Dienstag, 12. Juni - Reifen, Spiegel, Bergrennstrecke

Die Spiegel-Wette ist entschieden! In den letzten Urlauben waren Spiegel ein Dauerthema bei Blahwas und Tremor. Beide verwenden preiswerte China-Lenkerendspiegel, gegen die sich sowohl die Versys als auf die KTM heftig gewehrt haben. Die KTM hatte die Spiegel regelmäßig in kürzester Zeit abgeschüttelt und auch die Versys hatte die Spiegelbefestigungen zerbröselt. Abenteuerliche Reparaturversuche mit Panzertape waren an der Tagesordnung.

Im Vorfeld dieser Reise habe ich eine Wette zwischen den beiden angeregt, dass derjenige, der zuerst einen Spiegel verliert, eine Runde ausgeben muss.

Etwas naiv hatte sich Blahwas, die Wette wohl schon nicht mehr im Blick, zwei zusätzliche kleine "Innenspiegel" an den Lenker gebastelt, mit den er den toten Winkel eliminiert hat. Damit hat er natürlich gleichzeitig seine Chancen auf den Verlust der Wette verdoppelt.

Am Morgen bei der Inspektion der Motorräder beichtet Blahwas dann den Verlust eines der beiden Zusatzspiegel. Sein Einwand, dass diese Spiegel doch für die Wette nicht zählen würden, wird mit einer unwiderlegbaren Argumentationskette beiseite geschoben: "Selbst schuld!"

Zivile Preise für guten Service

Die erste Station für mich ist heute der Reifenhändler. Der nette Rezeptionist am Campingplatz hatte mir gestern zugesagt, mich für 8:30 Uhr beim örtlichen Gommista anzukündigen.

Da meine Reifen vor dem Urlaub mit 3,5 mm Restprofil noch zu gut für einen Wechsel waren , aber mit Sicherheit nicht den gesamten Urlaub überstehen würden, habe ich mir einen neuen Satz Conti CRA3 mitgebracht. Nach meiner Recherche haben die Händler hier in der Regel Michelin und Pirellis vorrätig, aber eher keine Contis.

Ich schnappe mir also meine Reifen und fahre um 8:00 Uhr los. Leider war es bei der Ankündigung der Ankündigung geblieben, denn Herr Rossi weiß von nichts. Er schaut sich mein Mopped an, um die Größe der montierten Reifen abzulesen. Ich frage mich schon, warum er das macht, da erst bemerkt er die beiden neuen Reifen auf der Sitzbank und haut sich auf die Stirn. OK, kein Problem er schiebt mich um 10:00 Uhr dazwischen. Also noch genug Zeit für ein Frühstück. Ich lasse die Reifen da und fahre zurück zum Campingplatz. Manuel inspiziert meine Reifen und macht ein skeptisches Gesicht. Das ist aber wenig Profil für neue Reifen! Ich kläre auf, dass ich erst um 10 Uhr dran bin.

Da ich vermutlich erst gegen 11:00 Uhr mit neu gummiertem Motorrad die Tour aufnehmen kann, vereinbaren wir, dass ich die Tour anders als die drei entgegen dem Uhrzeigersinn fahre und wir dann unterwegs einen Treffpunkt ausmachen.

Um kurz vor 10 bin ich wieder beim Händler und der Monteur schiebt meine GS in die Halle. Ich setze mich in einen Wartebereich der Halle und schaue zu. Ich verstehe eigentlich kein Italienisch, allerdings den fluchenden Mechaniker sofort: "Wo ist der Scheiß-Hauptständer?" So oder so ähnlich flucht er auf italienisch. Ich meide jeden Blickkontakt und tue so, als ob ich die italienische Motorradzeitung lesen würde. Pah, wer braucht schon einen Hauptständer! Der setzt viel zu früh auf. Unnützes Metall eben.

Natürlich bekommen die die GS auf einem kleinen Hydraulikheber auch ohne Hauptständer ausbalanciert und nach eine halben Stunde habe ich bezahlt und fahre mit frischen Reifen los.

40€ inkl. Radaus- und -einbau, da kann man nicht meckern.

Ich schreibe die Dreiergruppe an und nach kurzem Abschätzen der Positionen und Routen, vereinbaren wir einen Treffpunkt an einem Elektronik-Markt, denn Manuel benötigt ein neues Ladegerät für sein Smartphone.

Im nächsten Ort halte ich bei einem Optiker, um meine von einem anonymen rücksichtlosen Motorradfahrer überfahrene Sonnenbrille durch eine neue zu ersetzen. Der sehr freundliche Optiker riet mir von meiner bisherigen Marke ab und überzeugte mich von einer 20€ teureren Brille, die zugegebener Maßen auch eine deutlich bessere Grafik (vermutlich UHD) hat. Soll heißen, die Gläser inkl. Polarisierung und Blau-Filterung sind wesentlich angenehmer als bei meiner alten. In Summe viel Geld aber ich hab's nicht bereut. Vielleicht lerne ich ja mal, die nicht zu verlieren oder zu zerstören.

Der Treffpunkt war gut gewählt, denn wir treffen nur zwei Minuten nacheinander dort ein.

Am Treffpunkt besorgt sich Manuel ein neues Ladegerät. Während er noch seine Sachen verpackt und in seine Klamotten steigt, fahren wir schon auf dem Parkplatz auf einem aufgemalten Kreisverkehr zu dritt im Kreis um ein bisschen Fahrtwind abzubekommen. Ein paar Fußgänger bleiben mit fragenden Blicken stehen. Was die drei bekloppten Touris da wohl machen?

Das ist mal eine Gerade...

Wir fahren den Bocca Trabaria an und ignorieren wieder mal das Sperrschild im Tal und stehen fast oben angekommen vor verschlossenen Türen. Vorbei mogeln ist nicht. Das erklärt zumindest, warum die Strecke so schön leer war. Egal, denn es ist Urlaub und der Weg ist das Ziel. Also wird neu geplant.

Wir überlegen die Strecke zu kürzen um der am Nachmittag erwarteten Regenfront zu entgehen. Kurz danach präsentiert Blahwas eine neu geplante Route, die erstaunlicherweise länger als die ursprüngliche Route ist. Wir überlegen, ob das vielleicht mit einer fortgeschrittenen Passknackersucht zusammenhängen könnte, verwerfen den Gedanken aber wieder. Blahwas wird überstimmt und wir kürzen die Route.

Wir halten an einem schicken Ristorante und essen zu Mittag. Bei Blahwas und Manuel ist nach eigenem Bekunden etwas die Luft raus und wollen morgen nur noch eine kleine Runde drehen, heute aber noch einige offene Passknackerpunkte im Norden mitnehmen. Ich schaue ob der herannahenden Regenwolken etwas skeptisch, aber lasse das mal auf mich zukommen. Gedanklich plane ich schon eine südlichere Route, um die Regenfront zu umgehen.

Nur wenige Minuten nachdem wir uns wieder in Bewegung kommt uns ein Motorradfahrer entgegen und warnt uns langsam zu fahren. Ich halte mich daran, ohne das eine erkennbare Kontrolle folgt. Manuel wundert sich schon, da er den Wink nicht gesehen hat. Dann geht meine GS auf der Abfahrt ohne jede Vorwarnung aus! Ich bin etwas ratlos und versuche beim Ausrollen den Motor durch einkuppeln wieder zum Start zu bewegen und male dabei einen kurzen schwarzen Strich Gummi auf die Fahrbahn. Als mein Blick auf den Tacho fällt, beginne ich zu ahnen, dass es recht unwahrscheinlich ist, dass ich seit dem gestrigen Tankstopp laut Anzeige überhaupt keinen Sprit verbraucht habe.

Am gestrigen Abend kamen wir irgendwie auf das Thema Reichweiten und Reserve- bzw. Tankinhaltsanzeige zu sprechen. Dabei erwähnte ich, dass meine GS den Füllstand des Tanks seit über 100.000 Kilometern sehr genau anzeigt, obwohl der Foliengeber, der bei mir verbaut ist, als Schwachstelle gilt und vielen GS-Fahrer schon Probleme bereitet hat. Und weniger als 24 Stunden später stehe ich jetzt hier mit voller Tankanzeige und trockenem Tank. Ich wittere Sabotage! Aber im Ernst, wie wahrscheinlich ist das denn? Der Foliengeber ist mit 250,- € inkl. Ein- und Ausbau sauteuer, aber es gibt einen findigen McGyver-Trick, um den Foliengeber mit Hilfe eines Zündfunkens im Tank zu reparieren. Das werde ich direkt nach dem Urlaub in Angriff nehmen.

Zum Glück hat Tremor als 690er-Fahrer mit der geringsten Reichweite unserer 4 Motorräder immer eine Galone Sprit in einem Reservekanister dabei. Dabei hat Tremor heute Vormittag den Kanister schon genutzt, aber in weiser Voraussicht nur die Hälfte verwendet. Sehr aufmerksam!. Die nächste Tankstelle ist nur wenige Kilometer entfernt und ich befülle meinen Tank und Tremors Reservekanister. Damit habe ich mit Tremor gleich gezogen und es steht Blahwas 1, Tremor 3, Manuel 0 und ich 3.

Es beginnt wieder zu regnen und wir stoppen, um uns die Regenkombis überzuziehen. Die Wolkendecke wirkt im Norden bedrohlicher und mir kommt Blahwas wieder in Erinnerung, wie er beim letzten Wolkenbruch klatschnass bis auf die Knochen auf dem Campingplatz ankam.

Tremor und ich beschließen, eine südlichere Route, um das Regengebiet zu umfahren. Aber das Wetter ist sehr unbeständig unberechenbar. Wir wollen unsere Serie halten, im Urlaub nicht nass zu werden. Die südliche Route endet jedoch jäh oben auf einem Pass, der dort durch große Betonbarrieren gesperrt ist. Im Tal war uns keine entsprechende Ankündigung aufgefallen. Es ist derselbe Pass, den wir gegen Mittag von Süden versucht haben zu befahren! Da ich mich heute nicht um die Route gekümmert hatte, war mir das nicht aufgefallen. Also wieder runter vom Pass und wieder ein Stück zurück. Wir müssen eine nördlichere Route wählen, die aber immer noch etwas besser erscheint, als die Route von Blahwas und Manuel. Wir fahren immer hart an der Regengrenze entlang, aber es treffen uns immer nur einzelne Tropfen hier und da, aber wir bleiben verschont.

Am Vallico Dello Spino ist extra für uns (nehmen wir zumindest an) die Strecke mit Heuballen gesichert, die Kurven nummeriert, schöne bunte Curbs gesetzt und Zeitmesspunkte installiert. Wir sind zunächst etwas skeptisch ob der Tempo 50-Beschilderung, entscheiden dann aber, dass man auf einer Rennstrecke nicht bummeln darf, um andere nicht zu gefährden. Jedenfalls eine 1A-Bergrennstrecke. Nett, was dem gemeinen Motorrad-Touristen hier geboten wird. Hier wird in drei Tagen das Lo Spino-Bergrennen ausgetragen.

Das durchwachsene Wetter bietet ein spektakuläres Panorama über Bibbiena, AZ

Abends treffen wir uns in einer Fast-Food-Pizzeria mit Manuel und Blahwas. Nicht ganz mein Fall, aber die Pizza ist ok. Wir planen den morgigen Tag; Tremor möchte noch einmal in Richtung Mugello, die beim letzten Versuch leider aufgrund eines Autounfalls gesperrte Passstraße in der Nähe der Rennstrecke nachholen. Ich werde mich anschließen und wir planen eine Route knapp über 200 Kilometer. Blahwas und Manuel werden morgen kürzer wie angekündigt treten und nur eine kleine Runde drehen.