Der Poppenwald mit seinem Forsthaus I

Es ist nicht immer so einfach aus den alten Zeiten zu berichten und wie viele kennen wohl das kleine Dörflein Wildbach. An der Flurgrenze Wildbachs auf Niederschlemaer Flur steht idyllisch am Waldrand das Forsthaus, es ist nicht das älteste aber mit eines der ältesten Häuser im Ort. Es wurde 1752 mit einer Scheune gebaut, dazu gehört ein Waldgebiet von ca. 83 Hektar, der Poppenwald. Einst Pfarrwald genannt, soll er seinen Namen erhalten haben als dieser vom Zwickauer Amtshauptmann Martin RÖMER an das Hospital St. Georgen verkauft wurde. Es war der Dienstag nach Ostern im Jahr 1478: der Grundherr Friedrich von SCHÖNBURG zu Glauchau verkauft dem Amtshauptmann Martin RÖMER zu Zwickau mit Vorbehalt auf die Jagd einen Teil des Steiner Waldes für 600 Rheinische Gulden. RÖMER hat gelobt in seinen Seelen Seeligkeit solch Holz zu dem Hospital St. Georgen (im Jahre 1515 zusätzlich Margarethen) in der Vorstadt zu Zwickau zu geben.

Martin RÖMER wurde durch den Silberbergbau der reichste Mann im Lande Meißen. RÖMER verschenkte einen Teil des Waldes an das Hospital St. Georgen, den zweiten Teil verkauften seine Erben für 320 Gulden ebenfalls an diese. Die Eigentümerin des Poppenwaldes mit dem Forsthaus ist seit 1752 die Marien-Katharinenkirche zu Zwickau. Mehrere Förster bewohnten seitdem das 6 Meter breite und 9,5 Meter lange Forsthaus. Von der Mitte des Erdgeschosses gelangt man über eine Holztreppe in den ersten Stock, sie teilt das Erdgeschoss in einen linken Bereich mit Kuhstall, dahinter abgegrenzt der Schaf- und Ziegenstall. Rechts waren die Räume mit dem Backofen, der Räucherkammer und dem Wirtschaftsraum mit dem Wassertrog. Im ersten Stock gelangt man über die Holztreppe auf den Dachboden.

" Wer gelernt hat, Bäumen zuzuhören, begehrt nichts zu sein als was er ist. "

Am 8. August 1855 wurde durch das Stadtverordnetenkollegium Zwickau die Versetzung des 35jährigen Rudolph GUBNER mit einem Gehalt von 200 Thl in den Poppenwald beschlossen. GUBNER war zuvor Ratsförster des Stadtrats zu Zwickau, die Stelle in dieser Art wurde nicht mehr gebraucht (es sollte eine Anstellung eines wissenschaftlich gebildeten Forstmann erfolgen). Man war aber mit den Leistungen des Förster GUBNER nicht unzufrieden, insbesondere mit seinem Eifer bei der Ausübung des Forstschutz, so wollte man ihm nicht kündigen und deshalb mit dem notwendigen Försterdienst im Poppenwald betrauen.

Gustav Rudolph GUBNER wurde am 27. Januar 1820 zu Dresden-Neustadt geboren, sein Vater August Wilhelm GUBNER war königlicher Forstmeister zu Dresden. In Kirchberg heiratet R. GUBNER am 19. Februar 1855 Auguste Eleonore Coith, ihr Vater August Wilhelm COITH war Doktor der Medizin und Chirurgie und Inhaber der goldenen Civil-Medaille. Diese erhielt er am 5. September 1850 für sein 50jähriges Wirken als Arzt und Wundarzt. Nach der Hochzeit sollte es nicht mehr lange dauern, dass sich das Forsthaus mit Leben füllte. Am 13. Juni 1856 wurde die erste Tochter Clara Marie geboren. Vielleicht durch den Familienzuwachs veranlasst, beantragt R. GUBNER beim Rat der Stadt Zwickau eine Gehaltserhöhung; diese wurde ihm am 12. Januar 1859 gewährt. Die Gehaltszulage erhöht sich auf 312 Thl. inkl. Holzanweisegeld und Holzdeputat. Am 28. März 1860 wurde dann die Tochter Adele Luise geboren und am 23. Juni 1862 Eleonore Marca.

Die Freude jedoch währte nicht lang, nach der Geburt der dritten Tochter kam es zu einem Ereignis, welches dem Leben im Forsthaus ein gänzlich verändertes Gepräge gab. Am 13. Juni 1862 starb mit 38 Jahren an Kindbettfieber Eleonore Auguste. Aber lange sollte der Revierförster ohne Ehefrau und die Töchter ohne Mutter nicht bleiben. In Schönau heiratet R. GUBNER am 20. November 1863 Fanny Pauline Ulricke MEISEL sie ist die Tochter des Landgerichtsdiakon Gustav Simon MEISEL aus Wiesenburg. Am 28. Mai 1864 wurde die Tochter Ida Malvine geboren und am 31. August 1865 die Tochter Fanny Elsbeth. Im Forsthaus herrschte nun viele Jahre ein reges Treiben und erschreckend schnell ging es, dass die Töchter selbständig wurden. So heiratet am 8. Mai 1881 die Tochter aus erster Ehe Clara Marie den Fabrikant aus Crefeld Johann Wilhelm EMMERICH, ihre Schwester Adele Luise am 23. Oktober 1833 den Kaufmann aus Berlin, Moritz Balduin STÜLPNER. Am 4. Mai 1886 heiratet Fanny Elsbeth den Kaufmann aus Chemnitz, Alois GRONBERG, Eleonora Marca am 26. September 1889 den Kaufmann aus Crefeld, Friedrich EMMERICH und ein Jahr darauf am 14. Oktober 1890 Helena Malvine den Lehrer Carl LEISTNER aus Körgis.

Das Forsthaus

Maler: Axel Dietz

GUBNER hatte viele Aufgaben in seinem Forstrevier, dem Poppenwald, was gab es da nicht alles: die Verjüngung, den Umtrieb, den Kahlschlag und den Penterschlag, Anpflanzen und Hegen für die Zukunft, aber auch das Holz musste mit Gewinn verkauft werden. Wer Bäume, Stangen, Klötzer oder Stöcke benötigte, musste diese beim Revierförster GUBNER beantragen, diese wurden mit den aktuellen Preisen vom Stadtrat CASPARI oder der Marienkirche zu Zwickau durch eine Resulution bestätigt. Die Käufer, die 1855 Holz benötigten, waren u.a. aus Schlema die Hammerwerksbesitzer Toelle & Michaelis, Fabrikbesitzer ROSTOWSKY und LAUCKNER, der Grubenbesitzer NAHOLS und der Holzunternehmer RIEDEL aus Oberschlema.

Eine Unterstützung von Brennholz erhielt die Witwe Christiane Caroline RITTER aus Wildbach, welche sie vom Revierförster GUBNER beantragte. Die Unterstützung wurde von der Kircheninspektion der Marienkirche zu Zwickau für die Jahre 1862 - 1867 mit jährlich 1 Klafter Stöcke und 2 Schock Reißig bewilligt. Der Tagelöhner Karl SCHALLIG aus Wildbach erhielt 1865 eine Unterstützung von 3 Talern.

Aber auch andere Vorkommnisse musste der Revierförster dokumentieren, wie z.B. Grundstücksverkäufe, Todesfälle, Unfälle, Zuwiederhandlungen und Naturkatastrophen. Das Hochwasser 1858 war so ein Ereignis. Am 1. August 1858 schreibt Revierförster GUBNER an den Oberförster ZIMMER zu Zwickau eine Anzeige über die Schäden durch das Muldenhochwasser: „Noch voll von Entsetzten von den grässlichen Eindrücken die ich erlebt habe, habe ich Ihnen leider die traurige Mitteilung zu machen, dass die entsetzliche Wasserflut einen großen Schaden bereitet hat, durch die Muldenverlagerung sind die Bestände in der Abt. 6, 7, 8 (vom Kessel bis Borbach) vor allem letztere beiden so hart von der Flut mitgenommen, dass nicht bloß 80 – 100 Bäume von 6 – 15 Zoll durch dessen Flut ganz stark geschädigt worden sind sondern das mindestens ein Drittel von noch auf dem dort befindlichen Flur ausgewurzelt über- und durcheinander liegen. Ein Bild von grässlicher Zerstörung.“

Liane Klose, Bad Schlema

("Die Historische Seite" - erschienen im Gemeindeanzeiger Bad Schlema 12/16 - 25.11.2016 Seite 13)