Neuaufbau

Nochmal von vorne

Die zweite Überschrift ist nicht ganz richtig. "Nochmal von vorne" trifft es nicht ganz genau. Denn wir mussten Theo nicht nur einfach nochmal ausbilden, sondern ein schweres Trauma bearbeiten. Das ist schwieriger und langwieriger. Immer wieder taucht etwas auf, das ihm wieder Angst macht. Neu ist: er verweigert Dinge, die ihn ängstigen. Dabei war er mal das coolste Pferd auf dem Hof. Nichts hatte ihn mehr erschreckt.

Theo hatte das Vertrauen in den Menschen an sich verloren. Und er hatte gelernt, dass ich ihn nicht immer beschützen kann.

Zunächst versuchten wir, wieder Routine in den täglichen Ablauf zu bringen. Stück für Stück mussten wir uns die benachbarte Wiese neu erarbeiten, da er sich nicht mehr weiter von seinem Paddock entfernen wollte. Wochenlang haben wir gebraucht, bis er mit uns auf der hinteren, zweiten Wiese auf unserem Gelände bis ganz nach hinten gegangen ist, ohne noch ängstlich zu sein.

Gänse, die von der Wiese aufflogen, wenn wir uns näherten, erschreckten ihn plötzlich wieder. Rehe auf der anderen Seite des Zaunes waren eine Katastrophe. Ich konnte ihm meine Begeisterung über die Rehe vermitteln, so dass er die Angst verlor. Die Gänse habe ich vom Weiten gerufen, damit sie wussten, dass wir kommen. So hatten sie Zeit, gemächlich Platz für uns zu machen. Das nahm Theo die Angst vor ihnen.

Ich habe die Desensibilisierung mit Plane, Plastiktüte und Regenschirm wiederholt.

Noch nach Wochen hat Theo immer mal wieder aus dem Nichts heraus ängstlich zum Eingangstor geblickt.

Inzwischen, nach einigen Monaten, ist Theo wieder ruhig und gelassen. Auf dem Hofgelände! Denn wir waren seit dem Vorfall noch nicht wieder im Gelände. Hinzu kommt: Wir sind ja auch noch auf einem neuen Hof! Dessen Gelände kennt Theo noch nicht.

Jeden Meter außerhalb des Hofgeländes müssen wir uns einzeln erarbeiten. Als einmal das Tor zum Nachbarhof aufstand und ich hindurchreiten wollte, war es, wie gegen eine unsichtbare Wand zu reiten! Ich musste absteigen und Theo auf den Nachbarhof führen!

Dasselbe ein wenig später, als auf dem Nachbarhof das Tor zur Straße offen stand. Hindurchreiten auf die Straße wäre nur mit Gewalt möglich gewesen. Also stieg ich wieder ab und führte ihn ein Stück auf die Straße.

Das wird noch viel, viel Arbeit. Und es wird lange dauern, weil wir aufgrund von Theo's Huferkrankung ja phasenweise immer wieder eingeschränkt sind. Und ob er je wieder ganz der Alte wird?...