. Die »Diskussion« müsste in den Hintergrund treten und das aktive Sicheinsetzen für ein bGE im Vordergrund stehen.