2001 Kap Verde

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Unsere Reise zu den Kap Verde Inseln

"Du freust dich?"

fragte mein Sohn ungläubig, als ich ihm mitteilte, daß wir einen Rucksackurlaub auf den Kapverdischen Inseln machen wollen.

Am Freitag, 19.1.01 hatten wir einen Spaziergang gemacht und ein herumliegendes Flugblatt von Dezember gefunden: Kapverde-Inseln ab sofort ab Graz!

Da Fritz vor seinem 66. Geburtstag wieder mal leichte Torschlußpanik hatte, daß er bis zum Ende seines Lebens nicht mehr über Graz-Umgebung hinauskommen würde, beschlossen wir, am nächsten Tag zum Reisebüro zu gehen.

"Laß uns mit wenig Gepäck reisen und dann in den besten Hotels übernachten!" , schlug ich vor.

Samstag, 20.1.01

Frau Starchl vom Reisebüro Gruber, Graz bucht für uns rucki-zucki den nächsten Urlaub in den Kapverden, eine Woche Hotel, danach 2 Wochen Rucksacktour auf eigenen Frust, pardon auf eigene Faust,nur die Frage nach dem Visum bleibt offen bis Montag.

Sonntag, 21.1.01

2 Reiseführer, Skizzen, Pläne, Packlisten..dazwischen essen

Montag, 22.1.01

Das Visum kommt per Fax.

Dienstag, 23.1.01

Ich habe alles gepackt! Hurrah!

Vivian kommt begutachten und meint,sie nimmt mehr Gepäck mit, wenn sie mit Gary nur mal zu einem Party-Empfang geht.

Mittwoch, 24.1.01

Fritz meldet abends noch Mitnahme-Wünsche an: z.B. die dicke Flauschjacke oder die grünen Dauenjacken? - Nach meiner Meinung nicht nötig, da die Kapverden auf gleicher geographischer Höhe liegen wie die Karibik, trotzdem liege ich stundenlang wach mit der Frage, ob ich auch wirklich genug eingepackt habe.

Donnerstag, 25.1.01

Fritzi hat Geburtstag und als wäre es bestellt ertönt aus dem Steiermark-Rundfunk "Mit 66 Jahren..." just in dem Augenblick, als Martin ihm aus Dresden gratuliert.

Vivian bringt uns zum Flugplatz, 10.20 ab Graz- 15.oo ab Frankfurt,

19.20 Ortszeit an Sal

Transfer zum Hotel Morabeza in Santa Maria , - schnell noch zum Abendessen, dann ins Bett

Freitag, 26.1.01

Gut geschlafen, obwohl der Sturm draußen heulte und ich in Gedanken sämtliche T-shirts übereinander zog, weil es nun doch kälter zu sein scheint , als angenommen. - Doppelmatratze hängt nicht durch, Dusche ist prima, Frühstück gut.

11.oo Uhr Besprechung mit Neckermann-Repräsentantin, Frau Klameth, danach zur Bank, um Escudos zu tauschen. Wir werden zum ersten Mal mit der Un-Hektik dieser Insel(n) konfrontiert: ½ Stunde warten, 7 Minuten Umtausch-Aktion.

Dann zum CVTS-Reisebüro, um uns nach Schiffs- bzw. Flugverbindungen zwischen den Inseln zu erkundigen. Meine Pläne mit den Inseln Antao und Santiago hatten wir zugunsten der unbekannteren "Blumeninsel" (haha!) Brava aufgegeben. - Der vor einigen Jahren mit Entwicklungshilfe gebaute Flughafen auf Brava liegt brav brach, weil ein befuselter Pilot die Landebahn 3-fach sah und die falsche wählte.... Seitdem ist es "zu gefährlich" - Aus! - Kein Flugverkehr mehr, nur noch einige Fährverbindungen. Wann? - Haha! - Selten, ab und zu, vielleicht.....

- Außerdem ist ihr Computer kaputt (wie lange schon, wie lange noch?)

Zufällig kommt ein männlicher Kollege, der mir auf französisch erklärt, es gäbe z.B. ein Schiff, das in der Nacht mit Schlafkabinen direkt ab der Insel Santiago nach Brava fährt. - Leider hatte die vollbusige Sexbombe den Plan verlegt und fand ihn auch bis zum Ende der Bürostunden nicht mehr...

Montag sollten wir wiederkommen. (Und wir hätten so gern schon ein wenig geplant und vor allen Dingen die Schiffskarten reserviert...für alle Fälle .....)

Spaziergang durchs Dorf, - dann Käsekuchen vom Flugzeug vertilgt und Rotwein aus dem Dorfladen getrunken.

Strandspaziergang. Zum Baden ist es zu kalt und zu windig, aber die vielen Surfer und Kite-Surfer freuen sich drüber.

19.00 Uhr Abendessen, Tomatensuppe, Spieß mit Krabben, Omelett mit Eis, ¾ L Tischwein, alles passabel.

Samstag, 27.1.01

Frühstücksbuffet nicht schlecht.

Danach mit Aluguer(offener Lastenwagen) die organisierte Halbtagesfahrt über die Insel gemacht.

Neben uns gibt es ein nettes junges und ein ebenso nettes älteres Ehepaar, wovon er früher mit Bierbrauerei-Anlagen in Afrika und Übersee zu tun hatte. -

Zuerst besuchen wir die Salinenanlage Pedra de Lume, deren Liftanlagen verfallen sind, weil man - wenn überhaupt - das Salz mit Lastwagen abtransportiert. Ringsum verlassene Geisterhäuser.

Danach in die Hauptstadt Espargos, - naja - , Blick von einem Hügelchen und zum Hafen-Kaff Palmeira. Anschließend durch staubige Wüste , (d.h. auch die vorherige Gegend war staubig!)

zum Olho Azul: ein langes nach unten ragendes Loch im Basaltstein bietet einen blauen Ausblick auf den Meeresgrund, wenn die Sonne mittags genau von oben hineinscheint.... naja...

Als Zugabe dann auch noch eine Fata Morgana, .... und somit waren alle Insel-Sehenswürdigkeiten abgehakt. Mit zimtfarbenem Wüstensand bedeckt, in der Nackengegend gefährlich errötet

und durchgeschaukelt wie nach einem Kamelritt kamen wir wieder im Hotel "Morabeza" an. -

Fritz absolvierte den ersten Waschtag und bald hingen Hosen und T-shirts auf der Wäscheleine.

Geplant(haha) ist, daß wir am Tag vor dem Abflug nach Frankfurt in Espargos zurück sein und uns auch am Donnerstag dort aufhalten wollen. Jetzt, wo ich das Dorf gesehen habe, frage ich mich,

was wir 1 ½ Tage dort machen werden..... ? - Was machen wir überhaupt an den folgenden

4 Hoteltagen außer Strandspaziergängen, essen und schlaf(f)en? -

* * * * * * *

Irgendwie sind die Tage - wenn auch irrsinnig langsam - herumgegangen:

Wir haben die Zeit totgeschlagen und auch den einzigen fetten Kakerlak aus der Duschwanne,

salzige Meeresluft bei den Strandspaziergängen eingeatmet und

stinkende Verwesungsgerüche auf unseren Überlandwanderungen durch Müllplätze,

sind vorbeigelaufen an unzähligen Bauruinen, die auf ihre Fertigstellung und auf den großen Touristenstrom warten....

Wir haben uns gefragt, wie die Fäkalien entsorgt werden und woher man Wasser für all die vielen neuen Wasserhähne und Duschen nehmen will, wo jetzt noch Frauen mit Eimern auf ihren Köpfen das kostbare Naß von weither zu ihren Behausungen schleppen müssen oder das Trinkwasser plastikkanisterweise vom mobilen Wassertankwart zugeliefert wird. Es wird gebaut und stillgelegt und wieder weitergebaut, wenn ein paar Dollars von den Verwandten aus Übersee eintreffen...

Zeit spielt keine Rolle.... Man trinkt am frühen Morgen schon ein paar Gläschen Grog und wartet auf Entwicklungshilfe.

Als Fritz mit einem Stückchen Kupferdraht eine Beilagscheibe für die Badezimmertür gefertigt hatte und die Tür nun geschlossen blieb, konnten wir endlich auf der Toilette sitzen, ohne für die vorübergehenden Passanten durch die großen Glasfenster beobachtet zu werden....

Die meisten Gäste lagen ganz zufrieden eingeölt und unberechtigterweise "oben ohne" am Meerwasser-Schwimmbad und faulten von einer Stunde zur anderen...

Da das aber nicht nach unserem Geschmack ist, traten wir am Donnerstag unseren Rucksack-und Erlebnisurlaub an.

2. Teil / Donnerstag , 1. Februar 2001

6 Uhr Duschen, Packen( unser Rucksack ist wie ein memory-Spiel: Was ist in welcher Tasche?), Frühstücken, per Taxi zum Flughafen, irgendwann Abflug mit einer kleinen Propellermaschine, 1 Stunde Flugzeit nach Praia auf der Insel Santiago .

Natürlich nehmen w i r kein Taxi, sondern zuckeln mit unserem Rucksäcken hinunter bis zur Straße Richtung Stadt. Es gibt eine Haltestelle, aber welche Richtung ist richtig? - mit dem erstbesten bereits übervollen Aluguer fahren wir glücklicherweise zum Sucupira-Markt, genau da wo wir hinwollen, - dann knöpft man Fritz 300 Escudus ab (ca. 6 DM), im Reiseführer sehen wir dann, daß das genau 5,60 zu viel waren,wir werden beim nächsten Mal besser aufpassen.

Zuerst zum Arcaverde-Schiffsbüro, das zu ist. Toll, daß draußen ein Fahrplan hängt (im Laufe der Reise werden wir noch merken, daß das nicht nur toll ist, sondern eine spitzenmäßige Höchstleistung!)

auf dem wir lesen, daß eine Fähre bereits um 13 Uhr gegangen sein muß... Aber wir wollten doch in der Nacht reisen nach der fragwürdigen Auskunft der Sexmolli im Reisebüro von Santa-Maria....

Eine schwarze Negermami erklärt hilfsbereit, daß im 14 Uhr wieder geöffnet wird. In der Zwischenzeit essen wir im Avis-Lokal Rindfleisch mit Pommes con natas (Champignons.) - Ich bleibe im Restaurant sitzen und Fritz rennt zum Fährbüro, wechselt dann auch noch Geld, - was am Bankschalter nur m i t, am Automaten jedoch o h n e Vorzeigen des Passes möglich ist.

Dann marschieren wir beide mit dem gesamten Gepäck noch einmal zum Fährbüro und befürchten, daß wir den Menschen hinter dem Tisch evtl. doch nicht richtig verstehen:

heute n a c h t um 1 Uhr geht ein Schiff direkt nach Brava, das Kabinenplätze hat, aber frühestens um Mitternacht betreten werden darf.

Also gut, wir kaufen die(?) Tickets mit Kabinenzuschlag.

Was tun wir bis Mitternacht mit dem ganzen Rucksackgepäck? Ein (Stunden)-Hotel aufsuchen.

Ich frage den Herrn nach dem im Reiseführer empfohlenen Hotel Paraiso und er springt auf, - nein, er erhebt sich langsam, schließt nicht etwa seinen Laden ab, - sondern geht seelenruhig vor uns her bis zum Hotel Paraiso in der nächsten Nachbarschaft. Dann zündet er sich eine Zigarette an und schleicht zurück (Dienst ist Dienst!)

Der Portier bietet uns ein Zimmer für 3.500,- ECV an (70,-DM). In Anbetracht, daß wir aber eigentlich nur das Gepäck für ein paar Stunden deponieren wollen, rechnet er den Single-Preis von 2.000,- ECV (40,-DM). Wir strecken uns gemeinsam auf einem (uns zustehenden) Bett aus, dösen an die Decke mit dem Kronleuchter, wo eine Glühlampe brennt, eine nicht brennt und zwei gar nicht da sind....

Zum Zeitvertreib nochmals ein Ausflug downtown, wo abends die Fußwege hochgeklappt werden,

die Marktstände - öd und leer - , höchstens von einer der wenigen herumstreunenden Katzen frequentiert werden, - hier und da ein Bettler auf abgeknickten Beinen oder Ellbogen rutschend, aber es gibt keine Atmosphäre: es ist einfach nur staubig und langweilig. Ziemlich müde lassen wir uns mit dem Taxi zum Porto fahren und landen auf dem Aeroporto, dem Flughafen. Fritz merkt es zum Glück, bevor wir aussteigen und nun düst der Taxifahrer ab zum Hafen! (Mein Gott, wir werden doch nicht das Schiff verpassen!)

Das Hafengebiet ist schlecht beleuchtet und unheimlich. Die Schwarzen sind im Dunklen fast nicht zu sehen, nur das Weiße ihrer Augen läßt erkennen, daß da etwas herumwieselt. Kartons, Kisten, Container, Fässer, Tiere, Koffer, Säcke werden aufs Schiff geladen und neben der langen Einstiegstreppe sind zwei offene Kisten jeweils mit der Aufschrift "Fogo" (nächste Nachbarinsel) und "Brava" (unser Zielpunkt). Wir werfen unseren schwarzen Rucksack hinein und dürfen nach längerer Wartezeit auf die wackelige Leiter steigen,d.h. Fritz darf, - denn der Angestellte im Fährbüro hat uns nur e i n e Schiffskarte verkauft!

Zum Glück konnten wir problemlos nachlösen und so stand einer schönen Seereise auf einem superneuen 1999 in Bremen gebauten Schiff nichts im Wege. Wir waren erst enttäuscht, daß es eine Viererkabine war, aber wir blieben allein und die sauber bezogenen Stockwerk-Betten, die ordentlichen Toiletten mit Clo-Bürste und Papier ließen uns staunen. Fritz fiel gleich in tiefen Schlaf, hörte nicht mehr, wie wir in See stachen und merkte auch nicht, daß ich das Bett wechselte und ihn mit einer übrigen Decke zudeckte, weil es immer kälter und kälter wurde. Dann hörte ich Wasser unheimlich laut plätschern und an der Bordwand aufschlagen und muß gestehen, daß ich Angst hatte. -

Freitag, 2. 02.2001

Morgens wurden wir irgendwann aus dem Schlaf geholt mit Gebrüll "Fogo"! Wir verneinten mit

"No Brava!" . Er verschwand grunzend wieder, wir drehten uns nochmal im Bett um. - Nach einer Weile noch eindringlicher die Bitte, daß wir nun endlich von Bord gehen sollten, das Gepäck könnten wir im Schrank lassen, irgendetwas von "Onze ora" (Abfahrt 11 Uhr?)brummelte er uns zu, als wir verschlafen die Anlegetreppe hinuntertrotten. Da wurde uns bewußt, daß wir alles Gepäck zurückgelassen hatten, die Papiere, das große Vorratsgeld, den Reiseführer, - wir wußten ja noch nicht mal, wie der Hafenort heißt.

Nur mit viel Überredungskunst durften wir noch einmal aufs Schiff zurück und holten wenigstens die Pässe, ein bißchen Eßvorrat, unsere Wasserflasche und Sonnenbrillen. Dann rauf auf einen Aluguer.

Ich bekam einen kleinen Negerjungen auf den Schoß gesetzt, man rückt zusammen und alle passen drauf, die rauf wollen.

Vor verschlossenen Türen unter einem Schild "Leila" ließ er uns alle aussteigen und sagte etwas von

"dez ora", offensichtlich wollte er uns um 10 Uhr wieder hier abholen. - Der am klügsten aussehende schwarze Mitfahrer sagte freundlich auf englisch, daß wohl um 8 Uhr geöffnet werden würde. Also liefen wir erstmal ins Dorf, um nach Dresden zu telefonieren, was auch klappte. - Als wir um 9 Uhr wieder zurückkamen, saßen unsere Mitfahrer, die offensichtlich auch weiterwollten nach Brava, geduldig auf das Frühstück wartend in der dunklen Kellerkneipe. Wir setzten uns dazu und bestellten einfach "dasselbe". Es gab das Insel-Nationalgericht Cachupa: ein aus stundenlang weich gekochten Maiskörnern(!), mit dicken Bohnen und gestanoften Süßkartoffeln vermischten Eintopfpapp, dem je nach Gegebenheit Wurst, Hühnerfleisch oder auch Fischköpfe zugefügt werden.... Dieses erste Mal schmeckte es mir eigentlich recht gut, die Laune war bestens, wir unterhielten uns mit den schwarzen Tischnachbarn, ja, wirklich, es schmeckte nicht schlecht! Danach sehr guter Kaffee aus großen abgenutzten Thermoskannen, Milch, Margarine und frisches Weißbrot. Pro Person 2,oo DM: spottbillig und sättigend.

Alle redeten von "dez ora" und trotzdem gingen sie weg in aller Seelenruhe, irgendwohin...

Wir versuchten noch einmal am Marktplatz zu telefonieren und wurden dort von einem anderen Taxifahrer angesprochen, doch gleichzeitig stürzte "unser" Aluguer-Fahrer von irgendwoher herbei und lud uns auf. Dann suchte er die anderen: bei "Leila" standen sie nicht, beim Marktplatz nicht, er raste mit uns im ganzen Ort herum, suchte in jeder Straße, an jeder Hausecke, in jedem "Gasthaus" - es wurde immer später, und ich hatte ein mulmiges Gefühl, als es auf elf Uhr zuging und er noch einen Passagier auflud, der unbedingt erst bei der Bank Geld wechseln wollte.

10.45 Mir wurde es heiß und kalt, Fritz beruhigte mich.

10.50 Verdammt nochmal, wir müssen aufs Schiff!

Ein weißer Tourist hört mich wohl fluchen, kommt ans Auto und weiß, daß das Schiff erst um 12 Uhr abgeht, - mir fällt ein Stein vom Herzen, - Der Fahrer muß mich für hysterisch gehalten haben. Jedenfalls raste er - wohl mir zuliebe - wie ein Wilder zum Hafen, war um 11 Uhr da, - und die anderen, fehlenden Mitreisenden standen ebenfalls schon da und grinsten....

12.30 Endlich fuhr das Schiff ab. - Wir überprüften unsere Habseligkeiten in unserer Kabine und nahmen dann eine erquickende heiße Dusche im Bad!!!

An Deck lernen wir eine forsche Hamburgerin kennen, die hierher kommt, um sich nach einem Altersruhesitz umzusehen. - Na, dann muß es ja eine hübsche Insel sein....

13.30 Ankunft im Hafen der Insel Brava. Die Einheimischen stehen da (wahrscheinlich schon seit Stunden) und nehmen ihre Angehörigen in Empfang oder wenigstens verpacktes Geflügel, Schweine mit zusammengebunden Vorderfüßen, Ziegen oder wertvolle Fracht in Säcken, Kartons, Verschlägen oder Tüchern.

13.45 Mit voll besetztem Aluguer in rasenden Fahrt auf ungepolsterten Bänken auf die Höhe nach Vila Nova Sintra : 19 Personen, Riesengepäckberg, und dann noch ein Reserverad, das immer von einem Mitreisenden auf dem Fahrerhäuschen festgehalten werden muß. Der Auspuff qualmt schwarz und das ist wohl auch ein Grund, daß die Einwohner hier noch schwärzer sind als auf den vorherigen Inseln, - Fritz murmelt ständig: "Schalten, du Dodl!" - aber es geht auch im zweiten Gang mit zeitweilig 15 km/h bergauf.

An den tollen Felsmauern entlang der Straße sind manchmal kurze rote Streifen zu sehen,

und ich stelle mir vor, daß diese evtl. von den über Bord heraushängenden Armen der Aluguer-Passagiere stammen könnten....

14.30 Ankunft beim Ersten Haus am Platz, dem wirklich besten Hotel, (denn es gibt kein weiteres)

bei Paulo Sena, wo wir uns vom netten Mann im Touristenbüro in Praia eine Reservation haben machen lassen. Wir haben die Wahl zwischen zwei gleichwertig häßlichen Gerümpelzimmern, deren Ausstattung von den "Pradler Ritterspielen" stammen könnte...

Naja, bitte das da. - Kein Schrank, nur 4 Eisenhaken an der Wand, -

das Fenster amerikanischer Art läßt sich zwar schwerfällig hochschieben, aber nicht arretieren (wir stellen dann eine Wasserflasche drunter).

In der Naßzelle gibt es eine Deckendusche mit kaltem Wasser, Toilettenpapier bringt Paulo schnell noch her und auf unseren Wunsch auch noch 1 ½ Handtücher(nicht zusätzlich, sondern überhaupt),

frisch produzierter Klomief kann nur quer durch das ohnehin schon feucht muffelige Zimmer abgeleitet werden, da es im Bad keinen Abzug gibt und die paßgerechte Tür so gut klemmt, daß man anstatt einer Türklinke den oben eingeschlagenen Nagel benutzt oder mit der Hand unter die Tür greift, um sie zu öffnen....

Das große Französische Bett gleicht einer antiken Lustschaukel und gibt bei jeder auch noch so vorsichtigen Bewegung abschreckende Brunftgeräusche von sich. Der Stirnteil ist ohnehin separat an die Wand gestellt und könnte gemeinsam mit der schweren Kommode aus der Sklavenzeit stammen.

Von der Decke hängt eine traurige 60 Watt-Birne und auf der besagten Kommode steht als Hingucker eine "elektrische" Petroleumleuchte, die an beiden Enden - sowohl bei der nicht vorhandenen Lampenfassung als auch da, wo sich in Europa ein Stecker befindet, mit zwei blanken Drähten endet.

Ein Blick vom Straßenbalkon auf der Suche nach Grün und Blumen, die aber vom aufziehenden Nebel versteckt werden, ebenso wie die Bergspitzen ... Naja....

19 Uhr Abendessen im Speisesaal, der ebenfalls einer Dorftheater-Kulisse entsprungen sein könnte, viel Stoff, viel Kitsch, aber eigentlich recht ordentlich,

- eben Geschmacksache.

Paulo glaubt uns etwas Gutes zu tun, indem er alle Fenster und Türen aufreißt und seine Radioanlage auf Schwerhörigen-Lautstärke plärren läßt, während wir den sehr gut gewürzten, aber grätenreichen roten Fisch, mit Kürbisgemüse und viel zu viel Reis verzehren, bevor alles wirklich kalt wird und auch mit Piri-Piri-Hitze nicht mehr zu retten ist.

Danach Papaia Doce, süß eingekochte karamelisierte Fruchtstücke mit....Ziegenkäse, - eigenartig.

Am Nachbartisch sitzt eine lustige deutsche Touristen-Runde (wahrscheinlich die einzigen der Insel)

Christoph, Journalist, - Heike, Graphikerin, - Thomas, Eigenbrötler, und ein in Berlin geborener, in Vorarlberg lebender 59 jährigen Universitätsprofessor und Biologe,

der sich nach einer vollbrachten Scheidung vom Berufsleben zurückgezogen hat und hier seinen Frieden sucht. Wegen seines beeindruckenden weißen Bartes wird er von den Einheimischen Pai Natal genannt (Weihnachtsmann).

Samstag, 3.2.01

Die Nacht auf dem Schwabbelbett war grausam. Ich bin auf die Ersatzliege ausgewichen und habe jämmerlich gefroren. -

Morgens echt kalte und wirklich nur kalte Dusche, zum Glück sind wir abgehärtet.

Frühstück ist erbärmlich: Weißbrot, Marmeladenrest, Margarine, Bananen, schwacher Kaffee.

Ich denke mit Wehmut an Martin und Cindy, die heute nach Radkersburg fahren und dann im Schlaraffenland leben werden....

Danach aber eine höchst interessante Diskussion mit Pai Natal, der sich auf Grund seiner gesellschaftlichen Stellung und seiner guten portugiesischen Sprachkenntnisse sehr gut auskennt.

Er schimpft über vieles, was hier im Argen liegt:

Daß die Entwicklungshilfe vollkommen ihre Wirkung verfehlt:

die Windräder zur Stromerzeugung sind aufgestellt und haben sich wohl nur zur feierlichen Eröffnung wirklich gedreht, jetzt müßten sie gewartet werden, und keiner kann (oder will ) das,

der Flughafen wurde gebaut mit französischen Geldern und liegt still,

eine Konservenfabrik wurde aufgestellt, obwohl niemand Fisch wirklich konservieren will,

Reis bekommen sie spottbillig zu Weltmarktpreisen, wer baut dann noch mühsam Süßkartoffeln an?

Obwohl Zuckerrohr auf der Insel wächst (und zu Schnaps verbrannt wird),

werden Unmengen von Zucker billigst eingeführt, die dann ebenfalls... s.o.

Grog, der Inselschnaps, ist billig: 6 große Gläser 45%iger Alkohol kosten weniger als ein Glas Kapverdisches Bier.

So werden unzufriedene Bewohner ruhiggestellt und hängen schon am Morgen kleinäugig einzeln oder in Gruppen herum und warten...... auf irgendetwas, was keine Arbeit macht....

Das portugiesische Erbe verfällt:

Bewundernswerte, durch Sklavenarbeit (wie denn sonst auch möglich?) errichtete Straßenanlagen verfallen, Felsbrocken brechen ab ins Tal, tiefe Löcher zwingen zu gefährlichen Ausweichmanövern.

Riesige, kunstvoll und aufwändig terrassierte Felder liegen brach, weil die ebenfalls dazu errichteten

kilometerlangen Bewässerungsrinnen und Putzschächte verfallen, mit Müll gefüllt und somit unbrauchbar sind. W i r und auch alle - ziemlich grün angehauchten - Mitstreiter in der Runde sind überzeugt, daß man diese Insel innerhalb kürzester Zeit wirklich in einen blühenden, ertragreichen Garten verwandeln könnte, aber daß dieses Projekt nicht mit seichter Entwicklungshilfe sondern bestenfalls mit - jawohl - diktatorischer Sklavenarbeit möglich wäre. - Aber warum das alles?

Die Frauen haben ihre Arbeit mit dem Waschen der Kleidung, die dann auf den Dächern zum Trocknen gelegt werden und dem Kochen des Cachupa-Einheitsbreis, sie tragen ihre meist ohne Ehestand geborenen Kinder stolz am Körper herum und geben ihnen vielleicht mehr Geborgenheit als das viele europäische Mütter tun und sind auch ohne Emanzipierungsbewegung die "Herren im Hause".

Vierjährige Schulpflicht besteht im Alter von 8-12 Jahre, wird aber nicht sehr ernst genommen.

Arbeiten dürfen die Jugendlichen erst ab 16, und selbst dann besteht die ganze Beschäftigung darin,

ab und zu den Verwandten beim Fischfang zu helfen.

Bettler findet man ganz selten, es gibt weniger als auf der Grazer Herrengasse.

Warum auch? Hungern muß niemand, Grog gibt’s immer, und ans Nichtstun hat man sich gewöhnt.

W i r nicht! Und so brechen wir am ersten Tag auf zu einer Wanderung zum Hafenort Faja d'Agua. Wir treffen unterwegs die forsche Hamburgerin, die dort unten im Motel Burgo einquartiert ist und - angeblich - den ganzen Weg (mind. 2 Stunden bergauf!) schon zu Fuß zurückgelegt hat. Alle Achtung, vor dieser Dame! Sie wollte zum TACV-Flugbüro, um ihr Ticket zu verlängern, weil es ihr so gut gefällt....

Durch den ständigen angenehmen Wind, war die Wanderung auch in praller Sonne problemlos und sehr schön. Pai Natal hatte uns gesagt, daß zwischen 16.00 und 17.00 Uhr von Faja d'Agua ein Aluguer hochfahren würde. Es kam uns auf dem Hinweg einer entgegen, wir gestikulierten mit Füßen und Fingern, daß wir jetzt zu Fuß hinuntergehen und zwischen 4 oder 5 gern mit hinauffahren würden. "Fiesch, fiesch!", was heißt "In Ordnung!" - Als wir von Ferne den stillgelegten Flughafen sahen, waren es nur noch ein paar langgezogene Kurven und wir blickten auf eine kleine tatsächlich karibisch anmutende Bucht mit wenigen durchaus hübschen Häuschen und vielen Palmen am schwarzen Lavastrand. -

Es gibt zwei "Restaurants" aber nichts zum Essen. Zum Glück hatten wir unseren Pumpernickel dabei, einen Rest der Inselwurst und unseren Schweizer Käse, der seit Frankfurt nur in homöopatischen Häppchen verzehrt wurde, und bestellten uns dazu Kapverde-Bier. - Der Wirt zeigte uns stolz das Gästebuch, in dem fast ausschließlich Deutsche und Österreicher verewigt waren. Und so sahen wir auch den Namen der Hamburgerin und ihren Geburtstag am 6.2.1940 (also übermorgen!)

Als wir wieder gehen wollten, kam der Besitzer des Motels mit seinem fetten Pajero-Jeep angebraust und fragte uns, ob wir mal seine Destillerie ansehen möchten. - Er führte uns auf Indianerpfaden hinters Haus, wo einige dürre, schwarze Murlis damit beschäftigt waren, das Feuer unter der uralt anmutenden Destillierblase zu hüten und die kostenbaren Schnapstropfen in der Hütte in Flaschen abzufangen.

Fritz meint zu mir: "Dr. Faust, 16. Jahrhundert." Ob wir mal probieren wollten? - Nein, danke!

Er erzählte, daß alle Schnapsbrenner der Gegend weggestorben seien und er, nachdem er aus Boston zurückgekehrt sei, als Einziger die gesamte Insel mit diesem Gesöff versorgt und daß er sogar - mit hohen Zollgebühren! - zu seinem Bruder in die Staaten exportiert! -

Er sagte, daß er anschließend eine Flasche Grog in seine Bar nach do Monte bringen müßte und daß er uns bis zur Abzweigung mitnehmen würde. - Natürlich nahmen wir das Angebot gern an und stiegen ein. Als unterwegs der Korken aus der Flasche sprang, hielt er an, holte die Flasche zu sich nach vorn,hielt sie mit der linken und lenkte mit der rechten Hand....

Mittlerweile hatte sich der für die Insel bekannte Nebel gebildet, und wir waren froh, daß wir gerade noch vor dem "Frier-Punkt" unsere Unterkunft erreichten. (3 ½ Stunden Wanderung, gerade richtig!)

Die Betten sind nicht gemacht, - warum auch? Ich bin froh, wenn niemand in unserem Zimmer herumgeistert. - Paulo sitzt draußen auf seiner Terrasse und pult Erbsen aus, Oma und Kinder streifen Mais von den Kolben, mir geht das ständige Knattergeräusch der Kompressoren im Stromkraftwerk auf die Nerven. Zum Glück ist es einen Straßenzug weiter entfernt, sonst könnte ich wohl gar nicht schlafen.

Plötzlich höre ich Pai-Natal mit einem Einheimischen auf der Straße lautstark diskutieren.

Kaum lasse ich mich auf dem Balkon blicken, deutet der Schwarze wütend auf mich und ich erkenne in ihm den Aluguer-Fahrer, der uns auf dem Wanderweg nach Faja d'Agua mitnehmen wollte. Es stellte sich nun heraus, daß er - auf Grund unserer Hand-Fuß-Sprache tatsächlich extra unseretwegen am Spätnachmittag in den Hafenort gefahren war, sich dabei einen Platten zugezogen hatte, und nun den

Taxi-Preis von 20,- DM haben wollte. Pai Natal versuchte zu vermitteln, daß es sich um ein Mißverständnis gehandelt hat, .. und Fritz zahlte dann 14,oo DM damit es keinen Ärger mit dem Touristenpack gibt....

Zurückgekehrt in unsere muffige Unterkunft, stellten wir zum ersten Mal einen gewissen Wunsch nach Heimkehr fest..... Der sich dann noch bestärkte, als ich nach dem Abendessen eine dicke, fette Spinne über meinem Bett entdeckte.....

Draußen auf der Straße gibt es Riesennetze mit Spinnen, - Christoph meinte auf mein Entsetzen:

"Aber die tun doch nichts!" - Eben, - wie der Herr, so das Gescherr....

Wir wollen heim, - Montag rufen wir die Neckermann-Vertretung auf Sal an, ob wir mit dem nächsten Condor-Flug mitkönnen, - oh ja, Fritzi, das tun wir.....!

Sonntag, 4.2.01

Wir machen eine wunderschöne Wanderung hinunter zum Ort Vinagre, nach dem Bicarbonat-Kohlensäurehaltigen Quellwasser, das nach Essig riechen soll. Bei den Versuchen der deutschen Kooperative Mitte der 70er Jahre, eine der vier Quellen neu zu fassen, sprengte man zu stark, so daß sie ganz versiegte. Seither rinnt das Wasser neben dem Badhäuschen nur noch spärlich, es reicht aber für die umliegenden Häuser und für die herangeführten Ziegenherden, was wir auch tatsächlich gerade an diesem Mittag beobachten konnten. - Fritz läpperte sich ordentlich voll, ich traute mich nicht.

Eselchen wurden bepackt mit 15-20 Plastikkanistern von Jungs hergeführt und warteten geduldig, bis sie mit der Last wieder zu ihren kilometerweit entfernten Häusern steil bergauf zurücktrotten durften.

Der Weg weiter zum Hafen Furna war erst schwer zu finden, führte dann vorbei an einem der drei noch bewirtschafteten Häuser, wo ein alter Opa gerade in seinem kleinen Kartoffelgarten herumwirtschaftete.

Gepflegte Gärten sind eine Seltenheit. Meist straucheln die Frauen auf verkrauteten wilden Flächen herum und suchen nach Erbsen oder Bohnen, Minitomaten oder sogar Kürbissen, die sich da wild immer wieder in paradiesischer Weise selbst aussamen. Die Beilage Reis kommt von der Weltwirtschaftshilfe.

Wie ist es möglich, daß man die fruchtbare Anbaufläche auf den prachtvollen Terrassen mit den bewundernswerten Wasserrinnen so verkommen und brachliegen lassen kann? -

Nach einer Stunde Hangwanderung entlang der fast neuen, trocken liegenden Wasserleitung sind wir in

Furna angekommen und laufen zur Hafen-Hütte, weil Fritz glaubt, irgendwo einen angeschlagenen Schiffs-Fahrplan zu finden. (Pai Natal hat sich abends kringlich gelacht über unseren Optimismus)

Mit wenigen Brocken portugiesisch und spanisch palavert Fritz mit einem zahnlosen alten Opa über die Abfahrtszeiten, bzw. -tage, oder wenigstens -möglichkeiten. ... Vielleicht, am Dienstag, diese Woche,

aber das sei nicht ganz sicher, und nächste Woche, da kann man überhaupt noch nichts sagen......

Das kommt halt drauf an, was verladen werden muß....

Wir sehen einen Aluguer und bewegen uns in Insel-Schnelligkeit auf ihn zu, Pech!

D e r ist weg!

Macht nichts, wir setzen uns ins "Gasthaus", packen unsere Naturalschätze aus und bestellen etwas zu trinken. Sie bringt uns als "Gruß aus der Küche" ein Häufchen frischer Krabben. Als sich Fritz nach der Pulerei die Finger waschen muß, meint er zurückgekehrt, ich solle mir mal das Klo ansehen:

WC -Unterteil ohne Spülkasten, schmutzig, - Waschbecken ohne Wasserhahn, schmutzig, -

daneben eine hohe Tonne mit Wasser und einem abgeschnittenen Plastikanister zum Schöpfen.....

Der nächste Aluguer steht vor der Tür, voll besetzt mit jungen Männer und 3 Fahrrädern, trotzdem ist noch Platz für uns. Auf dem Weg nach Vila Nova Sintra fahren wir an dem anderen Aluguer vorbei, der mit einem Platten auf der Straße hängt.... Wenn einem solches widerfährt, ist keine Chance, daß man weiterkommt, denn alle folgenden Aluguer sind immer so voll, daß eine ganze Charge Menschen sicher nicht mehr Platz hat.... Oder doch?

Die Männer - und wir - werden vor dem städtischen Fußballstadion abgeladen, wahrscheinlich spielt

Liverpool gegen Nova Sintra....

Wir trotten zu unserer Herberge und stellen fest, daß die gewaschenen Socken immer noch feucht sind.

Ebenso die Handtücher von morgens. - Alles ist feucht, auch die Betten und der Rucksackinhalt.

Als die Dämmerung eintrat, der Vollmond hell über den Bergen stand, ertönte Kirchenmusik der Adventisten über Lautsprecher, - so schön kitschig stelle ich mir Weihnachten in Miami vor.

Abends gibt es wieder Cachupa, diesmal in veredelter Form mit mehr Fleisch und größeren Fischgräten....Paulo reißt wieder alle Fenster auf, wir sitzen ohnehin schon in Anoraks beim Essen, - aber er möchte wohl auch die Leute draußen mit seinem Radio-Krawall erfreuen....

Wir denken an Martin und Cindy und das gute Essen in Radkersburg....

Montag, 5.2.2001

Zum Frühstück gab es ein gutes Omelett und ein Glas Nescafé zum Verstärken der Thermoskannenplürre.

Wir rufen im Neckermann-Büro in Santa-Maria/Sal an und werden ziemlich kühl davon unterrichtet, daß man erst am Mittwoch sagen könne, ob am Donnerstag noch Plätze frei sind, und auch dann würden wir nur stand-by behandelt werden.

Fritz muß trotzdem noch einmal Geld wechseln, und wieder geht ihm alles viel zu langsam.

Wir kaufen Postkarten bei der Post, (darum heißen sie ja Post-Karten).

Dann gehen wir zum Arcaverde-Büro, wo ein freundlicher Herr in französisch erklärt, was der Opa am Hafen schon gesagt hatte: Dienstag geht - wahrscheinlich - ein Schiff von hier nach Fogo und dann anschließend nach Praia auf Santiago.

Wann? - Wahnscheinlich um 8 Uhr. -

Und das nächste? Am Freitag, direkt nach Praia.

Und nächste Woche? Weiß man noch nicht. Aha!

Das bedeutet für uns, daß wir auf jeden Fall morgen fahren müssen, wenn wir die Chance haben wollen, den Flieger am Donnerstag zu kriegen.

Für den Flieger am nächsten Donnerstag müßten wir unbedingt die Fähre am Freitag nehmen, - weil das nächste Dienstag-Schiff noch nicht sicher ist. - Aha!

"Was machen wir, wenn...." erinnert mich an die Spiele mit unseren Kindern.

"....wir in Sal am Fluplatz sind und nicht mitkönnen?- Nochmal auf eine andere Insel oder versauern auf Sal? Ohne Buch, ohne Zeitung? Wir könnten den Reiseführer auswendig lernen.....

Gegen Mittag brechen wir mit Christoph und Heike auf zu einem Ausflug nach Cova Joana, wo laut Reiseführer ein 99 Jahre alter berühmter Geiger wohnen soll, der 39 Kinder haben soll, wovon das Ältesteste ca. 70 und das Jüngste ca. 10 Jahre alt sein soll.

Wir fuhren mit dem Schulbus inmitten hübsch uniformierter Mädchen nach Cova Joana und liefen einfach mal drauf los. Schließlich fragt ich doch lieber einen der Gassenjungen nach dem Geiger Pina, und er führte uns schnurstracks zu einem einfachen Haus, das sich durch nichts von den anderen unterscheidet. Wir wurden hineingebeten, ein junges Mädchen verzog sich gleich aus dem kleinen Wohnzimmer, ein Greis, den ich bestenfalls auf 75 schätzen würde, bot uns Plätze an und nun wußte keiner so recht, was wir eigentlich tun sollten.

Fritz managte das alles mit sprachlichem Elan, und der alte Herr zeigte bereitwillig Fotos aus alter Zeit, von seinen verschiedenen Frauen, von seinen - angeblich berühmten - Kindern, -brachte auch Schildpattarmringe an, die er wohl selber macht und wohl gern verkaufen wollte. -

Er trug weder ein Brille, noch ein Hörgerät, hatte wohl auch noch eigene Zähne und ging ohne Gehhilfe, so daß wir am Ende glaubten, daß er vielleicht sein eigener Sohn sei. -

Erst als Fritz ihn dann bat, doch etwas auf seiner Stradivari-Geige (!) , die unscheinbar und

unverschlossen in der Ecke lehnte, zu spielen, - hatten wir den Beweis, daß es sich wohl um den berühmten Geiger Raul de Pina persönlich handelte.

Am Ende wollten wir uns erkenntlich zeigen und Fritz fragte, ob er Wein trinkt.

"Vielleicht einen Weißen", meinte er zögernd und führte uns zu einem Laden in der Nachbarschaft.

Dankbar und bescheiden wie ein ganz normal Sterblicher, - vielleicht sogar noch bescheidener, -

ging dieser große Geiger mit uns und der Flasche Wein zurück in sein Haus, - wo wir nirgends eine Alarmanlage entdeckten ...

Nach diesem eindrucksvollen Erlebnis setzten wir unsere Wanderung fort nach Nossa Senhora do Monte, einem kleinen sauberen Örtchen auf der Hochfläche. An einem Waschhaus bat ich eine der Frauen, mir zu zeigen, wie man die Wassereimer so kunstvoll auf dem Kopf transportiert.

Aber der Wind wehte den Eimer immer wieder weg und ich erntete schallendes Gelächter. Fritz tröstete

mich und meinte, ich müsse ja nicht alles können.

Mit einem Aluguer fuhren wir zurück nach Vila Nova Sintra und treffen im Hotel auf die Hamburgerin, die von Faja d'Agua hierhergezogen war, weil sie auch morgen mit der Fähre nach Fogo fahren will und auch schon für 7 Uhr ein Taxi bestellt hat. -

Auf unsere Frage, ob sie einen Platz als Ruhesitz gefunden habe, meinte sie, der Ort Faja d'Agua sei zwar herrlich einsam, und es würde sie auch nicht stören, daß es keine Einkaufsmöglichkeit gäbe,

das Einzige sei nur, ..... daß das Meer so laut ist.

Abends gibt es Reis mit Meeresfrüchten, - bereits nur noch lauwarm..

Paulo sitzt wie immer wie ein Sträflingswärter beobachtend neben uns am Nachbartisch, schaltet an seiner Radioanlage herum wie ein DJ und teilt uns dann ganz beiläufig mit, daß das Schiff morgen erst um 10 Uhr gehen würde.....

Wahrscheinlich wird es dann 12....

Wir bitten ihn, das Taxi für 7 Uhr ab- und für 9.45 Uhr neu zu bestellen. "Amanha" (Morgen)

Wir sehen schon kommen, daß sich die Tragödie von Samstag wiederholt und wir zwei Taxis bezahlen müssen und außerdem 2 Stunden am Hafen herumstehen.....

Dienstag, 6.2.01

Heute hat die Hamburgerin Geburtstag. Alle saßen schon am Frühstücktisch, als wir mit unserem brennenden Kerzenstummel und einem Ministräußchen Bougainville-Blüten

"Happy birthday" sangen.

Sie war ganz gerührt, denn das hatte sie nun wirklich nicht erwartet. 61 Jahre, - auf der Suche nach Ruhe.... In vielem kann ich sie verstehen, nur nicht daß sie auf

d i e s e r Insel leben möchte.

Das 7-Uhr-Taxi war auf wunderbare Weise - oder Dank Inselpost - nicht erschienen,

das 9.45-Taxi aber auch nicht! - Wieder war ich diejenige, die um 9.55 Paulo dran erinnerte, daß wir zum Schiff wollen, das - evtl. - um 10 Uhr abfährt....

Pai Natal lief los und versprach, irgendwo ein Taxi zu organisieren.

Um 10.05 bretterten wir tatsächlich los. Gutgelaunt. - Optimistisch - Hin- und Hergerissen, ob wir nicht vielleicht doch noch ein paar Tage auf Fogo, der hübscheren Nachbarinsel, bleiben sollen wie die anderen auch, und dann ein paar Tage auf Santiago, so wie wir es vorgehabt haben....

Nein, wir wollen zurück zu Vinzenz und Josi, unseren Katzen, - zurück in die Zivilisation!

Um 11 Uhr fährt das Schiff tatsächlich ab vom Hafen Furna.

Ich fand es ja pietätlos, daß vom Bordlautsprecher das bekannte Lied aus "Titanic" ertönte, aber wir erreichten bei Sonne und ruhiger See sicher um 12 Uhr den Hafen Sao Filipe auf Fogo.

Wir müssen wieder vom Schiff. Wann geht es weiter nach Praia? - Vielleicht um 7 oder um 8 Uhr abends, meint der Kapitän. - Wir sollen im Fährbüro in der Stadt fragen. -

Wir wollen den schweren Rucksack auf dem Schiff lassen, - nein, nicht möglich!

Zum Glück bieten uns Chistoph und Heike an, das Gepäck bei ihnen im Hotel Fatima zu lassen.

Das Zimmer ist klein, hübsch, sauber, gemütlich, Bad gefliest und Dusche mit Warmwasser!

Hier würde ich gern bleiben, wenn ich bleiben wollte....

(Fritz entdeckt ein Schild mit dem Hinweis, daß diese Unterkunft ein Produkt deutsch-portugiesischer Zusammenarbeit ist)

Gemeinsam gehen wir in die kleine saubere Stadt, wo sogar die Bäume gewässert werden, denn hier gibt es genug Wasser, das mit großem Druck aus der Erde sprudelt.

Das Arcaverde-Büro ist zu. Keine Öffnungszeiten an der Tür. Es ist 1.00 Uhr und wir beschließen, uns auf die Bank zu setzen und geduldig auszuharren, .... wie es auf den Inseln üblich ist. Christoph und Heike verlassen uns und wollen ab ca. 5 Uhr auf der Hotel-Terrasse auf uns warten.

Gegenüber gibt es das TACV-Büro der Fluggesellschaft. Wir fragen, ob sie wissen, wann das Fährbüro aufmacht. - Die übliche "Das weiß man nicht"-Handbewegung, aber auch ein Griff zum Telefon und ein Anruf beim Hafen mit dem Ergebnis: 16.30 Uhr!

Na prima, umso besser!

Just in dem Augenblick öffnen sich die Pforten beim Schiffsbüro und wir gehen zur Bestätigung auch noch dorthin. Der sagt uns auf Anhieb: 16 Uhr! - Waaas? -

Es ist 15 Uhr!

Wir müssen uns beeilen und die Rücksäcke holen! - Ziemlich verschwitzt kommen wir im Hotel an,

- sie sind noch nicht da, das Zimmer ist zu! -

15.15 Uhr!

"Was tun wir, wenn.....?" Ob der Wirt uns die Tür aufmacht? - Selbst hier auf den Kapverden wird keiner Fremden die Tür aufmachen, damit die sich am Gepäck bedienen....

Vielleicht sitzen Christoph und Heike bei einem Kaffee oder sie sind am Strand....

Ich renne raus auf die Straße, in die Nebengasse, nur um wenigstens irgendetwas zu tun....

15.45 Uhr .

Sie kommen! - In jeder Hand eine Plastiktüte mit Fress-Sachen und laden uns auf eine Brotzeit ein.

Ich habe zwar keine Ruhe mehr, aber Fritz meint, das Schiff fährt ohnehin erst um 17.oo Uhr .

16.00 Uhr

Ein Taxi bringt uns für 300 Esc.(6,- DM ) zum Hafen und ich denke die ganze Zeit: "Was tun wir, wenn...."

In der letzten Kurve sehe ich das Schiff, und die viele Fracht, die noch eingeladen werden muß....

17.00 Uhr

Das Schiff fährt tatsächlich los! - Wir platzieren uns auf der Sonnenseite des Oberdecks, holen uns den letzten Schuß Bräune auf die Haut, futtern Erdnüsse und sind guter Dinge. -

Ich laufe ein wenig am Schiff herum und möchte ständig nur fotografieren:

die Negermami mit ihren drei Kleinkindern direkt am Boden, die zusammengepferchten Zicklein im Holzverschlag am Vorderdeck, das schwarze Schwein, das vor sich hindöst und mit Seekrankheit kämpft, den blutjungen Steuermann, der wahrscheinlich seine Jungfernfahrt macht, -

die rote Sonne, die am Himmel steht und die aus dem Wasser springenden Delphine, noch kommt uns eine Seefahrt recht lustig vor.... Bis dann, als wir auf Hoher See sind und der Kahn leicht zu schaukeln beginnt, ein schwarzes Negerlein plötzlich angelaufen kommt und in hohem Bogen über Bord kotzt.....

Gott sei Dank sind wir nicht seekrank und amüsierten uns nur über die hübsche schwarze Scherenschnitt-Silhuette, die sich uns bei dem Anblick bot.

Als es gegen 19 Uhr dunkel und immer kühler wurde, beschlossen wir, mit unseren Habseligkeiten in den großen Wartesaal zu gehen. Da dieses Schiff ein wenig älter war als das von der Herfahrt, existierten in den Toiletten weder Klopapierhalter, noch Bürste, noch Spiegel oder Türgriffe.

Im verstopften Waschbecken schwabbelt eine eklig schaumige Masse....

Der Warteraum sieht aus wie ein riesiger Kinosaal aus den 50er Jahren, die Passagiere liegen kreuz und quer und auf dem Boden und sehen mehr oder weniger gelb und grün gefärbt auf den plärrenden Fernseher. In einer Ecke, wo man nicht zum Fernseher schauen kann, sind 4 Plätze gegenüber frei und dazu auch noch ein geöffnetes Bullauge, wo ab und zu ein wenig Wasser hereinspritzt.

Im Hintergrund verstärken sich die Würge- und Spuckgeräusche, umso intensiver je älter die Personen sind..... Ein beißender säuerlicher Geruch beleidigt meine Nase, auch neben mir mißt eine hochschwangere Negermutti ihr Essen nach, es geht alles einfach auf den Boden, ich fühle mit....

Auch autogenes Training : Mir geht es gut! Mir geht es gut! - hilft nicht, es wird mir übel und übler....

Fritz sagt: Laß uns rausgehen! Er geht vor, aber ich nehme einen falschen Weg, kann nicht über Beine und Koffer treten, ohne auf dem verkotzten Boden auszurutschen, die human beeings schlafen oder dämmern dahin, keiner läßt mich durch, - mir wird’s noch schlechter, - endlich erreiche ich die Treppe, alles ist glitschig, - oh Gott, selbst jetzt beim Schreiben wird es mir übel! - die Handleisten, der Fußboden, alles voll mit .... naja, .... ich erreiche die Reling und schwups ! - ist es draußen....

Trotzdem geht es mir nicht gleich besser, ich kann mich nirgends festhalten oder hinsetzen, Fritz hat Angst, daß ich über Bord falle, und stützt mich. -

Wir lehnen uns an die Wand und singen laut in der Dunkelheit Seemannslieder, um genügend Sauerstoff einzuatmen und uns abzulenken. - Plötzlich merkten wir, daß wir an einer Kabinenwand standen, und sahen durchs Fenster drinnen ein schwarzes Murli aufrecht und ängstlich mit aufgerissenen weißen Augen im Bett sitzen.... Er muß uns gefürchtet oder verflucht haben. Sein Fluch lag noch lange auf mir, denn die Zeit wollte und wollte nicht vergehen und ich fühlte mich hundeelend, zumal auch die frische Luft da draußen durch den Ziegengestank von unten vergällt wurde.

Nachdem uns Neptun einen kräftigen Brecher(Wasser!) über die Reling schickte, war Fritzis Oberhemd plitschnaß und wir krabbelten frierend wieder hinunter in die Gerüch(t)e-Küche: In der Tat gewöhnt man sich wohl an alles, auch daran, daß sich ein kleines Mädchen einfach auf einen Kotzeimer setzt und was anderes hineinmacht....

Endlich, endlich um 23 Uhr erreichen wir den Hafen und ich sehe ein Ende der Marterei, aber wir schippern noch 1 ¼ Stunden fast unbeweglich im Hafen herum, weil ein großes weißes Schiff den Platz für uns noch nicht geräumt hat.

Erst danach um 0.15 taumeln wir von Bord und gönnen uns ein Taxi zum Hotel Paraiso, wo wir nun wiederum den zweiten Teil einer Nacht verbrachten, aber trotzdem den vollen Preis bezahlen mußten.

Die warme Dusche war eine wahre Wonne. Fritz meinte: Wir werden noch den nächsten Flieger verpassen, weil wir uns einfach nicht losreißen können..

Als wir im Bett lagen, hörten wir vom Nachbarzimmer eine Dame stöhnen und jauchzen:

Entweder war es wirklich ein Stundenhotel oder sie stand auch seit langem wieder einmal unter einem heißen Wasserstrahl.

Mittwoch, 7.2.01

Als wir um 9.05 im Frühstücksraum erscheinen, gibt’s nichts mehr. "Amanha" meint die freundliche Schwarze. - Macht nichts. Wir spazieren in die Stadt und gehen zuerst zum TACV-Flugbüro, um zu fragen, wann heute eine Maschine auf die Insel Sal geht.

"Um 10.05, die ist weg! - Um 15.45, das ist die für die wir das Ticket in der nächsten Woche haben,

- um 20.20 noch eine und um 22.20" - Umbuchen ist kein Problem, na, phantastisch!

Im chinesischen Café Li im ersten Stock bestellen wir uns ein Frühstück: Cachuba für mich, für Fritz nur ein Brötchen und Kaffee. -

Als ich im kalten(!) Cachuba-Paps herumstochere, erinnere ich mich an den Bodenbelag der Fähre ....

Aber der Kaffee ist gut!

Um 11 Uhr rufen wir im Neckermann-Büro an und Frau Mercedes sagt freundlich: "Es dürfte wohl klappen!" Wir umarmen uns vor der Telefonzelle und gehen schnurstracks zum Flugbüro um den Flug für 15.45 zu buchen.

"Nein heute nachmittag geht keine Maschine." - "Aber vorhin... " - "Nein, heute nicht, sorry".

"Gut, dann nehmen wir die um 20.20 Uhr" - Wir kriegen die Tickets. Keine Umbuchungsgebühr.

Was tun wir bloß bis zum Abend? - Wir haben Hunger, aber keinen Appetit mehr auf Cachuba.

Wir finden auch im großen Selbstbedienungsladen nichts Gescheites außer einer Flasche Rotwein, einer Räucherwurst und Essiggurken und kaufen in einem versteckten Bäckerladen 2 Brötchen. - Wir speisen auf den Betten und warten. Was könnten wir bloß noch tun? Ob Fritz noch schnell den undichten Toilettenkasten reparieren soll? - oder die Badezimmerleuchte anschließen, deren Kabel einfach am Spiegel herunterhängen? - Wir packen an unseren Rucksäcken herum, ich schreibe Tagebuch und endlich um 20.00 Uhr steht das Taxi vor der Tür. (Vinzenz, wir kommen!)

20.10 zeigen wir am Fluhafen unsere Tickets und man schickt uns in den Raum "Depart"

Der Fernseher plärrt, aber wir bleiben allein. - Niemand kümmert sich um uns, - der Flug fällt aus!

Der nächste ist ca. 21.45, wir warten. - Ich gehe zwischendurch mal auf die Toilette und kriege eine furchtbare Wut: Keine Tür schließt.In allen Toiletten läuft ununterbrochen das Wasser weg, obwohl besonders auf Santiago ständig über Wassermangel geklagt wird!

Nebenan steht eine Riesentonne und der Schöpfer liegt untergetaucht am Boden.

Jede Toilette ist total verschmutzt, Papier gibt es nicht! -

Gegen 21.30 wird etwas ausgerufen, und eine Traube Menschen stürmt in den Raum, darunter auch drei bekannte Gesichter aus dem Morabeza-Hotel. Komisch, die haben alle kein Gepäck bei sich. Fritz meint, man hätte unseren Riesenrucksack wohl noch als Handgepäck akzeptiert.

Wir hören eine Maschine ankommen, nach einer Weile etwa gegen 22.00 Uhr werden die Ausgänge geöffnet. Als wir an der Reihe sind, schüttelt die Lady den Kopf und schickt uns weg. Wohin? Raus!

Und dann? Check in! - ? ? ? Wir drängeln uns vor und zeigen unsere Tickets. Die Check-in-Tante läßt sich nicht aus der Ruhe bringen, - fertigt einen nach dem anderen ab, dann uns, wir müssen den Rucksack abgeben - ich höre die Motoren, ich höre die Maschine abfliegen, - wir kriegen unsere Tickets, - wir rennen zum Ausgang, - die Maschine ist weg. - Ich sehe auf das Ticket: Wir sind umgebucht auf 0.45!!

Ich will schreien, irgendeinen ermorden, aber Fritz meint, das hat keinen Zweck!

Vielleicht war die Maschine überbucht, und da wir ohnehin für diesen Flug nicht vorgesehen waren,

hat man uns zurückgeschickt. So einfach ist das. -

Noch zwei Stunden warten und hoffen, daß die Maschine um 0.45 auch wirklich fliegt!

Ich stelle den verdammten Fernseher ab, ein Bediensteter macht sogar das Licht aus, weil wir andeuten, daß wir gern schlafen möchten. Es wäre ja toll, wenn ich jetzt schreiben könnte:

.... und dann haben wir wundervollen Sex im Flughafen gehabt!

Doch das war leider unmöglich, weil die Holzstühle zu unbequem waren, der Boden zu dreckig und unsere Wut zu groß!

Überpünktlich um 0.35 Uhr startete die Propellermaschine mit uns von Praia nach Sal.

Der Tragödie letzter Teil !

Donnerstag, 8.2.01

01.45 Uhr in der Nacht landen wir auf Sal und haben noch keine Unterkunft!

Vor dem Flughafen stehen einige Aluguer und verlangen eindeutig zu viel!

Ein junger freundlicher Taxifahrer verlangt das selbe und darf uns in die Hauptstadt Espargos bringen und zwar zum Hotel Residencial Central, - belegt!

Dann zur Pension Paz e Bem, - belegt! (mich wundert überhaupt, daß man nachts um zwei öffnet!)

Also zum Superhotel Atlantico, - belegt!

Ich komme mir vor wie Maria und Josef auf der Suche nach einer Unterkunft.

Es bleibt uns nichts anderes übrig, als die Insel 17 km hinunter zu fahren nach Santa Maria, wo wir ja schon eine Woche waren. Aber zuerst versuchen wir es im

Hotel Central - belegt!

Residential Nha Terra neben dem Telefonhaus - belegt!

Es ist 3.00 Uhr nachts und mir reichts.

Wir landen wieder in unserem Hotel Morabeza, ein Doppelzimmer ist vorhanden,

180,00 Mark! Mir ist alles egal, ich will ein Bett und schlafen! - Und nach Haus!

Wir haben eins der renovierten Zimmer und somit einen würdigen Abschluß.

Um 10 Uhr sitzen wir noch beim Frühstück, als der Bier-Mann mich wie entgeistert

ansieht und dann mußten wir natürlich erzählen.

Dann geht Fritz das Geld zurückwechseln und ich kriege ein Thunfischsteak im

Restaurant Nha Terra. Fritz ist "angefressen" und hält Diät, d.h. ißt nichts.

Nachmittags gesellen sich zu uns noch so richtige Ballermänner aus dem Rheinland:

"Wat issen, trinken Se nischt? Wir kofen Ihnen och wat zum Esse, wenn Se keen Geld mehr habe." -

Um 18.45 bringt uns der Hotel-Bus mit den anderen zum Flughafen und die Zitterpartie dauert zum Glück nicht lange. Die nette Frau Klameth kommt uns mit den umgeschriebenen Tickets entgegen und dafür schenke ich ihr eine Umarmung. Sie vergißt sogar, die Stornobühr von 50,- DM zu verlangen.

21.20 Uhr

Pünktlich startet der große Condor-Vogel Richtung Frankfurt. - Superessen! Film "Music of the heart"

mit Meryl Streep hält mich wach. - Fritz sitzt zufällig neben Sabine Heilig, der Autorin unseres Reiseführers, und ist beschäftigt, wenn sie nicht gerade schläft. -

05.20 Uhr

Wir landen pünktlich in Frankfurt, holen den Rucksack und versuchen nun, den Flug von Frankfurt nach Graz umzubuchen. - Fritz hat die blendende Idee, zuerst zum Neckermann-Schalter zu gehen.

Die Tante meint, der Flug sei nicht umbuchbar, aber wir sollten versuchen, als stand-by an den Ausgang zu gehen. Vielleicht würde man uns kulanterweise doch mitnehmen.

Wir gehen trotzdem noch zum Lufthansa-Ticket-Schalter, wo uns eine Asiatin in exakt arrogantem Ton sagt: "Was ich kulanterweise tun kaaaaan, ist, Ihnen einen Apex-Flug Frankfurt-Graz und zurück verkaufen, und kulanterweiiiiiise, darauf verzichhhhhhhten, daß die Voraussetzungen erfüllt werden.

Die Tickets kosten jeweils 440,- DM." - Das fehlt uns gerade noch, daß wir für diese kleine Strecke nochmal fast 900,- DM blechen sollen! - Wir beschließen, uns tatsächlich zum Ausgang zu begeben, - aber es steht noch gar nicht fest, an welchem Gate der Flug abgeht. Also warten wir, daß die Anzeige gemacht wird. Während Fritz noch schnell im Einkaufsladen Lieken-Brot kauft, schlafe ich fast ein.

Um 8.30 steht der Platz immer noch nicht an der Tafel und ich frage bei der Auskunft. Also Nr. 15

Wir rasen hin mit unserem Gepäck und ich versuche mit Engelszungen den Herrn am Ausgang zu umgarnen. Er sieht ganz willig aus, und holt einen weiblichen flight-master her.

Ich wedele mit unserer Frequent-Traveller-Card - fange fast schon an zu heulen, weil wir doch.... durch die frühe Rückkehr ohnehin schon gestraft sind. ..... usw. ... usw. -

"Gut," sagt sie, "checken Sie sie ein. Aber das ist eine Ausnahme!"

Stein plumpst runter, wir taumeln ins Flugzeug, fallen immer wieder in Schlaf, finden in Graz auch gerade noch den richtigen Ausgang, nehmen ein Taxi für 195,- ATS und

.......schließen Vinzenz und Josi in die Arme bevor wir totmüde ins Bett fallen.

Das war unsere Reise zu den Kap Verde Inseln !

(naja, so schlimm wars ja gar nicht!)