Geschichte der Fechtabteilung

Anlass für die Gründung einer Fechtabteilung im Jahr 1921 gab eine Vorführung des Turnerbundes Ulm während des Abturnens auf dem Turngemeindeplatz ( heute steht dort die Göppinger Stadthalle ). Anschließend war Oberturnwart Fritz Kielkopf und die Herren Otto und Karl Aupperle die treibenden Kräfte zur Gründung einer Fechtabteilung. 15 – 20 Personen begannen nach dem Lehrbuch des italienischen Fechtmeisters Gazzera zu trainieren.

Die benötigten Waffen wurden in eigener Regie hergestellt. Zur weiteren Ausbildung fuhren 3 – 4 Fechter jeden Sonntagmorgen nach Ulm. Anleitung gab dort Gaugruppenfechtwart Albert Muttelsee. Das Erlernte wurde dann zu Hause an die anderen Fechter weitergegeben. Der Übungsbetrieb ging flott voran und in den folgenden Jahren beteiligten sich die Fechter an Jung – und Altmannen Turnieren. Das erste Diplom wurde im Jahr 1925 nach Göppingen vergeben. Viele Abteilungsmitglieder konnten in der Folgezeit in die Gaugruppensonderklasse aufgenommen werden.

Im Kaffee Heidle wurde dann im Jahr 1930 eine Frauenriege gegründet. Man konnte zu dieser Zeit schon von einem blühenden Leben in der Abteilung sprechen. Die Mitgliederzahl schwankte ständig und erreichte als Höchstzahl 30 Fechter und 20 Fechterinnen. Ab 1937 wurde auch die Jugendarbeit verstärkt. Im Jahr 1939 übernahm zum ersten mal die Fechtabteilung die Ausrichtung einer Württembergischen Meisterschaft , an der auch ein Göppinger Fechter startberechtigt war , nämlich Helmut Raff.

Die Abteilungsleitung dieser Jahre vor dem Krieg lag in den Händen von Fritz Kielkopf , Robert Ulmer , Eugen Matzak und Paul Bader. Nachdem die männlichen Mitglieder während der Kriegsjahre größtenteils eingezogen waren , übernahm Hans Kettinger die Abteilung. Er führte die Frauenabteilung zu schönen Erfolgen. So konnten die Fechterinnen im Jahr 1941 erstmals eine Württembergische Mannschaftsmeisterschaft erkämpfen.

Nach Kriegsende trafen sich die Fechter regelmäßig im Kaiserhof zum Kegeln. Heimlich wurde im Jahr 1949 wieder mit dem Fechten begonnen. Erst im Mai 1950 wurde das Fechten von der Besatzungsmacht wieder zugelassen. Paul Bader übernahm wieder die Abteilungsleitung.

Hans Kettinger und der aus Dresden nach Heiningen zugezogene Heinrich Kaldschmidt waren seine Mitarbeiter. Eugen Matzak und Otto Kuhn waren die

Fechtwarte. In dieser Zeit wurde von Mitglied Eugen Römer unser Abteilungswappen entworfen , das bis heute von uns getragen wird.

Die ersten Mannschaftskämpfe wurden mit Heidenheim und Cannstatt ausgefochten. Im Oktober 1951 konnte die aus Stuttgart zugezogene Telsche Gundlach ihren 1. Württembergischen Meistertitel im Damenflorett für die Fechtabteilung erkämpfen. Ebenso wurde Heinrich Kaldschmidt erstmals Württembergischer Meister im Säbel. Rolf Baur holte sich den Titel im Säbel bei den Junioren und die Damen- Florettmannschaft mit Telsche Gundlach , Maria Bader , Marianne Klein und Liesl Zweifel holte sich ihre erste von insgesamt vier Nachkriegsmeisterschaften. Auf Grund dieser Erfolge wollte man schon damals einen zweiten Trainingsabend haben. Aber es gab keine freie Halle. Erst 1955 bekamen die Turnerschaftsfechter in der Bodenfeldturnhalle und später dann in der Albert Schweizer Turnhalle einen zweiten Übungsabend. Heute findet das Fechttraining in der Pestalozzi Turnhalle statt. Sie ist mit 6 fest eingebauten Fechtbahnen ideal zum Training geeignet.

Um mit internationalen Fechtern zusammenzukommen , richtete man 1954 zum Erstenmal ein Internationales Mannschaftsturnier aus , an dem 13 Mannschaften aus vier Ländern teilnahmen. Darunter war auch eine Mannschaft aus Dresden in der DDR. Die Verbindung mit den Fechtern aus Dresden bestand mehrere Jahre. 1955 und 1957 wurden die Göppinger Fechter zu den fälligen Rückkämpfen nach Dresden eingeladen.

Immer wieder tauchte in dieser Zeit der Wunsch nach einem Fechtmeister in Göppingen auf und so fand 1952 der erste Wochenendlehrgang mit Fechtmeister Kühner aus Stuttgart statt. Leider konnte er nicht öfter nach Göppingen kommen. Erst 1958 stellte sich Diplom Fechtmeister Walter Kamm aus Göttingen vor. Fechtmeister Kamm war bis zu seinem Ruhestand bei der Turnerschaft. Er hat maßgeblichen Anteil an den in dieser Zeit errungenen Erfolgen.

Im Jahr 1960 fand in der neu erbauten Stadthalle der Deutsche Fechtertag statt. Nun konnte sich die Turnerschaft auch um die Ausrichtung einer Deutschen Meisterschaft bewerben. 1961 fanden dann in der Stadthalle die Deutschen Einzelmeisterschaften in sämtlichen Waffen unter der Schirmherrschaft von Kultusminister Dr. Storz statt. Die Durchführung klappte hervorragend und allseits gab es großes Lob. Das gab den Anstoß , sich um ein regelmäßig auszurichtendes Turnier zu bemühen. 1962 wurde das bisher im Schatten des Heidenheimer Pokals ausgetragene Internationale Damen Florett Turnier nach Göppingen übernommen. Bereits 1964 wurde dieses Turnier als Internationale Deutsche Meisterschaft ausgetragen. In den späteren Jahren wurde es zu einem Welt Cup Turnier im Damenflorett.

Waren es in den 50er Jahren vorwiegend die Erfolge der Aktiven , so begann sich jetzt die Jugendarbeit auszuzahlen. Die Nachwuchsfechter der Turnerschaft errangen viele Württembergische Einzel – und Mannschaftsmeisterschaften. Selbst bei Junioren – Weltmeisterschaften wie in Bukarest Gisela Lehmann , in Wien und Teheran Werner Wieland und in Genua Joachim Kalder nahmen Turnerschaftsfechter teil. Von 1960 – 1969 waren die Aktiven Säbelfechter dreimal hintereinander Württembergischer Mannschaftsmeister und zweimal Vize. Otto Pillar wurde Württembergischer Meister im Säbel , Gunter Pillar , Joachim Kalder , und Renate Petersmann jeweils Württembergische Vizemeister in ihrer Spezial- Waffe. Bei den Junioren wurden in dieser Zeit insgesamt sechs Süddeutsche und elf Württembergische Mannschaftstitel sowie sieben Einzelmeisterschaften erkämpft. Werner Wieland , Renate Petersmann , Holger Gundlach und Joachim Kalder standen mehrmals in der Nationalmannschaft der Bundesrepublik.

1964 gab Abteilungsleiter Paul Bader sein Amt in jüngere Hände. Über 30 Jahre hatte er seine ganze Kraft und sein Wissen seinem so geliebten Fechtsport zur Verfügung gestellt. Zusammen mit dem unermüdlichen Heiner Kaldschmidt hatte er eine blühende Fechtabteilung aufgebaut , die er seinem Nachfolger Ludwig Utz beruhigt in die Hände geben konnte. Paul Bader war aber nicht nur Abteilungsleiter sondern viele Jahre Sport – wart im Württembergischen Fechterbund und von 1960 bis 1968 dessen Präsident.

Nach den großen Erfolgen der 60 er Jahre begann das Jahr 1970 nicht verheißungsvoll. Heiner Kaldschmidt , der seine ganze Zeit und Kraft dem Fechtsport widmet , verlangte das auch vom Vorstand und den Aus – schußmitgliedern , die das aber in dem gewünschten Umfang nicht konnten. Es kam zum Bruch ,und Heiner Kaldschmidt verließ die Turnerschaft und gründete einen eigenen Fechtclub. Mit ihm gingen vorwiegend die aktiven Turnierfechter. So konnte es nicht ausbleiben , dass die Erfolge der Turner - schaft in den folgenden Jahren nicht so zahlreich waren , weil wieder ganz von vorne angefangen werden musste.

Ludwig Utz führte 10 Jahre die Abteilung und übergab sein Amt 1974 an Horst Bader der bis 1976 den Vorsitz führte. Ihm folgte Walter Kunberger als Abteilungsleiter 1977.

Er verfolgte eine neuere Jugendarbeit , in dem er die Eltern der Jugendlichen mit einbezog. Jeden zweiten Donnerstag trafen sich die Fechterfrauen und Mütter unseres Nachwuchses zur Gymnastik. Und nach dem Training gibt es nichts schöneres als Volleyball zu spielen. Für die Jugend gibt es einmal im Jahr eine Fechterfreizeit auf einer Hütte. So waren wir schon Gäste auf der Kreuzberghütte , auf der Christentalhütte, der Tannhütte und dem Haldenseehaus in Nesselwengle in Tirol. In den letzten Jahren sind wir Stammgast auf dem Schwarzhorn bei Schwäbisch Gmünd. Hier fühlen wir uns wie zu Hause mit seiner komplett eingerichteten Küche und dem tollen Hochseilgarten. 25 – 35 Personen verbringen ein schönes Wochenende am Lagerfeuer mit Würstchen und Steaks grillen , vielen lustigen Spielen und einer Nachtwanderung.

Doch schon 1974 stellten wir mit Stefan Dahlinger im Säbel bei den Schülern und mit Dorle Koch im Friesenkampf der Aktiven den Württembergischen Meister In den folgenden Jahren folgten weitere Titel. 1979 wurde Kerstin Hagen Deutsche Friesenkampfmeisterin der Schülerinnen.

Das 60 jährige Jubiläum wurde 1981 mit vielen Ehrengästen und einem Bunten Abend und Ehrungen verdienter Fechter im Blumhardhaus gefeiert.

Das 75 jährige Jubiläum feierten wir 1996 ganz groß im Saal der Alten Kellerei mit noch mehr Ehrengästen von der Stadt und den benachbarten Fechtvereinen. Eingeladen waren auch ehemalige Turnerschafts Fechter die ihren Wohnsitz nicht mehr in Göppingen hatten ,dazu die Jugendlichen Fechter mit ihren Eltern. . Paul Gnaier , der Präsident des Württembergischen Fechterbundes war an beiden Jubiläen Ehrengast und zeichnete verdiente Fechter und Mitarbeiter aus.

Das für uns größte Ereignis im Jahr ist die Ausrichtung unseres Internationalen Stauferland Turnieres. Seit 1962 wird dieses Turnier in Göppingen ausgetragen. In seinen besten Zeiten , ohne Teilnehmerbeschränkung der FIE, die heute nur noch eine beschränkte Teilnehmerzahl zulässt , waren in Göppingen bis zu 200 Fechterinnen aus über 20 Nationen am Start.

Aus Anlaß des 25. Stauferland Turnieres gab die Stadt einen Empfang für alle Ausländischen Teilnehmer und Betreuer im Kornhaus. Seit 1977 wird dieses Turnier in einer Arbeitsgemeinschaft Göppinger Fechter mit dem Fechtclub ausgerichtet.

Nachdem der Internationale Fechtverband ( FIE ) beschloss , je Waffe und Nation nur noch ein Weltcup Turnier zuzulassen , stand der Deutsche Fechterbund vor der Entscheidung , welches Turnier behält den A Status und bleibt Weltcup , Leipzig oder Göppingen. Der DFB traf dann die sportpolitische Entscheidung zu Gunsten der Großstadt Leipzig. Das Göppinger Turnier bleibt aber ein Qu – B – Turnier im Damenflorett für Deutschland.

Das 40. Stauferland Turnier um den Gelita Cup war dann eine großartige Verabschiedung aus dem Weltcup Turnier Kalender. Zum ersten mal hatten die Turnerschaftsfechter einen Generalsponsor mit der Firma DGF Stoess AG , einem Internationalen Konzern , mit Niederlassung in Göppingen gewonnen. Es wurde um den Gelita Pokal gefochten. Eberhard Haas , Prokurist der DGF Stoess AG und der Technische Werksleiter Heiner Kroll , organisierten eine große Tombola für die Zuschauer , und sie übernahmen die Werbung und Einladungen für dieses Jubiläumsturnier. Nach der Siegerehrung gab die Firma DGF Stoess AG , einen großen Empfang für die Fechterinnen und Zuschauer. Das Finale sahen über 400 Zuschauer , darunter Prominenz aus Wirtschaft und Politik. Siegerin und Pokalgewinnerin des letzten Weltcup Turnieres wurde Adeline Wuilleme aus Frankreich. Auch als B – Qu Turnier sind immer noch Fechterinnen aus 4 – 5 Nationen in Göppingen am Start und fechten um das Preisgeld und Punkte für die Deutsche Rangliste.

Walter Kamm war viele Jahre Fechtmeister und Trainer bei der Turnerschaft , ihm folgte 1982 Joachim Rieg als neugebackener Fechtmeister und Landestrainer. 1995 wurde Joachim Rieg Bundestrainer und seither ist Martin Münd bei uns als Säbeltrainer tätig. Seit 2004 ist neben Martin Münd noch Oleksander Voitov mitverantwortlich für das Säbelfechten. Für das Degentraining war Michael Bodemer zuständig , der Loris Saglam und Felicitas Bechter zu zwei Spitzenfechterinnen machte. Heute gibt Andreas Becker und seine Frau Felicitas geborene Bechter , das gelernte weiter und unterstützen den Abteilungsleiter Walter Kunberger. Damit ist der Grundstock gelegt für eine weitere gute Zukunft der Fechtabteilung der Turnerschaft Göppingen.

Im Jahr 2012 wurde das Stauferland Turnier zum 50.Mal ausgetragen, das letzte Mal unter der Leitung des langjährigen Abteilungsleiters Walter Kunberger. Siegerin des Jubiläumsturniers war Sandra Bingenheimer.