Der Poppenwald mit seinem Forsthaus III

Blätter ich durch die alten Akten vom Poppenwald und seinem Forsthaus so bemerkte ich, dass sich aus der Fülle der Überschriften einzelne durch die Menge der Seitenzahlen hervorheben. Eine dieser Überschriften lautet: Kauf, Pacht und Tausch V0" Grundstücken. Aus den Kaufverträgen geht hervor das die Marien-Katharinenkirche zu Zwickau ihren Landbesitz um den Poppenwald vergrößern konnte. Sie kaufte Wald- und Wiesenflächen die ihr von den umliegenden Gutsbesitzern zum Kauf angeboten wurden , versuchte aber auch durch Kaufangebote Grundstücke zu erwerben. Die Grundstücksverhandlungen erfolgten von den jeweiligen angestellten Revierförstern des Poppenwaldes dessen letzte Zustimmung die Marien-Katharinenkirche hatte. Die Wertermittlung der Grundstücke wurde schon in der Verordnung vom 15.01.1861 durch Bestimmungen geregelt, maßgebend war die Bodenbeschaffenheit, die Größe des Areals, die Stärke und das Alter der Baumbestände sowie der jeweiligen Holzarten. Die Verkäufer wussten daher schon im Vorfeld was sie preislich für ihre Wald und Wiesenflächen verlangen konnten. Für die damaligen meist beträchtlichen Summen musste aber auch ein Zahlungsfähiger lnteressent gefunden werden, die Marien-Katharinenkirche war wohl eine der wenigen. ich möchte aus der Akte nicht alle Verkäufe schildern sondern nur auszugsweise einige benennen. Am 19. September 1870 verkauft der Niederschlemaer Gutsbesitzer Carl August FRITSCHE der Marien-Katharinenkirche das Niederschlemaer Flurstück 256 am Borbach sowie das darunter liegende Flurstück 260. Um kurz einzufügen überließ der Gutsbesitzer FRITSCHE 1859 den durch sein Flurstück 256 herabkommenden Borbach mit der darauf befindlichen Quelle für die Wasserversorgung des Niederschlemaer Bahnhofs den Staatsfiskus unendgeltlich. Das Bachwasser und die Quelle wurden durch einen Wehreinbau gefasst und in einer Röhrfahrt über FRITSCHE's Flurstück 260 zum Niederschlemaer Bahnhof geleitet. Im Dezember 1902 stellte der Niederschlemaer Fabrikdirektor Carl Emil PETERSEN einem Kaufantrag an die Zwickauer Kirche für das Flurstück 260 welches an seinem Grundstück angrenzte. Der Kaufantrag wurde von dieser abgelehnte jedoch verpachtet sie ihm ab 1. Februar 1905 die Waldparzelle gegen eine halbjährliche Pacht von 20 M und für das mit verpachtete Wegearel ein jährliches Begehungsgeld von 3 M. Zusätzlich mußte er das verpachtete Areal auf seine Kosten einzäumen. Ein Flurstück an dem die Marien-Katharinenkirche ein großes Interesse hatte war die der Wildbacher Kirche gehörende Waldparzelle 330.

Mit einem Schreiben vom 27. Februar 1873 wurde der Verkauf vom Wildbacher Kirchenvorstand unter dessen Vorsitzenden Pastor LANDGRAF abgelehnt. Nach jahrelangen hartnäckigen Verhandlungen wurde die Waldparzelle dann doch 1882 für 7500 M verkauft. Weiter Grundstücke erwarb die Marien-Katharinenkirche vom Wildbacher Gutsbesitzer Paul Friedrich LÖSCHER, dieser erklärt am 19. Februar 1898 in Gegenwart seines Vaters Oscar LÖSCHER aus Langenbach das er die Flurstücke 331-334 und 344-346 des Flurbuchs Wildbach in einer Gesamtgröße von 9 Acker der Marien-Katharinenkirche zum Kauf für 800 M pro Acker anbietet. Laut Wertermittlung verkaufte der Besitzer die Flurstücke für 7560 M. Am 18. August 1899 erhielt der Wildbacher Gutsbesitzer Fürchtegott Leberecht 621 M für seine Wiesenparzelle die zwischen den Hausbesitzer Louis MÖCKEL und der MÜLLER'schen Wiese von der Dorfstrasse zum Haus Dr. PILLING begrenzt war. Zu einem Grundstückstausch kam es am 12. Mai 1898, darin war vertraglich geregelt: Die Eigentümer Anton und Bertha MÖCKEL tauschen ihre Fläche nördlich der Seite ihres Wohnhauses 36b zur Grenze Ferdinand MÖCKEL gelegen gegen eine gleichgroße Fläche des Forsthauses Poppenwald welche östlich an der Hausseite 36b liegt. lm Jahr 1882 erwarb der Fabrikdirektor ROSTOWSKY in Vertretung der Holzstoff-Papierfabrik Niederschlema für den Neubau der Poppenwald-Schleiferei mit Wohnungen Teilflächen aus dem Poppenwaldfurstück 442. Die Flurstücke im sogenannten "Kessel" 4423 mit einer Fläche von 816.6 qm sowie das Flurstück 442b am Muldenwehr. Für die Versorgung der Arbeiter während der Bauphase erhielt am 19. Juni 1882 der Wildbacher August Friedrich DÖHLER von der Amtshauptmannschaft Schwarzenberg die Genehmigung zum Ausschank von Bier und kalten Speisen, jedoch nicht während der Arbeitszeit und nur auf die Dauer des Bauens. Mit Beschluß der Amtshauptmannschaft Schwarzenberg wurde im Revisionsprotokoll vom 31. März 1884 vermerkt das die Holzstoffabrik mit Wohnungen als zulässig befunden wurde. 1897 wurde Richtfest gefeiert für ein weiteres Mehrfamilienhaus welches neben der Poppenwald-Schleiferei gebaut wurde.

Eine Akte die im Zusammenhang mit den Bauereignisen im Poppenwald steht ist die Akte "Unfälle". Eines der Schriftstücke schildert einen tragischen Unfall der sich am Muldenwehr bei den Tunnelarbeiten ereignete. Die Planung sah vor das Muldenwasser über einen in den Felsen gesprengten Tunnel durch einen Betriebsgraben zur Poppenwald-Schleiferei zu leiten. Für diese arbeiten wurden für 32-38 Pfennige pro Stunde Erd- und Felsarbeiter gesucht. Bei diesen Tunnelarbeiten verunglückten tödlich in der Nacht vom 15. zum 16. Mai 1882 die Arbeiter

  1. Ernst Richard NEEF, 22 Jahre ledig aus Langenbach
  2. Ernst Heinrich LENK, 25 Jahre ledig aus Lößnitz
  3. Friedrich August GEORGI, 29 Jahre verheiratet 4 Kinder aus Bockau, und
  4. Carl August KAULFUß, 34 Jahre, verheiratet 5 Kinder aus Bockau.

Wie Revierförster GUBNER zu Protokoll gab teilte ihm der Fabrikdirektor ROSTOWSKY der Holzstoff-Papierfabrik Niederschlema mit das die Verunglückten wahrscheinlich beim schlafe sitzend am Feuer überrascht wurden und durch nicht zu ermittelnder Explosion von Dynamit Patronen tödlich verunglückten . Weiterhin wurde vermerkt: Die Schuld liegt bei den Verunglückten. Eine finanzielle Unterstützung für die Hinterbliebenen durch die Holzstoff-Papierfabrik AG war wohl somit abgewendet. Vermerkt wurde das die tödlich Verunglückten für die Bestattung in ihren Heimatort überführt wurden. Die Beweislast das ein Arbeitsunfall nicht schuldhaft vom Verunglückten verursacht wurde lag zur damaligen Zeit bei den Unfallgeschädigten und Anwälte konnten sich die wenigsten leisten.

In vielen Familien reichte der Lohn des Vaters nicht aus um seine Familie zu ernähren. Frauen und Kinder mussten daher mit arbeiten und das 12-14 Stunden am Tag. Erst 1891 wird die Sonntagsarbeit verboten. Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz wie im heutigen Sinne sind unbekannt. Ein Schlaglicht auf die Redeweise "Die gute alte Zeit". Erst 1885 tritt das Unfallversicherungsgesetz in Kraft unter der auch die Beweispflicht der Verunglückten entfällt.

Liane Klose, Bad Schlema

("Die Historische Seite" - erschienen im Gemeindeanzeiger Bad Schlema ... /17 - ... 2017 Seite 11)