2007 Am Bodden

Abheben

und am BODDEN b l e i b e n !

Wir wollten wieder an die Ostsee! Unsere Freunde aus Bremen gaben uns den Tipp

"Fahrt mal nach Fischland oder Darß am Bodden"

"Wo ist das denn ? Wie schreibt sich das?" -

"Bodden mit zwei d und es ist beinahe schon Ostsee !"

Das Internet klärt mich auf:

Fischland - Darss - Zingst, -

schönste Halbinsel der deutschen Ostseeküste.

Aha!

E-mail hin und her, wir buchen Wohnung "Boddenblick" im

"Landhaus am Bodden" in Bresewitz auf dem vorpommerschen Festland.

Anreise mit dem ÖBB-Autoreisezug von Wien nach Berlin Wannsee,

Greifswald, Stralsund, Barth, Bresewitz

Sonntag, 3. 6. 2007 , 16.30 Uhr

Wie verabredet erhalten wir den Schlüssel im Gasthaus "Anderswie" (Was für ein Name!) direkt an der Einfahrt von Bresewitz, zwei Straßen weiter rechts, Im Anger 18, das gelbe Haus soll es sein.

Wir fahren in das geöffnete Gartentor und mein erster Eindruck ist:

Oh, Landhaus ist wohl ein wenig übertrieben! aber Fritz sagt: Nun nöle mal nicht, wart's ab!

Gespannt schließen wir die weiße Landhaustür(stimmt!) auf, Treppe hoch, oben links ist die Wohnung "Boddenblick". Wow! Landhaus hin oder her, die Wohnung ist super! Schau mal, sogar ein Fernrohr steht da! Und so großzügig eingerichtet, so viel Platz für uns zwei, und die tolle Küche hat die selben Ikea - Türen wie unsere zu Hause, - schau mal, es gibt sogar CDs und Cassetten, und dann das Bad mit einer supergroßen Dusche (für uns beide !)

Ein niedliches Schlafzimmer und ganz bescheiden hinter(!) der Tür die Auszeichnung mit 4 Sternen nach der DTV-Klassifizierung!

Und ein großer Kühlschrank mit Gefrierfach, und endlich vernünftige Küchenmesser (10 Stück), hübsches Geschirr, und sogar eine Spülmaschine (ich hasse Spülmaschinen!). Schau mal, eine Gebrauchsanweisung für den Fernseher, die ich sogar verstehe! Gibt es irgendwas, was es nicht gibt? Enttäuschung!

In meiner Jugend habe ich beim Hütten bauen immer gesagt: Erst richten wir ein und dann spielen wir.

Das machen wir jetzt auch.

Und weil ein besticktes Kissen auf dem Sofa sagt: "Nimm dir Zeit!" wollen wir uns einen wunderschönen Urlaub machen und uns viel Zeit nehmen, - für alles!

Montag, 4.6.07

Fritz fährt zum Bäcker , um Brötchen zu holen, aber die sind wabbelig und zäh, alter Jungfernbusen ist knackiger. Außerdem hat er Streuselschnecken mitgebracht, mit so viel Zucker drauf, wie ich in einem halben Jahr nicht verbrauche. Eine essen wir, die zweite werfe ich auf die Wiese für die Ameisen. Hoffentlich kriegen die jetzt keine Diabetes.

Wir fahren mit dem Auto nach Barth. Kostenloser Parkplatz gleich links am Ortseingang. Kurzer Weg bis zum Stadttor und dann in die hübsche Altstadt. Zuerst in die Kirche St. Marien, wo mich ein älterer Herr anspricht, er habe auch eine Canon Ixus-Camera und wir beide schimpfen noch darüber, dass niemals angezeigt wird, wann die Batterie zu Ende ist. Und was passiert mir? Als ich auf dem Hof des ehrwürdigen Fräuleinklosters fotografieren will, kommt das Zeichen: Akku laden! Ich verstehe das nicht, dass es in der heutigen Zeit nicht möglich ist, eine Camera mit Ladestand-Anzeige zu versehen!

Der kleine Hafen ist überschaubar. Ich kaufe für je 5.50 Euro zwei Deko-Möwen, wovon die eine einen Wendehals hat (positiv betrachtet!). Dann noch ein kurzer Spaziergang durch die Lange Straße, wo auch das Vineta Museum zu Hause ist. Meine Assoziation mit Vinothek erweist sich als falsch, als ich mich darüber aufklären lasse, dass es sich hier um ein großes Geheimnis handelt.

Es gibt einen Netto-Laden in der Langen Straße, aber wir fahren doch lieber an die Ortsausfahrt zu Edeka und Famila. Hier wird jetzt der Vorrat für die nächsten Tage eingekauft (50,- Euro )

Zu Hause gibt es den Spargel und frische Kartoffeln von unserem gestrigen Straßeneinkauf.

Abends im TV sehen wir von den Krawallen in Rostock und sind froh, dass wir hier sind.

Dienstag, 5.6.07

Wollen wir mit dem Rad nach Zingst fahren? Ist doch nur ein Katzensprung, aber wir nehmen das Auto.

Erst mal muss man über die sehenswerte Meiningenbrücke, die täglich 2 x für ca. 30 Minuten hochgeklappt wird.

In Zingst parken wir zähneknirschend Parkschein lösend unser Auto am Hafen, nachdem wir nirgends kostenlose Parkmöglichkeiten finden.

(1. Stunde 2,- Euro, jede weitere 1 Euro, Tagesticket 6 Euro. )

Die Stadt ist hübsch herausgeputzt, nur selten sind noch grau-beige DDR-Bauten zu finden, die auch noch aus dem Dornröschenschlaf erwachen werden. - Wir bummeln ein wenig herum, gehen auf die Promenade, und suchen ein hübsches Restaurant. Fischbrötchen sind verlockend, aber wir holen uns lieber frischen Dorsch (1,79 Euro/100 g ) und ein Ministück geräucherten Aal (2,99 Euro /100 g )im Fischladen. Macht nichts, dass die Fischfrau muffelig war, der Fisch war frisch.

Fritz hat die gute Idee, vom Hähnchenstand ein leckeres Hähnchen zu kaufen, es gibt vorher eine Spargelsuppe und dazu einen knackigen Salat.

Abends gibt es das Ministückchen Aal, das höchstens für einen hohlen Zahn reicht, als ich den Kopf und die Gräten entferne. Er schmeckt nach "zu wenig und zu teuer!".

Mittwoch, 6.6.07

Es hat in der Nacht ziemlich gegossen. Auch beim Frühstück regnet es noch, und wir überlegen, ob wir lieber zu Hause bleiben und lesen oder es wagen, mit dem Rad zu fahren.

Als wir um 11.30 endlich die Räder aus dem Schuppen holen, fängt es wieder stärker an, aber wir haben Regenzeug mit und fahren los.

Gleich gegenüber vom Restaurant "Anderswie" an der Einfahrtsstraße kommt man zum alten Bahnhof. Dort beginnt der Radweg in beide Richtungen. Wir fahren nach Norden, der asphaltierte Weg ist noch nass, die Blätter glänzen feucht und zischelnd spritzt es unter den Rädern.–

Jetzt bin ich richtig angekommen: Die weiten Felder, der Geruch nach Gras, Holunder und Kamille, die salzige Luft, die zwitschernden Vögel, - das ist Norden, das ist See, das ist Anders! Ich strample in die Pedalen und wäre ich nicht schon weise-vorsichtig, würde ich freihändig fahren und laut jubeln!

Der Weg führt über die Meiningenbrücke, durch Wald bis zum Campingplatz und dann auf den Dammradweg. Da sind wir wohl die einzigen Wilden und überholen alle, die langsam dahinradeln.

Irgendwann nach der "Hohen Düne" eine Gabelung: "Prerow" oder 6 km zum "Leuchtturm Darßer Ort". Fritz ist nicht so begeistert, aber ich WILL zum Leuchtturm. Also los!

Unterwegs läuft uns ein kleines Füchslein über den Weg und eine gepflegte Dame fragt uns verängstigt, ob das normal sei. Normal? Was ist schon normal?

Als wir in die Villenstraße einfahren, stehen die Schilder wohl verdreht herum. Normal? Wir fahren einfach mal drauflos, dem Ortssinn nach, Bernsteinweg zum Strand, wir fahren dann irgendwo lang und kommen auf einen Parkplatz, - auch hier keine Hinweistafeln mehr, man muss fragen.

Ja, soll wohl richtig sein zum Leuchtturm.

Die Prerower Insel-Bahn "Dicke Nele" kommt uns entgegen. Am Endpunkt keine Beschilderung. Wohin?

Eine Dame aus dem Bummelzug rät uns zum Weg geradeaus, aber der wird eine reine Waschbrett-Tour auf alten DDR-Platten-Wegen, die uns furchtbar durchschüttelt. Macht keinen Spaß.

13.00 Endlich sind wir dann am Leuchtturm. Zum Glück kostet das Abstellen der Fahrräder noch (!) nichts.

Wir gehen wie andere auch ziemlich beschwerlich auf dem Sandweg bis zum Strand.

Kurzes Sonnen-an-gebet. dann wieder den Rückweg angetreten Richtung Prerow.

Meist wunderschöner, schmaler Waldweg, nur zuletzt vor Prerow Plattenweg. -

Wir kaufen uns Joghurt und Erdbeeren, Brot und frischen Dill, rufen noch schnell unseren Sohn in Wien an. Er hat alle schriftlichen Prüfungen bestanden! Hurrah!

Auf dem Rückweg im Waldstück im Freesenbruch - ich traue meinen Augen nicht, - überqueren 3 riesige Hirsche den Fahrradweg, - knapp 50 m vor uns! Einer schaut uns noch an, und verschwindet dann mit den anderen in den Wald. Wahnsinn! Ich habe noch nie einen Hirsch mit einem so riesigen Geweih in freier Wildbahn gesehen.

Um 16.30 sind wir wieder zu Hause. Schnell wird der Dorsch in die Pfanne gehauen, ich mache gedünstetes Gurkengemüse mit Saurer Sahne und Dill, 2 Restkartoffeln von vorgestern, danach Käseplatte mit Augur, Chaumes und Behler Gutshofkaes, und dann noch Erdbeeren mit Schlagsahne. (Natürlich gibt es einen elektrischen Sahneschläger.)

Siesta, obwohl es uns sehr gut geht!

Angela Merkel hat beim G8 Gipfel gesagt: Die frische Meeresluft ordnet die Gedanken.

Donnerstag, 7.6.2007 (Fronleichnam)

Heute wollen wir mal mit dem Auto nach Fischland.

Man fährt gemütlich durch die wunderschöne Gegend, - am Anfang unterhalb des Damm-Radweges. Auch heute strampeln sie da oben, was die Pedale hergibt, wo auch wir gestern geradelt sind.

Wir durchfahren Prerow, Wieck, Born und halten in Ahrenshoop beim ersten Parkplatz

1. Stunde 0,50 Euro, 3 Std. 1,oo Euro.

Ich habe so viel über Ahrenshoop gelesen, von Künstlerkolonien und Künstlerflair, von unzähligen Töpfereien und Schnickschnack-Läden. Gibt es. Ja, es gibt Galerien, es gibt Töpfereien, - aber von Künstlerflair haben wir nichts bemerkt. Ich habe den Eindruck, dass man mit den längst vergangenen Zeiten (Paul Müller-Kaempff, die "Malweiber" des 19. Jahrhunderts, Edmund Kesting, Fritz Grebe usw.) auch heute noch Werbung macht, schließlich lebt Korsika heute auch noch vom Napoléon!

Aber das ist alles Geschmacksache. Wir gönnen dem Steilufer noch einen langen Augenblick, der unter uns liegende Sandstrand ist wirklich traumhaft!

Auf dem Rückweg zum Autoparkplatz zieht uns ein unscheinbarer Imbiss-Stand "Fischkiste",

Dorfstraße 41, an. Da wir gern die "kleinen" Unternehmer unterstützen, setzen wir uns in die schattige Sitzecke zu anderen wahrscheinlich Stammkunden. Es wird geschwärmt vom frischesten Fisch, von der besten Fischsuppe und vom freundlichsten Fischer.

Die Fischsuppe ist tatsächlich gut, sättigend und preiswert(3,50 Euro mit Brot) und der Fisch war garantiert nicht länger tot als er lebendig war, versichert man uns...

Dann fahren wir weiter nach Wustrow. Dieser Ort ist kleiner, bescheidener, und irgendwie gefällt er uns besser als Ahrenshoop. Hinter einem Edeka-Geschäft parken wir für kurze Zeit und spazieren zum Hafen und zum Abschluss steige ich auch noch auf den Kirchturm der evangelischen Kirche. Toller Rundblick auf Fischland, Ostsee und Saaler Bodden! Eine kleine Spende von 1 Euro wird erbeten.

In Haui's Fischladen, gegenüber vom Ehemaligen Kaiserlichen Postamt (Heute Infostelle) kaufe ich 3 Rollmöpse und diesmal etwas mehr Räucheraal, beides preiswerter als im Zingster Fischladen und dazu noch freundliche Bedienung!

Abends gibt es knusprige Rösti (dank der guten Teflon-Pfanne in unserer Küche!) und dazu die Rollmöpse, - ich neige immer dazu, zu wenig zu kaufen!

Freitag, 8. 6. 2007

Heute wird wieder geradelt! Wir wollen an die östliche Spitze der Halbinsel nach Pramort.

Übliche Anfangsstrecke 10.30 ab Bresewitz - Meiningenbrücke - Fahrradweg Zingst - bei der Seebrücke beginnt der wunderschöne gepflasterte Deich-Radweg Richtung Dreiländereck.

11 km vor Pramort steigen wir ab und gehen ein Stück in Richtung Aussichtsplatz in den Dünen, von dort blickt man auf Hiddensee.

Warum heißt der folgende Punkt "Dreiländereck" ? Und warum ist das Hinweisschild auf das Gasthaus "Schlösschen" von uns falsch verstanden, so dass wir hungrig um 12.35 am Aussichtsplatz Pramort ankommen und es dort nicht finden? Dafür aber einen großen Aussichtsturm mit Sehschlitzen, um die Vogelwelt draußen zu beobachten. Aber auch drinnen fliegen Schwälbchen und Meisen herum, und wenn sie einem auf den Kopf sch...auen, bringt das Glück!

Wir stärken uns mit unserem Notvorrat Fruchtschnitten und Mineralwasser und treten dann die Rückfahrt an. (Variante II)

Als wir uns wieder der Einfahrtschneise Zingst nähern, knurrt der Magen schon bedenklich. Aber wir widerstehen der Speisekarte des einladenden Steakhauses und kaufen in Zingst Rinderhackfleisch und Salat. Die Homemade-Hamburger schmecken uns anschließend "zu Hause" bestens. Das sind eben die Vorteile einer voll eingerichteten Ferienküche.

Auf unserem abendlichen Spaziergang durch die Neubaugebiete von Bresewitz, wo ein Quadratmeter Grundstück noch für ca. 50 Euro zu haben ist, - besichtigen wir ein halb fertiges Musterhaus, ein wahres Landhaus, das noch auf potentielle Käufer wartet. Wir treffen ein junges Ehepaar aus Schneverdingen, tauschen interessante Gespräche über die Lüneburger Heide aus und erfahren von ihren Ferienwohnungen ganz in der Nähe von Bad Bodenteich. Der Abend endet damit, dass sie ein Buch von mir mit nach Hause nehmen. -

Samstag, 9.6.07

Eigentlich wollten wir in Barth nur die Vorverkaufskarten für das Orgelkonzert am nächsten Dienstag in der St. Marienkirche besorgen. Die Buchholzorgel von 1821 ist das Instrument mit dem weitaus größten originalen Pfeifenbestand der bedeutenden Berliner Orgelbauerfamilie Buchholz in Deutschland.

Da sehe ich, dass die Rembrandt-Ausstellung mit Bildern aus einer Londoner Privatsammlung im Vineta-Museum doch noch bis 5.8.07 verlängert wurde. Also nichts wie rein! Man kann eine Lupe zur Hand nehmen und sich nicht satt sehen an den faszinierend winzigen und exakt ausgeführten Radierungen des wahren Künstlers Rembrandt!

Besonders originell sind die fotografischen Selbstdarstellungen der "Theatermäuse" aus Barth. Die jugendlichen Mitglieder des Theaters hatten bei einem Besuch der Rembrandt-Ausstellung die Aufgabe, sich nach den Werken des Künstlers zu verkleiden und mimisch in Pose zu setzen. Die gelungenen Fotos sind neben den Originalen angebracht.

Eine sehr gute Idee!

Wir sind begeistert, von dem, was das Vineta-Museum in einer so kleinen Stadt zu bieten hat, und wir wissen nun auch Bescheid, über das mysteriöse Geheimnis der verschwundenen Stadt die so gar nichts mit Wein zu tun hat...

Wir haben die Vorverkaufskarten für das Festliche Gunther-Emmerlich-Konzert am 12.6.07 in der Tasche und freuen uns auf den heutigen Abend:

Das Berliner Ensemble für Alte Musik "Kalliope" spielt im Dörfchen Starkow, etwa 25 Autominuten von Bresewitz entfernt. Wir sind früh da und haben genügend Zeit, ganz ruhig durch den wunderschönen Pfarrgarten zu gehen, wo Kräuter, Blumen und Obstsorten angebaut und erklärt werden. Die Stimmung ist bezaubernd wie unsere Vorfreude, die Luft ist mild und im abendlichen Gegenlicht gleichen schauende Mädchen und Frauen zarten Elfen, es sitzen junge Mütter mit ihren Kindern in der Wiese, die Bänke sind besetzt von einem erwartungsvollen Publikum. Sind es 80 oder gar 100 Personen, die zum Teil sogar in Fahrradmontur von Zingst - hergekommen sind? Bei einem Eintritt von 10 Euro wird der Abend sicher nicht mit einem Minus enden.

Nach einer kurzen Ansprache - leider stellte sich der Herr nicht vor, war es der Herr Pastor oder war es der Leiter des Tourismusvereines? - lauschten wir erst stehend zwischen den Rosenbeeten und danach in der großen alten Starkower Backsteinkirche auf harten Bänken sitzend diesen wundervollen alten Weisen, die nach dem Motto "Gleich wie ein Schiff auf Wellen" erklangen.

Wo hat man sonst die Muße, Barockvioline, Barockcello, Cembalo und eine so (wunder)volle Sopranstimme, wie die von Cassandra (Was für ein Name!) Hoffmann zu hören. Dass die Kirche wegen der Renovierung zum Teil eingerüstet war, störte nicht so sehr, wie die Tatsache, dass die einleitenden und erklärenden Worte der charmanten Cassandra Hoffmann zu den folgenden Musikstücken wegen der schlechten Akustik leider überhaupt nicht zu verstehen waren.

Die Rückfahrt unter hellem Abendhimmel dem Rest eines malerischen Sonnenunterganges über dem Bodden entgegen, war Abschluss eines unvergesslichen Erlebnisses.

Sonntag, 10.06.07

Unsere Hauswirte, Herr und Frau Brylok, sind aus Berlin gekommen und wir teilen ihnen mit, dass wir gern noch länger, also bis zum Mittwoch hier bleiben möchten.

Wir dürfen auch die anderen zwei Ferienwohnungen besichtigen, die blaue oben rechts und die kleine unten links. Ich liebe Blau und bin begeistert! Trotzdem würde ich, wenn wir noch einmal kommen, "unsere" Wohnung mit Blick auf den Bodden nehmen.

Heute ist wieder Radfahren angesagt: Es wird der westliche Teil der Halbinsel von uns besucht: Wir fühlen uns schon richtig heimisch, wenn wir nun schon zum dritten Mal auf dem Damm von Zingst nach Prerow radeln, - da dann in den Ort hinein, - Halt! Beinahe wären wir an der alten Seemannskirche vorbeigefahren. Auf dem umliegenden Friedhof finden wir Grabsteine aus dem 18. und 19. Jahrhundert und können zum Teil noch die sinnigen Inschriften entziffern.

Das Kircheninnere gefällt mir sehr gut, hell und freundlich, strahlt Vertrauen aus und macht nicht Angst, wie manche wuchtige Riesenkirche im gotischen Baustil. Hübsch sind die aufgehängten Votivschiffe, die von Seeleuten gestiftet wurden.

Um 13.20 verlassen wir Prerow und fahren über weite Felder und später mit Blick auf den Bodstedter Bodden nach Wieck. Am Ortsanfang ein Übersichtsschild und gleich mehrere gut besuchte Gaststätten. Wir schauen auf die Speisekarten, aber es drängt uns weiter.

Das gelbe Haus "Kum rin" , Bauernreihe 7, sieht so leer und traurig aus, da gehen wir rein und werden nicht enttäuscht:

Freundliche Bedienung, eine Speckscholle(9,80 Euro) so lecker, wie ich sie noch nie gegessen habe. Danach (so gut wie von mir gemacht) eine echte Rote Grütze, hübsch dekoriert und mit Früchten

(3,00 Euro). Sehr zu empfehlen!

Wollen wir noch weiter bis Born? Klar! Also los! Wir fahren einen wunderschönen Bodden-Radweg. Manchmal muss man Entgegenkommenden ausweichen, weil er so schmal ist.

Und dann kommt Born und mein Herz jubelt beim Anblick der vielen schönen Häuser.

Hier ist wirklich ein Haus schöner als das andere, während in Zingst jedes zweite Haus schöner als das andere ist. Hier ist alles noch so urwüchsig und doch unaufdringlich prachtvoll und gepflegt! Ich habe ständig das Fahrrad in Halteposition, um immerzu nur fotografieren zu können. Ich lobe mir meine Digi-Camera, damit wird Urlaub erst richtig schön. Früher war man sparsam mit jedem abgeschossenen Papierfoto-Film.

Und noch früher, als man mit Pinsel und Staffelei herumlief, ach Gott, wie hätte man damals einen Ort wie Born verewigen können? Wir machen am Hafen eine kleine Pause und denken darüber nach, ob wir den gleichen Weg wieder zurückfahren wollen oder schnurstracks gerade durch den Darßer Wald knapp

8 km nach Prerow. Wir entscheiden uns für die Waldstrecke. Nach ca. 40 Minuten kommen wir in Prerow an und wieder gibt es hübsche Häuschen zu bestaunen. Nun kennen wir uns schon aus: Villenstraße - Hohe Düne - Zingst - Brücke, zu Hause in Bresewitz um 17.30.

Unsere Wirtsleute sind noch am Arbeiten, sie streichen und werkeln, mauern und putzen, - haben wir ein schlechtes Gewissen? Nein, wir haben früher genauso gearbeitet, wenn unsere Gäste in der Sonne lagen!!! Alles hat eben seine Zeit!

Abends sitzen wir gemeinsam mit ihnen auf der Terrasse und plaudern, lachen, diskutieren und freuen uns des Lebens bei steirischem Rotwein und norddeutschem Bier. Wir erfahren viel über die große Attraktion der hiesigen Gegend: Bis zu 40.000 Graue Kraniche, diese riesigen Vögel, Glücksboten und Weisheitssymbole der Menschen, die mit lang ausgestreckten Hälsen und weit nach hinten reichenden Beinen in Scharen durch die Luft fliegen und hier, genau in diesem Gebiet rund um Bresewitz, Pause machen.

Im Frühjahr bleiben die Kraniche nur kurze Zeit, bevor sie zum Brüten in den Norden aufbrechen. Im Herbst sind sie zwei Monate hier in der Boddenregion auf den Inselchen Kirr und Oie. Dann kann man die Vögel am Tag auf den Feldern bei der Futtersuche und bei der Dämmerung bei ihrem Einflug zu den Schlaf(stand!)plätzen beobachten. Es gibt genaue Anweisungen und Kurse, wie man sich diesen Tieren gegenüber zu verhalten hat, um sie nicht zu stören oder gar zu verscheuchen. -

Ich bekomme Lust, es unbedingt auch einmal zu erleben, wenn Tausende Kraniche trompetend und balzend direkt übers Dach fliegen. Der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft ist für die Kraniche genau das , was er für uns Menschen auch ist: Ein Platz zum Ausruhen und Auftanken, bevor es auf einer vorgegebenen Route weiter geht, nur mit dem Unterschied, dass die Kraniche weder Landkarten noch GPS brauchen, die haben es bereits eingebaut.

Und im Gegensatz zum Menschen leben die Kraniche in Dauerehe und mit den Kindern im Familienverband. Sollte einmal ein Partner verlorengegangen sein, sucht der andere wochenlang danach. Wie schön, dass die Partnerschaft in der Tierwelt noch in Ordnung ist und wohl auch immer bleiben wird.

Montag, 11.06.07

Heute wollen wir das Festland südlich der Bodstedter und Saaler Bodden erkunden.

Pruchten, Bodstedt, Fuhlendorf mit einer "anmutigen" DDR-Ruine mitten im Ort, durch den Wald nach Michaelsdorf, Ende der Fahnenstange und noch zu früh zum Einkehren, also über freies Feld nach Neuendorf und zum kleinen Neuendorfer Hafen, über die Saaler Höhe (oho!) neben malerischen Mohn- und Kornblumen nach Saal. -

Die wuchtige gotische Kirche mit dem freistehenden Glockenturm soll hinter dem Altar einen unterirdischen Gang haben, der irgendwo im Bodden enden und heute sogar noch zu besichtigen sein soll. Leider war die Kirche zu. Auch ums leibliche Wohl war es gastronomiemäßig nicht gut bestellt. Von Saal fuhren wir auf der Landstraße nach Hessenburg und weiter nach Bartelshagen 2. Ein Hinweis auf einen Getränkeshop mit Imbiss rettete uns vor dem Verhungern. Wir wurden vom Wirt zwar nicht umarmt und gebusserlt zur Begrüßung und auch die Wirtin hinter der Theke beäugte uns schweigend, als vermute sie in uns zwei Gault-Millau-Tester, - aber das Lübzer Bier war gut und das Bauernfrühstück mit Salatbeilage für 5,10 Euro deftig und in Ordnung. Als dann auch noch der Kreisschornsteinfeger uns über den Weg lief, konnte nichts mehr schief gehen.

Der Rest unserer Tour ging über Lüdershagen, Kronsberg, Planitz und wir kamen an der Waldstraße, die von Wobbelkow (Was für ein Name!) auf die Hauptstraße nach Bresewitz führt. Von da ging es dann auf dem Radfahrweg weiter bis zum alten Bahnhof und nach Haus.

Irgendwo im Wald gab es einen Gedenkplatz an einer alten Eiche, die ein eigenartig geformtes Loch im Stamm aufwies. Auf einer Tafel war zu lesen:

"Man glaubte früher, dass Kranke, und besonders Gelähmte, Rheumatiker und Gichtkranke gesund werden würden, wenn sie durch diese Öffnung hindurchkröchen. Zuweilen hielten ganze Reihen von Kutschwagen hintereinander, deren Insassen Heilung suchten. Und sie kamen nicht nur aus der Greifswalder und Wolgaster Gegend, sondern selbst tief aus Mecklenburg. Ein Bretterboden erleichterte den Betreffenden die Heilkur. Die Krücken wurden an den Baum gehängt und alte Leute erinnern sich, dass zuweilen 50 Krücken am Geäst baumelten. Ein Schäfer steckte seinen kreuzlahmen Hund durch die Öffnung der Eiche. Seitdem hat der Baum seine Wirkung verloren."

Eigentlich schade!

Dienstag, letzter Tag

Es liegt schon Wehmut in der Luft.

Fritz fährt vormittags nach Barth, um das bestellte Buch aus dem Buchladen abzuholen und hat danach einen Strafzettel an der Windschutzscheibe, weil er kurze Zeit im Halteverbot stand.

Fürs Mittagessen bringt er aus dem "Fischkaten", in Pruchten, Dorfstraße 14, Rollmöpse mit, sehr zu empfehlen!

Simone und Ferdinand Brylok verabschieden sich nach dem Mittag und wir sind schon kräftig im Einpack-Fieber.

Am Nachmittag sitzen wir zum ersten Mal ganz geruhsam auf den weißen Gartenstühlen vor dem Haus, die aber offiziell zur unteren Ferienwohnung gehören, genießen unsere letzte Ruhe(stätte)! Fritz liest in seinem neuen Buch, und ich stöbere endlich einmal in den fast 50 Büchern, die in unserem Wohnzimmer stehen. Nur meines würde noch darin fehlen. Dann lässt mich Fritz allein und verwöhnt uns danach mit einem großen Berg Palatschinken( Untertext für Nichtösterreicher: das sind Pfannekuchen!)

Um 19 Uhr fuhren wir erwartungsvoll nach Barth, wo in der St. Marienkirche das Festliche Konzert mit Gunther Emmerlich und ehemaligen Mitgliedern der Staatskapelle und Semperoper Dresden stattfand. Ein schöner Urlaubsabschluss!

Mittwoch, Abreisetag

Vormittags allgemeine Abreise- und Haushaltsauflösungs-Hektik,

schließlich wollen wir alles ordentlich hinterlassen, damit wir wiederkommen dürfen.

Auf Wiedersehen, schöne, gemütliche Ferienwohnung, -

auf Wiedersehen, Blick auf den Bodden,

auf Wiedersehen, Landhaus, (jawohl, ein Haus auf dem Land ist ein Landhaus!)

Gartentor zu, und 11.00 Uhr Abfahrt !

Noch einmal Erinnerungen auf unserer Radstrecke Fuhlendorf, Bartelshagen,

dann nach Ribnitz, Rostock, Heiligendamm (Oh schau, die riesigen Zäune werden abgebaut!) Kühlungsborn, Mittagspause (Na ja, wir müssen was essen, aber dann schnell wieder weg)

Auf schattigen alten Alleen-Straßen nach Ratzeburg und Mölln, Schwarzenbek und auf der Autobahn schließlich nach Hamburg hinein.

Den Fahrtstrecken-Ausdruck vom ÖAMTC hat Fritz in den Händen, ich das Steuer, und so schaffen wir es, superpünktlich (meine Stärke!) am richtigen Ort (seine Stärke!) zu sein, nämlich am Autoverladebahnhof Hamburg–Altona. 19.00

Danach geht alles Zug um Zug im wahrsten Sinne des Wortes.

Donnerstag, 14.6.07

Um 9.15 sind wir in Wien und mittags in Graz.

Laudatio:

Wir haben uns gut erholt, sogar der Hausarzt ist begeistert, -

Wir können jedem diese Gegend, diese Unterkunft,

und für längere Strecken den Autoreisezug empfehlen.

Dass wir ein ganz besonderes Glück mit dem Wetter gehabt haben,

ist eine Zugabe gewesen,

aber mit der richtiger Kleidung und positiver Einstellung würden wir jederzeit

auch im Herbst wieder hinfahren

(und dann stellen wir uns stundenlang auf die gebührenfreien Parkplätze !!!)