„Nur wenige empfinden Feindseligkeit gegenüber Satan und seinen Werken, weil große Unwissenheit herrscht über dessen Macht und Bösartigkeit und auch über die weltumfassende Bedeutung seines Kampfes gegen Christus und seine Kirche. Auf diese Weise sind viele verführt worden.
Sie wissen nicht, dass der Feind ein mächtiger Kriegsführer ist, der das Bewusstsein der bösen Engel beherrscht. Mit wohldurchdachten Plänen und geschickten Intrigen führt er seinen Krieg gegen Christus, um die Erlösung der Seelen zu verhindern.
Weder unter den gottesfürchtigen Christen noch unter den Evangeliumsdienern wird Satan besonders erwähnt, außer vielleicht als nebensächliches Detail in der Predigt. Sie erkennen nicht die Hinweise auf seine ununterbrochenen Aktivitäten und Erfolge. Sie übergehen die Warnungen vor seiner Arglist, als ob seine Existenz sie nicht weiter kümmern würde.“
E.G.W.
Ja, viele haben hiervon keine Vorstellung... Aber vor allem wissen sie nicht, warum es meine Absicht war, dass sie keinerlei Vorstellung davon haben sollen. Bis jetzt blieb mein Wirken absolut im Verborgenen. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Meine Macht unter den Menschen ist am stärksten, wenn ihnen meine Existenz, meine Absichten und die Art meiner Einflußnahme auf sie unentdeckt bleibt. Aber ich habe beschlossen, das zu ändern. Ab jetzt wirst du mich kennenlernen.
Denkst du noch immer, dass alle deine bisherigen Handlungen das Produkt deiner eigenen Überlegungen waren? Nein. Ich manipuliere dich. In absolut allen Bereichen deines Lebens habe ich dich bereits verführt. Du bist erfüllt von falschen Vorurteilen, setzt fehlerhaft Prioritäten in deinem Leben und ich habe dir falsche Einstellungen und Überzeugungen aufgezwungen. Ich habe dich zu sinnlosen Vergnügungen verführt und dir falsche Ziele gesetzt. Du befindest dich in absoluter Finsternis. Mein Triumph ist um so größer, weil ich dich während dessen im festen Glauben ließ, wie klug und weise du doch wärst und welche Freiheit du hättest, zu tun, was du willst. Du glaubst, dass du die Möglichkeit hättest, dein Leben zu genießen und wie du all das durch deine eigene Kreativität erreicht hättest.
Es macht mir keinen Spaß mehr, dich in Unwissenheit zu halten. Mir ist klargeworden, dass die menschliche Spezies mir bereits völlig erlegen ist. Selbst wenn du alles über mich erfährst und endlich begreifst, dass alles, was du tust, das Resultat meines Einflusses auf dich war, wirst du trotzdem keine Kraft haben, irgend etwas daran zu ändern.
Ich werde sogar soweit gehen, dass du beim sorgfältigen Lesen durchaus die Möglichkeit erkennst, wie du dich aus meiner Hand befreien könntest. Aber dein hochmütiges Ich wird mein Verbündeter bleiben, der dich weiterhin an meine Macht bindet.
Bist du bereit? Bist du bereit, ein Wesen kennenzulernen, dass die Ursache allen Übels und aller Bosheit auf dieser Erde ist? Bist du bereit zu erkennen, dass du mir gehörst und mir dienst, obwohl du denkst, dass du nichts mit mir zu tun hast? Bist du gefasst auf die Tatsache, dass du selbst entschieden hast, dass ich dein Leben beherrsche? Bist du nicht? Niemand ist darauf vorbereitet. Aber so ist es.
Glaubst du, dass ich dich nicht beherrsche, weil du religiös bist? Weil du ein Christ bist? Ein guter Christ? Oder glaubst du, dass ich dich nicht beherrsche, weil du nicht religiös bist? Weil du an keinen Schöpfer glaubst? Weil du nicht glaubst, dass ICH existiere?
Fang an zu lesen und finde heraus, auf wie vielen Lebensbereichen ich dich bereits verführt habe; wo du mitunter auch freiwillig auf meine Seite übergelaufen bist und dich meiner Macht unterstellt hast. Ich werde dir die ganze Not zeigen, in die ich dich geführt habe. Das ganze Elend, das du Leben nennst. Dir wird klarwerden, dass du nicht die Folgen irgendeines Zufalls trägst, sondern die meines sorgfältig und unermüdlich durchgeführten Plans, den ich mit dir habe.
Du findest das witzig? Lies ruhig weiter. Ich verspreche dir, dass ICH derjenige sein werde, der zuletzt lacht.
Auch am Ende dieses Buches. Und am Ende deines Lebens.
Der erste Teil dieses Buches folgt der biblischen Chronologie. Wenn du die Bibel noch nie gelesen hast, bin ich noch mehr im Vorteil und deine Lage um so schlimmer.
Im zweiten Teil des Buches spielst du die Hauptrolle. Unter meiner Regie.
Luzifer
1. Das erhabenste Geschöpf
Einst ging ich als erhabenstes aller bis dahin existierenden Wesen aus der Hand des Schöpfers hervor. In meiner Weisheit und Schönheit sowie durch meine Talente und Fähigkeiten, die bei meiner Erschaffung in mich gelegt wurden, übertraf ich alles bisher Dagewesene. Alle anderen Geschöpfe bewunderten mein damaliges Wesen. Mir wurde der einem Geschöpf höchstmögliche Rang verliehen – der eines Cherubim. Das sind die höchstgestellten Engel, welche in unmittelbarer Nähe des Schöpfers verweilen dürfen. Ich genoss es zu beobachten, wie mich die anderen Geschöpfe mit Liebe betrachteten und es war mir ein Vergnügen, ihnen meine Schönheit, meine Weisheit und meine Fähigkeiten zu präsentieren. Aber irgend etwas fehlte. Obwohl meine Gegenwart Begeisterung auslöste, man mir aufrichtige Liebe entgegenbrachte und auch mit Freude meine Aufträge erfüllte, sah ich doch nicht das dasselbe Funkeln in ihren Augen wie beim Anblick des Schöpfers und Seines Sohnes.
Da erfüllte mich ein zuvor nie gekanntes Gefühl. Ich wußte nicht, wie ich damit umgehen sollte. Kurz gesagt, trotz des vollkommenen Einklangs, der im gesamten Universum herrschte, fühlte ich so etwas wie das Gegenteil von Zufriedenheit. Es gab kein Wort dafür. Deshalb nannte ich es für mich die Un-Zufriedenheit. Ich versuchte herauszufinden, was mir noch fehlte, um die anderen Geschöpfe ganz für mich zu gewinnen – aber es gelang mir nicht, irgendeinen Mangel an mir zu finden. Ich war einfach vollkommen. War denn das nicht Grund genug, mich noch mehr als bisher zu schätzen und zu verehren? Ich schaute mich um unter den anderen Geschöpfen und Engeln, die um den Thron des Schöpfers versammelt waren. Ich grübelte darüber, was Er ihnen bieten konnte, was ich nicht hatte. Was gab er ihnen? Leben, Liebe, Gesetz, Ordnung, Schönheit... das Gesetz?
Das Gesetz. Mir schien es etwas zu sein, was unserer Freiheit Grenzen setzte. Wie können wir glücklich sein, wenn wir durch irgendwelche Vorschriften eingeengt werden? Der Schöpfer nannte es das „Gesetz der Freiheit“. Aber was ist das für eine Freiheit, wenn du dich irgend etwas unterordnen musst? Bis dahin hatte niemand so gedacht und ich hatte niemanden, mit dem ich meine Überlegungen teilen konnte. Ich begann jedoch, dem Schöpfer und Seinem Sohn gegenüber etwas zu fühlen, was mich immer weiter von Seiner Nähe entfernte. Sie bemerkten, dass irgend etwas mit mir nicht stimmte und bemühten sich um eine Aussprache. Aber ich lehnte sie ab, weil ich selbst nicht verstand, was mit mir vorging.
Ich beschloss, meine Überlegungen einigen anderen Engeln, die mir großes Wohlwollen entgegenbrachten, mitzuteilen. Und auch sie waren verwirrt. Ich begann mich mit ihnen darüber auszutauschen, dass mir ein Leben ohne Gesetz wesentlich freier erscheinen würde. Plötzlich hatte ich das Gefühl, dass gerade diese Behauptung der Ansatz dafür sein könnte, zu erreichen, was ich haben wollte. Der Funke in ihren Augen, während sie mich ansehen würden. Ich wäre dann ihr Erlöser. Ich würde sie von der Knechtschaft des Gesetzes befreien. Immer wieder sprach ich von meinen Schlußfolgerungen und redete ihnen systematisch ein, was sie meinem Wunsch nach begreifen sollten. Erstaunlicherweise war das ganz leicht, da sie mich liebten und mir vertrauten.
Nun ging ich noch einen Schritt weiter. Ich erzählte ihnen auch Dinge, die gar nicht der Wahrheit entsprachen, nur um mir ihre Zuneigung zu sichern. Auch das war wieder so einfach. Bisher hatte noch niemand einem anderen Unwahres erzählt oder etwas dergleichen erwartet. Deshalb glaubten sie mir auch vorbehaltlos alles, was ich ihnen sagte. Am Anfang war mir noch seltsam und unwohl zumute, solche Unwahrheiten zu verbreiten, aber ihre zunehmende Ergebenheit mir gegenüber ließ das unbehagliche Gefühl in mir verschwinden. Später würde ich ihnen ohnehin erklären, dass dies der wirkungsvollere Weg wäre, die Freiheit zu erreichen.
Der Schöpfer selbst kam zu mir, um mich zu warnen, wohin mich solche Überlegungen und Handlungen führen würden. Er bat mich, diesen Weg zu verlassen und zu werden, wie ich zuvor gewesen war. Aber ich wollte nicht zulassen, dass man mich länger einer Gehirnwäsche aussetzte wie die anderen. Ich blieb bei meinem Standpunkt. Umgehend erklärte er mir, dass ich ab sofort nicht länger das Amt versehen könne, was ich bis jetzt inne hatte. Damit gab er mir allerdings einen weiteren Anlass dafür, aufzuzeigen, dass seine Grundsätze nicht wirklich gerecht waren und er mich zu erniedrigen versuchte. Mich – das erhabenste Geschöpf! Immer mehr dieser neuen Gefühle überströmten mich. Ich konnte sie nicht beschreiben, aber sie nahmen vollkommen von mir Besitz. Ich bekam Angst, wohin mich das führen würde, aber bei mir – dem mächtigsten aller Engel - durften die anderen mir ergebenen Engel nicht das leiseste Zeichen von mangelndem Selbstvertrauen entdecken.
Je länger ich in meinen Handlungen verharrte, um so klarer wurde mir, dass der Schöpfer unfähig war, irgend etwas gegen mich zu unternehmen. Es stimmt schon, Er ist der Geber des Lebens und als solcher hätte Er es mir auch wieder nehmen können. Doch ich begriff, dass Er das niemals tun würde, weil er damit nur den Beweis liefern würde, dass ich im Recht wäre. Das ermutigte mich noch mehr. Ich erkannte, dass Er Beschränkungen unterlag, von denen ich frei war. Und das nutzte ich zu meinem Vorteil aus.
Immer mehr Engel schlossen sich mir an und standen auf meiner Seite. Denjenigen, die uns ermahnten und sich uns nicht anschließen wollten, warfen wir vor, dass sie trotz ihrer freien Entscheidungsfähigkeit dennoch dem Schöpfer entweder aus Eigennutz oder aus Angst dienten.
Ich war sogar etwas schockiert darüber, wie der Schöpfer auf meine Aktionen reagierte. An Seiner Stelle hätte ich den Urheber solcher Unzufriedenheit unter meinen Geschöpfen sofort beseitigt. Vielleicht hätten mir die übrigen dann aus Angst gedient, aber in Zukunft hätte es keine ähnlichen Versuche mehr gegeben. Denn dann wäre der Aufstand nie eskaliert und es gäbe heute nicht die daraus resultierenden Folgen.
Anstatt alles zu tun, um mich an meinem Vorhaben, mich ihm gleichzustellen, zu hindern, vernahm ich von einem neuen Vorhaben des Schöpfers und Seines Sohnes. Er plante, noch einen Planeten mit vielfältigen lebenden Wesen zu erfüllen und als Krönung des Ganzen ein Wesen nach Seinem Abbild zu erschaffen.
Das beunruhigte mich deutlich. Nicht nur, dass Er mich aus meinem Amt verstoßen hatte, jetzt schien Er mich auch noch zu ignorieren und so zu tun, als gäbe es mich nicht. Ganz so, als würde mein Tun Seine majestätische Herrlichkeit in keiner Weise beeinträchtigen.
Und damit kam ein weiteres Gefühl in mir auf. Heute nennen wir es – Zorn.
2. Die Erde – mein Eigentum
Genau das war es, was ich brauchte: ein Planet mit seinen Bewohnern im Anfangsstadium. Alle bis dahin geschaffenen Welten hatten breits Vorurteile gegen mich.
Aufmerksam beobachtete ich, was geschah. Den Planeten, die Erde, der bis dahin wüst gewesen war, entschied sich der Schöpfer jetzt mit Leben zu erfüllen. Ich verfolgte, wie er dies tat, um vielleicht selbst irgendwie dasselbe tun zu können. Es war einfach unbeschreiblich. Als alles geschaffen war, blickte ich auf die ganzen lebendigen Wesen und stellte fest, dass keines dem Schöpfer ähnelte. Dann sah ich, wie der Sohn etwas aus dem Staub der Erde formte, aber es war mir nicht möglich, näher heranzukommen. Dann blies er ihm Leben ein und ein wunderschönes Geschöpf erhob sich – nach dem Bilde Gottes geschaffen. Kurz darauf ließ er ihn aber wieder in tiefen Schalaf fallen und bildete aus seiner Rippe ein zweites Geschöpf seiner Art, jedoch mit einem anderen Geschlecht.
Ich dachte so bei mir, wenn es mir nur möglich wäre, dieses wunderschöne Wesen für mich zu gewinnen, dann wäre mein Sieg vollkommen. Allerdings ergab sich mir keine Gelegenheit, diesem Wesen unter vier Augen zu begegnen. Zu meiner großen Enttäuschung mußte ich sogar erfahren, dass sie von meinen Machenschaften unterrichtet wurden. Deshalb war es unmöglich geworden, offen auf sie zuzugehen und ich war gezwungen, mir etwas anderes zu überlegen. Es war mir außerordentlich wichtig, dass ein Wesen nach Gottes Ebenbild zu mir gehörte.
Ich begann herauszufinden, dass meine Fähigkeiten neben ihrer eigentlichen Bestimmung auch für andere Dinge verwendbar waren. Und ich begriff, dass die Erdgeschöpfe den Engeln in ihrem Rang und ihren Fähigkeiten unterlegen waren. Aus diesem Grund versuchte ich, meine Begabungen dahingehend zu verwenden, um die neugeschaffenen Wesen zu meinem Vorteil zu benutzen.
Stellvertretend für mich wollte ich damals das schönste Tier, die Schlange, gebrauchen. Es war ein leichtes, den Körper und den Verstand der Schlange einzunehmen, um durch sie sprechen zu können. Und natürlich fragte ich mich, ob es genauso leicht wäre, es den Menschen gleich zu tun.
Nun, es gab jedoch noch eine Frage. Nämlich nach dem Vorwand, unter welchem ich an den Menschen herantreten sollte. Was konnte ich benutzen? Logisch, es mußte irgendwie wieder an das Gesetz gebunden sein! Da es bei ihnen auch den Baum der Erkenntnis von gut und böse gab, welchen der Schöpfer als einzigen Prüfstein für ihren Gehorsam verboten hatte, konnte ich diese Tatsache nutzen. Weshalb sollte man dem Menschen auch das Wissen über Gut und Böse vorenthalten? War es nicht ein Vorteil, mehr Wissen zu erlangen, um sich besser verteidigen zu können? Was hieß das überhaupt – böse? So etwas wurde doch bisher nie vernommen. Warum sollte darüber nicht mehr Erkenntnis herrschen? Oder haben wir doch keinen freien Willen, um selbst darüber zu entscheiden, was wir wissen wollen?
Wenn ich direkt auf sie zugegangen wäre, hätten sie Vorurteile wegen der Schilderungen des Schöpfers gehabt. Auch wenn er zu ihnen voller Mitleid sprach, so wurde ich den Eindruck nicht los, dass er sie nur manipulierte und mich in einem falschen Licht darstellte. Deshalb mußte ich ihnen unbedingt meine Version mitteilen.
Eva war allein. Sie schien mir weniger entschlossen als Adam zu sein und die schwächere von beiden. Ich beschloss, mich an sie zu wenden. Als sie an mir vorbeilief, kam ich auf sie zu. Sie hegte keinen Zweifel. Der Schlangenkörper war eine perfekte Tarnung. Gleich zu Beginn des Gesprächs warf ich absichtlich eine falsche Information ein. Obwohl ich genau wußte, von welchem Baum uns verboten war, zu essen, fragte ich sie, ob es wohl wahr wäre, dass sie die Früchte keines Baumes essen dürften. Sie korrigierte mich. Sie sagte, dass sie alle Früchte essen dürften, ausser jenen vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse, denn wenn sie dies täten, müssten sie sterben. Keiner von uns wagte sich, das zu tun, deshalb versuchte ich sie dazu zu bewegen – um zu sehen, was geschehen würde. Ich sprach zu ihr, dass dies nicht die Wahrheit sei und dass sie gewiss nicht sterben würde, sondern dass sie Göttern gleich wären, welche Gut und Böse kennen. Ich fragte sie, was daran so verwerflich wäre. Im Gegenteil. Wäre es nicht vielmehr ein Vorteil und ein weiterer Schritt zum ihrer Vollkommenheit? Sie wußte nicht, was Un-Wahrheit ist. Noch weniger erwartete sie solches von einem Geschöpf Gottes. Und am allerwenigsten in einer Atmosphäre, die Liebe und Harmonie ausstrahlte. Aus ihrer Sicht hatte ich das Wissen darüber, was geschehen würde. Ihr Gesichtsausdruck verriet mir, was in ihremVerstand geschah. Sie erblickte die wunderbare Frucht und gab sich den Gedanken darüber hin. Sie überlegte, dass der Tod wahrscheinlich etwas sei, was gar nicht existiere und dass ich womöglich recht hätte. Sie näherte sich dem Baum und pflückte schließlich eine der Früchte. Nichts geschah. Sie führte sie zum Mund und biss hinein. Doch noch immer geschah nichts. In diesem Moment kam Adam und erstarrte, als er sah, was Eva getan hatte, denn er wußte, was nun geschehen würde. Ich versuchte dasselbe mit ihm zu tun, wie mit der Schlange – Zugang zu seinem Verstand zu bekommen – aber es gelang mir nicht. Jedoch entdeckte ich, wie ich ihm Gefühle und Gedanken suggerieren konnte. Ich weckte in ihm das Gefühl, sich ohne Eva ein Leben nicht vorstellen zu können und daher lieber ihr Schicksal zu teilen. Und ich hatte Erfolg! Im vollkommenen Wissen, was er tat und was die Folgen seines Handelns sein würden, nahm auch er eine Frucht und aß sie.
Mit einem Mal verschwand der Glanz, der sie bisher umgeben hatte. Gleichzeitig begriff ich, dass sie jegliche Kraft, sich mir zu widersetzen, verloren hatten. Sie glichen dem Schöpfer nur äußerlich, jedoch hatten sie nicht Seine innere Stärke. Sie hatten sie nur inne, solange sie durch den Gehorsam mit Ihm verbunden waren. Also waren sie doch nicht das Meisterwerk, für das ich sie zuerst gehalten hatte. Jetzt waren sie mir gleichgesinnt; auf derselben Seite wie ich. Mir gehörten der gesamte neugeschaffene Planet und all seine Bewohner. Alle standen unter meiner Herrschaft. Und damit begann mir das menschliche Geschlecht zu gefallen und ich überlegte, wie ich es beschützen könnte.
Nicht lange darauf hörte ich den Schöpfer kommen, doch ich wollte nicht weggehen. Da sie jetzt auf meiner Seite standen, begehrte ich das Recht auf sie. Ich blieb in ihrer Nähe, um ihnen bei der Rechtfertigung zu helfen, denn dies war für sie eine neue Situation. Der Schöpfer wußte bereits, was sie getan hatten. Er wußte auch, dass das Geschehene nicht wiedergutzumachen war. Und doch; ich war im Recht. Sie waren nicht gestorben, wie Er es ihnen gesagt hatte. Als Adam gefragt wurde, was er getan hätte, suggerierte ich ihm, die Schuld auf Eva zu schieben. Sie war von seinen Worten so überrascht, dass ich auch ihr suggerieren konnte, die Schuld von sich auf die Schlange zu schieben, denn so hätte keiner von beiden Schuld, sondern die Schlange. Mehr – oder weniger. Daraufhin verfluchte der Schöpfer die Schlange und nahm ihr Beine und Flügel. Doch dass Er daraufhin sagte, er werde Feindschaft zwischen ihre und Evas Nachkommen setzen, verwirrte mich. Ich verstand es zunächst nicht, aber es handelte sich dabei um mich und meine Nachkommen – Menschen, die mir dienen würden. Ich wurde wütend, als ich begriff, dass dem menschlichen Geschlecht trotz ihres Ungehorsams eine Möglichkeit bleiben würde, sich mir zu widersetzen. Von nun an fand ich sie nicht mehr so sympatisch. Mir wurde klar, wieviel dem Schöpfer an diesen schwachen Wesen lag. Aber – wann würden sie sterben? Warum waren sie noch nicht gestorben?
Also war meine Vermutung doch richtig! Der Schöpfer sagte nicht die Wahrheit. Er war nicht konsequent gegenüber seinen eigenen Worten. Denn wäre er es – hätte er ihnen sofort das Leben nehmen müssen. So aber schien es, als hätte Er sein eigenes unveränderliches Gesetz zu Gunsten der Menschen verändert, um sie zu schonen.
Aber... was war das?
Der Schöpfer zeigte Adam, was er zu tun hatte. Adam nahm ein kleines Lamm, schlachtete es und zog ihm die Haut ab. Er tat etwas seltsames, irgendein Ritual... aber was hatte es zu bedeuten? Das mußte ich erfahren. Der Schöpfer erklärte, dass es nur einen einzigen Weg gäbe, das Geschehene wieder gut zu machen. Der Schöpfer mußte gleichzeitig gerecht aber auch gnädig sein und das war unmöglich, denn die beiden Dinge schlossen sich gegenseitig aus. Er erklärte ihnen, dass Er selbst die Strafe für den Gesetzesbruch zahlen würde, indem er durch seinen Sohn stellvertretend für den Menschen sterben würde, damit der Mensch frei sein könne. Er würde gnädig sein und ihnen die Übertretung vergeben, aber gerecht wäre er auch, denn er würde die Strafe für ihre Tat selbst tragen – den Tod. Deshalb starben sie nicht sofort.
Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. Wie konnte Er sterben, der behauptete unsterblich zu sein? Warum würde Er überhaupt soetwas für zwei Schwächlinge tun, die ihm nicht einmal gehorsam waren? Aus Liebe? Mir wurde schlecht von alledem, denn durch das Gesagte begannen all meine Pläne zu zerfallen.
So ging das nicht! Dieser Planet gehörte mir! Sie hatten mir Gehorsam gezollt. Es gab keine Möglichkeit für Umkehr und Vergebung. Allerdings war mein Glück, dass die Menschen nicht starben und dass sie weiterhin Zugang zum Baum des Lebens hatten und damit zur Unsterblichkeit. So dachte ich über sie und ihre Nachkommen doch noch zu meinem Ziel zu kommen – einem Königreich mit größerer Freiheit. Ein Königreich ohne Gesetz, welches mehr geschätzt werden würde, als das Königreich des Schöpfers. Ich beobachtete den Schöpfer, wie Er sie aus dem Garten Eden führte. Ich fragte mich, wozu? Vor dem Baum stellte er Engel mit flammenden Schwertern auf, damit die Menschen in dem Zustand, in den ich sie gebracht hatte, doch nicht ewig leben könnten. Zorn und Bitterkeit gegenüber dem Schöpfer und den Menschen fuhren jäh in mir hoch. Die Menschen waren zu schwach und zu töricht, um sie zu etwas zu gebrauchen. Sie konnten nicht fliegen, nicht per Gedanken kommunizieren, sie konnten ihre Gestalt nicht verändern, sie konnten nicht zwischen den Dimensionen reisen... sie waren nutzlos und jämmerlich. Und trotzdem, der Schöpfer hatte ihnen die Fähigkeit gegeben, sich mir widersetzen zu können, wo ich doch tausendmal mächtiger war als sie! Er gab ihnen Seine Kraft, denn in sich hatten sie nichts, was sie mir hätten entgegensetzen können, damit ich mit ihnen machte, was ich wollte.
Ich mußte den Menschen unfähig machen und ihn überwältigen, damit er nicht in den Besitz der Kraft, mit der er mir widerstehen konnte, kam. Und das konnte ich nur so bewerkstelligen, indem ich ihn auf jede mögliche Weise vom Schöpfer trennte. Schließlich tue ich es zu ihrem Besten. Für ihre Befreiung vom Gesetz. Für ihre vollkommene Freiheit.
(Der Rest des Buches folgen in Kürze...)