Lehr-/Lernmittel

Populationsdenken

Populationen sind überall um uns herum und in uns. Wir sind Teil vieler großer und kleiner Populationen von Menschen und von Ökosystemen zusammen mit vielen anderen Arten. Wir als Individuen bestehen auch aus vielen verschiedenen Zellen und Organsystemen sowie aus vielen verschiedenen Prozessen und Verhaltensweisen.

Um zu verstehen, wie sich diese Populationen im Laufe der Zeit verändern, benötigen wir Populationsdenken.

Dies beinhaltet das Verstehen und Erkennen der Prozesse, die zu Variationen von Eigenschaften in der Population führen, sowie das Verstehen und Erkennen von Prozessen, die die Häufigkeit von bestimmten Eigenschaften verändern.

Populationsdenken und menschliche Evolution

Viele verschiedene Hominidengruppen existierten im Laufe der Evolutionsgeschichte unserer Art. Sie alle unterschieden sich ein wenig in ihrem Verhalten, ihrer Wahrnehmung, ihrem Körper, ihrer genetischen Veranlagung, ihrem Sozialleben. Einige davon konnten besser überleben und hatten mehr Nachkommen als andere. Sie haben ihre Merkmale an ihre Nachkommen vererbt, z.B. durch die Vererbung ihrer Gene und durch Nachahmung von Verhaltensweisen. Ihre Populationen blieben bestehen und entwickelten sich weiter. Sie zählen zu unseren Vorfahren. Andere konnten nicht so gut überleben oder hatten nicht viele Nachkommen, und sind allmählich ausgestorben. 

Wenn sich die biotischen und abiotischen Umweltbedingungen ändern, ändern sich auch die Vor- und Nachteile, die bestimmte Verhaltensweisen und andere Merkmale für das Überleben von Organismen haben.  Man spricht von der Funktion oder Auswirkung von Merkmalen: Welche Funktionen oder Auswirkungen hat ein Merkmal unter gegebenen Umweltbedingungen für das Überleben und die Fortpflanzung eines Organismus, seiner Nachkommen, oder seiner Gruppe? 

Je nach Umweltbedingungen sind zum Beispiel bestimmte Ernährungsweisen oder Fortbewegungsarten vorteilhafter als andere. Viele Lebewesen können ihr Verhalten zwar schnell ändern, oder neue Verhaltensweisen lernen, und können sich so zu gewissem Grad an veränderte Umweltbedingungen anpassen. Lebewesen können jedoch im Laufe ihres Lebens nicht ihren Körperbau, andere morphologische und physiologische Merkmale, oder ihre Gene verändern. Die Veränderung dieser Merkmale geschieht nur auf der Ebene einer Population - diejenigen, deren Merkmale bewirken, dass sie besser überleben und sich fortpflanzen können als andere, werden mehr Nachkommen haben, und das Merkmal wird so vermehrt in der Population auftreten.

Anwendung von Populationsdenken auf kulturelle Veränderung und individuelles Lernen

Mithilfe von Analogie-Tabellen können wir die Prozesse der evolutionären Veränderung von Populationen auf verschiedene Bereiche übertragen:

Literaturangaben

Hayes, S. C., Sanford, B. T., & Chin, F. T. (2017). Carrying the baton: Evolution science and a contextual behavioral analysis of language and cognition. Journal of Contextual Behavioral Science, 6(3), 314–328. https://doi.org/10.1016/j.jcbs.2017.01.002

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Rosenbaum, D. A. (2014). It’s a Jungle in There: How Competition and Cooperation in the Brain Shape the Mind. Oxford University Press.

Shtulman, A. (2006). Qualitative differences between naïve and scientific theories of evolution. Cognitive Psychology, 52(2), 170–194. https://doi.org/10.1016/j.cogpsych.2005.10.001

Wilson, D. S., Hayes, S. C., Biglan, A., & Embry, D. D. (2014). Evolving the Future: Toward a Science of Intentional Change.  Behavioral and Brain Sciences, 37(4), 395–460. https://doi.org/10.1017/S0140525X13001593