Von Seesternen und anderen Hirnlosen

Sina Blackwood

Der Parasit

Den Hirntod einiger Individuen der Art Homo Sapiens muss man nicht medizinisch nachweisen. Der offenbart sich im täglichen Leben und trifft nicht nur Politiker. So war Laberbert Mogelschwatz ein besonders totes oder vielleicht sogar hirnloses Exemplar. Eigenes Unvermögen malte er in den buntesten Farben schön, meist in Rosarot und Himmelblau. Besonders das Himmelblau hatte es in sich. Man durfte, um Himmels Willen, nicht am wundervoll glänzenden Lack kratzen, dann machte es nämlich „pfffffft“ und die faulige Blase, die darunter war, quoll deutlich sichtbar an die Oberfläche. Böse Zungen behaupteten gar, er habe nur Singen und Klatschen studiert und sein narzisstisches Gehabe diente einzig dem Zweck, dies vor den Augen der Welt zu verbergen. Allerdings musste man schon von Natur aus einen ziemlichen Schleier auf den Augen haben, um es nicht zu sehen. Überdies stank es ja auch schon Meilen gegen den Wind, dass an ihm etwas faul war. Das war dann wohl auch der Grund, weshalb er nicht als Politiker taugte und in der freien Wirtschaft eines Provinznests hängen geblieben war. Wobei es „hängen geblieben“ auch nicht wirklich traf – er driftete mit jedem neuen Versuch, den Hirntod zu verbergen, eine Stufe tiefer auf der Karriereleiter, statt diese zu erklimmen, wie es ihm wohl einst von Lehrer Ast auf der Baumschule verheißen worden war. Egal, was er anpackte, der modrige Geruch eines ausgemachten Pleitiers umwehte ihn wie ein düsterer Nebel, den er als Gloriole seiner Genialität zu verkaufen suchte. Und es ging weiter abwärts. Vor allem menschlich. Wie jede Schmarotzerpflanze dieser Welt war er einzig durch das Rauben der Energie und der Ideen anderer, sich wirklich selbstständig zum Licht erhebender Pflanzen in der Lage, überhaupt vorwärts zu kommen. Dass er diese unfreiwilligen Wirtspflanzen dabei mitunter zum Absterben brachte, störte ihn nicht. Meist bemerkte er es nicht einmal in seiner Hirnlosigkeit. Selbstbeweihräuchernd glorifizierte er dies bestenfalls als gelungene Sanierung seiner eigenen wackeligen Existenz, die sich bei jedem Windhauch in eine andere Richtung neigte, welche dann sofort zur einzig richtigen und gewollten erklärt wurde. Bis sich der Wind wieder drehte, was dieser ja ständig tut. Eines Tages traf er zufällig auf einen versierten Gärtner, von dessen Fähigkeiten er null Ahnung hatte, und laberte ihn so lange zu, bis der sein Handwerkzeug zückte, um sämtliche potenzielle Wirtspflanzen der Umgebung von jeglichem Wurzelwerk des Schmarotzers zu säubern. Fein gehäckselt und gemahlen, machte man aus Laberbert schließlich Dünger, wie aus jeder anderen Kacke, welche die größten Rindviecher selbst der dümmsten Bauern von sich geben. Das einzige Mal in seiner Existenz, wo Laberbert nicht nur sich selber nützlich war.