WITTMANN, K. J., 1996e: Warum haben antarktische Schwebgarnelen so riesige Penes ? DATZ (Deutsche Aquarien- und Terrarien-Zeitschrift), 6/96: 346.
In der Antarktis lebt eine artenreiche Tierwelt, die an den extrem niedrigen und zugleich sehr engen Temperaturbereich von -2 bis 0'C angepasst ist. Die bekanntesten dieser Anpassungen sind sehr langsames Wachstum und das Erreichen von riesigen Körpergrößen (im Vergleich zu verwandten Arten aus wärmeren Meeren). Bei den auch in der Antarktis häufigen Schwebgarnelen (Mysidacea), die auf den ersten Blick dem viel bekannteren Krill (Euphausiacea) recht ähnlich sehen, wurden nun bisher unbekannte Sonderbildungen gefunden, die wohl ebenfalls Anpassungen an die speziellen Umweltbedingungen sind. Die Männchen zahlreicher, zum Teil neu entdeckter Schwebgarnelen-Arten haben große bis riesige, den Körper nach vorn überragende Penes und/oder eine Vielfalt morphologischer Bildungen. wie eichelähnliche Strukturen oder schwellbare Penes, wie sie von dieser Tiergruppe bisher nicht bekannt gewesen sind. Bei den Weibchen findet man keine auffälligen Sonderbildungen, was vermuten lässt, dass die Eier - ähnlich wie in wärmeren Zonen - in ihrer Bruttasche befruchtet werden. Nach der einzigen Fortpflanzungsperiode in ihrem Leben sterben sowohl die Männchen als auch die Weibchen. In Bezug auf die Sonderbildungen der Sexualorgane ist die Hypothese aufgestellt worden, dass die Männchen in der Antarktis nur in einer einzigen Saison und dann lediglich während einer kurzen Zeitspanne die Chance zur Fortpflanzung haben. Deshalb kommt es für sie darauf an, schnell paarungsbereite Weibchen zu finden und die Penes möglichst flink in deren Bruttasche zu bringen. Ein Riesenpenis könnte Vorsprung und höhere Präzision bei der Übertragung der Spermien bedeuten. Wenn es nur sehr wenige Chancen zur Fortpflanzung gibt. dann kann die Überlebens-Fitness in ihrer Bedeutung zurückstehen und es vorteilhaft sein, zwei bei der Paarung effiziente, aber sonst hinderliche Riesenpenes mit sich umherzuschleppen.
Antarctic; sexual biology; morphology; adaptation
Mysifaun erigens; Boreomysis sp.