Wie sich die Homöopathie in der Palliativmedizin und der Sterbebegleitung bewährt Bericht über den Vortrag von Dr. med. Joachim Stürmer am 23. Januar 2012

Post date: 03.02.2012 17:25:22

Mit dem Würzburger Allgemeinarzt Dr. med. Joachim Stürmer konnten wir einen Therapeuten gewinnen, dessen besonderes Interesse der homöopathischen Palliativmedizin gilt. In seinem gut besuchten Vortrag „Homöopathie am Lebensende“ zeigte er die Möglichkeiten der Homöopathie bei der Begleitung Sterbender auf und stellte einige zur Anwendung kommende Mittel vor. Ein weiteres Thema war die homöopathische Unterstützung der Angehörigen in Phasen physischer und psychischer Belastung. Auch dazu wurden einschlägige Arzneien besprochen. Bei beiden Aspekten seines Vortrags wurde auf eindrucksvolle Weise deutlich, wie die Homöopathie auf individuelle Beschwerden schnell und zuverlässig mit dem passenden Mittel reagieren und helfen kann, Leiden auszuhalten bzw. zu lindern.

Beginnen wir mit den in der Sterbebegleitung eingesetzten Mittel:

Arsenicum album

Im Arzneimittelbild dieses Mittels sind Angstzustände das vorherrschende Symptom. In der Palliativsituation äußern sie sich als Angst vor dem Tod und vor dem Alleinsein. Der Patient kommt nicht zu der Ruhe, die für den Sterbeprozess nötig ist. Arsenicum album, in den Potenzen C 6 bis C 30 eingesetzt, kann ein Stück weit die Angst nehmen.

Carbo vegetabilis

Gemäß dem für dieses Mittel charakteristischen Verlangen nach frischer Luft kommt es in der Palliativsituation für Patienten mit ungeheurem Lufthunger in Frage. Die aus dem offenen Fenster einströmende Luft bzw. ihnen zufächelte Luft tut ihnen gut. Im Gegensatz aber zu den Arsenicum album-Menschen, die gegen den Tod kämpfen, liegen sie matt und ruhig da. Kennzeichnend ist auch die Kälte bestimmter Körperteile, z. B. der Nase der Zunge oder der Unterschenkel, ein Symptom, das sich ebenfalls im Arzneimittelbild von Carbo vegetabilis findet.

Ergänzend stellte Dr. Stürmer vier Mittel vor, die sich besonders zur Behandlung von Nebenwirkungen der Strahlen- und Chemotherapie eignen.

Nux vomica, das klassische „Katermittel“, ist besonders bei Kopfschmerzen (oft Folge von Alkoholgenuss!) und Verkrampfungen angezeigt. Das für den Einsatz von Colchicum maßgebliche Symptom ist der Ekel beim Geruch von Speisen. Leitsymptome von Tabacum sind tödliche Übelkeit und höchste Elendigkeit, die die Patienten gegen Leben und Sterben gleichgültig werden lässt. Für den Einsatz von Borax leitend ist die Verschlimmerung bei Abwärtsbewegungen, z. B. auch beim Absenken des Kopfteils eines Bettes.

Im Folgenden werden diejenigen Mittel kurz charakterisiert, die die Angehörigen stärken können.

Zu Cocculus gehört ein Arzneimittelprüfungsymptom, das Hahnemann mit „vermisst jede Stunde Schlaf“ beschreibt. Es kommt also bei Menschen mit ausgesprochenem Schlafmangel zum Einsatz.

Causticum (ein Produkt aus Hahnemanns Labor) ist eine Lauge und passt dementsprechend zu jenen Menschen, die sich durch die Sorge um den Sterbenden wie „ausgelaugt“ fühlen. Es sind Menschen mit großem Mitgefühl, doch fehlt ihnen die Schutzschicht gegen das Leid anderer Menschen.

Ignatia gehört zu den großen Mitteln gegen Kummer. Es kommt bei Menschen zum Einsatz, die unter dem Tod eines geliebten Menschen leiden. Leitend dabei sind das unter Umständen lautstarke Seufzen und Schluchzen sowie sog. paradoxe Symptome, so die Besserung des Brechreizes durch Essen.

Natrium muriaticum passt dagegen zu Menschen, die sich aus Kummer verschließen, nicht so leicht weinen können und schwer zu trösten sind. Kennzeichnend für sie ist die Beschreibung Hahnemanns:“ Kummervoll quält er sich selbst“. Es handelt sich um warmherzige Menschen mit großem emotionalen Tiefgang und starkem sozialen Impuls.

Dr. Stürmer betonte bei der Besprechung der einzelnen Mittel immer wieder, dass eine Verordnung der Absicherung durch körperliche Symptome bedarf (z. B. bei Natrium muriaticum der große Durst und das Verlangen nach Salzigem) und dass erst das Gesamtbild der Symptome zu einer therapeutisch verlässlichen Mittelwahl führt.

Es war ein beeindruckender Abend, der die Zuhörer mit der Gewissheit nach Hause gehen ließ, dass auch bei diesem an die eigene Existenz rührenden Thema die Homöopathie niemand mit dem Gefühl zurücklässt, ihm sei nicht zu helfen.