Jörn Peter Budesheim 25. Juli
Der Kurator Bonaventure meint im Kunstforum, dass wir uns zu sehr auf das Sehen und die Augen verlassen und uns darauf reduzieren. Das sind natürlich die besten Voraussetzungen, um als Kurator einer Welt-Kunstausstellung zu arbeiten.
Jörn Peter Budesheim 13. September 2017
Für mich ist die d14 keine künstlerische Pleite. Sie ist eine sehr zwiespältige Ausstellung. Das finde ich nach wie vor. Die Fragen, die sie stellt (auch an sich selbst) sind sicher wichtig ...
Raimar Stange
na, ja monsieur: schon duchamp sprach ja bekanntlich von der notwendigkeit einer "nonretinalen" Kunst".
... Eins ihrer zentralen Themen ist offensichtlich die Befragung der Geschichte, meine ich. (Wobei in vielen einzelnen Werken "individuelle Geschichten" gegen die "offiziellen Versionen" in ...
Jörn Peter Budesheim
Ja, stimmt. Das ist allerdings nach meiner Einschätzung kein Verdict gegen das Sehen gewesen, sondern ein Einwand gegen Kunst, die sich auf optische Reize reduzieren lässt. Außerdem schätze ich die Geringschätzung des retinalen gegenüber dem Geistigen natürlich auch bei Duchamp nicht. Der fragliche Kurator ist allerdings auf etwas ganz anderes aus. Ihn interessieren Geräusche. Deswegen hat er auch ein Radio gemacht.
... Stellung gebracht werden, sehr oft auch in künstlerisch überzeugender Weise - leider oft auch nicht.) Die Kunstgeschichte, die die documenta ja mit geschrieben (und nicht nur dokumentiert) hat, gehört zu diesem Fragenkomplex. Haben auch hier (wie so oft) die "Gewinner" die Geschichte geschrieben? Und wer sind die Verlierer dieser Erzählung? Muss da vieles neu bewertet werden? ...
Klaus Baum
das motto des führungsdienstes der documenta 9 lautete: die geschichtsphilosophische deutung der kunst machen wir mit links, das genaue hinsehen üben wir noch.
... Wie stehen (zum Beispiel) globale Kunstgeschichte und Kunstgeschichte zueinander? Passt dieser weite Kunstgeschichtsbegriff noch in das Format Ausstellung? (Oder gehört es gar zum Begriff der Kunst, eine Geschichte zu haben, die ...
Jörn Peter Budesheim
Yepp! Eine Schule des Sehens wäre vielleicht eine passende Medizin für den Skeptiker 🙂
Das Hauptproblem bei so einer Position (wie im Startbeitrag, wenn sie von einem Kurator kommt) ist meines Erachtens die mangelnde Selbstdistanz - die schließlich dazu führt, dass man sich selbst ausstellt, statt das vielfältige Angebot der Kunst. Das ist ja der bekannte (und richtige) Hauptvorwurf bei der diesjährigen documenta.
... sich zumindest in groben Zügen Richtung Autonomie bewegt?)
Was hat es mit dem Realismus auf sich, den das Kuratorenteam stark machen will? Das sind wichtige Fragen, auch wenn die Versuche eine Antwort zu geben, oft einseitig ausfallen. Selbst im Scheitern bleibt dieser Versuch wichtig.
Raimar Stange
ja, aber das ist unsinn, denn die aufgabe von kuratoren kann doch nicht sein, einfach das "vielfältige angebot der kunst" abzubilden. stattdessen hat er in der dieser vielfalt im wahrsten sinne des wortes NOTwendige interpretationen und akzentuierungen vorzunehmen. man nennt dass "konzept".
Jörn Peter Budesheim
Kuratoren der documenta sind keineswegs darauf verpflichtet, sich ein Konzept zurecht zu legen und das ist auch nicht durchgängig gemacht worden.
Raimar Stange
das sehe ich, wie gesagt, anders
Jörn Peter Budesheim
Von Jan Hoet stammt der Satz: Ich habe kein Konzept.
Raimar Stange
na, dann schau dir mal eine dokumentation oder den katalog "seiner" documenta an.
Jörn Peter Budesheim
Ich habe diese documenta ja selbst gesehen
Raimar Stange
ja, dann weisst du doch auch welches "from body to body to bodies" konzept dahinter stand.
Jörn Peter Budesheim
Dann hat sich Hoet wohl über sich selbst geirrt. Ich meine jedoch, dass diese documenta nicht nach einem strengen Konzept gebastelt war. Ein guter Kurator arbeitet nach meiner Ansicht nach der Maxime, selbst so unsichtbar zu sein, wie überhaupt möglich, damit die Kunst sichtbar wird.
Raimar Stange
na, gerade dass hat doch auf jan hoet nicht zugetroffen, er war bekanntlich der perfekte, so chamante wie angriffslustige selbstpromoter
Jörn Peter Budesheim
Diese Ausstellung war fraglos eine, in der die Kunst im Vordergrund stand und nicht kuratorische Theorien oder strenge Konzepte.
Jörn Peter Budesheim
Hast du sie selbst gesehen?
Raimar Stange
leider nicht, aber hoet hab ich des öfteren auf gemensamen panels u. ä. erlebt. sein boxkampf auf der doumenta damals kann übrigens sicher nicht als zurückhaltend ansehen.
Jörn Peter Budesheim
82 hab ich angefangen in Kassel Kunst zu studieren. Seither kenne ich alle documentas aus eigener Erfahrung und dutzenden und aberdutzenden Besuchen. Das kann man meines Erachtens nicht durch irgendwelche theoretischen Kenntnisse oder Lektüren ersetzen.
Natürlich stehen alle documentamacher im Focus der Aufmerksamkeit und sind in diesem Sinne nicht unsichtbar, das ist schon klar. Aber es ist ein großer Unterschied, ob ein Kurator die Kunst und das, was er zeigt an seinen Ideen ausrichtet oder seine Ideen an der Kunst.
Raimar Stange
klara, aber wer hat denn das gesagt? außerdem bin ich da doch der meinng, dass sich beides dialektisch ergänzt.
Jörn Peter Budesheim
Niemand hat das gesagt. Ich wollte damit zum Ausdruck bringen, dass ich meinen eigenen Erfahrungen auf der Hoet-documenta mehr traue als irgendwelchen theoretischen Einlassungen.
Dass sich beides "dialektisch ergänzt" ist ganz sicher richtig.
Jörn Peter Budesheim
Dass das Alltagssehen begrifflich geprägt ist und zum sog. "wiedererkennenden Sehen" neigt, kann man (im Großen und Ganzen) durchaus zugestehen. Das Antidot wären dann wohl eher, dem Betrachter viele Gelegenheiten zum "sehenden Sehen" zu geben ... und das ist ja trotz Radioprogramm durchaus auch auf der d14 geschehen
Klaus Baum
hilfreich wäre bei dieser diskussion, die diversen documenta-ausstellungen vor dem inneren auge und ohr revue passieren zu lassen. zwar sind die ausstellungen optisch dominiert gewesen, aber es gab immer wieder räume mit klang. eine kunstform gegen die andere auszuspielen, bringt doch überhaupt nichts, auf die richtige mischung kommt es an. nam june paik lärmte u.a. auf der d8 mit einem beuys-video im dachgeschoss, auf der d 4 war es tinguely, auf der d8 ein künstler, der ein zerlegtes auto mächtig lärmen ließ, klanginstallation von max neuhaus in der aok (d9). marie jo lafontaine auf der d8 mit ihrer installation: stählerne tränen. geldmacher/mariotti auf der d4: licht und ton usw.
ich hatte übrigens vor beginn der d12 auf einer pressekoinferenz mit leifeld vorgeschlagen, die internationale featurekonferenz der europäischen rundfunkanstalten wäherend der documenta nach kassel zu holen. leihfeld hat mich damals arrogant abgebügelt.
Jörn Peter Budesheim
"eine kunstform gegen die andere auszuspielen bringt doch überhaupt nichts." Richtig.