Nachdem ein RTW in den Fokus geraten ist, wurde gezielter gesucht. Die Angebote auf den üblichen Portalen lagen allerdings im Bereich von 12-13 Tsd Euro für Rettungswagen mit 4-Zylinder Diesel und weit über 250.000 Kilometern auf dem Tacho und in der Regel abgelaufenem TÜV. Das würde mein Budget sicher sprengen.
Als ich dann auf der Plattform "Zollauktion" gelandet bin, wurde ich langsam optimistischer. Allerdings waren die hohen Laufleistungen bei den 4-Zylinder-Modellen abschreckend. Die meisten RTWs waren immerhin mit Automatikgetrieben ausgestattet. Vereinzelt tauchten auch 6-Zylinder-Modelle auf. Auf die würde ich mich konzentrieren. Ich beobachtete mehrere Wochen die Auktionen und fing dann an mitzubieten. Bevorzugt bei den fahrbereiten Modellen mit gültigem TÜV, um sie auf eigener Achse überführen zu können. Denn die RTWs waren allesamt über 3,5 Tonnen angesiedelt. Ein Transport wäre entsprechend teuer.
Nach 2,5 Monaten wurde ich auf eine Auktion aufmerksam: Ein 6-Zylinder Diesel-Sprinter mit Automatik und satten 320 Tkm Laufleistung und hohem Startpreis von 8.750,- €. Na ja, das ist ein Haufen Geld für so einen ausgelutschten Motor. Trotzdem schaute ich mir das Gutachten an. Als erstes fiel ins Auge, dass der Einstandspreis zugleich der von DEKRA ermittelte Händler-VK war. Hm, was soll das denn? Da wird kein Händler mehr mitbieten.
Aber dann ganz am Ende stand im Text: Austauschmotor, Austauschgetriebe, Austauschlenkgetriebe bei Km-Stand 240.000. Hm, also ist die Technik erst 80.000 Km gelaufen. Das klingt doch mal nach einem brauchbaren Fahrzeug. Zudem noch gültiger TÜV und fahrbereit. Das würde die Überführung von Hannover auf eigener Achse ermöglichen. Laut dem Fuhrparkleiter der Feuerwehr in Hannover ist der Wagen in einem außergewöhnlich gutem Zustand für das Alter von 10 Jahren.
Das beobachte ich doch mal. Die Auktion läuft noch 3 Wochen und ich schaue gelegentlich vorbei und es kommt kein einziges Angebot. Ich werde nervös; könnte das klappen? Hat keiner das Gutachten bis zum Ende gelesen? Der Tag der Auktion naht und ich zähle die Stunden und dann die Minuten. Ich melde mich an gehe zur Gebotsabgabe noch 1 Minute, noch 30 Sekunden, mein Puls beschleunigt, noch 20, noch 10...ich gebe mein Gebot ab. Hoffentlich bleibt jetzt nicht die Verbindung oder die Plattform hängen!
Nach weiteren 10 Sekunden dann die Meldung: Zuschlag erteilt. YES! Ich war der einzige Bieter, daher bekomme ich das Fahrzeug zum Startpreis. Die wichtigsten Daten: EZ 2010, 419 CDI (3L-6-Zylinder Diesel) und mit Doppelbereifung & Luftfederung an der Hinterachse . Zulässiges Gesamtgewicht: 4,6t
Die weitere Abwicklung lief problemloser als ich gedacht hatte. Den Kaufpreis hatte ich noch am selben Tag überwiesen und 2 Tage später hatte ich alle Papiere in der Hand. Mit den Papieren ab zum Straßenverkehrsamt und rote Nummernschilder besorgt und einen Termin zur Abholung in Hannover vereinbart.
Heute habe ich den RTW bei der Feuerwehr in Hannover abgeholt. Dreieinhalb Stunden Dauerregen hin und dreieinhalb Stunden Dauerregen zurück. Aber total egal, innerlich hat bei mir die Sonne geschienen.
Die Übergabe ging flott. Batterien sind voll, die Kiste funktioniert inkl. Zusatzheizung und Klimaanlage, der Zustand ist viel besser als erwartet. Auch die Luftfederung hinten, mit der man per Schalter das Niveau regulieren kann funktioniert. Ein Feuerwehrmann war ein wenig gefrustet, dass die Fahrzeuge heutzutage alle versteigert werden und die Angestellten die nicht selber günstig kaufen können, wie es früher üblich war. Da ich nicht bei der Feuerwehr bin, ist mir das sehr recht.
Da der RTW im Regen stand, wäre das Überkleben der Blaulichter und Beschriftungen schwierig geworden. Der Kollege von der Feuerwehr meinte dazu: "Also, ich bin mir sicher, das alles überklebt war, als Sie das Gelände verlassen haben!". Ist eh viel cooler in vollem Ornat zu fahren - wer wollte als Kind nicht Feuerwehrmann werden?
Die Kiste fährt auch ohne verklebten Blaulichtern super, der Sechszylinder läuft ruhig Ganz problemlos war die Rückfahrt allerdings nur 2 Stunden lang - dann ging die Motorkontrollleuchte an und der Motor ging in den Notbetrieb (max. 120 Km/h und wenig Leistung beim Beschleunigen, aber sonst läuft alles normal).
Zuhause habe ich per OBD2 die Fehlercodes ausgelesen. Es ist ein Fehler im Abgassystem oder bei der Ladeluft. Kann verschiedene Ursachen haben: DPF kann zu sein (der lässt sich reinigen), es kann ein Loch im Ladeluftkühler oder in den Unterdruckschläuchen sein. Es gibt auch eine Quelle, die sagt, dass der Fehler kein echter Fehler ist, weil er einen defekten NOX-Sensor anzeigt, der in dem Modell nicht verbaut ist.
Ich habe empfehlungsgemäß die Fehlercodes gelöscht und eine Probefahrt unternommen. Der Fehler ist nicht wieder aufgetaucht. Trotzdem werde ich mal die o.g. Dinge kontrollieren. Große Sorgen mache ich mir keine. Es ist jedenfalls kein Fehler, der mich wirtschaftlich ruinieren würde.
Meine Ankunft zuhause habe ich dem Anlass angemessen akustisch und optisch untermalt. Die weitere Nachbarschaft weiß jetzt Bescheid. Sch*** sind die Sirenen laut
Die Menge an Schaltern mit undefinierbaren Symbolen muss ich noch alle austesten (vorher kappe ich allerdings die Sirenen).
Heute wird noch der Innenraum vermessen, damit ich die Grundrissplanung machen kann. Davon hängt ja die Installation ab. Welche Komponenten ich für Strom, Wasser, Gas, Heizung usw. verwende weiß ich inzwischen, nachdem ich das Internet einmal komplett durchgelesen habe und mindestens alle Youtube-Videos zu Wohnmobilumbauten gesehen habe.
Dann werde ich morgen mal beim TÜV anrufen, um eine Vorbesprechung der Abnahme zu vereinbaren. Mal sehen, ob ich diese Woche einen Termin bekomme. Die Kennzeichen sind nur bis Freitag gültig.