Auch das muss man mit dem Jungpferd üben. Als Fluchttier sind ihm seine Beine die wichtigsten Werkzeuge, denn es braucht sie zum Weglaufen! Halte ich ein Bein fest, könnte es nicht weglaufen...
Aber zum Säubern oder Ausschneiden der Hufe muss das jederzeit möglich sein. Deshalb üben wir das.
Als wir Theo im Alter von zwei Jahren bekamen, konnte er noch keine Hufe geben. In seinen ersten zwei Lebensjahren hatte also noch niemand seine Hufe gesäubert geschweige denn ausgeschnitten! Also mussten wir das schnellstens üben, denn der erste Schmiedbesuch stand ins Haus. Trotz Übung hatte es der Hufschmied schwer. Erst später sollten wir erfahren, was die eigentliche Ursache dafür war:
Theo hatte im linken Hinterhuf Strahlkrebs, eine hässliche Huferkrankung, die zunächst niemand erkannte. Hierbei entsteht zuerst durch fehlende Pflege der Hufe Strahlfäule. Wird die nicht behandelt, frisst sie sich bis zur Huflederhaut durch und führt zur deren Entzündung. Das ist sehr schmerzhaft und es wird nur noch krankes, mangelhaftes Horn produziert. Das musste bei Theodor mehrfach operiert werden.
Theo hat heute noch Schmerzen beim Ausschneiden. Daran sieht man, wie wichtig die Hufpflege ist!!!
Zuerst übe ich mit dem Pferd, dass ich seine Beine im Fesselbereich auch mal etwas fester greife. Dann hebe ich den Huf ganz kurz auf und stelle ihn gleich wieder ab. Dazu stehe ich antiparallel zum Pferd (ich schaue zur Kruppe, also dem Hinterteil des Pferdes) und ziehe mit der Hand am Fesselgelenk das Bein nach vorn-oben und drücke gleichzeitig mit meinem Ellenbogen das Bein am Sprunggelenk nach hinten ("vorn" und "hinten" aus meiner Sicht). Durch die zwei Druckpunkte wird dem Pferd deutlicher, was ich möchte. Sobald das Pferd sein Bein freigibt, hebe ich den Huf kurz auf und setze ihn wieder ab.
Erst später nehme ich den Huf weiter nach oben und verlängere die Zeit, die ich den Huf in der Hand halte, schrittweise. Noch etwas später beginne ich, mit dem Hufkratzer die Hufe zu säubern. Es wird eine gewisse Zeit vergehen, bis ich das erste Mal die Hufe vollständig säubern kann.
Huf kurz aufnehmen
Hat ein Pferd in der Vergangenheit bereits ausgeschlagen, sollte ich nicht mit der Hand nach seinen Beinen greifen. Schließlich befindet sich dann mein Kopf eventuell im Schlagbereich.
In einem solchen Falle nehme ich ein Seil zu Hilfe. Ich lege eine Schlinge um seine Fessel und übe leichten Zug, zunächst nach vorn, aus. Den kann ich nach ein paar Sekunden etwas steigern, wenn noch keine Reaktion erfolgt. Sobald das Pferd das Bein kurz freigibt und den Huf vom Boden abhebt, lasse ich jeden Zug sofort wieder nach und lobe das Pferd. Nach und nach verlängere ich die Zeitdauer, die ich den Huf oben halte. Später kann ich mit der Seilschlinge den aufgenommenen Huf von vorn nach hinten heben. Noch später kann ich den Huf auch mal kurz mit der Hand übernehmen und am Schluß das Seil ganz weglassen und mit der Hand weiterüben.
Seilschlinge um das Fesselgelenk legen und durch Zug nach hinten aufnehmen
Hier setze ich das Bein durch Zug nach vorn wieder ab
Ist auch das Anlegen einer Seilschlinge nicht möglich, weil das Pferd in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht hatte, greife ich zu einem weiteren Hilfsmittel, um zunächst das Schlagen abzustellen:
Die habe ich mir aus dem Teleskopstiel eines Wischmops, einem Arbeitshandschuh, einem Schwamm und Klebeband gebastelt. Der Schwamm kommt als Füllung in den Handschuh und dieser wird dann mit dem Klebeband am Teleskopstiel angebracht. Das kann auch ein Stück von einem Besenstiel sein.
Der Zweck des Ganzen ist: Ich kann damit gefahrlos die Beine des Pferdes "anfassen", ohne in den Schlagbereich zu geraten. Durch den Stiel habe ich genug Abstand. Damit das während der Übung auch so bleibt, halte ich das Pferd am Führstrick. Bewegt das Pferd sein Hinterteil auf mich zu, nehme ich den Führstrick an und hole den Kopf des Pferdes weiter zu mir, so dass sich die Kruppe wieder von mir wegdreht. So kann ich solange mit der "Hand" am Pferd bleiben, bis es seine Bemühungen einstellt und zu Schlagen aufhört. Erst dann nehme ich zeitgleich die künstliche Hand vom Pferd und lobe es. Diese Übung wiederhole ich solange (notfalls über mehrere Tage) bis mein Pferd auf Berührungen seiner Beine gar nicht mehr reagiert.
Berührung mit der künstlichen Hand
bis das Pferd nicht mehr reagiert