2017 Cevennen & Pyrenäen

Juni 2017

Vorbereitung und Anfahrt

Unmittelbar nach unserem letztjährigen Urlaub in den Westalpen (noch ohne tremor) starteten die ersten Überlegungen für den nächsten Urlaub, diesmal in Richtung der Cevennen und Pyrenäen. Blahwas hatte bis zuletzt erhebliche Vorbehalte gegen die Cevennen aufgrund eines traumatisch verlaufenden Urlaubs mit sintflutartigen Regenfällen, Erdrutschen und Reifenschäden. Aber er beugte sich der optimistischeren Mehrheit, und stellte sich den Dämonen der Vergangenheit. Um es schon mal vorweg zu nehmen: Wir sind im ganzen Urlaub nicht einmal nass geworden und einen Reifenschaden gab‘s auch nicht.

Manuel, der humanoide Atlas und Träger des schwarzen Gürtels in Geographie, startete umgehend mit der Routenplanung, auch wenn die Routen erfahrungsgemäß noch bis zum Morgen des jeweiligen Fahrtages umgeplant werden würden. Aber die Planung ist schon fast so spannend, wie die Fahrt selber – nur mit weniger Schräglage.

Für 2017 holten wir uns tremor ins Team, um den einheimischen Supermoto-Fahrern etwas entgegen setzen zu können. Eigens dazu hatte tremor sich eine KTM 690 SMC-R zugelegt und seine 600er CBR zuhause gelassen. Zu einer direkten Konfrontation kam es dann doch nicht, aber es ist immer gut, vorbereitet zu sein. Auch Manuel war mit seiner MT07 Tracer mit neuem Material unterwegs. Blahwas und ich blieben bei unseren bewährten Maschinen, einer Versys 650 und einer R1200GS.

Der Urlaub sollte unter dem Motto „Back to the Roots Camping“ stehen, also der Reduzierung auf das für‘s Überleben unabdingbare Mindestmaß. Daher ist unsere Packliste sehr übersichtlich:

  • 2 Limousinen (vollbepackt bis unter‘s Dach) + Anhänger + 4 Motorräder (Versys 650, MT07 Tracer, KTM 690 SMC-R (plus 2,5 Liter Motoröl), BMW R1200GS

  • 5 Helme, 5 Motorradkombis und Regenkombis (tremor hatte seine immer dabei, um die Götter nicht zu provozieren)

  • 4 Zelte + 1 Technik-Pavillon

  • Tisch plus 4 Stühle (3 davon mit Beinauflage)

  • Leistungsrollenprüfstand (na gut, es war nur ein Rollenständer zum Kette fetten).

  • Druckluftstation (Fußpumpe plus Manometer)

  • Kühlbox

  • Elektrische Beleuchtung

  • Gasgrill

  • 2 elektrische Zahnbürsten

  • 20 Flaschen Fassbrause

  • Tremor hat nach eigenem Bekunden, frische Unterwäsche für jeden Tag dabei. Wir fragen nicht näher nach...

  • IT-Infrastruktur: 3 Laptops, 3USB-Multiladegeräte, Kabeltrommel, 6 Powerbanks, 5 Smartphones

  • 2 SR-Kameras, 1 Gro Pro 3, Eine TomTom Bandit, 2 Kompakt-Kameras, OBD-Kit und unzählige Kabel. Auf einen Netzwerkserver haben wir doch verzichtet. Soll ja minimalistisch zugehen.

Die Mopeds sind verpackt - los geht's...

Die Anreise verlief unspektakulär, Blahwas und ich starteten Sonntag Abends, Manuel und Tremor am Montag morgen. Nachdem ich in der Nacht ein Tempo 90 Schild übersehen hatte, wurde ich mit einem Foto belohnt, das mir vermutlich eine amtliche Geschwindigkeitsüberschreitung von 10 Km/h bescheinigen wird. Mal sehen, ob was kommt.

Nach einer 2-stündigen Schlafpause zwischen 3:00 und 5:00 Uhr erreichten wir gegen Mittag unser erstes Basislager in Florac am Tarn. Damit war das erste Rennen schon früh entschieden: 1:0 für die Wessies.

Die Ossies würden erst gegen Abend eintreffen. Wir durften uns zwei Plätze aussuchen und entschieden uns für die Luxusvariante direkt am Fluss mit jeweils einem fest installiertem Pavillon. Sehr praktisch so was.

Nach dem Aufbau unserer Zelte und des Technik-Pavillons ging‘s in den Tarn. Der ist übrigens Anfang Juni nur wenige Zentimeter kalt. Ich hab nachgemessen.

Unsere Moppeds schauten ein wenig beleidigt aus der Wäsche, weil wir sie nach dem Abladen nicht doch noch durch die Cevennen gescheucht haben, aber nach 12 Stunden Fahrt und nur 2 Stunden Schlaf in der letzten Nacht, siegte die Vernunft auch wenn‘s echt schwer gefallen ist.

Gegen Abend trafen dann auch Manuel und tremor ein. Noch bevor sie ausgestiegen waren, nutze Blahwas die Chance für eine erste Probefahrt. Allerdings war die unzureichende Schutzausrüstung völlig verantwortungslos:

Wir machten es uns auf den Liegestühlen mit kühlen Getränken (so eine Kühlbox ist unbezahlbar) bequem und kommentierten den Wettbewerb zwischen Manuel und tremor beim Zeltaufbau. Tremor lag lange Zeit deutlich Führung. Leider mussten wir beide disqualifizieren, da sie nicht rechtzeitig zur Linsensuppe fertig waren. Ist eben kein Ponyhof hier.

Wir machten es uns auf den Liegestühlen mit kühlen Getränken (so eine Kühlbox ist unbezahlbar) bequem und kommentierten den Wettbewerb zwischen Manuel und tremor beim Zeltaufbau. Tremor lag lange Zeit deutlich Führung. Leider mussten wir beide disqualifizieren, da sie nicht rechtzeitig zur Linsensuppe fertig waren. Ist eben kein Ponyhof hier.

Die Route für den ersten Fahrtag wurde ausgetauscht und auf die Navis geladen. Alle Moppeds waren fahrbereit. Am nächsten Morgen sollte es endlich losgehen.

Cevennen - Tag 1

Endlich geht‘s los! Nachdem wir uns mit Baguette und Schokobrötchen landestypisch für die Tour vorbereitet haben, werfen wir uns in Schale. Der Himmel ist bewölkt und die Vorhersage mit 50% Regenwahrscheinlichkeit unbeständig. Wir entscheiden uns, die Regenkombis noch nicht anzulegen. Blahwas kümmern solche Überlegungen in seiner Membranklamotte eh nicht. Manuel führt seine noch ziemlich neue Jacke zum ersten mal nach Frankreich aus, tremor fährt wie immer stilecht in farblich abgestimmter Lederkombi mit orange verspiegelter Brille. Macht schon was her und wird den Einheimischen schon ausreichend Respekt einflößen. Ich begnüge mich mit Kevlar-Jeans und membranloser Jacke.


Blahwas fährt neuerdings mit zwei Navis (eins rechts, eins links). Wir können nur mutmaßen, wozu dieser Versuchsaufbau gut ist. Die wahrscheinlichste Erklärung: Ein Navi sagt die Abbiegehinweise für Rechts, das andere für links an. Wir bleiben dran...

Ich freue mich tierisch auf die Cevennen, weil ich sie landschaftlich einfach klasse finde und zum Motorradfahren ideale Bedingungen bieten: Sehr dünn besiedeltes Gebiet, typisch französischer rauer Asphalt, schöne Kurvenradien mit wenig Kehren für flüssiges Fahren und sehr wenig Verkehr. Die Gendarmerie betrachtet Motorradfahrer hier nicht als lärmende Irre, französische Autofahrer machen traditionell Motorradfahren bedingungslos Platz.

Ein leichter Nieselregen setzt zu Beginn ein und lässt uns die Regenkombis überstreifen. Natürlich hört es danach sofort wieder auf. Also wieder ausziehen. Nachdem dieser Ernstfall nun geprobt war, hatten wir dem Regengott ausreichend gehuldigt und er ließ es für den Rest des Urlaubs dabei bewenden.

Bei der ersten Pause untersuchte tremor seine neuen Reifen, was in folgendem Dialog für das Poesiealbum mündete:

Tremor: „Warum ist mein Reifen so dreckig?“

Blahwas: „Weil du keine saubere Linie fährst, Mensch!“

Verstohlen wischte ich hinter meinem Rücken über meinen Reifen.

Damit war das Thema erledigt und es ging weiter. Das Grinsen unter dem Helm ob der Kurvenorgie drohte sich irreversibel in mein Gesicht einzubrennen, als Blahwas auf gerader Strecke unvermittelt den Anker warf. Tremor, den unmittelbar hinter ihm fuhr holte alles aus seiner Bremsanlage raus, was bei mir ebenfalls zu vergrößerten Pupillen und einer Vollbremsung auf ca. 100 Km/h im Regelbereich bis in den Stand führte. So standen wir alle versetzt, mehr oder weniger nebeneinander auf der Landstraße. Verdutzt fragten wir „Warum???“. „Da war ein Passknackerpunkt!“ klärte Blahwas uns auf und kletterte von der Versys, um ein Beweis-Foto zu schießen. „Ach so, na dann...“ Die spinnen, die Passknacker.

Danach führte und Manuel zum Mittagessen in ein kleines Restaurant mitten im Nirgendwo: Wir bestellten alle das Menü „Omelette aux Champignons, Frites, Salad Verte, Café“ (sehr lecker und preiswert) und betrachteten etwas mitleidig die dazugekommenen Radfahrer. „Können die sich keinen Motor leisten?“. Merkwürdiges Völkchen diese Radfahrer.

Manuel bekam von der Bedienung noch eine kleine Französisch-Lektion – also sprachtechnisch jetzt - als Blahwas von der Toilette zurück kam und uns die dort aushängende Bedienungsanleitung sinngemäß übersetzte:

Herren: „Wir bitten alle Herren nahe an die Toilette heran zu treten. Er ist kürzer als du denkst!“

Damen: „Wir bitten alle Damen während der gesamten Performance sitzen zu bleiben!“

Wir verabschiedeten uns mit einem ordentlichen Trinkgeld und gingen frisch gestärkt den zweiten Teil des Tages an. Nach dem Mittagsessen zeigte Blahwas ungewohntes Verhalten: Auf der Landstraße liefen wir auf ein Gendarmerie-Fahrzeug auf, das knapp unter 90 fuhr; da war also noch Luft zum Überholen. Blahwas überholte jedoch nicht, was die Gendarmen wohl so verunsichert hatte, dass sie bei nächster Gelegenheit abbogen. Damit hatten wir uns eindeutig als Touristen verdächtig gemacht.

Ein paar Minuten später fuhren wir auf der Landstraße mindestens 300m mit ca. 60 Km/h hinter einem Sattelschlepper her. Wir waren irritiert und warfen uns fragende Blicke zu. Bei nächsten Stopp argumentierte Blahwas, dass wir kurz darauf doch abbiegen mussten. Äh ja, und warum haben wir den nicht überholt? Es sollte aber die einzige Auffälligkeit in diesem Urlaub bleiben. Es lag wohl noch am Jet-Lag.

Zwischen Atlantik und Mittelmeer

Meine persönliche Lieblingschildkombination

Manuel, immer noch FZ1-geprägt, drängte als erster zum Tankstopp. Aber das sollte sich noch legen, weil tremor mit der 690er eindeutig die geringste Reichweite hatte. Für den Ernstfall hat er aber vorgesorgt und eine Gallone Ersatzsprit eingepackt. Gebraucht hat er den aber nie. Wir sind ja nicht in der Steppe unterwegs. Aber es beruhigt aber doch ungemein.

Bei nächster Gelegenheit flog ein Rückspiegel der KTM direkt vor mir in hohem Bogen in den Straßengraben. Hat sich soweit losvibriert, dass tremor das Ding vorsichtshalber entsorgt hat. Respekt, das erste Teil seit 200 Kilometern. Nicht schlecht für eine 690er KTM.

Äußerst zufrieden mit dem ersten Tag deckten wir uns im nahegelegenen Supermarkt mit Grillfleisch ein und planten den kommenden Tag. Auf 4 Geräten ergaben die gleichen Zwischenziele vier unterschiedliche Routen und Distanzen. Wir können nur hoffen, dass wir morgen alle in die gleiche Richtung fahren.


Fazit für heute: Keine Unfälle, Umfaller oder ungeplante Ausflüge und keiner ist verloren gegangen. Sehr geile abwechslungsreiche Strecken von kleinsten Wegen bis zu gemaltem Landstraßen-Kurvengeschlängel für maximale Schräglagen. Wir planen für morgen ein Gruppenfoto. Da wir keinen Fotoreporter dabei haben, schlägt Tremor vor, parallel durch die nächste Blitzanlage zu fahren. Der Vorschlag findet allgemeine Zustimmung. Wird aber schwierig hier eine zu finden.

Cevennen 2. Tag

Heute starten wir bei kühlen 15° und bedecktem Himmel. Der Pulli kommt mit. Eine gute Entscheidung, wie sich herausstellt, nachdem wir den Col de „Arschkalt“ Monté El‘Aigoul auf 1.551m üNN erklommen haben: 5° Grad im Juni! Wir machen ein paar Fotos und sehen zu, dass wir so schnell wie möglich an Höhe verlieren.

Egal wohin man hier abbiegt, kein Verkehr, kaum Ortschaften, und noch weniger Geschwindigkeitsbegrenzungen – kurz gesagt, wir vermissen nichts was sonst immer stört.

Dann aber ein Navigationsfehler von Blahwas, der uns völlig unnötigerweise auf eine von einem motorradfahrendem Gott gemalte Strecke gezwungen hat. Schnelle Kurven ohne Ende; ideale Radien für maximale Schräglagen; bester Asphalt; ein wenig Schotter an einer Stelle, damit der Adrenalinspiegel auch mal einen Peak bekommt. Blahwas, der den Fehler sofort bemerkte, ließ sich nichts anmerken und fuhr ungerührt weiter. Am Ende der 15 Km langen Kurvenstrecke hielt er an und teilte uns mit, dass wir die Strecke leider wieder zurückfahren müssen. Allgemeines Entsetzen: „Och nööö, aber wenn es gar nicht anders geht!“ Tremor ließ sich noch im Zustand eines leichten Kurventraumas übertölpeln und von Blahwas zu einem Tausch der Moppeds überreden. Weg war er mit der KTM.

Also alle hinterher und einen auf einen Moment des schlechten Gewissens bei Blahwas hoffen. Am Ende der Strecke hat er dann doch gewartet: „Das war eine teure Probefahrt!“ war seine erste Bewertung. Aber auf Preisverhandlungen ließ sich Tremor dann doch nicht ein.

Nachdem Blahwas mich fragte „War ich mit der 690er schneller als mit der Versys?“ und ich das mit einem eindeutigen „Ja“ bestätigte, war es um ihn geschehen. Mal sehen, ob die Versys bald weichen muss.

Hier gilt Halteverbot, was wir uns natürlich nicht zweimal sagen lassen:

Zwischendurch mal ein Stopp bei einem sehenswerten Wasserfall. Wir sind zu Fuß gegangen, obwohl man es auch hätte fahren können – ein Stück zumindest – vielleicht auch nur bergab – und vermutlich nur einmal.

Die Temperaturen hatten sich inzwischen schon deutlich erhöht und auch die Sonne setzte sich durch. Die Körpertemperaturen erhöhten sich zusätzlich, weil der erste Offroad-Passknackerpunkt des Urlaubs anstand. Traktionskontrolle auf Geländemodus und Gaaaas geben – soweit das mit stollenlosen Straßenreifen halt möglich ist.

Auf den Geraden klappt das ganz gut – nur wenige Stellen mit größeren Löchern – in den Kurven ist es schon ein ziemliches Rutschen. Spaß macht es trotzdem.

Oben angekommen erwartet uns ein phänomenales Panorama der Cevennen. Wir stellen fest, das wir zwar ganz oben angekommen sind aber kurz vor Schluss einmal hätten abbiegen müssen, um den Passknackerpunkt zu finden. Sind aber nur 500 Meter zurück und eine letzte steile Rampe hinauf.

Die wird allerdings Manuels Schulter und Tracers Ölwanne zum Verhängnis. Zu wenig Gas und ein größeres Schlagloch stoppen die beiden. Sie nutzen die Gelegenheit zu einer Pause und legen sich erst mal hin. Wir betätigen uns als Bergwacht und retten die beiden.

Sebastian war durch seinen Schutzpatron besser geschützt:

Manuels Schulter schmerzt und wird für die nächsten zwei Tage in der Kategorie „Männerschnupfen“ zu Dauerthema. Die Tracer ist ob des Offroad-Ausfluges beleidigt und spukt aus Protest fortan Öl aus einem kleinen Loch in der Wanne auf den Sammler und macht dadurch auch per Geruch auf sich aufmerksam. Zudem leitet sie das Öl während der Fahrt auf den Hinterreifen, um sich vor weiterem Missbrauch durch Manuel zu schützen.

Dem großen Google-Orakel sei Dank, finden wir in 9 Km Entfernung einen Baumarkt, der uns freundlicherweise mit Epoxid-Metall-Kleber (hält bis 260°), Bremsenreiniger, Schleifpapier und Öl versorgt.

Inzwischen sind die Temperaturen auf 30° gestiegen und wir suchen uns ein schattiges Plätzchen für die anstehende Operation.

Die Tracer kommt auf dem OP-Tisch und wird fachgerecht betäubt. Manuel kann bei der Operation nicht hinsehen und droht ohnmächtig zu werden: „Ich kann doch kein Blut, ähm Öl sehen!“.

Die Wunde wird mit Schmirgelpapier und Bremsenreiniger desinfiziert und anschließend verschlossen. Die Operation verläuft erfolgreich – ist letztendlich nur ein Routineeingriff, den ich bei den Boxer-Ventildeckeln nach Bodenkontakt schon mehrfach durchgeführt habe. Bisher ist mir noch kein Mopped unter dem Messer weggestorben.

Nachdem die Tracer wiederbelebt wurde, treten wir den Heimweg an. Manuel ist noch sehr skeptisch, was die Wundversorgung angeht und wir prüfen die Narbe unterwegs mehrfach. Aber die Wanne bleibt bis zum Ende des Urlaubs dicht.

Am Platz wird der Grill angeworfen und der kommende Tag geplant. Es steht der Wechsel in die Pyrenäen an.

Ortswechsel in die Pyrenäen - Gruppe 1

Vor dem Wechsel in die Pyrenäen gab‘s Verhandlungen, wer denn jeweils mit dem Motorrad in die Pyrenäen fahren darf und werden Wagen mit Anhänger nimmt. Immerhin 5 Stunden Fahrtzeit. In den Pyrenäen sind zwei Basislager geplant, so dass tremor und ich den ersten Umzug mit dem Auto absolvieren. Da Manuel und Blahwas akute Passknacker-Suchtsymptome zeigen, habe ich zudem Bedenken, dass sie unterwegs einfach die Wagen stehen lassen und Pässe sammeln.

Im Nachhinein ein ganz schlechter Deal, weil der zweite Umzug flach fallen wird, weil später niemand Lust verspürt, noch einmal alles einzupacken, um weiter zu ziehen. Dafür dürfen die beiden uns mindestens für immer zutiefst dankbar sein. Für den nächsten Urlaub haben wir jedenfalls einen gut.

Tremor kündigen an, um Punkt 8:30 Uhr (dann gibt‘s am platz die Schokobrötchen) den Platz zu verlassen, damit wir am Nachmittag noch eine Runde drehen können. Alles was Manuel und Blahwas bis dahin nicht verpackt haben, müssen sie auf den Moppeds mitnehmen. Offensichtlich waren wir überzeugend. Die beiden hatten pünktlich alles eingepackt.

Die ersten Kilometer der Überführungsstrecke sind eng, steil und schlaglochübersäht. Kein Spaß mit Auto und Anhänger, zumal sich direkt an der Ausfahrt des Campingplatzes ein holländischer Wohnwagen vor uns setzt, der beschlossen hatte, die gleiche Strecke mit Standgas zu fahren.

Nach 3 Minuten verliere ich die Nerven und überhole die Gurke bei der ersten Geraden. Scheiß auf die weißen Linien auf der Straße. Ich bin ein geduldiger Autofahrer – 3 Minuten lang – immerhin. Zum Glück bekommt auch tremor bald eine Gelegenheit zum Überholen und wir kommen ohne weitere Zwischenfälle durch.

Wir finden einen tollen Campingplatz in der Nähe von Ax-Les-Thermes und richten uns dort häuslich ein.

Die erste kurze Abendrunde von Tremor und mir ist zu Beginn wegen des vielen Verkehrs und ungenauer Planung etwas mühsam, wird aber dann durch die schöne Landschaft und endlich auch Kurven doch noch spaßig.

Als wir auf den Platz zurück kommen sind auch Manuel und Blahwas angekommen. Manuel schleppt gerade seine Packrollen und erzählt mir freudestrahlend „Meine Schulter ist schon viel besser. Ich kann jetzt sogar meinen Sack wieder mit mir herum tragen“. Ich zwinge mich, nicht weiter darüber nachzudenken und verdränge die Bilder aus meinem Kopf.



Ortswechsel in die Pyrenäen - Gruppe 2

Der Technikpavillon wurde bereits am Vorabend abgebaut, und zwar bevor es dunkel wurde. Mit mehr oder weniger vereinten Kräften wanderte das Riesending in die vergleichsweise kleine Limousine. „Wie hat das alles jemals da rein gepasst?“ Gute Frage, nächste Frage: Wer muss Auto fahren mit Anhänger und Mopped hinten drauf, und wer darf auf eigenen Rädern umziehen? Die Strecke ist mit 430 km geradezu ideal für eine Tagestour. Ohne große Diskussion, aber nach einiger Verzögerung melden sich die Autobesitzer freiwillig. Dafür schwören die Mitfahrer hoch und heilig, beim nächsten geplanten Zeltplatzwechsel (von den Ostpyrenäen in die Westpyrenäen) diese undankbare Aufgabe zu übernehmen. Damit die Autofahrer morgen noch zumindest abends zum Motorrad fahren kommen wird früh schlafen gegangen. Gute Nacht.

Am nächsten Morgen wird früh eingepackt und abgebaut, damit die Autos auch wirklich alles tragen und kein Motorrad mit lästigem Gepäck fahren muss. Sehr selbstlos. Zwei Leute starten also etwas grimmig in den Tag, und zwei mit einer Mischung aus Entspannung, Vorfreude, Mitleid und auch leichtem Schuldgefühl.

Ich fahre mit Manuel Motorrad. Seine Schulter lässt das wieder zu und seine Ölwanne hält auch dicht. Unsere Route führt uns südlich über alle Passknacker, die so halbwegs auf dem Weg liegen und die wir noch nicht hatten (13 Stück). Das geht zunächst aus den Cevennen auf die Autobahn mit einer mautpflichtigen Brücke, dann die südlichen Cevennen, dann kommt eine Ebene mit etwas Besiedelung rund um Carcasonne und dann schon die ersten Ausläufer der Pyrenäen. Grober Überblick:

Da sind also zunächst wieder enge Strecken im Wald angesagt. Das Wetter ist natürlich einwandfrei.

Wir rasten am einzigen weit und breit zu findenden Restaurant. Passknacken heißt hier auch, Zivilisation zu vermeiden. Das Restaurant hat keine Karte, sondern nur das Tagesmenü: 12 Euro, 3 Gänge, Wein dabei. Klingt gut, ist aber jetzt gerade nicht so recht das richtige für uns. Wir bleiben beim Salat-Gang und erhalten noch Hühnchen dazu. Hühnchenherzen und Hühnchennieren, um genau zu sein. Hühnchenherzen sind echt lecker! Noch ein Eis hinterher, und schon geht es frisch gestärkt weiter südlich.

Statt endlos enger Straßen im Wald öffnet sich nun die Vegetation zunehmend und man macht Kilometer bei Kurven und ordentlicher Aussicht.

Die Durchfahrung des besiedelten Gebietes rund um Carcasonne erleichtert uns ein einheimische Duke-Fahrer (oder Fahrerin?) – wir hängen uns einfach hinten dran. Man will sich ja den lokalen Gebräuchen anpassen und nicht unangenehm als Ausländer auffallen. Kulturell sensibel wie wir sind, stehen wir also nicht im Stau, sondern halten nie wirklich an. An einer Tankstellenpause zwecks Sprit für die Moppeds und Abkühlung für uns sehen wir dann noch, dass es auch hierzulande Streetfighter gibt, nur echt mit „Stickers“-Sticker.

Jedoch verrät mich mein Gefährt zunehmend. Der Vorderbau der Fuhre tut dauernd so, als würde ich auf Längsrillen fahren. Ich habe schon das Lenkkopflager im Verdacht, oder vielleicht auch den Vorderreifen. Obwohl ich hier sehr sanft zum T30 Evo war und nicht wie letztes Jahr in jede Kurve reingebremst habe, kommt kein Gefühl fürs Vorderrad mehr auf, bzw. es ist dauernd unangenehm am seitlich arbeiten.

Die Strecke hier hat sich ein Passknacker ausgedacht: Route des Cols. Ein Schild nach dem anderen, ohne eine einzige Kehre, und teilweise geht es sogar richtig lange gerade aus! Und hier neigt sich mein treues Pearl-Navi in Sekundenschnell dem Erdboden zu. Ohne dass der Halter locker wäre - hä? Was'n da los? Halter gebrochen ist da los. Das Navi bekomme ich noch aufgefangen. Schöner Mist! Zwe Ersatzhalter liegen natürlich daheim. Fortan also nur noch Garmin für mich. Da fahre ich lieder Manuel hinterher. Und auf meinen rechten Stiefel tropft immer wieder ein wenig Kühlwasser. Dafür ist die Gabel links leicht undicht. Sonderlich erfrischend oder beruhigend ist beides nicht, aber Hauptsache Motor läuft. Sind ja nicht mal Warnlampen an!

Kaum werden die Kurven enger biegen wir ab und sind schon am Zeltplatz. Äußerst luxuriös, ca. 300 qm für uns vier und unsere 8 Fahrzeuge. Waschhaus mit WC, Klobrillen, Klopapier, Seife und so viel Warmwasser zum Duschen wie man will. Wow. Die uns bekannten Autos sind schon da, aber die Autofahrer sind gerade ausgeflogen – samt Motorrädern. Die Chatnachrichten lesen sich eher einsilbig. Da sollten wir wohl besser heute Abend mal im Restaurant das Essen ausgeben. Dazu kommt es aber nicht, denn als die beiden auftauchen, haben sie bereits Grillgut eingekauft. So gibt’s einen weiteren gemütlichen Abend am Zeltplatz voller Vorfreude auf dieses sehr bergige und grüne Kurvenrevier.

Pyrenäen - Ab nach Spanien

Zum Frühstück kommt der Hund des Campingplatzbesitzers vorbei und bekommt landestypisch etwas Baguette von mir. Zum Dank markiert er unseren Pavillon. Soll ja kein Konkurrent hier was abstauben. Er kam dann regelmäßig vorbei. Heute geht es – Blahwas würde sagen „Endlich!“ - nach Spanien. Er will schließlich alle spanischen Passknackerpunkte einsammeln, zumindest für sein Lebenswerk. Das Ziel, alle spanischen Pässe in einem Jahr zu fahren, würde noch einige Urlaube in Anspruch nehmen.

Nach einer kurzen Pause, fahren wir wieder los und biegen um die nächste Ecke und sehen mehrere Mannschaftswagen und zahllose Polizisten, die aber gerade Pause machen. Also kein Ticket bis jetzt. Der Pass ist offensichtlich eine bekannte Heizerstrecke mit viel Betrieb für einen Freitag-Vormittag. Am Wochenende wird das hier brechend voll sein. Eigentlich logisch, dass die Polizei hier kontrolliert.

Nachdem wir zum Pass Collada de Toses abgebogen sind, werden wir von einem wild gestikulierenden Motorradfahrer zum Anhalten genötigt. In einem wilden Schwall vieler spanischer Worte, unterstützt von dramatischen Gesten, warnt er uns vor einer Blitzerfalle. Na toll, kaum in Spanien, schon droht die Rennleitung. Er beschreibt uns extrem detailliert, wo die Falle lauert und welche harten Bestrafungen uns erwarten. Ein netter Mensch. Blöd nur, dass wir kein einziges Wort verstanden haben. Das bedeutet 42 Kilometer Passstraße mit Tempo 60! Das kostet uns extreme Selbstbeherrschung bis hin zur Selbstaufgabe. Aber wir haben keine Wahl und werden unterwegs auch noch von 2 französischen Motorrädern gedemütigt, weil wir uns wehrlos überholen lassen müssen. Dran hängen war uns dann doch zu riskant, weil wir nicht sicher waren, ob die von der Falle wussten.

Oben am Pass angekommen haben wir keine Blitzerfalle gesehen; so eine Sch***. Wir überlegen kurz, ob wir noch mal runter fahren und dann anständig wieder hoch bügeln, um unsere Ehre wieder herzustellen, verwerfen die Idee aber, ob der noch langen Tour vor uns.


Wir verlassen diesen unwirtlichen Ort und widmen uns etwas weniger frequentierten, aber nicht weniger schönen, Kurven. Wir legen eine kurze Pause in einem spanischen Cafe ein. Ich bemerke, dass „Bonjour!“ hier irgendwie nicht passend ist und stottere ein kurzes „Buon Gior...ähh, falsches Land...Ola!“ Ola geht immer. Hier gibt‘s heiße Schokolade, in der der Löffel stehen bleibt. Eigentlich bescheuert bei den Temperaturen, aber lecker. Zusätzlich gibt's eine Runde Eis, damit wir nicht an Calciummangel sterben.

Als nächstes steht eine zweite Offroad-Passage auf dem Programm. Manuels Puls beschleunigt sich. Tremor und ich fahren vor. Manuel kommt zu unserem Erstaunen nur kurz nach uns oben an. Die Tracer und er selbst unbeschädigt. Offensichtlich hat er der Tracer gezeigt, wer die Hosen an hat. Allerdings will er sein Glück auch nicht überstrapazieren und die Strecke nicht, wie geplant, wieder zurück fahren. Das bedeutet zusätzliche 70 Kilometer Kurven, Kurven und noch mehr Kurven.

Aber was tut man nicht alles für Kollegen. Von Zeit zu Zeit muss man einfach Opfer bringen. Es wird die schönste Strecke in den Pyrenäen. Die ungeplanten Strecken sind wohl die besten.

Nach einem vorgezogenen Abendessen in einem Lokal auf 1800m Höhe fahren wir in entspanntem Tempo Richtung Campingplatz.

Auf einer Landstraße werde ich mit ca. 100 Km/h bei erlaubten 90 geblitzt. Von vorne – Ha, Anfänger!

Was mich aber beschäftigt: Warum werden meine Mitfahrer nicht geblitzt? Die waren doch direkt hinter mir. Kameradenschweine, elendige...


So einen Parkplatz findet man auch nicht überall.

Nach 376 Kilometern sind am Abend alle ziemlich platt. Wir wenden uns unseren Maschinen zu und entfernen die Leichenberge von Windschildern und Scheinwerfern und beheben kleinere Blessuren. Blahwas‘ Versys allerdings zerfällt langsam aber sicher in ihre Einzelteile:

  • Kleiner Zwischenstand von Freitag mittag, 9.6.:

  • Linker Stiefel: Gabelöl

  • Rechter Stiefel: Kühlwasser

  • Scheinwerfer: zeigt in den Himmel

  • Rücklicht: Aus

  • Bremslicht: Auch aus

  • Pearl Navihalter: Mittig durchgebrochen, aber aufgefangen

  • Garmin Navi: Zeigt irgendwelchen Müll an

  • Hinterreifen: Sägezahn

  • Vorderreifen: Würste und rühren

  • Tacho: Dreistellig

  • Fußrasten: Rostfrei, verlieren seitlich aber Gummi

  • TÜV: abgelaufen

  • Kennzeichen: Ölflecken

  • KTM 690 SMC-R: Im Rückspiegel

  • Schaltautomat hat auch mal funktioniert und mal nicht

Aber sie läuft! Das ist die Hauptsache. Morgen geht's schließlich weiter. Andorra steht auf dem Plan. Noch ahnen wir nichts...

Pyrenäen - Andorra

Nachdem wir am Vorabend vermeintlich die Brotbestellung vergessen hatten (abends stand dann ein Mehlsack mit unseren nicht abgeholten Backwaren vor dem Zelt), ging‘s morgens zum Bäcker nach Ax-Les-Thermes. Wir deckten uns mit gesunden Getreide- und Milchprodukten ein (10 Pain au chocolate; 3 Croissants; 1 Baguette – wir hatten schon ein kleines Hungergefühl) und wollten uns in den Bergen ein gemütliches Plätzchen zum Frühstücken suchen. Nach kurzer Fahrt setzte sich tremor neben mich und gab mir zu verstehen, dass wir zwei Probleme am Heck hatten. Am letzten Kreisverkehr hatten sich zwei Motorrad-Polizisten zwischen uns und Blahwas und Manuel gedrängt, wie ich dachte. Später stellte sich heraus, dass Blahwas ihnen höflich die Vorfahrt gewährt hatte. So was in Frankreich? Sehr verdächtig. Ich fragte tremor, ob die ein Rennen wollen, was er aber verneinte. Enttäuscht tuckerte ich weiter und ließ mich grüßend und widerstandslos von den beiden überholen. Immerhin grüßen die hier alle ordnungsgemäß zurück. Eilig hatten die Polizisten es nicht, aber es dauerte zum Glück nicht allzu lange, bis sich unsere Wege wieder trennten.

Die Straße nach Andorra war sehr voll und von Baustellenampeln durchsetzt. Um ein ruhigeres Plätzchen zum Frühstück zu finden, bog ich von der Route ab, was sofort unseren Navigator Manuel auf den Plan rief, der den vermeintlichen Fehler in Echtzeit reklamierte. Da können unsere Navis aber getrost einpacken.Wozu haben wir eigentlich Navis, wenn wir doch Manuel haben? An einer kleinen Parkbucht mit schöner Aussicht verspeisten wir unsere französischen Spezialitäten. Wir mussten dazu nur einen Elektrozaun übersteigen, was aufgrund unterschiedlicher Beinlängen und kurzen teuflischen Seitenblicken zu einer spannenden Angelegenheit wurde.

Dann machten wir uns auf den Weg zur Grenze. Mit dem Auto wäre die Schlange vor den Ampeln schon nervig gewesen, mit den Mopeds ging‘s schnell. Kurz vor der Grenze fragte tremor so nebenbei „Sagt mal, habt ihr eigentlich eure Ausweise dabei?“ „Ähh, öhh, ich glaub schon...“ war die Reaktion. Natürlich hatten alle daran gedacht! Zumindest hatten alle einen im Portemonnaie.

Der erste Schreck nach der Grenze: Tempo 60! „Hä, wieso das denn, ist doch alles frei und breit sind die Straßen auch noch?“ Die erste Kehre, die diesen Namen nicht verdiente, weil man die locker mit 70 durchfahren konnte: Tempo 30! „Geht‘s noch?“

Ein wenig gemildert wurde der Frust durch die Spritpreise unterhalb eines Euros für den Liter Super. Aber trotzdem, ich bin doch nicht hier, um Sprit zu sparen.

Auf dem Campingplatz haben wir dann noch gerade rechtzeitig im angeschlossenen Restaurant ein sehr leckeres Dreigängemenü inkl. Rotwein und Wasser für nur 18€ zu uns genommen. Wir waren uns einig, dass Andorra nur zum Tanken oder Reifen wechseln eine Reise wert ist.

Aufgrund Blahwas‘ Prophezeiung, dass Andorra mit Sicherheit Verkehrspolizisten beschäftigt und diese bei den wenigen Straßen uns fast zwangsläufig über den Weg laufen werden, hielten wir uns weitgehend an die Tempo 60 und freuten uns immerhin über die Tempo 70-Schilder auf den kurzen Strecken zwischen den Ortschaften. Jedenfalls haben die viel Geld für Schilder ausgegeben.

Die Ortschaften gleichen sich sehr. Mehrstöckige große Hotel- oder Appartementhäuser, die in der Wintersaison vermutlich bewohnt sind. Aber im Juni wirken die Ortschaften steril und leblos. Es sieht so aus, als wären die Orte alle vom gleichen Unternehmen errichtet worden. Man riecht das Geld, es versprüht aber null Charme. Ich fühle mich jedenfalls nicht wohl.

Wir quälen uns über die Hauptverkehrsachse mit Tempo 60 und biegen nach einer gefühlten Ewigkeit zum ersten Passknackerpunkt ab. Aber die Serpentinen hinauf sind auf der ersten Hälfte bebaut und eng. Nicht schön zu fahren. Es geht rauf bis zu einer Gondelstation, die aber auch verlassen da liegt.

Eine Besonderheit von Andorra sind die vielen öffentlichen Grillplätze neben den Straßen, die wie kleine Parks angelegt sind und rege genutzt werden. Die Schafe haben hier auch keinerlei Berührungsängste mit Motorradfahrern. Eins liegt mitten auf der Straße und würdigt uns keines Blickes. Sollen wir doch drum herum fahren, ich war zuerst hier. Mutig.

Im äußersten Osten liegt ein Passknackerpunkt an einem Hotel, von dem aus es offroad zu einem Pass auf spanischer Seite weiter geht. Ich fahre ein Stück rauf, um mir den Weg anzuschauen, biege aber falsch ab und treffe, als ich wende kurze Zeit später auf tremor. Blahwas und Manuel sind unten am Hotel. War aber wohl ein Missverständnis, weil Blahwas wohl doch mit wollte.

Beim nächsten Mal werden wir besser aufpassen. Tremor und ich sind dann den Weg hochgefahren, bei dem vor allem tiefe Regenrinnen quer zur Straße alle Aufmerksamkeit fordern. Die Strecke rauf zum Gipfel ist länger als gedacht, nicht leicht, aber auch mit unseren Tourenreifen zu bewältigen. Oben angekommen mussten wir allerdings erst mal ausdünsten, um dann stolz vor dem Passschild zu posieren.





Wer die Endurofahrer (mit Stollenreifen, die Weicheier) im Gatter eingesperrt hat, entzieht sich unserer Kenntnis.

Also wieder zurück und ab ins Tal. Da Blahwas sich mit seinen Reifen zunehmend unsicher fühlte, hatte er bei einer Pause mal vorsichtig angefragt, ob wir vielleicht mal bei einem Reifenhändler (davon hatten wir eine ganze Menge auf dem Hinweg gesehen) einen Boxenstopp einlegen könnten. Also hielten wir beim nächsten Händler, der nur auf uns gewartet hatte.

Termin? Aber doch nicht in Andorra. Zwei Bridgestone-Reifen waren vorrätig und nach nicht ganz 10 Minuten wurde die Versys zerlegt.

Der Chef meinte noch zu uns, dass die Hauptverkehrsstraße komplett videoüberwacht sei und wir uns besser an die Regeln halten sollten, sonst würden bei der Ausreise die Handschellen klicken (tremor hatte sich eben den 50m Umweg einmal durch den Kreisverkehr gespart und ist elegant über zwei durchgezogene Linie auf direktem Weg zum Händler abgebogen).

Nach weiteren 20 Minuten waren alle Teile frisch gummiert wieder an Ort und Stelle und es ging zum nächsten Pass.

Passend zu den neuen Reifen war die nächste Passstraße dann auch schön und zügig zu befahren und Blahwas‘ Laune besserte sich schlagartig. Endlich wieder Motorradfahren! Auch bei nächsten Passknackerpunkt ging es zu einem höher gelegenen Offroad-Punkt weiter. Diesmal über eine breite Schotterstrecke, die leicht zu befahren war. Schotter macht einfach Laune und ich sehne die Stollenreifen herbei. Aber nur hier. Ich brauche unbedingt ein Begleitfahrzeug, dass mir für solche Abschnitte eine Enduro an reicht.

Auf der Abfahrt sehe ein Warnschild für eine anstehende Baustellenampel und denke mir noch, ok, dann muss ich in 500m mal langsam vom Gas gehen. 50 Meter weiter direkt hinter der nächsten Kurve leuchtet mir eine knallrote Ampel entgegen, hinter der meine Spur fehlt. Mit großen Augen den Anker geworfen und mit einer sauberen Bremsung im Regelbereich 30 Zentimeter vor der Ampel zum Stehen gekommen. Mit einem lässigen Blick zu tremor, der im gleichen Augenblick neben mir steht, versuche ich einen souveränen Eindruck zu erwecken. Ok, ging völlig schief, aber was stellen die diese Ampel auch direkt hinter das Schild. In Frankreich war das aber anders, jawohl!


Die Rückfahrt verläuft genau so langatmig, wie die Hinfahrt. Dafür lässt man uns unbehelligt ausreisen. Ein kleines bisschen nervös war ich schon. Bei einem Zwischenstopp entdeckt Blahwas eine neue Funktion des Rückenprotektors:

Auf dem Campingplatz haben wir dann noch gerade rechtzeitig im angeschlossenen Restaurant ein sehr leckeres Dreigängemenü inkl. Rotwein und Wasser für nur 18€ zu uns genommen. Wir waren uns einig, dass Andorra nur zum Tanken oder Reifen wechseln eine Reise wert ist.

Pyrenäen - Die Stunde der Poser

Heute rechnen wir mit deutlich über 30° im Schatten und kleiden uns dementsprechend luftig. Unsere Route führt uns heute gen Osten Richtung Mittelmeer. Der erste Aufstieg zum Col de Pailheres wird uns durch eine offiziell noch gesperrte Straße (das kümmert hier aber niemanden) mit einer fetten Rollsplittdecke erschwert. Oben angekommen entschädigt die schöne Aussicht für alle Mühen.

Wegen der hohen Sitzhöhe steigt tremor üblicherweise auf die Fußrasten der KTM, während sie noch auf dem Seitenständer steht, was auf weichem Untergrund schon mal zu Szenen führt, die man gerne auf Video hätte.

Im Kontrast zu seinem coolen Outfit, sah die Gleichgewichtsübung auf der KTM, die einzusinken drohte, weit weniger elegant aus. Mit viel Beifall von uns, verhinderte er jedoch die Rolle bergabwärts. Schade eigentlich.

Die Temperaturen steigen minütlich und Blahwas lobt meine Streckenplanung bezüglich des großen Schattenanteils im Wald, was natürlich kompletter Zufall war.. Daraus entwickeln wir ganz konkrete Anforderungen an kurviger.de. Über eine Schatten-Option könnte die Planung z.B. Waldgebiete bevorzugen oder die Route so planen, dass in der Mittagszeit tendenziell mehr an den Nordhängen gefahren wird. Umgekehrt in den kühleren Jahreszeiten. Das lässt sich ausbauen. In dem Zusammenhang denken wir auch über eine Naviansage der kommenden Kurvenradien und Gradzahlen im Stile eines Rallye-Beifahrers nach. Bisher orientiert man sich an der grafischen Kurvendarstellung (mein 7“-Navi leistet da gute Dienste). Aber genug gesponnen, wir machen uns wieder auf.

Auf der Abfahrt laufen zwei Schweizer 990 SMR auf, die wir an einer Abzweigung großzügig passieren lassen und uns dann dranhängen; mal sehen, was so geht… Allerdings verwerfen wir diese Idee ganz schnell wieder, nachdem wir den Verbrauch der KTMs aufgrund der Menge des unverbrannten Sprits, der aus deren Auspuff geblasen wird, auf mind. 12 Liter/100 Km schätzen. So schwindelig ist mir zuletzt vor zwei Jahren geworden, als ich hinter einem Guzzi-Gespann (ich sach' jetzt nicht von wem!) gefahren bin und von den Abgasen fast bewusstlos geworden bin – na ja fast.

Verwirrung gibt es bei einem Passknackerpunkt, der als Sackgasse geplant ist. Während Manuel und Blahwas noch fotografieren, wenden tremor und ich schon mal und warten bis die Formalitäten erledigt sind. Dann rollen wir langsam los und warten auf Blahwas, unseren Tourguide für heute, dass er uns überholen möge. Nach geraumer Zeit bleiben wir stehen und wundern uns, wo er bleibt. Manuel kommt nach einiger Zeit und sagte, dass Blahwas weiter gefahren ist, ohne zu wenden!?

Ein paar Minuten später kommt er dann doch an und beschwert sich: „Sind wir eine Gruppe oder was? Wieso wendet ihr?“. Worauf wir nur verwundert erwidern, dass wir doch schon beim Stopp gewendet hatten und die Route das auch genau so vorsieht.

Blahwas wischt das Argument beiseite: „Hallo!? Woher soll ich wissen, wo es lang geht, ich habe ein Garmin!“. Ach so, ja das hatten wir nicht berücksichtigt.

Verwirrung gibt es bei einem Passknackerpunkt, der als Sackgasse geplant ist. Während Manuel und Blahwas noch fotografieren, wenden tremor und ich schon mal und warten bis die Formalitäten erledigt sind. Dann rollen wir langsam los und warten auf Blahwas, unseren Tourguide für heute, dass er uns überholen möge. Nach geraumer Zeit bleiben wir stehen und wundern uns, wo er bleibt. Manuel kommt nach einiger Zeit und sagte, dass Blahwas weiter gefahren ist, ohne zu wenden!?

Ein paar Minuten später kommt er dann doch an und beschwert sich: „Sind wir eine Gruppe oder was? Wieso wendet ihr?“. Worauf wir nur verwundert erwidern, dass wir doch schon beim Stopp gewendet hatten und die Route das auch genau so vorsieht.

Blahwas wischt das Argument beiseite: „Hallo!? Woher soll ich wissen, wo es lang geht, ich habe ein Garmin!“. Ach so, ja das hatten wir nicht berücksichtigt.

Zur Abkühlung suchen wir ein Restaurant mit etwas Schatten. Wir finden ein kleines Restaurant, dass eigentlich noch nicht geöffnet hat und nur für einen Geburtstag eine geschlossene Gesellschaft bewirtet. Die Wirtin entschuldigte sich in fließendem Englisch, dass sie uns leider nichts zu Essen anbieten können, aber gerne etwas zu trinken haben könnten. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen, zumal es in dem alten Haus, das soweit ich mich erinnern kann, um 1920 gebaut wurde, angenehm kühl war. Gefühlte 22° bei 10° höherer Außentemperatur. Ganz ohne Klimaanlage, nur mit dicken Mauern. Es ist alles noch sehr improvisiert, aber die Getränke sind kalt und die Wirtin ist sehr nett.

Wir setzen uns wieder auf die Maschinen und fahren mal weiter. Die Hitze setzt uns zu und wir stoppen beim nächsten Biergarten im Nirgendwo (wir sind die einzigen Gäste) auf eine Runde Eis und kalte Getränke. Ich nutze einen kleinen Brunnen für eine kurze Komplettdusche in voller Montur. Das wird für eine halbe Stunde eine deutliche Abkühlung geben. Blahwas nutzt schon seit längerer Zeit eine Sprühflasche Wasser, um Jacke und Hose zu befeuchten, und dadurch etwas Kühlung zu bekommen. Eine mobile Klimaanlage. Hm, ich hätte unter der rechten Verkleidung noch Platz für einen Wasserbehälter – in der US-Version wurde dort ein Aktivkohlefilter verbaut. Ich habe zu hause noch eine kleine Tauchpumpe für Wohnwagen. Mit einem Schlauch und einer Fächerdüse ließe hier doch noch etwas basteln. Wieder ein Projekt . Ich halt's nicht aus und schnalle die Jacke ans Mopped und passe mich den Eingeborenen an und fahre in der Mittagshitze im T-Shirt weiter (ich weiß, ich bin praktisch schon tot; aber die Franzosen leben auch noch, isch schwör'!).

Einige Zeit später kommt es zur einzigen kritischen Situation im Urlaub, mit Ausnahme der etwas plötzlichen Bremsung vor einem Passknackerpunkt in den Cevennen: Wir gurken schon einige Zeit hinter einem PKW her, als ich den kurz vor einem Kreisverkehr noch überhole, nur um dann die falsche Ausfahrt zu nehmen, wie peinlich! Ich bemerke den Fehler aber sofort und wende ohne Vorwarnung und lästiges Blinken (und ohne Verstand), als ich tremor im Augenwinkel schnell größer werden sehe. Er hatte den PKW wohl noch im Kreisverkehr passiert und nicht mit meinem bescheuerten Manöver rechnen können. Ich sehe etwas orange-farbenes passieren, aber das hässliche Geräusch zweier sich treffender Motorräder bleibt glücklicherweise aus und ich kann mich ausgiebig über mich selber ärgern.

Dann schlägt endlich die Stunde der Poser. Wir treffen auf die gut ausgebaute Nationalstraße 116, die man problemlos ohne weitere Umbaumaßnahmen in eine Rennstrecke verwandeln könnte. Die Kurvenradien sind so angelegt, dass man trotz maximaler Schräglage im legalen Bereich fährt, Verkehr ist nur sehr wenig unterwegs und die Strecke ist gut einsehbar. Beste Voraussetzungen für ein wenig Spaß und ein paar schöne Poserfotos. So eine Strecke wünscht man sich zu hause. Dann wären aus uns bestimmt Top-Rennfahrer geworden. Mindestens.

Daher eine Sammlung unserer Heldenfotos.

Auf dem Rückweg kommen wir noch einmal über den Col de Pailheres, wo eine ganze Herde frei laufender Pferde herumlungern und ihre Ausscheidungen auf der Straße verteilen. Eine unglaubliche Menge an Fliegen umschwirrt uns hier und ich sehe zu, dass ich dem Geruch und der Insektenplage entkomme.

Auf dem Campingplatz geht‘s ohne Umwege unter die kühlende Dusche. Es war zwar heiß, aber wetter-technisch hätte es uns weit schlimmer treffen können. Wir wollen mal nicht meckern. Den Abend lassen wir wieder in unserem Campingplatz-Restaurant bei einem 3-Gänge-Menü ausklingen. Sehr praktisch sowas!

Pyrenäen - Leckeres Essen und etwas Adrenalin zum Nachtisch

Heute ist bei mir ein wenig die Luft raus und ich lasse es mal langsamer angehen. Da Manuel heute den Tourguide gibt, fahre ich einfach hinter her.

Wir sind kaum in Richtung des ersten Pass losgefahren, als wir an einer Polizeikontrolle vorbei kommen. Tremor winkt den Polizisten etwas lässig zu, was die wenig amüsiert zur Kenntnis nehmen und uns intensiv nachschauen. Hoffentlich fühlen die sich nicht provoziert und nehmen die Verfolgung auf. Ich beobachte die Streife im Rückspiegel, aber so ernst nehmen sie es offensichtlich doch nicht.

Ich sinniere darüber nach, dass wir für 8 Fahrtage zu wenige Sehenswürdigkeiten eingeplant haben. Nur Passknackerpunkte sind mir auf Dauer zu langweilig. Im Gegensatz zu den Alpen finde ich die Pyrenäen in dieser Gegend wenig abwechslungsreich und vergleichsweise unspektakulär. Wir sind absichtlich schon Anfang Juni hier hin gefahren, trotzdem ist es hier schon ziemlich trocken. Mein persönliches Zwischenfazit: Pyrenäen für mich eher kein priorisiertes Ziel mehr, auch wenn die spanische Seite schöne Motorrad-geeignete Strecken bereit hält. Aber insgesamt wird es mir auf Dauer zu langweilig.

Gegen Mittag wollen wir eine Kleinigkeit essen und werden in einem Dorf fündig, wo wir alleine aufgrund der Größe nicht damit gerechnet hätten. Wir parken unsere Motorräder im Schatten eines Hauses – alles sehr eng hier, aber sehr schön.

Das Restaurant ist klein, hat aber eine ausgesprochen schöne schattige Dachterrasse. Ein echter Glücksgriff, wie sich heraus stellt. Die Familie bietet Speisen mit regionalen Zutaten an, selbst die Getränke kommen aus der Region Katalonien. Die fühlen sich tatsächlich mehr als Katalanen, denn als Franzosen. Das Essen ist lecker, die Familie sehr freundlich und wir lassen uns viel Zeit. Hier lässt es sich doch aushalten.

Irgendwann raffen wir uns doch noch auf und fahren weiter. Ich fahre hinter tremor durch ein enges unübersichtliches Straßengeschlängel, als tremor fast von einem Van abgeräumt wird, der uns in einer Kehre auf unserer Spur entgegen kommt, aber gerade noch rechtzeitig ausweichen kann.

Keine 5 Minuten später, diesmal fahre ich vorweg, schert auf einer langen Geraden ein uns entgegenkommender roter Polo zum Überholen aus. Ich muss voll in die Bremsen greifen, um eine Kollision zu vermeiden. Was den geritten hat, weiß ich nicht. Wir waren nicht zu übersehen und sind auch nicht zu schnell gefahren, aber der Polofahrer hat sich völlig verschätzt. Danke, das reicht dann aber auch für heute.

Auf dem Rückweg kommen wir noch zu einem kleinen Highlight. Eine enge Schlucht, die ein wenig an die Brasa-Schlucht am Gardasee im Kleinformat erinnert.

Letzter Tag und Abreise

Jeder Urlaub geht schneller zu Ende als einem lieb ist. Bei uns leider nicht anders. Die Temperaturen werden heute wieder deutlich über 30° liegen – ich weiß gar nicht mehr, wo meine Regenkombi überhaupt ist.

Auf dem Nachbarplatz hat sich ein hübscher Citroen dazu gesellt und unsere Maschinen warten ungeduldig auf den letzten Tag.

Mir wird bewusst, dass meine GS in diesem Urlaub noch kein einziges Mal umgefallen ist. Neuer Rekord! Bisher habe ich das noch immer geschafft. Entweder auf weichem Rasen mit dem Ständer eingesunken oder den Seitenständer nicht richtig ausgeklappt und blöd geguckt oder sonstige Dämlichkeiten. Ich muss nur nur den Tag und das Auf- und Abladen überstehen.

Unsere heutige Routenwahl stellt sich als suboptimal heraus, weil irgendwie alle Passknackerpunkte auf schmalen Waldwegen mit ausgiebigen Rollsplittpassagen gelegt wurden. Ist eher Motorradwandern als Fahren. Aber gut, nach 7 Tagen zu je 300-380 Kilometern in den Bergen, ist das vielleicht gar keine schlechte Idee, es etwas gemächlicher anzugehen. Sollen ja auch alle heil zu Hause ankommen.

So gegen Mittag kommt es dann zum rollierenden Motorradtausch. Jeder darf mal mit jeder fahren. Da die Strecken sehr eng sind und hin und wieder mit Split verschönert wurden, bleiben wir alle jenseits von Haftungs- oder Schräglagengrenzbereichen.

Zuerst fahre ich die Versys. Entgegen meiner Befürchtung funktioniert die Gabel, obwohl sie fürchterlich sifft, einwandfrei. Nur das hintere Federbein benimmt sich etwas bockig und ich habe das Gefühl, das das Hinterrad bei schlechtem Belag in Kurven nach außen wandert. Die Sitzposition ist prima und auch der Motor macht Spaß. Schöne Leistungsentfaltung. Insgesamt sehr handliches Mopped. Für mich persönlich keine Alternative, weil ich auf mehr Hubraum stehe und insgesamt etwas mehr Mopped haben will.

Dann ist die KTM dran: Die macht ab dem ersten Meter Spaß und will immer nur eins: Gas! Der Motor ist der Hammer. Ich zuletzt im letzten Jahrtausend einen Einzylinder gefahren (Suzuki Freewind), der damals als sehr agil galt und den ich grausam lustlos und lahm empfunden hatte. Daher lag meine Erwartungshaltung sehr niedrig. Aber gut, das war damals. Was KTM aus 690 ccm raus holt ist schon beeindruckend – auch akustisch. Geht ab, wie Schmitts Katze. Allerdings steht am Ende jeder Beschleunigung auf einer Geraden eine Kurve, vor der man üblicherweise bremst. Das habe ich auch gemacht. Als Telelever-geschädigter GS-Fahrer habe ich mir fast in die Hose gemacht, als die Gabel einbrach und ich mich schon im Salto vorwärts wähnte. Das war die eckigste Kurve meines Lebens. Durch die weit vorgerückte Sitzposition und großen Federwege, sinkt die Gabel naturgemäß tief ein und mir fehlt erst mal jedes Vertrauen, dass das irgendwann aufhört. Aber natürlich habe ich mich nicht überschlagen und die nächsten Bremsungen verliefen dann sukzessive entspannter, nachdem ich wusste, was passiert. Allerdings habe ich mich zwischenzeitlich doch bei tremor versichert, dass Überschläge mit der Kati eher selten sind. Gut zu wissen.

Die KTM macht unter dem Strich richtig Spaß, ist aber für mein Anforderungsprofil nicht passend, da ich mehr Reisetauglichkeit haben möchte. Aber als Zweitmopped…

Dann die Tracer: Alles noch so neu hier. Alles an der Tracer ist da, wo man es erwartet, und alles funktioniert auch so. Der Motor funktioniert unglaublich linear. Bis 5.000 U/Min. wähnt man sich eher auf einem Vierzylinder, so rund läuft die Kiste. Darüber hinaus wird es etwas kerniger, aber nicht unangenehm. Das mag ich. Ein Tick mehr Sound für die „Ämmossszionnn“ dürfte es sein. Allerdings ist die Tracer für mich gefühlt eine ganze Nummer zu klein, vermutlich auch, weil ich anderes gewohnt bin.

Als Ergebnis der Testfahrten bleibt, dass auch die anderen mit ihrem Mopped glücklich sind und das des anderen nicht haben möchten. Hat man sich ja nicht umsonst zugelegt. Eine gute Erkenntnis.

Gegen Mittag suchen wir ein Restaurant, stellen aber fest, dass wir zu spät dran sind und müssen uns mit einer Runde Getränke und Eis begnügen. Die Temperaturen liegen wieder jenseits von gut und böse und ich nutze den nächsten Bach, um mich von oben bis unten einzunässen (also mit Wasser aus dem Bach jetzt). Das hilft!

Manuel führt uns routiniert zur nächsten Passauffahrt, ignoriert geflissentlich die Sperrschilder (wir haben schließlich Moppeds) und nach zwei Dritteln der Strecke zum Gipfel werden wir abrupt gestoppt. Ein Erd- und Felsrutsch hat die Straße an mehreren Stellen massiv beschädigt und teilweise blockiert. Schweres Gerät ist im Einsatz, die Straße zu räumen. Wir stehen etwas sparsam in der Gegend herrum. Blahwas, unser Experte für französische Linguistik, versucht den Arbeitern einen Passierschein abzuschwatzen. Auf den Hinweis der Sperrschilder im Tal, gibt er sich ahnungslos (Touristen halt) und kehrt unverrichteter Dinge zu uns zurück.

Unverhofft hat der Baggerfahrer wohl doch ein Herz für Motorradfahrer und gibt uns ein nicht klar deutbares Zeichen, das ich großzügig zu unseren Gunsten werte. Man lässt uns tatsächlich widerstandslos passieren. In Deutschland hätte man eher das SEK gerufen, als uns durch so eine Baustelle passieren zu lassen. Was da alles hätte passieren können! Auch die Straßenschäden weiter oben können wir umfahren, auch wenn einige Arbeiter sich fragen, wo wir denn jetzt her kommen.

Auf dem Gipfel erwartet uns eine gelangweilte Herde Kühe auf der Straße, die uns aber auch passieren lassen. Sehr zuvorkommend! Der Tag neigt sich dem späten Nachmittag entgegen und wir machen uns auf den Rückweg. Muss ja noch alles verpackt werden.

Die Versys sträubt sich noch, und muss mit vereinten Kräften ins Gatter gezogen werden.

Meine GS ist auch heute nicht umgefallen. Jetzt muss ich sie nur noch zu Hause vom Hänger kriegen. Ich nehme mal stolz vorweg, dass auch das umfallfrei funktioniert hat. Das ganze Geraffel ist schnell verpackt – zu meinem Erstaunen passt es wieder alles ins Auto.

Da uns bei der Rückfahrt lange 1.400 Km erwarten, planen wir die Abfahrt für 6:00 Uhr. Auch diesmal sind alle pünktlich fertig und es geht los - 500M weit, immerhin. Dann sehe ich die Versys schwanken. Also stoppen und nachziehen. Es geht weiter und nach weiteren 500m stehen tremor und Manuel mit Warnblinkanlage: Die KTM hat Schieflage! Wir passieren mit einem „Ihr Anfänger! Das haben wir schon nach der ersten Kurve geschafft!“, müssen aber ebenfalls sofort stoppen, weil die Versys wieder bedrohlich schwankt.

Wir verzurren einmal komplett neu über die Bordwand und können nach 20 Minuten endlich losfahren. Guter Schnitt bis hier.

In Ax-Les-Thermes halten wir beim Bäcker und Blahwas holt Frühstück. Ich schlage 10 Pain au Chocolate wie bei der letzten Ausfahrt vor. Blahwas macht es wie Obelix und holt für tremor und Manuel auch 10 Stück. Ok, das sollte reichen. Die Rückfahrt verläuft bis auf den üblichen Stau auf dem Boulevard périphérique in Paris völlig problemlos. Alle kommen schließlich unversehrt zu hause an.

Fazit

Mein Fazit halte ich diesmal sehr kurz, weil ich vieles schon in den Tagesberichten geschrieben hatte und mich nicht wiederholen will. Es waren tolle Tage mit einigen Highlights. Ein großes Danke an meine 3 Mitreisenden: Es hat viel Spaß gemacht! Falls einer von euch mal ein Empfehlungsschreiben braucht

Wir planen jedenfalls schon die nächste Tour für 2018. Es liegen schon einige Vorschläge auf dem Tisch: Westalpen, Toskana, Korsika, Sardinien, spanische Pyrenäen – und es werden bestimmt noch mehr.

Mein persönlicher Favorit waren die Cevennen, die ich zum Fahren einfach traumhaft finde. Landschaftlich sowieso. Da war ich nicht das letzte Mal.

Gruß aus Frankreich

Ich habe wie erwartet einen Reisegruß aus Frankreich erhalten, allerdings ohne Foto. Ich bin enttäuscht.

Kostet trotzdem 45€ und wenn ich mich nicht beeile, werden es erst 68€ und schließlich 180€. Ein Frühbucherrabatt mal anders.

Ich bin auf der Autobahn mit 93 Km/h (nach Toleranzabzug) bei erlaubten 90 nachts um 1:45 Uhr auf der Autobahn geblitzt worden und damit ein amtlich beglaubigter Raser.

Schon komisch, dass man ausgerechnet mit Auto und Anhänger erwischt wird. Sonst fahre ich natürlich immer nach Vorschrift!