Nun aber wirklich!
Mittwoch, 30.5.07
Abfahrt nach Wien – Plötzlich Stau auf der Autobahn, Stillstand, Warten!
Ein Polizist benachrichtigt alle, dass eine Frau über die Autobahn gelaufen ist, weil sie drüben pinkeln wollte, und von einem Autofahrer in zweiter Reihe erfasst wurde. Tot.
Fritz hat geschlafen und nichts mitbekommen. Nach einer knappen Stunden ging es weiter. Zum Glück hatten wir genug Puffer bis zum Bahnhof. Wir schaffen sogar noch, kurz in die Ödenburger Straße zu gehen. Ich setze mich ganz ruhig auf die Couch und LESE(!), während Fritz im Keller werkelt und noch schnell das Vogelhaus repariert.
Der Bahnhof wird umgebaut. Kein Hinweis, wo man reinfahren darf. – Die Tante an der Schranke stellt fest, dass Fritz zwar das Schlafabteil – nicht aber den Autostellplatz – gebucht hat. Also laufe ich zum Vip-Raum, und zum Glück kann ich noch eine Karte kaufen, ebenfalls für die Rückfahrt ab Hamburg – Altona. Das wäre ja "lustig", wenn wir ohne das Auto nach Berlin hätten fahren müssen. Oder von Hamburg keinen Stellplatz gekriegt hätten.
Das Abteil ist wirklich winzig, eigentlich nur eine Schachtel, aber wir haben einen Waschplatz mit einem hochklappbaren Spiegel, in den man allerdings nur sitzend schauen kann. Dafür ist aber der österreichische Autozug wesentlich preiswerter als der deutsche. –
Frühstück: Man muss am Abend vorher aussuchen, welche 6 Artikel man bestellt. – o.k.
8.25 pünktlich Berlin-Wannsee – Endstation, Auto abladen.
8.45 starten wir nach Wittenberg. Erst ein Stück Stadtautobahn, Berliner Ring, Potsdam Süd, dann Bundesstraße E 2 Belitz, Treuenbrietzen, wunderschöne alte Alleenstraßen!
Wir finden auch schnell unser Hotel Tannenspitze in Reinstorf, aber natürlich können wir 10.20 Uhr noch nicht rein, nur mal schnell die Koffer ausladen und dann zur ersten Stadtbesichtigung hinein nach Wittenberg.
Kostenlose Parkplätze unterhalb der Schlosskirche. – Hier wird gebaut und ringsherum ist alles verzaunt. Vorgeschmack auf Heiligendamm? Nein, die Stadtkirche wird renoviert.
Wir laufen einmal rauf-runter in diesem hübschen Städtchen, sehen frisch gekleidete Häuser, aber auch noch viele alte im DDR-Beige, - die noch drauf warten, herausgeputzt zu werden.
Im Kartoffelhaus essen wir zu Mittag:
Sehr freundliche Bedienung!! – Wir bestellen Rösti (12,- ) (Riesenportion und anders als Zürcher Rösti) und Kartoffelpfannkuchen mit Apfel. 4,90, sehr lecker.
Wir sind müde, fahren ins Hotel, Es liegt ein Zettel "Komme gleich". – Fritz legt sich ins Auto, ich auf eine Gartenbank, wir warten. –
Nach einer kurzen Weile kommt die Hotelwirtin und lässt uns rein.
Empfangsflur ziemlich dunkel, - dafür sind die Zimmer im Dachgeschoss sehr groß und freundlich, wir entscheiden uns für das grüne Nr. 3 mit Ausblick auf den riesigen Garten, der gleich an den Wald angrenzt. –
Nach einem kleinen Nickerchen Abendspaziergang ab Hotel Richtung Blaues Auge, wir kommen sogar auf eine Höhe von 110m !! Wow! Fast schon Hochgebirge! Vorbei an DDR-Datschen mit teilweise riesigem Areal, Wertanlage oder Belastung? –
Nach 45 Minuten drehen wir um und lassen uns auf dem Balkon des Hotels mal die Speisekarte geben. Hochzeitssuppe, - nicht schlecht,. aber auch nichts Besonderes, - Toast Hawaii, eine Erinnerung an frühere Zeiten. Die Zeit ist kulinarisch stehen geblieben.
Frühstück im Restaurant mit üblicher Auswahl am Buffet
Die Wirtin kommt uns verschlossen vor. (Wird sich später aber ändern)
Dann fahren wir wieder in die Stadt. Wir erwischen einen kostenlosen Parkplatz, sonst überall Parkscheiben bis 2 Stunden. –
11 Uhr Treffpunkt für Stadtführung mit Herrn Kaufhold, der das Markenzeichen hat, bei Führungen rückwärts zu gehen. – Er macht es sehr gut, weiß vieles auswendig und verlängert die 2 Stunden auf fast 3 Stunden. Universität, Lutherhaus, usw.
1. Das Bild der sogenannten “Judensau”
Das Wort “Judensau” bzw. “Saujude” ist vor allem als eine antisemitische Hetzparole aus der Zeit des Nationalsozialismus bekannt. Das “Judensau”-Motiv taucht aber schon im Mittelalter als Spottdarstellung auf Steinreliefs und Karikaturen auf . Die Darstellungen sind vor allem an Kirchen, aber auch an öffentlichen Gebäuden, Stadttoren oder Stadtmauern angebracht. Das Motiv erscheint auch als Zeichnung in Karikaturen (z.T. mit Spruchbändern) und antisemitischen Flugblättern. Zu sehen sind auf einem solchen obszönen “Judensau”- Bild Juden, die wie Ferkel an den Zitzen eines Mutterschweines gierig Milch saugen oder sich am After des Schweines zu schaffen machen, aus dem ein Schwall von Urin spritzt. Auf manchen der sogenannten “Judensau”-Bildern sind Juden dargestellt, die verkehrt auf dem Tier sitzen, mit Blick zum Hinterteil der Sau. Dass es sich bei ihnen um Juden handelt, ist leicht an ihren Kennzeichen zu sehen: dem “Judenring” auf der Kleidung oder dem trichterförmigen “Judenhut”.
2. Martin Luther und die “Judensau” von Wittenberg
Eine der bekanntesten Darstellungen ist das Sandsteinrelief am Südostpfeiler der Stadtkirche von Wittenberg. Die später hinzugekommene Inschrift “Rabini, Schem Ha Mphoras” über der “Judensau” verweist auf die jüdische Mystik, in der Aussagen über das Wesen Gottes aus Zahlen- und Wortkombinationen abgeleitet wurden. Die Buchstabenfolge von “Schem Ha Mphoras” (= der unverstellte Name) besaß nach dem Glauben der jüdischen Kabbalisten wunderwirkende Kräfte. Sie wurde deshalb als besonders heilig angesehen und vor Unberufenen verborgen. Gemeint ist damit wahrscheinlich der unaussprechliche heilige Name Gottes. Die Überschrift über dem Judensau-Bild heißt also: “So sieht der unaussprechliche heilige Name des Gottes des Rabbiners aus.”
Martin Luther nimmt auf diese Darstellung auf polemische Weise Bezug: “Es ist hier zu Wittenberg an unserer Pfarrkirche eine Sau in Stein gehauen. Da liegen junge Ferkel und Juden darunter, die saugen. Hinter der Sau steht ein Rabbiner, der hebt der Sau das rechte Bein empor und mit seiner linken Hand zieht er den Bürzel (d.i. Schwanz) über sich, bückt (sich) und guckt mit großem Fleiß der Sau unter den Bürzel in den Talmud hinein, als wolle er etwas Scharfes und Sonderliches lesen und ersehen. Daselbst haben sie gewißlich ihr Schem Hamphoras... Denn also redet man bei den Deutschen von einem, der große Klugheit ohne Grund vorgibt: Wo hat er‚s gelesen? Der Sau im [grob heraus] Hintern...” .
Die gehässige Verbindung des für Juden unaussprechbar heiligen Gottesnamens bzw. des Talmud (= der jüdischen Auslegungstradition) mit der “Judensau” ist nur aus der christlichen Judenfeindschaft des Mittelalters verstehbar, zu der leider auch Luther beigetragen hat.
13.45 ist Ende am Hotel.bei der Schlosskirche. ..
Er bekommt Trinkgeld von fast allen und für uns schreibt er noch die Aussage von Herrn Luther über die Juristen auf, weil es zu Wölfis Prüfung zum Rechtanwalt passt: –
Und wenn ich 50 Söhne hätte, nicht einen würde ich Jura studieren lassen.
Juristen sind schlechte Christen.
Ein Jurist im Himmel ist ein gar seltsam Tier. Die Juristen mit ihren Gesetzen können nur Mücken und Fliegen fangen, aber die großen Hummeln ratzen hindurch.
Martin Luther
Wir essen im Steakhaus El Dorado mit Blick auf den Marktplatz. Fritz hat hartes Filet und ich habe rote Bohnen-Eintopf, nennt sich Argentinische Pfanne.( ca. 30 Euro)
Danach sind wir auch erschöpft und fahren ins Hotel, weil abends die Lesung ist. –
Es kommen 9 sehr interessierte Zuhörer, 3 Bücher verkaufe ich. Angeregte Unterhaltung, war ganz nett.
Samstag, 2.6.07
Die Wirtin taut auf, weil ich gestern abend anklingen lassen habe, dass ich mein Buch dem Blindenverein zur Verfügung stellen will. Ihr Sohn hatte mit 16 Jahren einen Motorradunfall, danach Netzhautablösung und ist nun mit 34 Jahren ganz blind. –
Wir fahren wieder in die Stadt, obwohl ich für heute eigentlich die Dübener Heide mit dem Bunker vorgesehen hatte. Aber Fritz hatte dazu wohl nicht rechte Lust, bei schönem Wetter in dunklen Bunkern herumzukriechen.
Wir brauchen fürs Lutherhaus 2 Stunden und sind beeindruckt.
Besonders imponierte uns ein Schriftstück:
1939 wendet sich Luther an seinen alten Freund Gabriel Zwilling in Torgau: "Von dem Kasten oder Kastensitz befiehlt mir mein Herr Käthe dir Folgendes zu schreiben. Sie wundert sich, dass ein solcher Kasten mit vier Gulden so teuer sein soll. Denn es sollte ein sauberer Kasten für weißleinene Wäsche sein, ohne jeden Eisenbeschlag, der die Wäsche rostig macht. Denn einen Schatzkasten haben wir bereits, der ist uns wohl tausendmal zu groß für unseren Schatz."
Ich verehre die beiden immer mehr: Herrn Luther, weil er den Leuten aufs Maul geschaut hat,
und auch so geredet hat, und seine Frau Katharina von Bora, weil sie damals schon eine wahre Power-Frau war!
Danach noch das Melanchtonhaus und dann müssen wir erst mal Pause machen. Im Café Bora reden wir mit der netten und hübschen Besitzerin. Nettes Gespräch mit dem Stadtführer
Herald Mittrücker, der sich für eine Arbeit in Österreich interessiert. Vielleicht können wir helfen.
Jetzt mussten wir natürlich auch noch in das Cranach-Haus, Eintritt 3 Euro ist nicht gerechtfertigt. Aber vielleicht waren wir einfach schon zu müde, um noch mehr aufnehmen zu können. (Interessantes nebenbei: Auf Bildern gemalte Frauen mit zugebundenem Mund sind schon tot. Kinder in weißen Kleidern ebenfalls.)
Wir essen in der Pizzeria neben dem Kartoffelhaus.
Bevor wir nach Hause fahren, beglücke ich die Frau vom Cafe Bora noch mit meinem Buch.
Somit habe ich 4 verkauft.
Tritt fest auf , mach's Maul auf und hör bald auf
Abends holen wir unseren steirischen Rotwein aufs Zimmer und essen die Eierschecke und den Bienenstich von gestern.
Sonntag , 3.6.07
Wir und noch 4 Radfahrer in Montur sitzen beim Frühstück. – Es gibt sogar Melone und für jedes Zimmer ist der Tisch gedeckt.
Die Wirtin legt uns nochmals nahe, unbedingt nächstes Mal den Wörlitzer Park zu besuchen.
Wir müssen unbedingt wieder kommen, denn wir haben so vieles nicht geschafft:
Stadtkirche mit den Thesen, Hundertwasserschule, DDR Museum, Teeladen.
Militärmuseum Kossa, Dübener Heide.
Dann fahren wir los: Geheimweg quer durch die Wälder. In einer Fütze reißt Fritz ein Teil des Autospoilers ab, War auch nicht vorauszusehen, aber das passiert nun mal bei Fritzis Survival-Touren. –
12.00 Dreieck Havelland
12.40 Wittstock/Dosse
13.00 Abfahrt Waren
13.15 Restaurant "Landhaus Sietow", Warener Str.12,
(Wer weiß, ob das Haubenlokal in Waren uns noch was zu essen machen würde)
Die pappige Spargelcremsuppe kostet 3,30, - das gebratene Zanderfilet zu 12,50 danach ist gut. –
14.15 weiter
16.45 Ankunft Gasthaus "Anderswie ", Bresewitz – Ab jetzt Ferien am Bodden.
Schlafwagen-Double Wien – Berlin 224,oo Euro
Autozug 69,00 Euro
Schlafwagen Double Hamburg-Altona – Wien 224,80 , 2 Personen
Autotransport 89,00 Euro
Ausfall Versicherung für beide 40 Euro (nach der Darmerkrankung vor kurzer Zeit war es uns das wert und sicher)
11.30 ab Bresewitz 938 km
12.25 Rostock 995 km
15.00 ab Kühlungsborn 1029 km nach dem Essen.
19.00 an Altona 1213 km - 9.24 ab Wien /9.46 Ausfahrt Kurier-Haus
12.00 an Graz 1409 km