Als letzte Figur, nachdem alles vorbereitet und das Verbrechen begangen worden ist, tritt nun der Ermittler oder die Ermittlerin in die Fantasie der Autorin oder des Autors. Die eigentliche Handlung beginnt mit dem Auftauchen eben dieser Figur, deren Entdeckung der Vorgeschichte den Hauptverlauf eines Krimis ausmacht.
Damit das Publikum interessierter ist am Nachvollzug der Tat, empfiehlt es sich, der Ermittlung eine Szene vorzuschalten, in der das Opfer noch am Leben ist und in einer Weise vorgestellt wird, dass man spontan etwas für es übrig haben muss. So wächst der Anteil, der am weiteren Geschehen genommen wird. Das Opfer kann aber muss dafür nicht unbedingt sympathisch, sondern so herüberkommen, dass im Zuschauer das Gefühl “wie ich” entsteht. Das kann auch bei Personen der Fall sein, deren Absichten nicht astrein sind, aber dem entsprechen, was der Zuschauer heimlich billigt oder wagen würde, wenn er den Mut dazu hätte.
Die Hauptfigur eines Krimis ist die Ermittlerin oder der Ermittler. Sie haben nicht immer, aber oft einen Chef über sich, der Weisungen erteilen kann, in der Regel aber eher als Ressource auftritt, die besondere Mittel mobilisieren kann. Der Ermittler hat dann noch einen Partner oder eine Partnerin. Ein Geselle arbeitet den beiden zu und führt ihre Befehle aus.
Die Verwandtschaft spielt eine gern gesehene, immer wieder auftauchende Rollen: Lebensgefährten, Familienangehörige, Tiere, Vertraute.
Als Hilfsquellen tauchen immer wieder dieselben Fachleute auf, im Polizeizusammenhang vor allem die Gerichtsmediziner, dann auch Spitzel, Penner, Kleinkriminelle usf.
Das Stammpersonal taucht, so das Publikum es liebgewonnen hat, in immer wieder derselben Zusammensetzung auf. Was sich mit jedem neuen Fall –– mit dessen Umgebung –– verändert, sind die Verdächtigen, unter ihnen der Täter oder die Täterin.
Zu den Gästen zählen auch besondere Hilfsquellen oder Spezialisten, welche die Umgebung eines Falls erfordert, um sie besser kennenzulernen.
Der Spannungsbogen eines Krimis verdankt sich der Absicht des Spürhunds, Beweggrund, Gelegenheit und Waffe im Hinblick auf das Verbrechen der Vorgeschichte zu ermitteln.
Der Beweggrund ist das Begehren oder die Absicht des Täters, welche das Verbrechen verursachten.
Die Gelegenheit zerfällt in Ort und Zeitpunkt, welche bestimmt werden durch den Tatort sowie Verbrechenszeitpunkt, während dem jemand Verdächtiges woanders gewesen sein, das auch beweisen können muss, um nicht mehr verdächtig zu sein.
Die Waffe als Mittel des Verbrechens darf nicht in Zusammenhang mit denen gebracht werden können, die seiner unschuldig sind.
Der Hauptfigur des Krimis liegt daran, Beweggrund, Gelegenheit und Waffe ermitteln sowie in Einklang zu bringen mit einer Person, der danach nichts mehr übrig bleibt, als die Tat zu gestehen.
Beweggrund, Gelegenheit und Waffe sind anfänglich – leer. Damit sie etwas begreifen, muss der Spürhund Inhalte feststellen: Was für Beweggründe verfangen? Von wem haben sie Besitz ergriffen? Hatte diese Person auch Gelegenheit? Wie war ihr Verhältnis zu der Waffe?
Die Inhalte müssen ermittelt und dingfest gemacht werden –– anhand von Worten, Sachen oder Bildern, die das Vergangene deuten, also nicht leibhaftig sind, sondern nur darstellen und daher immer auch missverständlich oder falsch (gelogen) sein können. Das Schillernde der Vergangenheit macht einen wesentlichen Reiz jedes Krimis aus und informiert das Gespräch seiner Protagonisten.
Die Vergangenheit kann aus Zeugen herausgefragt oder in Dokumenten (Notizen, E-Mails usf.) nachgelesen werden. Der Ermittler geht dabei auf Verdächtige, Beobachter, Sachverständige oder Spitzel zu. Manchmal reicht es auch, nur zuzuhören, wenn etwa Denunzianten sich melden oder Leute, die etwas gesehen haben. Aus den Worten reimt er sich ein Bild der Vergangenheit zusammen, erhärtet dessen Konturen durch weitere Nachforschungen und kommt so immer mehr dem Täter auf die Spur.
Will ein Bild sich nicht einstellen aus dem einen oder anderen Grund, macht sich der fähige Ermittler selber eins, vermutet einfach und stellt sich etwas vor, hegt einen Verdacht. Dessen Bestandteile regen nun weitere Nachforschungen an, um zu prüfen, ob sie sich als wahr erweisen, und bringen so Material zusammen, in denen ein Lösungsbild lauern könnte.
Anders als Worte können Sachbeweise –– Materialreste, Abdrücke von Schuhen oder Fingern –– nicht lügen. Es besteht lediglich die Möglichkeit, sie falsch zusammenzusetzen, unrichtig zu deuten. Doch sie bewähren sich, wenn oft auch nur mit der Hilfe von Spezialisten.
Bilder aus der Vergangenheit, unmittelbar Fotografien oder nachträglich angefertigte Zeichnungen, können stichhaltiges Material für den Beweggrund, vor allem aber die Gelegenheit liefern. (Über die besondere Rolle vom Rückblenden im Krimi mehr in dem entsprechenden Kapitel der Online-Vorlesung Erfolgreich Fernsehkrimis schreiben https://vimeo.com/ondemand/krimischreiben )
Die Krimi-Haupthandlung deckt im Anschluss an ein Verbrechen auf, wer ein Motiv sowie die Gelegenheit dazu hatte, straffällig zu werden, und in Verbindung gebracht werden kann zu dem für ihre Begehung der Tat verwendeten Werkzeug.
Nachdem einem das Opfer in einer Szene ans Herz gewachsen ist, beginnt die Handlung mit dem Auffinden seiner Leiche. Anschließend wird seine Identität festgestellt sowie die Todesursache.
Der Ort des Verbrechens sowie der Zeitpunkt der Tat werden bestmöglich bestimmt. Deckt sich der Fundort mit dem Tatort? Was und wo ist die Waffe? Wie steht es um mögliche Beweggründe –– wem stand der Tote im Weg?
Aussagen werden erfragt und, falls sie spontan erfolgen, wahrgenommen sowie eingeordnet. Der Ermittler durchsteigt alle Etagen der Umgebung, von den oberen Zehntausend bis zum Abschaum. Sachbeweise und Dokumente werden hinzugezogen, ausgewertet.
Erste Hypothesen begründen die Überprüfung von Alibis (den Unterschied zwischen subjektivem und objektivem Alibi erklärt die Online-Vorlesung Erfolgreich Fernsehkrimis schreiben https://vimeo.com/ondemand/krimischreiben.)
Es passiert ein Deckungsmord.
Die Lieblingshypothese des Ermittlers bricht zusammen. Der verhassteste Verdächtige, den man am liebsten überführt hätte, kann die Tat nicht begangen haben.
Aus den Splittern des falschen Lösungsbildes kann endlich das richtige zusammengesetzt und ihm zufolge der Täter überführt werden. Konfrontiert mit der Logik und Last der Beweise gegen ihn, bricht er zusammen und gesteht die Tat.
Jeder Verdächtige in einer Krimi-Handlung bedingt eine Fährte; die meisten davon sind falsch, nur eine schließlich die richtige.
Eine Fährte entspringt der Wahrheit von Beweggrund oder Gelegenheit oder Waffe. Eine Person, bei der sich ein Beweggrund für die Tat feststellen lässt (der das Opfer im Weg war) – ist verdächtig. Kann zutage gefördert werden, dass in solchem Fall auch die Gelegenheit bestand (weil die Person sich zur Tatzeit im Tatfeld befand), erhärtet sich der Verdacht und motiviert das Bestreben des Ermittlers, sie nun auch in Zusammenhang zu bringen mit der Waffe.
Eine Person, bei der man die Waffe findet –– ist verdächtig. Und regt weitere Forschungen nach ihrem möglichen Beweggrund sowie der Gelegenheit an, die sie zu der Tat gehabt haben könnte, indem ihrem subjektiven oder objektives Alibi auf den Grund gegangen wird.
(Die Kombination der möglichen Wahrheitsbedingungen von Beweggrund, Gelegenheit und Waffe erzeugt sieben falsche Fährten oder Verdächtige sowie einen Täter – diese “Mechanik” erläutert und veranschaulicht die Online-Vorlesung Erfolgreich Fernsehkrimis schreiben https://vimeo.com/ondemand/krimischreiben . . .)
Um vor allem Beweggrund und Gelegenheit mit Inhalt zu füllen, ist der Ermittler auf Aussagen angewiesen von Personen, die sie nicht immer freiwillig machen würden. Er sollte deswegen über Mittel verfügen, andere zum Reden zu bringen.
Bewährt und unverfänglich ist die Schmeichelei: man fragt die Zielperson nicht gleich aus, sondern zeigt sich interessiert an ihren Ansichten, erst mal zu etwas Unverdächtigem, lenkt das Gespräch dann –– in meinungsfreudigen Gleise –– auf das Thema, zu dem man mehr erfahren möchte.
Robuster und für Kriminalbeamter verboten, dafür ein Mittel, das Privatermittlern einen Vorteil verschafft, ist der Vorwand: man verrät nicht, wer man ist, sondern gibt vor, jemand anderes zu sein, in dessen Fragen so kein Zusammenhang mehr mit der Ermittlung zu erkennen ist.
Für besonders hartnäckige Fälle empfiehlt sich die Geheimdiensttechnik der Behauptung: man erfindet und unterstellt dann einen Sachverhalt, auf den das Frageopfer gezwungen ist einzugehen –– mit der Auskunft, die man sucht (Beispiele in der Online-Vorlesung).
Ein Krimi gipfelt in der unanfechtbaren Überführung des Täters. Diese kommt zustande, indem der Ermittler ein Geständnis provoziert oder dem Täter eine Falle stellt.
Der Täter wird im Verhör oder Gespräch dazu gebracht, sich selbst zu belasten oder auch zu widerlegen. Auch nachdem er innerlich erschüttert wurde durch Vorstellungen, die der Ermittler in ihm heraufbeschworen hat, etwa dass das Versteck seiner Waffe entdeckt wurde oder sein Mittäter ihn verraten haben könnte, um sich selbst aus der Affäre zu ziehen.
Der Ermittler erweckt z.B. im Täter dem Eindruck, sein Versteck mit Material, das ihn belastet, sei entdeckt worden, und folgt ihm danach heimlich, wenn er nachschaut, ob noch alles da ist, damit zum Vorschein bringend, was ihn belastet und überführt. Oder ein Lockvogel wird eingesetzt. Usf