Alpencross 2012 Lenggries - Trient
Die Wilder-Heinrich-Route
30.06. - 06.07.2012
407 km - 11.510 Höhenmeter
Der Alpencross 2012 startet wie in den Vorjahren in Bayern und führt über Österreich nach Südtirol und schließlich ins Trentino. Erstmals haben wir uns für diese Tour gemeinsame Trikots bestellt, weiß mit roten Punkten. Ähnlichkeiten mit TdF-Leibchen sind gewollt und kommen nicht von ungefähr. Es wird eine Tour der hohen Berge mit maximalem Hüttenfeeling. Mit Geiseljoch, Tuxer Joch, Schlüsseljoch und Raschötz stehen vier Übergänge von mehr als 2.000 Meter auf dem Programm. Dazu kommen sechs weitere heftige Anstiege. Zielort ist Trient, wo wir direkt in den italienischen Regionalzug steigen wollen, der uns zurück auf den Brenner bringt, um von dort aus nach Innsbruck zu fahren. Dabei sind Norbert, Tom, Winz und ich.
Samstag, 30.06.2012
Die Anreise
Mit dem IC 119 fahren wir am Samstag Morgen los. Zunächst Richtung Stuttgart, dort Umstieg in einen weiteren IC nach München. Abschließend Weiterreise mit einem Regionalzug nach Lenggries. Um kurz nach 18.00 Uhr haben wir es nach 10 Stunden Bahnfahrt geschafft. Unser freundliche Mittelklasse-Alpengasthof ist gemütlich und einladend, so dass wir gleich dort unser bajuwarisches Abendmahl einnehmen, um anschließend noch eine kleine Beine-Vertret-Runde durch diesen idyllischen, ursprünglichen Ort zu drehen.
Unterkunft: Hotel Alpengasthof Lenggrieser Hof, Lenggries
Sonntag, 01.07.2012
Erster Tourtag: Von Bayern nach Tirol
Und los gehts! Voller Tatendrang und Vorfreude starten wir bei wunderschönem Wetter und nahezu wolkenlosem Himmel. Hinter Lenggries bis zum Sylvensteinstausee ermöglicht ein schöner Radweg an der Isar entspanntes Warmradeln, auch wenn er schon leicht bergauf verläuft. Nicht lange, dann stehen wir plötzlich vor einer Sperre. Der Tunnel, der zum Stausee führt, wird saniert und darf nicht passiert werden. Eine Sperre ist nicht unbedingt das, was wir ungeprüft akzeptieren, daher heben wir die Räder drüber und fahren erst einmal weiter, müssen dann aber doch auf die parallel verlaufende Straße ausweichen.
Hinter dem Stausee fahren wir auf Schotterwaldwegen weiter und erreichen bald die österreichische Grenze. Jetzt wartet die erste Herausforderung auf uns, auf Feldwegen kämpfen wir uns hoch auf den Schleimssattel (1.555 M.ü.M). Den Sattel erreichen wir am Mittag, die erste Verschnaufpause ist fällig. Auf der anderen Seite erwartet uns zunächst eine Abfahrt auf holprigen Wanderpfaden, später aber eine Straße, die nach Pertisau am Achensee führt. Wir genießen die Fahrt am Ufer dieses schönen Sees und anschließend die steile Abfahrt hinunter ins Inntal. Dem Inn folgen wir 18 Kilometer. Hinter Schwaz biegen wir links nach Süden ab. Hier startet nun der letzte Anstieg, der uns zu unserem heutigen Ziel, der Weidener Hütte, bringt. 15 Kilometer, erst noch auf Straßenbelag, dann gut fahrbarer Schotter bei einer durchschnittlichen Steigung von 6%.
Es ist schon nach 20.00 Uhr, als wir an der Weidener Hütte eintreffen. Der Wirt murrt ein wenig, weil seine Hüttenvesperzeit schon vorbei ist. Er kann uns nur noch Spaghettis anbieten, die wir aber gerne akzeptieren.
Lenggries - Weidener Hütte
Entfernung: 87,1 km
Höhenmeter: 2.270 m
Unterkunft: Weidener Hütte, Weerberg
Montag, 02.07.2012
Zweiter Tourtag: Von Tirol über den Brenner nach Südtirol
Heute ist Joch-Tag. Drei davon stehen auf dem Plan. Erst das Geiseljoch, dann das Tuxerjoch und schließlich das Schlüsseljoch. Ein mächtiges Programm mit drei ordentlichen Anstiegen. Dazu der Brenner, der allerdings keine große Herausforderung bietet.
Wir starten um 08.30. Schon gleich am Anfang werden die kleinsten Gänge bemüht. Die schottrige Straße geht schon bald über in einen schmalen, steinigen Wanderweg mit 14, 15% Steigung. Also absteigen und schieben. Wir sind hier über 2.000 Meter hoch und es bietet sich ein phänominales Bild. Unten im Inntal sammeln sich die Wolken, hier oben scheint die Sonne. Einfach herrlich. Um 10.00 sind wir oben am Geiseljoch. Auf der anderen Seite führt ein schmaler, aber gut befahrbarer Wanderweg hinab ins Tal, so dass wir bald den Wintersportort Tux erreichen. Von der Landstraße haben wir nicht viel, schon nach 5 Kilometern, kurz vor Hintertux müssen wir rechts abbiegen und über Feld-, Wald- und Wiesenwegen das Tuxerjoch ansteuern, das auf einer Höhe von 2.338 Metern liegt. Die letzten Meter sind wieder so steil, dass wir Räder schieben müssen. Puuuh, das war anstrengend. Freundlicherweise hat man hier oben das Tuxerhaus gebaut, das eine nette Gastronomie bietet. Ein Kaiserschmarrn mit alkoholfreiem Weißbier bringt Kräfte zurück.
Hinter dem Joch erwartet uns ein ebenso anstrengender Abstieg über einen extrem steilen, völlig verblockten, steinigen und verwurzelten Weg, wo wir die Räder tragen müssen. Glücklicherweise nur rund 600 Meter, dann kommen wir auf eine Straße, die uns zum Brenner führt. Noch 200 Höhenmeter, dann haben wir auch diesen erklommen.
Es ist bereits 18.30 Uhr und wir haben noch ein wenig Strecke vor uns, müssen uns deshalb sputen. Es folgt eine kleine Abfahrt, dann beginnt die Auffahrt Richtung Schlüsseljoch. Unsere Unterkunft, die Enzianhütte liegt kurz vor dem Schlüsseljoch und ist über eine kleine Straße gut zu erreichen.
Es ist bereits sehr dämmerig, als wir um 20.00 Uhr ankommen und von der sehr freundlichen Wirtin sehnsüchtig erwartet werden.
Weidener Hütte - Enzianhütte
Entfernung: 69,2 km
Höhenmeter: 2.420 m
Unterkunft: Enzianhütte, Brenner
Dienstag, 03.07.2012
Dritter Tourtag: Durch das Eisacktal
Der Tag beginnt mit den letzten 300 Höhenmetern bis zum Schlüsseljoch. Ein schöner Schottertrail, der unseren Bikes aber keine allzu große Aufgabe stellt. Um 9.30 Uhr sind wir oben. Ebenso schön geht es auf der anderen Seite wieder hinunter.
Es folgen gut fahrbare Forststraßen, die uns hinab bis ins Tal der Eisack führen, das wir bei Sterzing erreichen. Ganze 35 Kilometer befahren wir den wunderschönen, aber völlig anspruchslosen Eisackradweg. In Brixen legen wir eine Mittagspause einschließlich Stadtbesichtigung ein. Brixen, ein mittelalterlich geprägter Bischofssitz, ist ein der schönsten und ältesten Städte Südtirols.
Hinter Brixen müssen wir noch einmal ordentlich in die Pedalen treten. 1.300 Höhenmeter am Stück, Steigungen zwischen 7 und 15% auf Schotter- und Waldwegen. Am Ende noch einmal kurz eine Straße, um 19.30 Uhr sind wir am Ziel.
Kurz vor dem Halslpass liegt unser Tagesziel, die Halslhütte. Nudeln zum Abendessen und als Nachtisch Kaiserschmarrn.
Enzianhütte - Halslhütte
Entfernung: 74,3 km
Höhenmeter: 1.810 m
Unterkunft: Halslhütte, Villnöss
Mittwoch, 04.07.2012
Vierter Tourtag: Über die Seiser Alm
Nach gutem Frühstück im Halslhaus starten wir um 8.30 Uhr. Wir müssen ein kurzes Stück zurück und biegen ab nach St. Magdalena. Soweit abwärts auf Straße. Dann müssen wir 850 Meter aufwärts zum Raschötz. Dankenswerterweise haben die Tourismusverantwortlichen hier einen sehr schönen Waldweg angelegt. Der ist fahrbar, aber auch sehr steil, so dass ab und an wieder einmal Schieben angesagt ist.
Kurz vor der Höhe gelangen wir zur Brogleshütte mit Außengastronomie. Wir besetzen den letzten freien Tisch und bestellen uns etwas Deftiges. Graupensuppe mit Würstchen, das tut richtig gut. Gut gestärkt rauschen wir hinab nach St. Ulrich.
Sankt Ulrich und die Seiser Alm gehören wohl zu den schönsten Ecken in Südtirol. Entsprechend viel los ist hier. Wir passieren den Luis-Trenker-Ort und fahren direkt zur Seilbahn, die wir heute einmal ausnahmsweise nehmen. Sie bringt uns 1.000 Meter hoch zur Seiser Alm. Diese Alm ist ein großes, leicht hügeliges Wiesengebiet, umgeben von höchsten Dolomitenberge. Durch diese Landschaft zu radeln, ist einfach nur schön. Auf Nebenstraßen fahren wir hinunter bis Kompatsch.
Wir verlassen die Straße und kommen in ein Waldgebiet. Hier beginnt der sogenannte Rosengarten, ein Gebiet, in dem die Berge in der Abenddämmerung besonders schön leuchten. Der Sage nach soll der Zwergenkönig Laurin hier einen herrlichen Garten voller Rosen angelegt haben.
Um zur Hütte zu gelangen, müssen wir am Schluss noch einmal 400 Höhenmeter überwinden. Der Weg hat 20% Steigung, ist wurzelig, stufig und schmal. An Fahren nicht zu denken. Nicht umsonst hatte uns der Wirt angeraten, die Räder unten im Dorf stehen zu lassen, machen wir aber nicht. Also wird getragen. Ob sinnvoll oder nicht.
Mit letzter Kraft und und kurz vor Einbrechen der Dunkelheit kommen wir zur Hütte. Alle Hütten in den Alpen haben ja ihren Flair, aber diese ganz besonders. Hier gibt es kein warmes Wasser, duschen kann man nur draußen mit kaltem Wasser, die Zimmer haben keinen Strom, der nur für den Gastraum selbst produziert wird. Im Garten baut der alternativ geprägte Hüttenwart Josef sein Gemüse selbst an. Dementsprechend steht auf dem Speiseplan ein Omelette mit dem selbst gezogenen "Wildem Heinrich", einem wilden Spinat. Klar, dass wir dieses Omelette bestellen, jedenfalls drei von uns, der vierte braucht seine Spaghettis.
Auf die Dusche wird heute ausnahmsweise verzichtet.
Halslhütte - Tschafonhütte
Entfernung: 60,5 km
Höhenmeter: 2.650 m
Unterkunft: Tschafonhütte, Tiers am Rosengarten
Donnerstag, 05.07.2012
Fünfter Tourtag: Durch den Rosengarten
Start um 08.30. Den steilen Berg, den wir gestern mühsam hinauf gekrabbelt sind, müssen wir nun herunter, nur dass wir heute den noch abschüssigeren, aber plattierten Versorgungsweg (über 30% Gefälle) nehmen. Zuvor haben wir noch schnell die Bremsbeläge, die bereits stark in Mitleidenschaft gezogen sind, gewechselt.
Kaum im Tal angekommen geht es gleich in eine heftige Auffahrt über. 800 Höhenmeter bis Karrerpass sind zu überwinden. Erst ein schöner Waldweg, später dann ein Feldweg über die wunderschönen Almwiesen. Es ist bereits später Mittag, als wir auf dem Karrerpass ankommen. Hier steht ein großes Hotel mit dem Namen Savoy, das unmittelbar an einen Golfplatz angrenzt. Die Terrasse dieses noblen Hauses übt eine anziehende Wirkung auf uns aus, also machen wir hier Rast und bestellen uns erst einmal ein paar kühle Erfrischungen.
Viel Zeit dürfen wir hier nicht lassen, da wir noch ein strammes Programm vor uns haben. Nach einer kleinen Waldabfahrt kommt der nächste Anstieg zu der kleinen Ortschaft Obereggen. Danach wieder 200 Meter Gefälle und schließlich folgt die letzte Auffahrt für heute, nämlich 800 Straßenhöhenmeter zum 1.989 Meter hohen Jochgrimmpass. Hier findet der Asphaltierte ein Ende und geht über in einen breiten Schotterweg, der durch Wald und Feld verläuft. Bei der Ortschaft Oberradein kommen wir wieder auf eine Landstraße und rollen lässig hinunter in unseren Zielort Truden.
Tschafonhütte - Truden
Entfernung: 61,1 km
Höhenmeter: 1.830 m
Unterkunft: Gasthof Zum Löwen-Post, Truden
Freitag, 06.07.2012
Sechster Tourtag: Lockeres Ausrollen an der Etsch
Der letzte Tourtag fordert unsere Kräfte nicht mehr allzu stark heraus. Das macht aber nichts. Die vorherigen Tagen waren kräftezehrend genug, ein Genießertag am Ende tut gut. Ohne große Anstrengung durch die wunderbare Bergregion zu radeln, ist auch einmal etwas Feines. Zumal sich das Wetter wieder einmal von seiner besten Seite zeigt.
Es ist aber auch nicht so, dass wir heute gar keine anstrengenden Auffahrten hätten. Zu Beginn des Tages müssen wir erst einmal das Trudener Horn besteigen, also fast. 500 anspruchsvolle Meter nach oben, 15%-Steigung, aber auf einem gepflegten Waldweg. Mittags haben wir die Höhe erklommen. Damit liegt das Bergauffahren nun hinter uns. Von hier aus nur noch bergab. Auf einem ebenso gut fahrbaren Forstweg rollen wir hinab.
Bald erreichen wir die Stadt Salurn, das letzte deutschsprachige Kaff. Während wir versonnen der Etsch entgegenjuckeln, macht rechtsseitig ein hilflos wirkendes Paar auf sich aufmerksam. Ebenfalls Mountainbiker, die offensichtlich eine Panne haben. Selbstverständlich halten wir an und begutachten den Schaden. Die Kette des einen Rades hat sich völlig verdreht und lässt sich nicht mehr in Position bringen. Gut, dass wir mit Werkzeug ausgestattet sind. So kommt auch einmal der Kettennieter zum Einsatz. Norbert macht sich gleich ans Werk, öffnet die Kette, bringt sie wieder in die Reihe und schließt sie. Fertig. Die Pechvögel sind überglücklich.
Von Salurn aus radeln wir gemütlich auf dem schön ausgebauten Etschradweg bei leichtem Gefälle die letzten 30 Kilometer bis nach Trient. Kleine Sprintrennen zwischendurch führen zu etwas Abwechslung. Der Bahnhof von Trient, wo wir um 15.30 Uhr eintreffen, befindet sich in unmittelbarer Nähe des Radwegs. Ziemlich viel Trubel hier. Wir kaufen die Bahntickets und besteigen nach einer Stunde Aufenthalt den nächsten Zug, der uns zum Brenner bringt.
Am Brenner angekommen, überlegen wir, ob wir mit der österreichischen Bahn weiterfahren oder mit dem Rad nach Innsbruck hinunterbrausen. Die Pro-Bahn-Fraktion gewinnt.
Die letzte Nacht der Tour verbringen wir in einem sehr empfehlenswerten Hostel mit angeschlossenem Traditionscafé mitten in der Innsbrucker Fußgängerzone. In unserem 4-Bett-Zimmer ist so viel Platz, dass zwei von uns sogar noch ihre "wertvollen" Räder mit hinein nehmen, aus Angst, dass sie draußen nicht sicher stehen.
Truden - Trient
Entfernung: 57,6 km
Höhenmeter: 790 m
Unterkunft: Nepomuk's Bed & Breakfast Backpackers Hostel, Innsbruck
Samstag, 07.07.2012
Die Abreise
08:56 Uhr, von Innsbruck aus bringt uns ein Eurocity-Zug ohne Umstieg zurück in die Heimat.