Die Tourplanung
Eine gute Vorbereitung - körperlich, mental, technisch - ist der halbe Alpencross. Ein guter Plan, ein fitter Körper und ein positiver Geist, vorbestellte Unterkünfte und ein perfekt abgestimmtes Einsatzfahrzeug machen die Sache leichter und lassen den Radler gelassener durch die Trails jagen.
Planung
Bewegt man sich führerlos durch die Alpen, können präzise ausgearbeitete Strecken von Vorteil sein. So lassen sich mit Hilfe einer guten Planungsapp nicht nur die Streckenführung, sondern auch die Bodenbeschaffenheit, die Art des Wegs, die Länge und die Höhenmeter im voraus planen. Auch wenn man erst vor Ort die tatsächlichen Verhältnisse erkennt, kann der Weg aber bereits ganz gut eingeschätzt werden; so lässt sich die Strecke halbwegs gut an das eigene Leistungsvermögen angepassen.
Achtung: Die einzelnen Tourabschnitte immer so planen, dass ein Zeitpuffer vorhanden ist; gar nicht mal selten treten ungeplante Verzögerungen auf, etwa wegen Pannen, Wegsperren oder schlechten Wetters.
Unsere ersten Überlegungen fangen bei uns meist schon am Ende des Sommers im Vorjahres an, getreu dem Motto "Nach dem Alpencross ist vor dem Alpencross". Abwechselnd übernimmt einer von uns die Planungshoheit und macht den ersten Aufschlag, wo es hingeht. So haben wir in jedem Jahr eine andere Strecke. Der Hauptverantwortliche arbeitet den ersten Entwurf der Strecke einschließlich Unterkunftsvorschlägen aus, den die anderen begutachten und ggf. Vorschläge oder Wünsche für Änderungen machen. Meist steht die Strecke dann bereits im Herbst des Vorjahres.
Für die Streckenplanung nutzen wir die Tools von Komoot. Man muss sich ein wenig darin einarbeiten, aber dann ist diese Software mit all seinen wichtigen Informationen wirklich sehr hilfreich. Und die gespeicherten Strecken lassen sich unproblematisch teilen sowie auf GPS-Geräte, z.B. von Garmin, übertragen. Weiterer Pluspunkt: Unterwegs kann man die Strecke auch auf dem Smartphone checken und bei Bedarf eine Ausweichstrecke, ein Restaurant oder einen Supermarkt finden. Auch die Internetseite bike-gps.com von Uli Stanciu hat uns immer sehr geholfen, da der weniger erfahrene Mountainbiker über erprobte Strecken geführt wird und dazu viele Hinweise und Vorschläge zur Übernachtung erhält. Man kann die gespeicherte Strecke für kleines Geld erwerben und auf das Navi laden.
Die geplanten Strecken werden schließlich auf unsere GPS-Geräte geladen und bieten so eine sichere Navigation über die Trails und Wege der Berge. Inzwischen sind wir so sicher im Umgang mit diesen kleinen Helferlein, dass wir auf Papierkarten verzichten, zumal man mit den Smartphones immer noch ein Sicherungsnetz zur Verfügung hat.
Der wichtigste und oft schwierigste Punkt ist der Tour-Zeitraum. Da bis Juni in höheren Regionen noch mit Schnee zu rechnen ist, sollte man nicht vor Ende Juni starten. Ab Mitte September ist es ebenfalls nicht mehr unbedingt schneefrei, zumal dann das Sonnenlicht schon früh verschwindet, in den Alpen sogar noch früher als in unseren Breitengraden. Es bleiben also lediglich rund 2 bis 2,5 Monate, in denen die Tour stattfinden sollte. Ein Zeitraum, der ja oft auch für den Familienurlaub genutzt wird. Dementsprechend nachgefragt sind oft auch die gewünschten Unterkünfte. Das heißt: rechtzeitige Absprache mit der Familie und frühzeitige Buchung der Unterkünfte.
Training
Wie bereitet man sich am besten auf die Strapazen eines Alpencross vor? Ein Kaltstart ohne vorheriges Training wäre sicher nicht die beste Idee. Idealerweise verfügt man bereits über eine solide Grundkonstitution, etwa durch regelmäßige längere Wochenendausfahrten. Ohnehin sollte jeder halbwegs sportliche Mensch aus Umweltgründen alle alltäglichen Wege (Einkaufen, Shoppen, Stadion, Muckibude etc.) mit dem Rad machen und weitestgehend auf das Auto verzichten. Eine positive Grundeinstellung zum Fahrrad liefert bereits eine gute Basis für einen Alpencross.
Die aus meiner Sicht wichtigsten Eigenschaften, um die Alpen zu bezwingen, sind Willenskraft und Durchhaltevermögen. Menschen, die schon bei kleineren Widrigkeiten ("Ach je, das Wetter ist heute nicht so gut...") abwinken, werden den Alpencross nicht schaffen. Ist man erstmal mitten in Alpen, gibt es kein Zurück mehr. Also erstens: Teste und verbessere deine mentale Stärke, z. B. durch einen langfristigen Trainingsplan, den du auch idealerweise halbwegs durchhältst.
Zweitens: Baue Kondition und Kraft auf, aber alles mit Maß. Man findet im Internet eine Vielzahl von Hinweisen und Plänen zur Vorbereitung auf den AX. Diese sind sicherlich sehr hilfreich und zielgerecht. Ich muss aber zugeben, dass es nicht einfach ist, die von den Plänen verlangten Vorgaben neben Job, Familie und anderen Terminlichkeiten einzuhalten. Deshalb sollte man einen dieser Trainingspläne nehmen und an seine persönlichen Verhältnisse anpassen. Wichtig dabei sind regelmäßige Einheiten, die aufeinander aufbauen. Langsam steigern, bloß nicht übertreiben. Wer zu viel macht, verliert die Lust. Immer wieder ein, zwei Tage aussetzen. Was mir immer geholfen hat, ist die 20 km-Fahrt zum Job, sprich die Verknüpfung des Notwendigen (Dienstweg) mit dem Notwendigen (Training). Je näher der Alpencross rückt, kann man etwa die Rückfahrt mit einem mehr oder weniger langen Schlenker verbinden, der den Trainigseffekt verstärkt. Und an den Wochenenden und im Urlaub kommen regelmäßig längere Touren dazu. Mein Problem: Da wo ich wohne, gibt es keine Berge, allenfalls Anstiege von 50 bis maximal 75 Höhenmetern. Also fahre ich pro Trainingseinheit über verschiedene Auffahrten immer wieder denselben Hügel rauf und wieder runter, bis ich etwa 750 bis 900 Höhenmeter zusammenhabe. Auch das trainiert. Ergänzend, insb. bei schlechtem Wetter und im Winter, setze ich mich im Keller auf das Rollenbike. Inzwischen habe ich mir sogar einen Smarttrainer zugelegt, der das eintönige Trampeln etwas abwechslungsreicher gestaltet. Wenn man sich dabei ein Fußballspiel, einen Film oder Videos anschaut, ist das Training ganz gut zu ertragen, macht richtig Spaß, insbesondere wenn man sich dabei so richtig auspowert und ordentlich schwitzt. Der Smarttrainer liefert zudem die Werte für VOmax, FTP, Puls und vieles mehr, womit man gezielt sein Training gestalten und die Entwicklung verfolgen kann.
Mein Tipp: Fang nicht erst sechs Wochen vor der Tour mit dem Training an. Auch im Winter oder spätestens im Frühjahr sollte man regelmäßig radeln. Eine Rolle hilft, zumal dieses Training keinen großen Zeitaufwand in Anspruch nimmt. Zwei bis drei Trainingseinheiten von 1,5 bis 2 Stunden in der Woche bringt das schon einiges zum Erhalt der Grundkondition. Ab April gehts es dann an die frische Luft. Soweit möglich, tritt man mindestens zweimal in der Woche (ggf. kombiniert mit der Fahrt zur Arbeit) für zwei bis drei Stunden in die Pedale. Am Wochenende folgt dann eine drei- bis vierstündige Ausfahrt, möglichst mit dem einen oder anderen heftigen Anstieg. Rückt der Termin näher, wird das Training nach Lust und Laune verschärft.
Und drittens: Fahrtechnik immer weiter verbessern. Einen Trail in den Alpen zu fahren, ist etwas anderes als die Runde um den See. Deshalb sollte man in das Training unbedingt auch anspruchsvolle Passagen in Wald und Feld einbauen. Das Beherrschen des Bikes ist Grundvoraussetzung eines Mtb-Alpencrosses. Wer sich noch besser präparieren will, belegt einen Technikkurs bei einer Mountainbikeschule. Angebote gibt es genügend.
Zum Trost für andere Hobbybiker: Wir sind auch keine Olympioniken, aber immer gut über die Berge gekommen. Wer fragt später schon danach, wie oft man Pause gemacht hat, wo man gefahren ist oder geschoben hat und wie lange man unterwegs war? Ankommen ist das Ziel.
Unterkünfte
Wir lieben Hüttenübernachtungen. Die Abgeschiedenheit in der überwältigenden Bergwelt, die oft minimalistische Ausstattung, das Bettenlager und das verhältnismäßig einfache Essen, das aber gerade wegen der gesamten Begleitumstände hervorragend mundet, bilden einen nicht unerheblichen Wohlfühlfaktor auf einem solchen Abenteuer. Man kommt schnell und unkompliziert mit anderen Alpinisten ins Gespräch, fast wie in einer kölschen Veedelskneipe. Unsere Tagesetappen werden bewusst unter Berücksichtigung von Hütten geplant. Sie gehören einfach zum Gesamtpaket unseres Alpencrosses.
Sind wir mal nicht in einer Hütte, suchen wir uns möglichst einfache Gasthöfe. An den Orten der An- und Abreise versuchen wir in Hostels zu übernachten. Ist ein Tick von uns. Alles unter dem Motto "Raus aus dem Alltag!" - es geht auch mal ohne die gewohnte Bequemlichkeit. Nebenbei gesagt, Hütten sind trotz ihrer Schlichtheit nicht billig, was aber auch klar ist, weil ja alles, was der Gast wünscht, mühseelig - teils mit Lastenaufzügen - hochgebracht werden muss.
Es gibt Alpencrosser, die sich nach einem anstrengenden Biketag ein wenig Luxus mit Wellness, Pool und Sauna wünschen. Sei ihnen gegönnt, geht aber meist nur in den größeren Wintersportorten und hat seinen Preis. Man übernachtet dann eben nicht in der Einöde, wo sich Bergziege und Murmeltier "Gute Nacht" sagen.
Wie dem auch sei, ich empfehle eine vorherige Reservierung. Das hat Vor- und Nachteile. Einerseits nimmt man sich ein wenig die Flexibilität, dort zu bleiben, wo es schön ist. Es ist aber auch von Vorteil, sich selbst zu disziplinieren, damit der Gesamtplan nicht aus den Fugen gerät. Außerdem fährt man stets mit dem guten Gefühl, am Abend eine Unterkunft sicher zu haben. Uns ist es in der Tat einmal passiert, dass wir von einer vollen Hütte abgewiesen wurden. Insbesondere in Italien und Frankreich sind die Refugien im Sommer oft stark frequentiert. Wichtig: Bei der Planung ein Zeitpolster für eventuelle Pannen und unvorhergesehene zeitfressende Passagen berücksichtigen!
An- und Abfahrt
Wir sind passionierte Bahnfahrer, nicht zuletzt aus Umweltgründen. Da wir aus der Rhein-Ruhr-Region kommen, wäre die Fahrt mit einem PKW eine längere und unkomfortable Prozedur, zumal auch die Fahrräder transportiert werden müssen. Allen Unkenrufen zum Trotz hat uns die Bahn bisher immer gut und meist auch halbwegs pünktlich ans Ziel und zurück gebracht.
Die Bahnfahrt bedarf einer frühzeitigen Buchung. Dabei geht es insbesondere um die Stellplätze für die Räder, die in der Sommerzeit schnell ausgebucht sind. Ohne Stellplätze im Zug kann man zwar auch reisen, dann müssen die Räder im Zug zerlegt und in Transporttaschen gepackt werden. Das ist möglich, aber ehrlich gesagt nur eine Notlösung, da die Taschen auf der Tour im Rucksack mitgeschleppt werden müssen; zwei Kilos auf dem Puckel, die man sich bei rechtzeitiger Reservierung sparen kann.
Deshalb sitzen wir bereits sechs Monate vor der jeweiligen Fahrt um Punkt Mitternacht vor der DB-App und reservieren. Hat stets gut funktioniert. Ausnahme: Stellplätze in Fernzügen, die ausschließlich im Ausland verkehren, können nur im Ausland bzw. bei der nationalen Bahngesellschaft reserviert werden. Etwa bei der Schweizer Bahn, wo der Velostellplatz erst 90 Tage vor der Fahrt reserviert werden kann. Die frühzeitige Buchung hat den weiteren Vorteil, dass man sehr günstig an Tickets kommt. Tipp: Für jeden Mitfahrer einzeln buchen, weil Fahrkarten zum Sparpreis noch vor der Fahrt zurückgegeben werden können. Hat man alle auf einem Ticket, können einzelne Mitfahrer nicht mehr gecancelt werden, wenn einer ausfällt.
Endet der Alpencross am Gardasee, befindet sich die nächste Bahnstation in Rovereto, etwa 23 km von Riva bzw. 20 km von Torbole entfernt. Von hier aus kann man einen EC nach München bekommen. Man braucht aber zwingend die Fahrradreservierung, sonst lassen die einen hier stehen, was uns einmal passiert ist. Nach dieser unangenehmen Erfahrung machen wir es jetzt anders: Wir fahren mit dem italienischen Regionalzug zum Brenner hoch und von dort mit den Rädern im rasenden Tempo runter nach Innsbruck, wo wir noch einen schönen Abend verbringen und in einem sehr netten Hostel übernachten. Das hat zum Ende der Tour dann noch einen zusätzlichen Erlebniswert.
Überhaupt ist es immer besser, im Ausland für kürzere Strecken Regionalzüge zu verwenden, weil die nach unseren Erfahrungen immer Fahrräder ohne Reservierung transportieren. Allerdings nicht kostenlos, man braucht schon noch ein Fahrradticket. Fernzüge, die im Ausland starten, aber direkt nach Deutschland fahren, kann man einschließlich Fahrradstellplatz inzwischen bei der DB buchen.
Eine komfortable, allerdings teure und weniger umweltfreundliche Option ist es, einen Busshuttle über die Alpen zurück nach Deutschland (Oberstdorf, München etc.) zu buchen und dann von Süddeutschland aus den Zug nach Hause zu nehmen. Mit mindestens 100 Euro pro Person muss man schon rechnen.
Bikevorbereitung
Ein ambitionierter Biker hält sein Bike natürlich immer in einem einsatzfähigen Zustand, erst recht vor einer derartigen Mammuttour. Hier geht es darum, dass Rad kurz vor der Tour noch einmal auf mögliche Probleme hin zu überprüfen, Mängel, die zu Hause schnell behoben sind, aber in den Alpen das Aus bedeuten können:
Sind die Bremsen in Ordnung? Ich selbst montiere kurz vor der Tour neue Bremsbeläge, allerdings so frühzeitig, dass ich sie noch etwas einfahren kann. Zwei weitere Paare befinden sich im Gepäck.
Sind alle Schrauben und Federlager angezogen? Aber die richtigen Drehmomente beachten (findet man in der Regel auf der Internetseite des Herstellers).
Hat der Vorbau Spiel? Wenn ja, muss die Schraube am Deckel des Vorbaus fester angezogen werden, nachdem man zuvor die seitlichen Befestigungsschrauben des Vorbaus gelöst hat. Aber nicht zu fest anziehen, um das Lenken nicht einzuschränken.
Tipp: Der Vorbau sitzt zu locker, wenn sich die Spacer bewegen lassen.
Sind die Reifen in Ordnung? Profil noch ausreichend? Keine Risse oder andere Beschädigungen an Lufflächen und Flanken?
Stimmt der Reifendruck? Ich selbst neige zu etwas höherem Druck als andere und pumpe die Reifen auf 2,5 bar auf, da wir auch stets einige Straßen im Programm haben. Ein bisscherl Druck ablassen kann man immer noch. Es gibt aber auch Empfehlungen von Experten für einen Reifendruck unter 2 bar.
Sind die Speichen fest?
Haben Gabel- und Dämpfer den richtigen Druck?
Schaltet die Schaltung einwandfrei? Achte insbesondere auf die kleinsten Gänge, die braucht man in den Alpen besonders oft.
Sind Zahnkranz, Kette (Prüfung mittels Kettenverschleißlehre) und Schaltauge (fest montiert, nicht verbogen) in einwandfreiem Zustand?
Ist der Sattel richtig eingestellt?
Schließlich noch Kette, Schaltwerk und Kassette reinigen und einfetten bzw. frisch wachsen. Dann kanns losgehen.
Tipp: Diesen Check so rechtzeitig machen, dass eventuelle Ausbesserungen immer noch möglich sind, also nicht einen Abend vor Abfahrt mit dem Check anfangen. Mir ist das tatsächlich einmal passiert, so dass ich kurzfristig das Bike wechseln musste.
Stand: 01.08.2024