WITTMANN, K. J., 1978a: Biotop- und Standortbindung mediterraner Mysidacea. Diss. Univ. Wien: 1-211.
Die Mysidacea sind eine überwiegend marine, dem Pelagial verhaftete Tiergruppe, die im Gegensatz zu den nächstverwandten Peracarida nur wenige Benthosformen hervorgebracht hat. Die pelagische Natur der Mysidacea zeigt sich schon allein darin, daß eine große Zahl von Arten nach Verlassen des mütterlichen Brutbeutels zeitlebens schwimmaktiv ist. Von den in grober Schätzung 600 bekannten Arten lebt dennoch sicher mehr als die Hälfte untertags an oder knapp über dem Meeresboden. Es sind, wie gezeigt werden wird, mehrere der dauernd schwimmaktiven Arten sogar standorttreu, worin sich eine besonders enge Bindung an den Meeresboden ausdrückt. Es sind folglich weitreichende Beziehungen dieser pelagischen Tiere zum Benthal gegeben. Die ökologische Natur dieser Beziehungen aufzudecken, ist Anlaß und Aufgabe der vorliegenden Arbeit. Aus ökologischer Sicht soll diese Arbeit dazu beitragen, daß die Zusammenhänge und die Wechselwirkungen von Pelagial und Benthos besser ver¬standen werden. Außerdem soll sie unsere noch recht dürftige Kenntnis der Biologie und Ökologie der Mysidacea erweitern.
Obwohl die Mysidacea zumindest dort, wo sie hohe Populationsdichten erreichen, einen meiner Meinung nach wichtigen Stellenwert innerhalb der Lebensgemeinschaften einnehmen, haben sie selten Beachtung gefunden und wurden in ökologischen Untersuchungen des Benthos oft überhaupt nicht berücksichtigt. Das liegt daran, daß die Mysidaceen schnell und gewandt flüchten und gleichzeitig klein sind (die Adulttiere der meisten Arten messen 5 bis 20 mm Länge), sodaß sie den Sammelgeräten entweder davon schwimmen oder im Fall von Fischnetzen durch die Maschen schlüpfen. Nur mit sehr schnell gezogenen, auf Schlitten montierten Planktonnetzen, die im Felslitoral allerdings nicht einsetzbar sind, werden die Mysidaceen in Bodennähe effizient gefangen. Andererseits werden die Mysidaceen von Tauchern kaum bemerkt, da sie sehr klein und auf Grund von Färbung und Verhalten gut getarnt sind. Vor allem im Falle der untertags benthischen am Substrat sitzenden Arten können sinnvolle ausreichend genaue Beobachtungen erst nach längerer Übung des optischen Wahrnehmungsapparates des Beobachters durchgeführt werden. Folglich gab es bisher keine umfassenden Beobachtungen und Experimente im natürlichen Lebensraum.
Die Biotop- und Standortbindung eines Organismus zeugt nicht nur von einer komplexen und wahrscheinlich wechselvollen Geschichte, sondern ist in einer vielschichtigen Umwelt auch zu jedem Zeitpunkt komplex - sowohl in Bezug auf die zu Grunde liegenden Mechanismen, als auch auf Ursachen und Herkunft. Die Vielschichtigkeit und die komplexe Natur der Umweltbeziehungen bedingt es, daß die Merkmale und Reaktionsweisen eines Organismus und die Merkmale seiner Umwelt erst bei Beobachtung im natürlichen Lebensraum unverändert erhalten bleiben und nur dort ihren natürlichen im Verlaufe der Evolution entstandenen Stellenwert einnehmen. Hier bot sich die Tauchmethode an, die nicht zuletzt deshalb in der Meeresbiologie weite Verbreitung und Unentbehrlichkeit erlangt hat. Aufgrund der physiologischen Beschränkung der Tauchzeiten wurden für Langzeitbeobachtungen ferngesteuerte und autonome automatische Beobachtungs- und Dokumentationseinrichtungen verwendet. Daneben war eine Reihe von Laboruntersuchungen unumgänglich, um das in situ Beobachtete besser verstehen zu lernen.
Die Bindung an verschiedene Standorte beziehungsweise Biotope ist Ausdruck der im Verlaufe der Evolution erworbenen Anpassung der Lebensansprüche an die Umwelt. Die Bindung findet daher ihren Ausdruck in allen Bereichen der Umweltbeziehungen eines Organismus. Folgende Bereiche wurden unterschieden und behandelt:
a. Die abiotische Umwelt : klimatische und edaphische Faktoren.
b. Innerartliche Beziehungen : Muster der Populationsregulation und des Sozialverhaltens.
c. Beziehungen zur Lebensgemeinschaft : Zwischenartliche Beziehungen; insbesondere werden die Nahrungskette und Kommensalismen untersucht.
Die obige Einteilung spiegelt sich in der Kapiteleinteilung der vorliegenden Arbeit wieder. Überdies ist die oft komplexe Wechselwirkung der Umweltbeziehungen mit zu berücksichtigen. Die Mysidacea verfügen über ein zentralnervöses Organisationsniveau, aufgrund dessen die räumlich-zeitliche Verteilung nur mehr teilweise Ausdruck äußerer Prozesse ist, sondern auch in hohem Maße Ausdruck des Verhaltens beziehungsweise der Aktivität der Tiere. Die Umweltbeziehungen werden daher auch durch die Art und Weise geprägt, mit der die Mysidaceen ihrer Umwelt begegnen. Dies ist bei Beurteilung der Ergebnisse zu berücksichtigen.
biology; ecology; Mediterranean; distribution; marine; autecology; reproduction; behaviour
Mysida, Anchialina agilis, Acanthomysis longicornis, Diamysis bahirensis, Erythrops elegans, Gastrosaccus lobatus, Haplostylus normani, Hemimysis speluncola, Leptomysis apiops, Leptomysis apiops banyulensis, Leptomysis buergii, Leptomysis gracilis, Leptomysis lingvura, Leptomysis mediterranea, Leptomysis sardica, Leptomysis sardica sardica, Leptomysis sardica pontica, Mesopodopsis slabberi, Mysidopsis angusta, Mysidopsis gibbosa, Paramysis helleri, Siriella armata, Siriella clausii, Siriella jaltensis