Homöopathie – was ist das?
Die Homöopathie ist eine eigenständige Heilmethode innerhalb des Spektrums der Naturheilverfahren. Sie ist von dem sächsischen Arzt Samuel Hahnemann (1755-1843) begründet worden. Hahnemann hatte sich als junger Arzt aus Enttäuschung über die Misserfolge der zu seiner Zeit üblichen Therapiemethoden aus der ärztlichen Praxis zurückgezogen und bestritt den Lebensunterhalt seiner Familie überwiegend mit der Übersetzung englischer und französischer medizinisch-pharmazeutischer Schriften.
Bei der Übersetzung der Arzneimittellehre des schottischen Arztes William Cullen im Jahr 1790 kamen ihm Zweifel an der Richtigkeit der dort beschriebenen Heilwirkung der Chinarinde bei Wechselfieber (Malaria). Dies veranlasste ihn zu einem Selbstversuch: Er nahm in bestimmten Zeitabständen pulverisierte Chinarinde ein und bekam jedes Mal die Symptome des Wechselfiebers. Er leitete daraus die Überlegung ab, dass die wahre Ursache der Heilfähigkeit der Chinarinde bei Malaria in der Ähnlichkeit der bei ihm aufgetretenen Krankheitserscheinungen mit den ihm bekannten Malaria-Symptomen zu suchen sei. Aus diesem und weiteren Versuchen am Menschen mit anderen Substanzen zog er den Schluss, dass man mit einer Substanz, die beim Gesunden -vorübergehend- einen „Krankheitszustand“ auslöst, einen ähnlichen, echten Krankheitszustand heilen könne.
Dies ist die Simile-Regel „Similia similibus curentur“ oder „Ähnliches werde mit Ähnlichem geheilt“, die Hahnemann im Jahr 1796 unter dem Titel „Versuch über ein neues Prinzip zur Auffindung der Heilkräfte der Arzneisubstanzen – nebst einigen Blicken auf die bisherigen“ veröffentlichte Mit dem „neuen Prinzip“ ist genau das Gegenteil des Therapiekonzepts der damaligen und heutigen Schulmedizin gemeint, nämlich eine Krankheit mit Gegenmitteln bekämpfen, z. B. hohen Blutdruck durch ein blutdrucksenkendes Mittel. Von dem dafür gebräuchlichen Fachbegriff Allopathie (von griech. allos = anders, pathos = Leiden) grenzte Hahnemann im Jahre 1807 für sein Heilprinzip den Begriff Homöopathie (von griech. homoios = ähnlich, pathos = Leiden) ab.
Die Simile-Regel beschreibt auch heute noch das Fundament der „Klassischen Homöopathie“. Deren zweite Säule ist die oben schon erwähnte Arzneimittelprüfung. Die jeweiligen Prüfsymptome beim Gesunden werden als Arzneimittelbild zusammengefasst, in einer sogeannten „Materia medica“ (von lat. materia = Stoff, medicus = heilsam, heilend). Die Kunst der homöopathischen Therapeuten besteht darin, auf der Grundlage der vom Patienten geschilderten Körper-, Gemüts- und Geistessymptome die richtige, d. h. heilende, Arznei auszuwählen. Auslöser der Beschwerden, deren Modalitäten, d. h. Faktoren, die sie bessern oder verschlechtern, sowie begleitende Umstände spielen bei der Arzneimittelfindung eine entscheidende Rolle.
Homöopathische Arzneimittel können jedoch nur wirksam werden, wenn die pflanzlichen tierischen und mineralischen Rohstoffe auf gesetzmäßige Weise durch „Verschüttelung“ oder “Verreibung“ verdünnt werden Diese Verfahren, die bis heute den Vorschriften Hahnemanns folgen, nennt man Potenzierung. Diese ist die dritte Säule der klassischen Homöopathie.
Die Summe seiner Forschungen und Einsichten zog Hahnemann in dem 1810 veröffentlichten „Organon der rationellen Heilkunde“ (in der Folge unter dem Titel „Organon der Heilkunst“ bekannt). Anhand dieses Grundlagenwerkes der klassischen Homöopathie soll noch auf Gedanken Hahnemanns aufmerksam gemacht werden, die sein Verständnis von Gesundheit und Krankheit darstellen und aufzeigen, welchem übergeordneten Ziel die homöopathische Arzneimitteltherapie zu dienen hat.
Im §9 schreibt er:
„Im gesunden Zustande des Menschen waltet die geistartige, als Dynamis dem materiellen Körper (Organism) belebende Lebenskraft (Autokratie) unumschränkt und hält alle seine Theile in bewunderswürdig harmonischem Lebensgange in Gefühlen und Thätigkeiten, so daß unser inwohnende, vernünftige Geist sich dieses lebendigen, gesunden Werkzeugs zu dem
höhern Zwecke unsers Daseins bedienen kann.“
§ 11:
"Wenn der Mensch erkrankt, so ist ursprünglich nur diese geistartige, in seinem Organism überall anwesende Lebenskraft (Lebensprincip) durch den (…) Einfluß eines krankmachenden Agens verstimmt (…)“.
§ 12:
„Einzig die krankhaft gestimmte Lebenskraft bringt die Krankheiten hervor (…)“.
§ 16:
(…)“Demnach können Heil-Arzneien nur durch die dynamische Wirkung auf das Lebensprincip Gesundheit und Lebens-Harmonie wieder herstellen und stellen sie wirklich her (…)“.
Das 200jährige Bestehen des „Organon“ im Jahr 2010 kann und sollte Anlass sein, uns der Genialität Hahanemanns bewusst zu werden. Auch wenn sich seine Arzneimitteltherapie den gängigen naturwissenschaftlichen Methoden (noch) entzieht, können wir dafür dankbar sein, dass er uns mit der klassischen Homöopathie eine universelle, individuelle und ganzheitliche Therapie geschenkt hat, die in Hinsicht auf diese Attribute von keiner anderen zu übertreffen ist.