Biologischer Gartenbauverein Unterentfelden
Gut an die 150 Interessierte fanden sich an diesem Dienstagabend im Vortragssaal des Naturamas in Aarau ein. Dr. Andreas Müller, Wildbienenexperte, Buchautor und Kurator der Insektensammlung der ETH Zürich enttäuschte die hohen Erwartungen nicht, und bot spannende Einblicke in die Vielfalt unserer Wildbienen.
Wussten Sie, dass die Wildbienen bei uns ausschliesslich Einsiedlerbienen sind, und entsprechend keine wilden Honigbienen vorkommen?
Haben Sie nistende Wildbienen nicht nur in den gängigen Insektenhotels, sondern z.B. in Rosenstängeln, in Steinritzen oder im Boden entdeckt?
Fragten Sie sich auch schon, wieso im Garten so ziemlich alles von Pilzen befallen werden kann, nicht aber die Pollen- und Nektarvorräte der Wildbienenlarven? – Ihre "Behausung" ist eben antimikrobiell geschützt!
Und wussten Sie, dass es auch unter den Wildbienen Parasiten ähnlich dem Kuckuck gibt? Ja sogar ein Viertel aller 600 Widlbienen-Arten der Schweiz nutzt die schwere Vorarbeit von anderen Wildbienen, indem sie ihre Eier ins fast fertig gebaute Nest legen, wo die Larven dann rasch schlüpfen und sich vom fremden Ei und den Nahrungsvorräten ernähren.
Andreas Müller zeigte auch, wie wir alle zum Überleben der Wildbienen beitragen können:
1. Verschiedene Kleinstrukturen bieten Nistmöglichkeiten, so dass die Brut für das nächste Jahr vorbereitet werden kann: Nackte Bodenstellen, möglichst dickes und gut besonntes Totholz, mehrjährig stehen gelassene Krautstängel (wie z.B. in Buntbrachen), Steine aller Art
2. Ein möglichst kontinuitives Blütenangebot während dem Sommerhalbjahr sorgt für Nahrungsquellen für all die saisonal unterschiedlich auftretenden Wildbienenarten. Da sich Wildbienen aber auf einzelne Artgruppen (z.B. Korbblütler) oder gar Pflanzenarten (z.B. Glockenblume) spezialisieren, sollten davon jeweils genügend viele Blüten (tausende!) und möglichst nahe beim Nistplatz vorhanden sein.
Ein einzelner Biogarten kann letzteres vielleicht nicht so einfach erfüllen. Viele Gärten gemeinsam aber sehr wohl. Darum lohnt es sich, z.B. ein besonderes Augenmerk auf die Arten zu legen, welche die besonders bedrohten Wildbienen brauchen: Glockenblume, Weide, Natternkopf.
Motivierend für uns Biogärtner war zu hören, dass auch auf eine bestimmte Pflanzenart spezialisierte Wildbienen sehr flexibel sind, wenn es um Sorten oder Untervarietäten dieser Pflanzenarten geht – wenn also z.B. die Glockenblume nicht allzu überzüchtet ist, und Staubbeutel und Nektar vorhanden und zugänglich sind, darf sie auch aus einer Gärtnerei oder dem Samenhandel stammen.
Zum Abschluss hätte Andreas Müller fast vergessen, auf etwas wichtiges hinzuweisen, wäre die Frage nicht noch aus dem Publikum gestellt worden: Welche Bedeutung nehmen Wildbienen eigentlich bei der Bestäubung unserer Nahrungspflanzen ein? – Sie sind vermutlich genauso wichtig wie unsere Honigbienen!
Die beiden Bienengruppen sollten nicht gegeinander ausgespielt werden, es braucht beide. In weltweiten Unterschungen zeigte sich, dass nur 1/3 und manchmal noch weniger der landwirtschaftlichen Kulturarten bei der Samenproduktion von Honigbienen profitieren. Diese sind dafür sehr effizient, wenn es darum geht massenweise Blüten in einer kurzen Blühperiode zu bestäuben.
Wildbienen fliegen dafür bereits bei niederen Temperaturen und suchen auch Blüten auf, welche für Honigbienen aufgrund des Blütenbaus schwierig zu bestäuben sind.
Ein schöner Abschluss eines eindrücklichen Abends zum Schutz unserer Wildbienen, der Dr. Andreas Müller herzlich verdankt sei. Dank geht auch an den organisierenden Natur- und Vogelschutzverein Unterentfelden.
Für den Vorstand, Philipp Holzherr
22.11.2013