Als zweckmäßige Vorbereitung ist es angebracht, uns von einigen Unzulänglichkeiten frei zu machen, die nicht zur Aufklärung der Grundprobleme der Historiologie beitragen. Solche Unzulänglichkeiten sind zahlreich, aber die Betrachtung einiger von ihnen wird bei der Beseitigung einer Art und Weise, die Themen zu behandeln, helfen, die zur konkreten geschichtlichen Verdunkelung führt, wobei nicht das Fehlen von Angaben, sondern die besondere Beeinflussung seitens des Geschichtsschreibers bei der Behandlung der Angaben ausschlaggebend ist.
Wenn bereits beim Vater der Geschichtsschreibung das Interesse deutlich wird, die Unterschiede zwischen seinem Volk und den Barbaren hervorzuheben (Notiz: Herdodot (484-420 v. Chr.), Historiae (Historien)), verwandelt sich bei Titus Livius die Erzählung in eine Darstellung des Gegensatzes zwischen den Vorzügen der alten Republik und der Reichsepoche, in der der gerade lebt.3 Diese absichtliche Art, Tatsachen und Sitten darzustellen, ist den westlichen und östlichen Geschichtsschreibern nicht fremd, welche seit dem Ursprung der schriftlichen Erzählung selbst aus ihrer epochegebundenen Landschaft eine besondere Geschichte zusammenstellen.
in: "Historiologische Diskussionen", Silo
Kapitel I. Das Vergangene von der Gegenwart aus gesehen 1. Die Entstellung der mittelbaren Geschichte
Geschichtsschreiber, Geograph, Völkerkundler
ca. 484 v. Chr. Herodot wurde in der griechischen Stadt Halikarnassos (heute Bodrum, Türkei) geboren, einer Polis im Perserreich. Seine Kindheit fiel in eine Zeit politischer Spannungen, die seine späteren Arbeiten beeinflussten.
ca. 460 v. Chr. Flucht nach Samos. Aufgrund politischer Konflikte mit dem Tyrannen Lygdamis von Halikarnassos verließ Herodot seine Heimatstadt. Er lebte zeitweise auf der Insel Samos, wo er möglicherweise Einfluss von der ionischen Kultur erhielt.
ca. 450–30 Herodot bereiste ausgedehnt die damals bekannte Welt. Er besuchte Ägypten, Babylon, Persien, Thrakien und Skythien. Diese Reisen bildeten die Grundlage für seine "Historien", die nicht nur Kriege, sondern auch Völker, Bräuche und Geographie behandelten.
ca. 447–43 v. Chr. Herodot hielt sich längere Zeit in Athen auf und knüpfte Kontakte zu einflussreichen Persönlichkeiten wie Perikles und Sophokles. Die demokratische Atmosphäre Athens prägte vermutlich seine Ansichten über politische Systeme.
443 v. Chr. Herodot wurde einer der ersten Siedler in der neu gegründeten Kolonie Thurioi (im heutigen Süditalien), einem Projekt Athens. Hier arbeitete er möglicherweise an der Endfassung seiner Historien.
ca. 430 v. Chr. In den späten Jahren seines Lebens schrieb Herodot sein Hauptwerk, die "Historien", das den Kampf zwischen Griechen und Persern thematisiert und als eines der ersten umfassenden Geschichtswerke gilt.
ca. 425 v. Chr. Herodot starb vermutlich in Thurioi. Sein exakter Todeszeitpunkt und -ort sind nicht sicher überliefert.
Wir haben nur sehr wenige Informationen über sein Leben. Er beteiligte sich am Sturz eines Tyrannen in seiner Heimatstadt um 455 v. Chr., woraufhin er eine Zeit im Exil auf der Insel Samos verbringen musste.
Anschließend begab sich Herodot auf zahlreiche Forschungsfahrten. Er bereiste nicht nur den gesamten griechischen Mittelmeerraum, sondern auch das Schwarze Meer, das Land der Skythen (heute Ukraine), Ägypten und den Vorderen Orient bis Babylon, um Material für Vorträge und deren spätere Veröffentlichung in Buchform zu sammeln.
Themen
Perserkriege: Ein zentrales Thema in Herodots "Historien" sind die Perserkriege, die für den weiteren Verlauf der griechischen Antike von entscheidender Bedeutung waren. Er beschreibt die Konflikte zwischen den griechischen Stadtstaaten und dem Persischen Reich detailliert.
Kultur und Sitten verschiedener Völker: Herodot widmete sich intensiv der Beschreibung der Kulturen, Sitten und Gebräuche der verschiedenen Völker, die er auf seinen Reisen kennenlernte. Dazu gehören ausführliche Darstellungen über Ägypten, Babylonien, Skythien und viele andere Regionen.
Geographie und Reisen: Herodot gilt als einer der ersten Geographen. Seine "Historien" enthalten zahlreiche geographische Beschreibungen und Berichte über seine Reisen in die damals bekannte Welt.
Menschliche Natur und Macht: Herodot reflektiert über die Natur der Macht, die Wechselfälle des menschlichen Schicksals und die ethischen Dimensionen von Führung und Ehrgeiz. Er untersucht die moralischen und philosophischen Aspekte der Herrschaft und der menschlichen Bestrebungen.
Hauptwerke
"Historien" (auch bekannt als "Das Geschichtswerk des Herodot von Halikarnassos"): Dies ist Herodots bekanntestes und wichtigstes Werk. Es umfasst neun Bücher, die nach den neun Musen benannt sind, und beschreibt die Geschichte Griechenlands und des Vorderen Orients vom Trojanischen Krieg bis zum Zug des Perserkönigs Xerxes.
"Περίοδος γῆς" (Periodos ges): Dies wird als ein geo- und ethnografisches Werk beschrieben, das eine Beschreibung der damals bekannten Welt enthält.
Es ist wichtig zu beachten, dass die "Historien" das einzige vollständig erhaltene Werk von Herodot sind und oft als sein Hauptwerk betrachtet werden. Die "Periodos ges" wird zwar erwähnt, aber es ist nicht klar, ob es sich um ein separates Werk handelt oder ob es Teil der "Historien" ist. Herodots "Historien" gelten als die ältesten vollständig erhaltenen Prosaschriften der griechischen Literatur und als eines der grundlegendsten Zeugnisse der abendländischen Kultur.
Einfluss
Herodot wird oft als "Vater der Geschichtsschreibung" bezeichnet. Sein Werk "Historien" setzte Maßstäbe für die systematische Sammlung und kritische Bewertung von Informationen, die bis heute gültig sind. Cicero erkannte seine Bedeutung und nannte ihn den "Vater der Geschichte".
Herodot führte die systematische Auswertung von schriftlichen Quellen, Zeitzeugenberichten und Inschriften ein. Diese Methoden wurden von späteren Historikern übernommen und weiterentwickelt.
Sein Werk beeinflusste zahlreiche antike Autoren, darunter Prokopios, und blieb bis in die Spätantike und das Mittelalter eine wichtige Quelle für historische und geographische Informationen.
Herodot prägte die Begriffe Monarchie, Oligarchie und Demokratie, die entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der politischen Theorie hatten.
Seine detaillierten Beschreibungen der Sitten und Gebräuche verschiedener Völker trugen wesentlich zum Verständnis der antiken Kulturen bei und beeinflussten die Völkerkunde und Ethnographie.
Herodot, der im Text von Silo mit dem (von Cicero geprägten) Ehrentitel „Vater der Geschichte“ erwähnt wird, erscheint hier als ein erstes Beispiel für die Deformierung der Geschichtsschreibung durch dessen eigene „Landschaft“, soll heißen durch Beurteilung aus der eigenen Zeit und den eigenen Interessen heraus.