Alpencross 2016 Orsières - Nizza
Der Westalpencross I
08.07. - 17.07.2016
447 km - 13.460 Höhenmeter
In diesem Jahr versuchen wir uns einmal an den Westalpen. Start in der Schweiz in der Nähe des Mont Blanc, dann ins Aosta-Tal und schließlich in die französische Alpen. Höhepunkt wird der Col de la Bonette sein, einer der mit über 2.800 Meter ü.M. höchsten Straßenpässe der Alpen. Die Herausforderung ist in diesem Jahr größer denn je, obwohl wir uns schon nach den Touren in den vergangenen Jahren eigentlich geschworen hatten, dass wir mehr Kilometer und Höhenmeter nicht brauchen. Nee, wir legen in diesem Jahr noch einen drauf: Rund 16.000 Höhenmeter und 446 km in 9 Etappen, sagt die Tourplanung.
Leider sind wir nur zu dritt, Norbert, Tom und ich, da sich Winz beim Skifahren im April ein Knie demoliert hat und dann leider nicht mehr in Form kam. Doof, aber nicht zu ändern.
Freitag, 08.07.2016
Anreise
Et jeht loss! Unser Zug fährt um 8.27 h in Ddorf ab. Tom sitzt schon drin, Norbert steigt in Bonn zu. Der Zug ist ziemlich voll, macht aber nix, wir haben ja reservierte Plätze. Und wir machen nette Bekanntschaften, z. B. die Jungs mit der Kiste Peters-Kölsch und der schwatzhafte Saarländer, der uns von seiner Radtour mit dem E-Bike um die Mecklenburger Seenplatte erzählt.
Wir sind beeindruckt. In Bern steigen wir in einen Schweizer Regionalzug um. Das Fahrradabteil ist mit Rennrädern belegt. Mit ein wenig guten Willen hätten unsere Mtbs locker dazwischen gepasst, aber nicht mit Schweizer Carbonrahmenvelobesitzern!! Die Kratzgefahr ist einfach zu hoch. Okay, wir parken im Ausstiegsbereich. Jetzt meckert die Schaffnerin auf Schwitzerdütsch, weil wir den Zugführer zugeparkt haben. Aber wir dürfen erst mal bleiben. In Visp Umstieg nach Martigny. Dort verpennen wir fast den Ausstieg und können nur mit Mühe einen fast vergessenen Rucksack aus dem Zug holen (meiner ist es nicht). Nochmal gut gegangen.
Das nächste kleine Malheur im nächsten Zug. Plötzlich stoppt der Zug Richtung Orsières. Eine kratzige Stimme aus dem Lautsprecher vermittelt uns in Französisch und Englisch, dass es nicht weitergeht und alle raus müssen. Mit den anderen Reisenden quetschen wir uns in einen bereit stehenden Schienenersatzbus, der uns in einem Höllenritt zu unserem Ziel nach Orsières bringt. Dort starten wir nach 11 Stunden in Bus und Bahn und fünf Umstiegen dann die erste kleine Etappe, sozusagen zum Warmfahren nach La Fouly. Nach immerhin 700 Höhenmeter auf 13 km erreichen wir in 1 1/2 Stunden unsere erste Übernachtungsunterkunft, das Hotel l'Edelweiss in La Fouly.
Orsières - La Fouly
Entfernung: 12,6 km
Höhenmeter: 700 m
Unterkunft: Hôtel Edelweiss, La Fouly
Samstag, 09.07.2016
Erster Tourtag:
Eigentlich geht es erst heute richtig los. Von La Fouly ins Aostatal. Wir starten in der Schweiz um kurz nach 8 Uhr. Der doofe Wirt hat uns verboten, ein Lunch-Paket mitzunehmen, wir machen es trotzdem. Unser Weg führt uns erst einmal mit angenehmer Steigen, dann aber auf einem engen Pfad hinauf auf 2.500 Meter. Oben weht ein heftiger und kühler Wind, so dass wir uns bald davon machen. Der Weg hinunter auf der anderen Seite ist noch schwieriger. Wir brauchen ewig, bis wir unten sind, insb. der 1 Mio. Wanderer aus aller Herren Länder, die uns entgegenkommen. Unten finden wir ein nettes Refugio. Mangels Kölsch bestellen wir Apfelschorle. Die Fahrt geht erst einmal weiter bergab, ehe wir den Anstieg zu unserem Tagesziel in Angriff nehmen.
Um 17.00 h kommen wir endlich an. Wir landen nach einem sehr anstrengenden und warmen Tag in der Hütte namens Refugio Elisabetta. Hier brummt der Bär. Die Bude ist rappelvoll. Wir sind zu fünft in einem 4-Personen-Lager untergebracht. Muss man mal erlebt haben. Von den sanitären Anlagen berichte ich hier lieber nicht. Aber das Diner war sehr gut, die Leute sind nett und wir genießen noch einige italienische Biere. Dann versuchen wir es mal mit schlafen. Ich habe Oropax dabei, was mich allerdings mehr stört als die Schnarchgeräusche der Mitschläfer.
La Fouly - Rifugio Elisabetta
Entfernung: 36,9 km
Höhenmeter: 1.830 m
Unterkunft: Rifugio Elisabetta , Courmayeur
Sonntag, 10.07.2016
Zweiter Tourtag:
Wir starten gut gelaunt vom Rifugio Elisabetta. Es geht gleich ordentlich aufwärts. Dooferweise habe ich mir beim letzten Saisonschlussverkauf tolle neue Fahrradschuhe geschossen, die jetzt zum Einsatz kommen. Zum Biken super, zum Laufen nicht so. Der Aufstieg mit Schieben und Tragen verursacht mir Blasen an beiden Fersen, was mir später noch Spaß bereiten sollte.
Den ersten Pass nehmen wir noch sehr gelassen. Der bildet gleichzeitig die Grenze nach Frankreich. Oben ist der Teufel los. Menschen aller Nationalitäten. Interessant sind vor allem die Asiaten, Holländer, Amerikaner, eigentlich alle.
Dann gehen wir den nächsten Pass an, den Col de Grand Fond. Was wir noch nicht wissen, der ist total verschneit. Auf einmal wird es immer einsamer. Einige entgegenkommende Wanderer (Radler gibt es gar keine) amüsieren sich über die foux allemands.
Nun, das ist wohl nicht ganz von der Hand zu weisen. Wir nähern uns dem Pass und stellen fest, dass die letzten 200 Höhenmeter aus einer dicken Schneeschicht besteht. Und zudem mit extremer Steigung. Ein "Weg" ist nur dadurch zu identifizieren, dass kleine Fähnchen in den Schnee gesteckt wurden. Selbst ohne Fahrrad ein schwieriges Unterfangen. Aber was hilfts, wir müssen rüberkommen, zurück ist keine Option. Wir brauchen Stunden, um nach oben zu krabbeln, Schritt für Schritt, immer wieder mal zurückrutschend. Der reinste Wahnsinn. Aber wir wären nicht wir, wenn wir es nicht geschafft hätten. Alles Kopfsache.
Auf der anderen Seite liegt zwar glücklicherweise kein Schnee mehr, aber wir müssen auf einem völlig verblockten Weg weiter. Hurra, kurz nach dem Gipfel ist eine Hütte in Sicht. Unsere ursprünglich geplante Hütte werden wir nie und nimmer erreichen, also beschließen wir, hier um Asyl zu ersuchen. Euphorisiert betrete ich die Hütte im Schuhraum und bediene mich schon einmal der in den französischen Hütten bereitstehenden Crocs. Was ich nicht mitbekommen habe, ist, dass Tom und Norbert bereits den Hüttenwart getroffen haben, der uns leider wegen Ausbuchung abweisen muss. Zu früh gefreut!
Freundlicherweise gibt uns der Hüttenwart einen Hinweis auf die nächste Hütte, die etwa drei Kilometer weiter unten liegt. Wir also wieder zurück auf den verblockten Weg, der aber bald in einen einigermaßen fahrbaren Trail übergeht. Inzwischen ist es kurz vor 20.00 Uhr und fast dunkel, als wir die Hütte erreichen, die uns tatsächlich ein Nachtquartier zur Verfügung stellt. Obwohl die Küche eigentlich schon geschlossen hat, erhalten wir noch ein Nachtmahl.
Rifugio Elisabetta - Réfuge de la Balme
Entfernung: 39,3 km
Höhenmeter: 1.860 m
Unterkunft: Réfuge de la Balme
Montag, 11.07.2016
Dritter Tourtag:
Nach dem typischen französischen Hüttenfrühstück mit trockenem Brot, Butter, Marmelade und vor allem viel Kaffee starten wir um kurz nach 8.00 Uhr bei bestem Fahrradwetter von unserer "Not"-Unterkunft auf die nächste Etappe. Um auf die gestern verlassene Planstrecke zurückfinden, müssen wir erst einmal 30 km abwärts. Die ersten 10 Kilometer fahren wir auf zwar schmalen, aber gut fahrbaren Trails, steil bergab. Zwischendurch halten wir kurz an, um Fotos zu machen und einfach nur das herrliche Alpenpanorama zu genießen. Da spricht uns ein anderer Mountainbiker freundlich an, ein wenig Smalltalk, dann rauscht er weiter. Für uns folgen schöne Forststraßen und Radwege mit nur noch leichtem Gefälle. In einer kleinen, netten Stadt namens Moûtiers haben wir unsere geplante Route wieder erreicht. Auf einem schönen Platz in der Innenstadt legen wir eine kleine Pause ein.
Die nächsten 10 Kilometer fahren wir auf einer nicht allzu stark befahrenen Landstraße mit leichter Steigung. Bevor wir den abschließenden 800-Meter-Aufstieg angehen, beschließen wir, in Saint-Martin de Belleville, einem Wintersportort, ein Kaffee-Päuschen einzulegen. Im Zentrum finden wir eine Außengastronomie und bestellen Kaffee und Cola. Plötzlich steht der nette Mountainbiker von heute morgen neben uns. Wir laden ihn auf einen Kaffee ein und plauschen ein wenig. Er ist Schweizer aus der Nähe von Bern und macht alleine einen Alpencross bis Ventimiglia. Heute übernachtet er hier in Saint-Martin. Bald müssen wir uns allerdings verabschieden, da wir ja noch zu unserer Hütte gelangen müssen.
Nun geht es noch einmal steil bergauf, zunächst über eine Straße, die letzten Kilometer über einen Schotterweg. Um etwa 17.00 Uhr sind wir am Ziel. Ein niedliches Steinhaus, inmitten der hügeligen, grasbewachsenen Landschaft. Internet- und Telefonverbindung sowie sonstiger Luxus werden hier nicht geboten, dafür aber ein Bretterschuppen mit Plumpsklo.
Das Abendessen bei Kerzenschein ist deftig und wirklich sehr schmackhaft: Gemüse-Kartoffel-Eintopf mit bombastischen Würsten, die äußerlich einer bayerischen Weißwurst ähneln, aber drei Nummern größer und kräftiger im Geschmack.
Réfuge de la Balme - Réfuge de Gittamelon
Entfernung: 56,3 km
Höhenmeter: 1.780 m
Unterkunft: Réfuge de Gittamelon, Saint Martin de Belleville
Dienstag, 12.07.2016
Vierter Tourtag:
Nach einem gemütlichen Frühstück in unserer Anti-Luxus-Hütte machen wir uns gerade fertig zum Start, da steht er wieder vor uns: der Schweizer Mountainbiker von gestern, der uns nun auch seinen Namen "Nathan" verrät. Wir hatten ihm von unserem heutigen Nachtquartier erzählt und er war neugierig. Gemeinsam mit ihm starten wir in unsere Etappe.
Blöderweise regnet es, und zwar nicht gerade wenig. Auf einem pfützenreichen Schotterweg fahren wir zunächst durch die schöne, aber heute leider in Wolken gehüllte Wiesenlandschaft. Bald wird es steiler und steiler, der Weg wird steiniger und zudem matschig, so dass wir zeitweise wieder einmal in den Schiebemodus umschalten müssen. Um kurz nach 11.00 Uhr haben wir den Gipfel erreicht. Nicht besonders attraktiv hier, zumal der Regen nicht nur anhält, sondern stärker geworden ist. Also nichts wie weiter.
Auf einem nicht besonders schwierigem Feldweg-Trail rauschen wir talwärts. Eigentlich ist geplant, oberhalb des Flusses l'Arc auf einem Wanderweg in Richtung Modane zu fahren. Der Weg wird immer schmaler, das Gestrüpp wird immer enger und plötzlich stehen wir vor einem riesigen Loch. Ein tiefer Abgrund tut sich vor unseren Füßen auf. Erst denken wir, dass wir auf dem falschen Pfad sind. Es gibt aber auch keinen anderen, so dass wir notgedrungen umkehren müssen. Später erfahren wir, dass es hier vor nicht allzu langer Zeit einen enormen Erdrutsch gegeben hat.
Wir beschließen, bis hinunter ins Tal zu fahren und über die Talstraße nach Modane zu gelangen. Doch plötzlich schreit Norbert lauf auf. Nicht aus Schmerz, sondern vor Schrecken, weil sein Antrieb nicht mehr packt, sondern durchdreht. Scheinbar ist an seinem Leerlauf etwas nicht in Ordnung, jedenfalls kann er nicht mehr vorwärtstreten. Da es von hier aus bis in die nächste Ortschaft Saint-Michel de Maurienne nur noch bergab geht, rollt Norbert problemlos bis in die Stadt. Schnell finden wir einen Fahrradladen, wo man sich intensiv um eine Reparatur bemüht. Der Freilaufkörper an Norberts Hinterrad ist völlig ausgelutscht, deshalb greift die Kassette nicht mehr. Der freundliche Monteur baut verschiedene Hinterräder aus, aber leider ist der richtige Freilaufkörper nicht dabei.
Es gibt auch keinen anderen Fahrradladen, der uns helfen könnte, so dass wir folgenden Plan schmieden: Glücklicherweise gibt es hier einen Bahnhof mit Verbindung nach Lyon. Norbert fährt mit dem Zug dorthin und besorgt sich einen neuen Freilaufkörper oder gleich ein neues Hinterrad. Tom und ich nehmen wegen des erlittenen Zeitverlusts ebenfalls den Zug bis Modane und fahren von dort mit dem Rad nach Valfréjus, wo unsere nächste Unterkunft liegt. Der treue Nathan begleitet uns weiterhin, was auch den Vorteil hat, dass er sozusagen als "Ersatzmann" für Norbert in der Herberge aufschlägt. Drei Mann sind angemeldet, drei Mann kommen. Norbert wird dann morgen Abend bei der nächsten Unterkunft wieder zu uns stoßen.
Die Unterkunft und der Service, der hier geboten wird, ist phänominal. Scheinbar gibt es hier nur einen Mann, der alles meistert. Nicht umsonst heißt der tatsächlich "Meistermann". Sofort bietet er uns an, unsere nassen Fahrradklamotten zu waschen und zu trocknen. Außerdem ist er Barkeeper, Kellner und Koch in einem.
Nach zwei Übernachtungen ohne Telefon und Internet können wir wieder ungeniert surfen, posten und whatsappen. Nicht dass ich das Internet unbedingt brauche, aber es schon wichtig, wenn man seinen Lieben zu Hause eine Nachricht zukommen lassen kann, dass es uns gut geht. Jetzt sitzen Tom und ich hier im Gîte und vertreiben unsere Zeit bis zum Abendessen mit wildem Posten und whatsappen in die Außenwelt, um von unseren nicht gerade wenigen Erlebnissen zu berichten. Wir haben heute gerade erst Halbzeit, aber es ist schon mehr passiert als auf anderen Touren.
Réfuge de Gittamelon - Valfréjus
Entfernung: 41,1 km (+ 15 km Bahn)
Höhenmeter: 1.350 m (+ 740 HM Bahn)
Unterkunft: Gîte des Tavernes, Valfréjus
Mittwoch, 13.07.2016
Fünfter Tourtag:
Der fünfte Tourtag ist in 2 Abschnitte geteilt. Zunächst radeln wir von Valfréjus nach Briançon, dann nehmen wir den Zug nach Embrun und von dort dann wieder per Rad nach nach Crévoux. Anfänglich werden Tom und ich noch von unserem Schweizer Kollegen begleitet.
Morgens müssen wir zunächst einen heftigen Aufstieg zum Col de Valleé Etroite meistern. Es ist recht kühl und vor allem neblig. Nach einem befahrbaren Waldweg wird es steil und steinig, ehe sich der Weg schließlich zu einem sehr engen Pfad verengt. Wir müssen etwa 300 Meter die Räder schieben. Endlich oben, reißt der Nebel auf und uns eröffnet sich ein wunderschöner Blick ins gegenüberliegende Tal. Wahnsinn!! Der Abstieg ist schön flowig fahrbar. Dann kommen zwei steile Stellen, die für Bergsteiger gemacht wurden. Aber auch die meistern wir.
Unten angekommen müssen wir uns von Nathan trennen, der links (für Erdkundelehrer: östlich) nach Italien abbiegt. Tom und ich überqueren noch einen weiteren kleinen Pass und erreichen bald das wunderschöne mittelalterliche Städtchen Briançon; gut getimt: in 20 Minuten fährt unser Zug nach Embrun. Dort legen wir in der Nähe des Bahnhofs erst einmal eine kleine Ess-Pause ein, ehe wir die anstrengenden 800 Höhenmeter auf einer teilweise sehr steilen Straße angehen.
Kurz nach 19:00 Uhr erreichen wir dann unser heutiges Ziel Crévoux, ein niedliches Alpenstädtchen. Unterkunft in einem luxuriösen 2-Sterne-Hotel. Wenig später trifft auch Norbert ein, dessen Mtb in Lyon ein neues Hinterrad verpasst bekommen hat.
Valfréjus - Crévoux
Entfernung: 59,8 km (+ 38,8 km Bahn)
Höhenmeter: 2.000 m (+ 3.660 HM Bahn)
Unterkunft: Hôtel le Parpaillon, Crévoux
Donnerstag, 14.07.2016
Sechster Tourtag:
Die heutige Strecke hat etwas Besonderes auf dem Plan. Auf dem Pass Col de Parpaillon gibt es einen stockfinsteren Tunnel, den wir passieren müssen, um unser Ziel in Jausier zu erreichen. Die Entfernung unserer Tour ist vergleichsweise kurz, nur etwa 40 km.
Zuvor müssen wir aber erst einmal 1.100 Meter nach oben kommen. Der Schotterweg ist gut fahrbar, aber anstrengend. Am lästigsten sind die vielen Motorradfahrer und allradbetriebenen Geländewagen. Der Tunnel ist 500 Meter, stockfinster, matschig, Pfützen, es tropft von der Decke. Und das mit unseren Funzellichtern an den Bikes. Uahh! Es wird einem richtig mulmig. Wenn sich jetzt ein dunkles Loch auftut,..... Gut dass wir so mutig sind.
Auf der anderen Seite ist es kühl und windig und wir halten uns nicht lange auf. Die Schussfahrt geht jetzt 1.200 Meter abwärts nach Jausier, wo wir schon gegen 15.30 h eintreffen. Mal endlich ein Tag, an dem wir Nachmittags noch gemütlich in einem Straßencafé einen Cappucchino genießen können.
Die Überraschung: wir haben wieder einen Gîte gebucht - eine Art Hostel. Die Wirtin hat sich aber vertan, denn die Unterkunft war am heutigen Nationalfeiertag ausgebucht. Jetzt hat man uns zum Schlafen ohne Mehrkosten in ein 4-Sterne-Hotel einquartiert. Auch mal ganz nett!
Crévoux - Jausier
Entfernung: 39,0 km
Höhenmeter: 1.100 m
Unterkunft: Gîte d'étape et de séjour Les Bartavelles
Freitag, 15.07.2016
Siebter Tourtag:
Heute steht die anstrengendste Etappe der Tour an. Wir nehmen den Col de la Bonette, einen Berg der ersten Kategorie der Tour de France, in Angriff.
Das frühe und für französische Verhältnisse sehr reichhaltige Frühstück ist getrübt von der Nachricht, dass am Vorabend ein wahnsinniger Attentäter mit einem LKW in Nizza in eine Menschenmenge gerast ist und 86 Personen tötete. Der Fernseher läuft und alle sind zu tiefst betroffen.
Punkt 7 starten wir. Zuvor besorgen wir uns in einer Bäckerei noch je ein Baguette, das wir uns dekorativ an unsere Rucksäcke schnallen. Dann nehmen wir die 24 Kilometer lange Auffahrt zum Col de la Bonette in Angriff. Es hat in der Nacht auf den Höhen geschneit und es ist echt schattig, aber sonnig. Ein Schild macht uns darauf aufmerksam, dass der Pass gesperrt ist, was uns aber nicht davon abhält, den Weg einzuschlagen. Norbert meint nur, "bis wir oben sind, ist der Weg frei."
Wir kämpfen uns auf der Passstraße 1.500 Meter nach oben, teilweise mit über 9% Steigung, im Schnitt 7,5%. Alle 200 HM wird Luft geholt. Nach rund 5 Stunden erreichen wir den Pass. Die Straße ist, wie Norbert richtig vermutet hat, tatsächlich nicht mehr gesperrt und inzwischen geräumt, aber daneben liegt mindestens 10 cm Schnee. Das Panorama ist einfach phänomenal und überwältigend!!
Dann geht es noch etwas höher und schließlich zu Fuß zur Spitze. Eine super Aussicht hier oben. Es ist frisch hier oben trotz der Sonne.
Daher machen wir uns bald auf den Weg nach unten. In einem sehr netten Örtchen namens St. Etienne verspeisen wir unsere Baguettes und trinken einen Café au Lait. Dann rollen wir weiter abwärts, immer dem Flüsschen Tinnée entlang. Zuletzt müssen wir noch einen anstrengenden 500-Meter-Anstieg durch den Wald meistern, ehe wir gegen 19.30 Uhr nach 85 km unser nettes Hotel in Rimplas erreichen.
Jausier - Rimplas
Entfernung: 89,5 km
Höhenmeter: 2.440 m
Unterkunft: Hostellerie du Randonneur, Rimplas
Samstag, 16.07.2016
Achter Tourtag:
Die letzte Strecke führt aus den Bergen direkt ans Meer. Rein fahrtechnisch betrachtet, sehr einfach. Der Weg ist schön und leicht, aber es bläst uns ein kräftiger Wind entgegen. Die letzten 20 Kilometer bis zum Meer führen wunderschön entlang des Flusses Var. Es wird minütlich heißer, die Hitze und der Gegenwind stressen mehr als die Piste. Zudem lassen die Kräfte nach den sieben Tourtagen schon etwas nach.
Am frühen Nachmittag erreichen wir das Ziel unserer Anstrengungen: Das Mittelmeer. Westlich von Nizza bei Saint-Laurent du Var. Wir fahren schnurstracks ins Wasser. Klamotten aus und mit Fahrradunterhose ins Meer. Wow - was für ein erhebendes Gefühl! Wir haben es wieder einmal geschafft!
Nach ausgiebigem Planschen besteigen wir noch einmal unsere Räder und rollen gemütlich auf der schönen Strandpromenade nach Westen. 13 flache Kilometer bis Antibes, die kleine Perle am Mittelmeer zwischen Nizza und Cannes. Hier übernachten wir noch einmal, ehe es dann morgen zurück nach Hause geht.
Wir sind zu Gast bei Norberts Schwiegermutter, die uns herzlich empfängt, mit Brot, Antipasti, Wein und Bier verköstigt und uns in ihrer Wohnung unterbringt. Den Abend verbringen wir im Nachbarort Juan le Pins.
Rimplas - Antibes
Entfernung: 72,3 km
Höhenmeter: 220 m
Unterkunft: Privat
Sonntag, 17.07.2016
Abreise
Nach dem schönen Abschlussabend in Juan le Pins steht heute die Reise nach Hause an. Norbert bleibt noch einige Tage und schlägt sich dann mit Regionalzügen zurück in die Heimat. Tom und ich fliegen von Nizza nach Düsseldorf. Damit wir die Bikes sicher verpackt im Flieger transportieren lassen können, hatten wir Fahrradtransporttaschen und Schutzfolien, Schaumgummi etc. schon nach Antibes vorgeschickt. Jetzt radeln wir wie indische Straßenhändler bepackt die 15 km zum Flughafen.
Am Flughafen werden die Räder auseinandergenommen und in den Transporttaschen verstaut, bevor wir sie am Oversize-Baggage-Schalter abgeben. Mal schauen, wie wir sie in Düsseldorf zurückbekommen.
Der Eurowings-Flieger hebt um 16.50 in Nizza ab und landet um 18.25 in Düsseldorf. Leider hat mein Bike auf dem Flug etwas abbekommen. Die hintere Bremsscheibe ist verbogen und kann auch nicht mehr gerichtet werden, muss also ersetzt werden. Aber wenn es sonst nichts ist.