Bericht zum „Tag der Homöopathie und Gesundheit“ 2011

Post date: 17.04.2011 08:44:44

Mit dem Thema „Depressionen – gibt es Möglichkeiten der homöopathischen Behandlung?“ eröffnete die Bayreuther Homöopathin Dr. med. Christa von der Planitz die Vortragsreihe. Depressionen entwickeln sich zu einer Volkskrankheit. Hochrechnungen gehen davon aus, dass sie in einigen Jahren an der Spitze der Erkrankungen in der westlichen Welt stehen werden. Angesichts dieser bedrohlichen Perspektive betonte Frau Dr. v. d. Planitz, dass sich auch die Homöopathie um depressive Krankheitsbilder kümmern müsse. Zu Anfang ihres Vortrages erläuterte sie charakteristische psychische und körperliche Symptome der Depression: Sinken der Stimmung bis hin zu Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, Gefühl der inneren Leere, ständige Selbstzweifel, Grübelzwang, vegetative Begleiterscheinungen wie Tagesschwankungen (Morgentief), (Durch-) schlafstörungen, Appetitstörungen, Störungen der Sexualität.

Die Ursachen einer Depression sind so komplex, dass sie im Rahmen dieses Berichtes nicht differenziert dargelegt werden können. Grundsätzlich können sie körperlicher wie psychischer Natur sein. Interessant war der Hinweis, dass bereits Samuel Hahnemann Geistes- und Gemütskrankheiten auf eine körperliche Ursache zurückführte. Aus neurophysiologischer Sicht enstehen Depressionen durch ein Ungleichgewicht jener Botenstoffe, die die Gemütsverfassung beeinflussen. Hinsichtlich der Einteilung depressiver Erkrankungen unterscheidet die moderne Psychiatrie Major- („Große“) Depressionen von sog. Minor- („Kleine“) Depressionen. Damit werden in erster Linie der Schweregrad der Krankheit und die Gefährdung der betroffenen Personen berücksichtigt. Entscheidend für die homöopathische Behandlung der Depression ist die ganzheitliche Sicht auf den erkrankten Menschen. Zur Anwendung kommen Arzneien mit einem breiten Wirkungsspektrum („Vielkönner“, sog. Polychreste). Fünf davon, nämlich Aurum, Nux vomica, Pulsatilla, Sepia und Saphisagria, stellte Frau Dr. v. d. Planitz unter den Gesichtspunkten „Primärpersönlichkeit“, „Bild der Depression“ sowie „Somatisierungsneigung, Allgemeinsymptome und Modalitäten“ vor (vgl. PowerPoint-Datei zum Herunterladen). Unter der Voraussetzung, dass keine akute Selbstgefährdung vorliegt, der Behandler sowohl über klinische Erfahrungen mit den jeweiligen Krankheitsbildern als auch über eine fundierte homöopathische Ausbildung verfügt, sind viele depressive Krankheitsbilder einer homöopathischen Therapie durchaus zugänglich und können eine bedeutende Hilfe bei der psychotherapeutischen Arbeit sein.

Es folgte der Eckersdorfer Heilpraktiker Uwe Heyeres mit seinem Vortrag zum Thema „Behandlung chronischer Krankheiten in der Homöopathiepraxis – ein Beispiel aus dem rheumatischen Formenkreis“. Er stellte die Vorgehensweise des klassischen Homöopathen bei einer chronischen Erkrankung dar und verdeutlichte daran das Wesen einer homöopathischen Behandlung. Einleitend erläuterte er den Begriff der chronischen Erkrankung. Im vorgestellten Fall handelte es sich um eine rheumatoide Arthritis, die mit chronischen Schmerzen einherging. Nach einem knappen Überblick über die konventionelle Therapie bei einer solchen Erkrankung schilderte Herr Heyeres die Voraussetzungen für die erste homöopathische Arzneiverordnung: eine gründliche

Erstanamnese, die die Gesamtheit aller Krankheitssymptome (einschließlich Krankheiten im Lebensverlauf, krankheitsauslösende und -unterhaltende Faktoren) erfasst und ein möglichst umfassendes Bild der jeweiligen Person liefert. Über diese Informationen erarbeitet sich der Therapeut das überaus wichtige Fallverständnis. Es folgte die Darstellung der Grundlagen der Arzneimittelfindung, also die Auswahl und Gewichtung der Symptome sowie deren Zuordnung zu Arzneimitteln. Zur letztendlichen Bestätigung des gesuchten Mittels dient der unerlässliche Abgleich mit den Symptomen, die es beim gesunden Menschen hervorruft und die in der sog. Materia medica zusammengefasst sind. Im vorliegenden Fall wurde unter anderem Sulfur verordnet, was im Verlauf mehrerer Wochen eine deutliche Besserung der rheumatischen Schmerzen bewirkte. Dies zeigte an, dass das Mittel die Selbstheilungskräfte stimuliert hatte. Häufig ist der Organismus bei chronischen Erkrankungen derart destabilisiert, dass zwischengeschaltete schulmedizinische Maßnahmen zur Unterdrückung der Regenerationsprozesse führen und den Heilungsprozess behindern können. Dennoch ist man mittels klassischer Homöopathie häufig in der Lage, die für Heilung so wichtigen Regenerationsprozesse erneut in Gang zu bringen. Notwendig sind dann mehrere Folgeverordnungen individuell angepasster Homöopathika, die den chronischen Krankheitsprozess lindern oder auch stoppen (wie anhand des Fallbeispieles gezeigt werden konnte). Der Vortrag machte deutlich, dass eine homöopathische Behandlung eine Kehrtwendung des eigenen Denkens über Heilungsprozesse erfordert. Wegweisend zur Heilung sind allein die individuellen Krankheitszeichen, unabhängig vom Namen der Krankheit.

Am frühen Nachmittag stand zunächst ein Vortrag des Bayreuther Internisten und Homöopathen Dr. med. Ansgar Schimmöller auf dem Programm. Unter dem Titel „Verletzte Kinderseelen“ wandte er sich psychischen Belastungen und Traumatisierungen zu, unter denen Kinder in verschiedenen Lebensphasen leiden können. Er begann mit einem Appell: Es komme darauf an zu verstehen, was sich in Kindern abspielt und was sie seelisch krank macht.

Die normale kindliche Entwicklung ermöglicht es dem Kind, die Dinge angemessen, adäquat wahrzunehmen. Zunächst über die Beziehung zur Mutter lernt es Sicherheit und Geborgenheit und kann diese Emotionen als selbstverständliches Lebensgefühl verankern. Neue Erlebnisse werden in diesen sicheren Bezugsrahmen eingeordnet und mit den bekannten Emotionen und Reaktionen verbunden. So entsteht die Fähigkeit, mit bekannten und unbekannten Situationen angemessen umgehen zu können. Durchlebt ein solch „verankertes“ Kind eine Krisensituation, z. B. ein einmaliges schockierendes oder aus der Bahn werfendes Ereignis, dann wird es dieses Erlebnis im positiven Fall in seine bislang aufgebaute Struktur einbauen können, es richtig als einmaliges Ereignis einordnen können und danach wieder in seine bewährten Beurteilungen und Reaktionen zurückkehren. Hat das Kind aber eine unzureichende Verankerung bzw. einen nur schwach ausgeprägten Bezugsrahmen oder ist das negative Ereignis so heftig oder von fortdauernder Natur, dann beginnt über dem Leben dieses Kindes ein Schatten zu liegen. Alle Erlebnisse werden sozusagen durch eine in gewisser Art und Weise gefärbte Brille gesehen und erlebt. Es kommt zu einer verzerrten Wahrnehmung. Anhand von Beispielen aus der täglichen Praxis stellte Dr. Schimmöller Möglichkeiten solcher Verletzungen dar: - Ständiges nächtliches panisches Erwachen eines Kleinkindes konnte auf eine panische Todesangst der Mutter in der Schwangerschaft zurückgeführt werden. Die Heilung erfolgte mit Ignatia.

- Ein völlig verschrecktes ängstliches Kind war bei der Geburt fast erstickt, die Störung konnte mit Aconitum beseitigt werden.

- Ein 12-jähriges Mädchen entwickelte nach dem Tod der Oma eine über 4 Jahre anhaltende heftige Akne. Mit Aurum konnte das Hautbild um 90% gebessert werden.

- Ein 13-jähriges Mädchen kam mit der Diagnose ADS und schweren Verhaltensstörungen. Nach längerer Gabe der Arznei Platina konnte das Mädchen seine Schullaufbahn konzentriert fortsetzen und fand zu ausgeglichenem Verhalten zurück.

Die Homöopathie diente hierbei als Regulationsmedizin und ermöglicht dem Organismus, zu angemessenen Reaktionsmustern zurückzukehren.

Zum Abschluss des Tages referierte Frau Dr. med. Annegret Hoffmann-Leygue aus Erlangen über das Thema „Wechseljahre – die homöopathische Behandlung möglicher Beschwerden“. Sie ging aus von einer Zusammenfassung charakteristischer Beschwerden einer fiktiven Person („Carola“) in den Wechseljahren. Die physiologischen Ursachen für diese Lebensphase sind in der Alterung der Eierstöcke und der damit verbundenen Abnahme der Östrogenproduktion zu suchen. Aus homöopathischer Sicht

dagegen ist das Klimakterium als eine Störung der Lebenskraft zu deuten. Unbestritten beeinflussen zahlreiche Distressfaktoren den Hormonhaushalt, dennoch sind die Wechseljahre keine Krankheit, sondern eine Herausforderung, die Chancen dieser neuen Lebensphase zu begreifen und sie positiv zu gestalten. Dabei kann die homöopathische Konstitutionsbehandlung als ganzheitliche, regulierende Therapieform helfen. Konstitution bedeutet die Summe der individuellen körperlichen und seelisch-geistigen Veranlagungen und die Art und Weise, wie die jeweilige Frau mit den Veränderungen in der Zeit des „Wechsels“ umgeht. Mit Sepia und Pulsatilla stellte Dr. Hoffmann-Leygue zwei ausgewählte Arzneimittel vor, die sich bei Frauenleiden bewährt haben. Klimakterische Leitsymptome bei Sepia sind Senkungsgefühle im Bereich des Unterleibs (z. B. der Gebärmutter oder Blase), in psychischer Hinsicht Depressionen und sozialer Rückzug gegenüber der Familie. Als psychisches Leitsymptom für Pulsatilla gilt die Wechselhaftigkeit der Laune („himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt“, so wie auch die kuhschellenartigen Blüten der Pflanze vom Wind hin- und hergeschlagen werden). Pulsatilla-Frauen sind sehr fürsorglich und haben Angst vor dem Alleinsein. In körperlicher Hinsicht leiden sie unter Zyklusstörungen und frösteln leicht, bei gleichzeitiger Abneigung gegen Wärme. Wiederum wurde deutlich, dass die Homöopathie auf individuelle Beschwerden mit dem passenden Arzneimittel reagieren kann, vorausgesetzt, sie werden möglichst vollständig wahrgenommen und mitgeteilt.

Wir bedanken uns bei bei allen Referentinnen und Referenten und natürlich bei allen, die uns wieder mal so tatkräftig unterstützt haben. Nur durch diese Unterstützung konnte ein solch erfolgreicher "Tag der Homöopathie und Gesundheit" durchgeführt werden.

Rechts finden Sie noch eine kleine Diashow mit Impressionen zum "Tag der Homöopathie und Gesundheit". Sie können im Bild vor- und zurückschalten.

Der Vortrag von Frau Dr. von der Planitz befindet sich als Anhang (siehe unten) auf dieser Seite. Sie können dieses Manuskript auf ihren Computer herunterladen.

Dr. Reinhard Tutschek