Zwischenergebnis Fokus Redeinhalt
Der Fokus der bisherigen Aufgaben lag auf dem Redeinhalt. Die inhaltlichen Strategien der Verteidiger- und Angreifer von Guttenberg können wie folgt zusammengefasst werden.
Argumentationslinien der Opposition (SPD, B90/Die Grünen, DIE LINKE): Die übergeordnete Zielsetzung der Opposition besteht darin, das Verhalten und auch die Person von Minister Guttenberg zu skandalisieren.
Guttenberg soll wegen seiner Verfehlungen beim Schreiben der Dissertation als moralisch problematische Person und darum für das Amt als Minister als untauglich, ja untragbar erscheinen.
Die Integrität und Glaubwürdigkeit der Person Guttenberg ist derart ramponiert, dass er sein Amt abgeben muss.
Gleichzeitig wollen die Redner der Opposition Druck gegen die Regierung Merkel aufbauen, indem sie diese in ein schlechtes Licht stellt, weil sie an so einem problematischen Minister weiterhin festhält.
Zudem soll das Schlechtmachen des politischen Gegners die eigene Partei ins gute Licht setzen. Die Opposition stellt sich als diejenige Partei dar, die sich darum kümmert, dass hohe Amtsträger, wenn sie sich moralisch oder politisch falsch verhalten, zur Rechenschaft gezogen werden. Ohne sie hätte der Guttenberg-Skandal womöglich keine Konsequenzen.
Eindeutig ist, dass die Opposition versucht, die im Raum stehenden Fragen und Entscheidungen in ihrem Sinne zu beeinflussen: Soll Guttenbergs Fehlverhalten innerhalb des Systems der Wissenschaft auch Konsequenzen haben für seine Funktionen im politischen System? Muss Guttenberg von seinem Amt zurücktreten? Oder muss ihn gar seine Vorgesetzte, die Bundes-Kanzlerin Merkel, von seinen Ämtern entheben und ihn entlassen?
Argumentationslinien der regierenden Parteien (CDU/CSU, FDP): Guttenberg ist «ihr» Minister. Darum wollen sie den Sturz von Guttenberg verhindern. Darum muss Guttenberg als Person gestärkt werden, also seine Integrität und Glaubwürdigkeit betont werden. Zudem muss deutlich gemacht werden, dass er sein Amt als Verteidigungs-Minister verantwortungsvoll ausübt und die Armee auf seine Führungsqualitäten angewiesen ist. Unterschiedliche Verteidigungs-Linien zeichnen sich darum ab:
Guttenberg ist ein fehlerhafter Mensch wie jeder andere Mensch auch, aber er hat seinen Fehler eingesehen, bereut und sich entschuldigt. Darum hat er ein Verzeihen und Vergessen verdient.
Seine Integrität als Person ist durch sein Schuldeingeständnis wiederhergestellt. Er ist keine moralisch problematische Person und darum für die Amtsführung als Minister nicht in Frage gestellt.
Sollten noch weitere Unklarheiten und Fragen betreffend seiner Doktorarbeit auftreten, müsse er diese offen und ehrlich beantworten, um nicht den Verdacht zu erregen, er habe etwas zu «vertuschen» oder er sei keine aufrichtige Person.
Guttenberg ist ein ausgezeichneter Minister, der sein schwieriges Amt ohne Fehl und Tadel führt. Die Verfehlungen von Guttenberg als Wissenschaftler haben nichts mit der Qualität seiner Arbeit als Minister zu tun. Darum führen begangene Fehler im Bereich der Wissenschaft nicht zur Diskreditierung der ganzen Person und all ihrer Ämter im Bereich der Politik.
In der Armee geniesst Guttenberg den grösstmöglichen Rückhalt. Die grossen Herausforderungen, vor denen die deutsche Bundeswehr steht, lassen einen Führungswechsel nicht zu. Der in Gang gesetzte Reformprozess sollte nicht durch einen Führungswechsel gefährdet werden.
Die Opposition verfolgt unlautere Ziele. Um sich selbst als besser darzustellen, will sie aus einem moralisch problematischen, aber insgesamt wenig bedeutsamen Vorfall, politisches Kapital schlagen.
Durch diese zwei Argumentationslinien entstehen zwei verschiedene Perspektiven auf den "Fall". Oder anders gesagt: Wir blicken durch zwei verschiedene Rahmen auf die gleiche Sache - dies nennt man Framing.
Framing
Unter «Framing» versteht man das bewusste Setzen eines Deutungsrahmens für eine Sache, über die geredet wird. Man legt quasi einen Rahmen über ein Thema: Gewisse Aspekte eines Themas werden dann hervorgehoben, andere weggelassen.
Das Framing kann unbewusst oder bewusst geschehen. Insbesondere auf dem Felde der Politik, wo es um umstrittene Sachverhalte und Lösungsansätze geht, wird oft gezielt Framing betrieben. Framing dient dazu, die eigene Sicht der Dinge, die eigene Position, die eigene Interpretation der Welt wirkungsvoll zu platzieren.
Aufgabe 8
Schauen Sie zum «Framing» folgendes Erklärvideo und machen Sie anhand eines Beispiels aus dem Video deutlich, was Framing meint.
Aufgabe 9
Zwischenbilanz: Wie positionieren Sie sich? Wie beurteilen Sie die gesetzten Frames?
Achten Sie in den folgenden Reden darauf, inwiefern die oben genannten Frames verfestigt werden.
Merke: Redner(innen) arbeiten mit Framing, sie legen bewusst oder unbewusst einen Deutungsrahmen.