WITTMANN (Hg.), 1994a. Umfrageergebnisse zur didaktischen Beurteilung der Lehre aus Biologie für Mediziner: ein Evaluierungsversuch. In: Sonneck, G (Hg.), Bildungsziele und Lehrveranstaltungen im Medizinstudium. Mitteilungen der Studienkommission Wien: 194-199. (Facultas Universitätsverlag, Wien, ISBN 3850763579).
Das 1993 beschlossene österreichische Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten (UOG 1993) sieht eine verpflichtende und regelmäßige Bewertung der Pflichtlehrveranstaltungen durch die Studierenden vor. Wie das im Detail geschehen soll, ist noch völlig offen. Was studentische Bewertung leisten kann und welche möglichen Konfliktpotentiale sie enthält, wird erst in einem längerem Versuchs- und Diskussionsprozeß offenbar werden. Die vorliegende fragmentarische Studie kann dazu nur Anstöße geben und wurde eigentlich aus praktischen Gründen in Angriff genommen; und zwar im Bemühen um objektivierbare Daten als Grundlage zur weiteren Gestaltung des Biologieunterrichtes für Mediziner an der Universität Wien.
Im Rahmen der vorklinischen Ausbildung sind die Pflichtlehrveranstaltungen aus Medizinischer Biologie ausschließlich im ersten Studienjahr angesiedelt. Das bedeutet einen enormen Massenbetrieb mit 1400-1800 Studenten pro Studienjahr. Die Inhalte vor allem des Praktikum sind von der Frage der Machbarkeit weitgehend mitbedingt, verbunden mit Qualitätseinbußen und Unzufriedenheit bei Lehrenden wie auch Studierenden.
Im ständigen Bemühen um Verbesserung wurde als Rückkopplungselement eine Meinungsumfrage bei den Studenten mit dem im Anhang wiedergegebenen Fragebogen durchgeführt. Die Bögen wurden bei den Rigorosenanmeldungen ausgegeben. Zu diesem Zeitpunkt waren alle Studenten kurz nach Absolvierung der Biologieausbildung organisatorisch zentral ansprechbar, da der Unterricht sonst von sieben Lehrern und Prüfern verschiedener Institute durchgeführt wird.
Von August bis Oktober 1992 wurden ca. 400 Formulare ausgegeben; von Mai bis Oktober 1993 waren es ca. 500 Exemplare.
Trotz Zusicherung und genauer Beachtung der Anonymität war die Rücklaufquote mit 108 bzw. 201 Bögen leider nur gering. Die Umfrage kann aus diesem Grunde und auch von Natur aus nicht Ergebnis einer differenzierten Analyse sein, sondern nur ein Stimmungsbild widerspiegeln.
Bei neun abgegebenen Bögen wurden offensichtliche Inkonsistenzen vorgefunden: z.B. gab ein Student an, die Vorlesung nie besucht zu haben, vermeinte aber dennoch diese didaktisch beurteilen zu können; oder ein Vortragender wurde beurteilt, der an der Lehrveranstaltung gar nicht beteiligt war; und dergleichen mehr. Vier Studenten fanden alles durch die Bank großartig, was den Verdacht auf Schmeichelei nahelegt. Hingegen war bei fünf weiteren alles derart schlecht, daß an einer differenzierten Reflexion gezweifelt werden kann. Schwere persönliche Beleidigungen fehlten ebenso wie Liebeserklärungen.
Schlußfolgerungen:
• Bei der Mehrzahl der Studenten war ein ehrliches Bemühen spürbar, die Fragen seriös und differenziert zu beantworten.
Jedoch kennt der Student die Rand- und Infrastrukturbedingungen der Lehrveranstaltung nicht, oder er will sie nicht wahrhaben, wie bei der eigentlich erkennbaren Frage des Massenbetriebes. Dem Lehrer wird die studentische Bewertung daher, wie am Beispiel des Biologiepraktikums überspitzt ausgedrückt, mitunter als naiv grausam erscheinen. Diese Problematik zeigt zugleich, daß eine Bewertungsumfrage noch keine differenzierte Evaluierung ist, sondern nur Teil einer viel umfangreicheren Recherche.
• Zur Erkennung und statistischen Aussonderung von Schmeichlern, Nicht-Teilnehmern an der Lehrveranstaltung, etc. sind Fang- und Kontrollfragen anzuraten.
• Einem ähnlichen Zweck kann die Kappung der Randbereiche der Datenbasis dienen, z. B. um die oberen und die unteren 10%.
teaching; didactics; medical biology; curriculum