In manchen Fällen weiß ein Kind erst nach einiger Beschäftigung mit den ersten Buchstaben, was ein „Laut“ ist, auch wenn es diese nicht so nennt.
So brauchen wir uns nicht zu scheuen, dem Kind die ersten drei Buchstaben zu geben, bevor es bewusst [a] in „Papa“ hört.
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Diese Aktivität geht normalerweise über einen längeren Zeitraum. Besonders wenn das Kind (was normal ist) nicht jeden Tag diese Buchstabenkärtchen ansieht, nachfühlt. Man führt auch die nächsten erst ein, wenn das Kind "reif" dafür ist, das heißt, wenn es entweder die anderen schon gut kann oder wenn man sieht, dass es sie gut "genug" kann, wenn ein noch nicht eingeführter Buchstabe in der Welt des Kindes oft vorkommt und das Kind danach fragt, oder ... oder.... - Wie immer, man braucht viel Intuition...
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Liste der Buchstaben und Buchstabengruppen, die als Fühlbuchstaben vorhanden sein sollten:
Vokale:
A E I O U Y Ä Ö Ü EU ÄU EI
Konsonant-1-Laute:
F H J L M N R S V W SCH CH NG
Konsonant-2-Laute:
B C[=k] D G K P T
Doppelkonsonant-Laute
C[=z] X Z QU
Mehrere Kriterien können die Reihenfolge, in denen die Buchstaben eingeführt werden, beeinflussen.
1) Welche Laute sind am leichtesten zu hören
2) Welche Buchstaben kommen in der Welt des Kindes vor,
3) Diversität
1) Die Frage 1 kann mit den drei Gruppen oben beantwortet werden: Vokale sind am leichtesten herauszuhören, dann die Konsonanten der ersten Gruppe, dann Konsonanten der 2. Gruppe.
2) Buchstaben, die in der Welt des Kindes vorkommen, sind natürlich alle Buchstaben seines Vornamens, die Vornamen der engsten Familienmitglieder, aber auch Buchstaben in Wörtern, die das Kind dauernd benutzt. Oder aber auch, die es dauernd irgendwo geschrieben sieht! (Ein Schild in der Straße).
3) Die Buchstaben, die zusammen oder direkt hintereinander eingeführt werden, sollte unterschiedlich sein in Klang und Form. ZB nicht ein b und ein p gleichzeitig oder direkt hintereinander einführen. Auch nicht alle Vokale einführen, dann alle Konsonanten der Gruppe 1, dann alle Konsonanten der Gruppe 2, NEIN, nicht so!
Sondern:
Am besten man fängt mit ein oder zwei Vokalen ein, mit ein oder zwei Konsonanten. Mindestens ein Buchstabe - am besten der Anfangsbuchstabe - des Vornamen des Kindes, der zweite Buchstabe zB M wenn das Kind oft mit "Mama" zusammen ist, der Dritte ein willkürlich anderer.
Ein bisschen ist drauf zu achten, wieviele Laute in einem Wort das Kind schon hört, und diese sind vorzuziehen. Also zB wenn das Kind oft ein N in Wörtern heraushören kann, aber kein L, dann das N einführen und mit dem L warten.
Zur Vorbereitung werden drei möglichst unterschiedliche (in Klang und Form) Buchstaben ausgesucht. Diese sollten außerdem einen direkten Bezug zur Welt des jeweiligen Kindes haben!
Die Fühlbuchstaben liegen im allgemeinen in einer Schale im Regal fürs Kind bereit. Auch in der Einführungsbeschreibung wird davon ausgegangen, dass die Buchstaben im Regal liegen.
Für manche Kinder ist es jedoch vorteilhafter, wenn die Buchstaben an der Wand in Augenhöhe des Kindes angebracht sind, etwa mit Klebepads angeheftet. So kann das Kind nach der Einführung immer mal hingehen und sie nachfahren.
Erfolgt die Einführung an der Wand, werden die Buchstaben dafür nicht abgenommen.
Die Anordnung an der Wand ist egal.
Die ersten drei werden in Abwesenheit des Kindes kurz vor der Einführung an die Wand geklebt. Die Nächsten werden dann immer kurz vor der Einführung dazu geklebt.
In einem guten Moment also setzen wir uns mit dem Kind zusammen:
Erster Schritt:
“Schau, ich zeig dir was.”
Die vorbereiteten drei Buchstaben werden in der Schale/Karton aus dem Regal genommen.
Wir halten die Karte dann mit der einen Hand an einer Seite fest, fährt den Buchstaben mit dem Zeige- und Mittelfinger der anderen Hand (zur Unterstützung der Stifthaltung) ein bis zweimal in Schreibrichtung nach (dieses eine, erste Mal ohne zu sprechen).
Dann die Hand wechseln und dasselbe noch einmal.
Ist bereits ganz sicher, dass das Kind Rechts-/Linkshänder ist, braucht der Buchstabe nur mit dieser entsprechenden Hand nachgefahren werden.
„Jetzt bist du dran!“
Wenn das Kind den Buchstaben (bzw. später: die Buchstabenkombination) richtig abtasten kann (s. o.: motorische Vorbereitung), wiederholen wir die Handlung und nennen dabei nun den Laut.
Achtung! Bei allen „Konsonant-2“-Lauten muss es still im Raum sein, denn ein Auslaut-[-ə] darf nicht zu hören sein!
Also wirklich nur [d] sagen, nur [t] , nur [p], nicht [p-ə]! Mit lauten Geräuschen in der Umgebung kann man den Laut nicht hören! Das darf auch ruhig erwähnt werden, so in der Art: „oh, jetzt hat deine kleine Schwester Krach gemacht, /
ist ein Auto draußen vorbeigefahren/... so dass man nichts hörte. Pass auf, hör gut hin, ich sag den Laut noch einmal.“
Dann wieder nachfahren und dabei den Laut aussprechen.
Wenn das Kind sich öfters mit den Buchstaben beschäftigt hat, kann man zu dem zweiten Schritt übergehen:
Die Buchstaben liegen bereit auf dem Tisch.
„kannst du mir ..[Laut].... zeigen?“
Das Kind zeigt den Buchstaben, und wenn es nicht von selber nachfährt, lässt man es nachfahren. Einfach die Bewegung des Nachfahrens (möglichst auf dem Buchstaben) andeuten - ohne Worte. Nur wenn das Kind nicht reagiert, kann man eine Anmerkung machen. Das Kind nur nachfahren lassen, wenn es bereit dazu ist! Nicht zwingen!
(Wieder nach eine gewissen Zeit, Tage, Wochen, Monate...)
Dritter Schritt:
Die Buchstaben liegen auf dem Tisch.
Wir fahren einen Buchstaben nach und fragen: „wie hört sich dieser Laut an?“.
Das Kind spricht den Buchstabenlaut aus.
Wenn alle drei Schritte ohne Probleme durchgearbeitet sind (Ausnahmen bestätigen die Regel), werden 3 weitere Buchstaben eingeführt.
Weitere Aktivitäten mit den Buchstaben, die das Kind gut beherrscht:
Mit geschlossenen Augen den Buchstaben erfühlen und erraten. Das ist eine Aktivität, die das Kind zusammen mit dem Erwachsenen machen kann: jeder ist mal dran, einer schließt die Augen und der andere gibt ihm einen Buchstaben zu erraten.
Buchstaben, die zwei oder mehrere Laute annehmen können, werden meist* erst eingeführt, wenn das Kind schon
relativ viele Buchstaben kennt. Dann werden sie mit beiden Lauten eingeführt.
Bsp: „c“:
Laut nachfahren, sagen: [k].
Nochmal nachfahren: [z]... dann: „ja, dieser Buchstabe hat zwei Laute, [z] oder [k].“
*Manchmal werden diese Doppellaut-Buchstaben relativ schnell eingeführt, nämlich dann, wenn sie „gebraucht“ werden, z.B. wenn der Vorname des Kindes solch einen Buchstaben enthält.
Zusatzbemerkungen zu diesem Material:
!! „a ist nicht gleich Apfel“ !!
Die Fühlbuchstaben stellen vor allem für kleinere Kinder (unter ca 5 Jahren) den ersten Schritt in die Welt der Buchstaben dar.
Es empfiehlt sich, keine Wörter im Zusammenhang mit den Buchstaben (Lauten) zu erwähnen, also z.B. nicht zu sagen: „aaaa wie AAAAAPfel“.
Das kann leicht zur Verwirrung führen.
Die Zuordnung zwischen Buchstabenlaut und Wort machen diese Kinder dann später allein.
Das Vorführen des Abtastens der Fühlbuchstaben bei etwas älteren Kindern (ab 5) kann etwas abgewandelt werden, man kann sagen, die Finger „fahren“ wie ein Auto/Fahrrad über den Buchstaben.
Zusammenfassung:
1. Schritt: Nachfahren, Kind nachfahren lassen, 2. Mal nachfahren + den Laut sagen, Kind machen lassen.
2. Schritt: Nachfahren: „was ist das?“
3. Schritt: „zeige mir...“
Ein paar Worte zum Material.
Im Internet findet man zuallermeist große Druckbuchstaben.
Es wird häufig angenommen, dass gerade Linien und Kreise leichter zu "malen" sind für Kinder als die Schleifen der kleinen Schreibschrift-Buchstaben.
Es zeigte sich jedoch, dass mit der entsprechenden Vorbereitung Kinder leichter diese Schleifen und Schnörkel der kleinen Schreibschrift-Buchstaben nachfahren und schreiben lernen als die geraden Linien und runde Kreise der Blockbuchstaben.
Außerdem gibt es natürlich Vorteile, wenn man erst die Schreibschrift lernt: es ist leichter, hinterher Druckschrift zu lernen, als nach der Druckschrift die Schreibschrift zu lernen.
Maria Montessori, die diese "Fühlbuchstaben" "erfunden" hat, benutzte nur Schreibschriftbuchstaben. Nicht nur, weil die Kinder ja mit dem Schreiben anfingen (anfangen) bevor sie lesen können, wenn sie richtig vorbereitet wurden. Schreiben (Laute hintereinander setzen) ist im natürlichen Prozess weniger kompliziert als lesen.
Vorlagen zum Selbermachen (auf Karton) findet man hier:
Buchstaben ausschneiden wie im Modell, aus Krepppapier oder Filz, aufkleben auf Karton mit ungefährer Größe 16x13cm.
Für ein paar restliche Fühlbuchstabensätze bitte mich direkt anschreiben für weitere Infos.