Was man sonst noch beachten sollte
Wenn man - so wir wir - schon so oft über Alpen und Pyrenäen gestrampelt ist, dann hat man so einiges im wahrsten Sinne des Wortes "erfahren". Zahlreiche positive Erlebnisse, aber auch Situationen, die man besser vermeiden sollte. Gerne gebe ich meine Erfahrungen weiter. Ein paar Tipps habe ich bereits in den Kapiteln "Packliste" und "Vorbereitung" zusammengestellt. Hier nun noch weitere Eindrücke, die wir auf unseren Touren sammeln konnten.
Welches Bike?
Welches Fahrrad eignet sich am besten für den Alpencross? Abraten würde ich von Klapp- und Hollandrad, außer man hat eine Wette verloren. Ansonsten hängt es halt davon ab, welche Strecken man wählt. Führt der Weg hauptsächlich über Asphalt- oder gut fahrbare Forststraßen, dann wird ein Renn- oder Gravelbike das richtige sein.
Für uns macht einen "wahren Alpencross" aus, dass es im wahrsten Sinne "über Stock und Stein" geht. Ein Mountainbike muss es dann schon sein. Schließlich sind die Alpen ja "Mountains".
Fully oder Hardtail?
Beides hat seine Vor- und Nachteile. Ich selbst bin sowohl mit Hard- als auch mit Fully gefahren. Das leichtere Hardtail zeigt seine Vorteile auf wegsamem Terrain, etwa auf gut fahrbaren Wald- oder Forstwegen. Auch auf Passagen, auf denen das Bike getragen werden muss, weil es zu steil oder zu verblockt zum Fahren ist, ist das Hardteil einfacher zu handeln. Ein Fully bietet unbestritten mehr Komfort und mehr Sicherheit, insbesondere auf schwierigen Trails und Abfahrten, ist aber schwerer.
Ich selbst nutze aktuell ein sog. Allmountainbike, also einen vollgefederten Alleskönner mit einem Federweg von 120mm und absenkbarer Sattelstütze. Es ist zwar schwerer als ein Hardtail, aber leichter als Downhiller oder Endurobikes. Damit bewältigt man sowohl annspruchsvolle Trails als auch längere Strecken. Für mich das ideale Alpencross-Bike.
Mit oder ohne E?
Der echte Alpencross muss natürlich mit eigener Muskelkraft bewältigt werden. Getreu dem Motto "Nichts für Warmeier und Weichduscher" kommt für uns ein E-Mountainbike (noch) nicht in Frage. Es kann allerdings durchaus eine Option für Fahrer/innen sein, die den Strapazen des Alpencrosses nicht oder nicht mehr gewachsen sind, aber dennoch die überwältigende Bergwelt und die Abgeschiedenheit erleben wollen. Oder die einfach Spaß am E-Biken haben (soll es ja geben). Aber aufgepasst: Plane entsprechend der Leistungsfähigkeit deines Akkus; ein längerer Bergauftrail ist ein echter Stromfresser. Und nicht alle Hütten ermöglichen das Aufladen der Akkus. Auch verblockte Wege und Tragestrecken eignen sich für die schweren E-Mtbs oft nicht.
Sei es wie es sei, nimm das Rad, mit dem du am besten zurecht kommst!
Impfungen
Dass ein engagierter Radsporttreibender sowieso über eine Tetanusimpfung verfügen sollte, dürfte sich herum gesprochen haben. Das gilt natürlich erst recht beim Alpencross, auf dem sturzbedingte Verletzungen nicht ganz unwahrscheinlich sind. Unbedingt zu empfehlen ist außerdem eine Zeckenimpfung (FSME). Die Alpen gehören ja bekanntlich zu den Hochrisikogebieten für FSME-Infektionen. Häufig genug führt der Trail durch Gras und Büsche, wo die hinterhältigen Viecher gerne lauern. Impfgegner bleiben besser zu Hause.
Gelassenheit und Flexibilität
Trotz aller Freude, ein Alpencross ist Stress. Höchste körperliche und psychische Anstrengung, der Zwang, ein abendliches Ziel erreichen zu müssen, die einfacheren Hüttenunterkünfte, der Druck, sich täglich aufs Neue zu motivieren, die enge Verbindung mit der Gruppe und die nachlassenden Kräfte, das alles beansprucht das Nervenkostüm. Und dann kommt noch eine Panne, ein nicht enden wollender Anstieg, mieses Wetter oder eine falsche Abbiegung hinzu.
Es gibt praktisch keine Tour, auf der alles glatt läuft. Aber merke: Jedes Problem hat eine gute Lösung, man muss sie nur finden. Meistens sind es Zwischenfälle, die schnell aufgelöst werden können. Manchmal wird es allerdings schwieriger: eine Panne am Rad, die nicht gleich repariert werden kann, ein Sturz, wodurch ein Mitfahrer verletzt wird, ein gesperrter Weg, der einen Umweg erforderlich macht, das Wetter, das eine Weiterfahrt unmöglich macht. Dann muss man in der Lage sein, flexibel und rational zu reagieren. Aber wie? Hier ein paar Tipps:
Grundprinzip: Die Tour von vornherein gelassen angehen. Wir sind nicht auf der Flucht und veranstalten kein Rennen.
Wenn einmal ein unvorhergesehen Ereignis eintritt, stets die Ruhe bewahren und rational handeln. Panik und Hektik helfen nie weiter.
Eine gute Planung vermittelt von vornherein ein sicheres Grundgefühl.
Zeitpuffer für Unvorhergesehenes einplanen.
Handy vorher aufladen und den Akku während der Fahrt nicht völlig aufbrauchen. Das Handy muss natürlich auch das Netz der Tourregion empfangen können und ein Prepaid-Telefonen muss mit genügend Guthaben aufgeladen sein.
Pannenset, Erste-Hilfe-Set, Notfalldecke und Ersatzteile mitnehmen (siehe oben).
Notrufnummern und Kontakte zu den Unterkünften im Handy speichern.
Bereitschaft zeigen, kurzfristig umzuplanen, z.B. einen Umweg zu fahren oder mal den Bus/Zug zu nehmen. Selbst einen Abbruch der Tour sollte man nicht gleich ausschließen.
Mit einer funktionierenden Truppe fahren. Man muss sich aufeinander verlassen können. Daher sollte man nur mit Freunden losradeln, die man kennt und einschätzen kann.
Für uns war immer wichtig, dass man zusammen bleibt. Sich zu trennen, ist in der Regel keine gute Lösung. Was natürlich nicht heißt, dass niemand aus der Tour aussteigen darf. Dann aber bitte dort, wo er einen Zug, Bus o.ä. nehmen kann.
Stand: 16.11.2024