Den letzten Abschnitt dieses Buches möchte ich zwei sehr wichtigen Thema widmen, wie ich finde:
Den letzten Abschnitt dieses Buches möchte ich zwei sehr wichtigen Thema widmen, wie ich finde:
Der Begriff Recovery-Burnout beschreibt ein Ausbrennen durch zu viel Recherche und Suche nach Heilungswegen und ständiger Überlastung damit. Man kann sich im Studium der Krankheitsursachen und der neuesten Therapieversuche derart verlieren, dass eine Erschöpfungsdepression entsteht.
Aber auch die mitunter langwierigen Antragsverfahren um Lohnersatzleistungen oder Hilfsmittel, der viele Schriftverkehr mit den verschiedenen Ämtern und Behörden und auch die Wartezeiten auf Entscheidungen können unglaublich zermürbend sein.
Dem Vorbeugen kann man, indem man sich über diesen Effekt informiert (was hiermit zum Teil bereits geschehen ist) und es im Hinterkopf behält, damit man bei Anzeichen einer solchen Erschöpfungsdepression die Reißleine ziehen kann.
Man kann durchaus auch versuchen, dem vorzubeugen, indem man auch bei allen Recherchen Pacing betreibt und Pausen macht sowie sich zwischendurch anderen Themen widmet - nur wird ein Großteil von uns erfahrungsgemäß dennoch in diesem "Falle tappen". Das liegt unter anderem darin begründet, dass es kaum Mediziner*innen gibt, die sich mit der Erkrankung auskennen und man notgedrungen fast alles selbst recherchieren muss.
Hobbys können helfen, einem Burnout vorzubeugen oder abzufangen.
Viele Betroffene stehen zwar vor der Schwierigkeit, dass bisherige Hobbys nicht mehr anwendbar sind, aber es gibt eine Vielzahl von Dingen, die man auch mit stark reduzierter Energie ausprobieren kann. Es mag auf den ersten Blick sinnfrei erscheinen, sich über Freizeitgestaltung Gedanken zu machen, wenn man nicht mal in der Lage ist, den Alltag zu bewerkstelligen. Aber über kurz oder lang wird man sich die Frage stellen müssen, wie man Zeit sinnvoll füllen kann, trotz der nun nur noch sehr reduzierten Ressourcen, weil man einfach auch den Abstand zur Erkrankung braucht und sinnvolle Beschäftigung sucht.
Und auch der Austausch in Selbsthilfegruppen bzw. mit anderen Betroffenen kann hilfreich sein - wobei hier bewusst darauf geachtet werden sollte, dass sich die Themen im Austausch nicht nur um die Dinge drehen, die zum Burnout führen, sondern dass eher “fachfremde” Themen angesprochen werden wie beispielsweise Hobbys, Beschäftigung, Sinnsuche.
Der zweite oben genannte Punkt - Trauer - soll sich damit befassen, dass es für die meisten Personen mit lebensverändernder Erkrankung einen Trauerprozess zu durchleben gilt, wenn man die Erkrankung akzeptieren und damit weiterleben will. Es gibt sicherlich einige, die sehr pragmatisch "die Dinge nehmen, wie sie kommen", aber der weitaus größere Teil wird sich aktiv oder passiv von Träumen und Wünschen verabschieden müssen, wenn es den Anschein macht, dass ME/CFS sich chronifiziert und (vorerst) bleibt.
Das wird und soll ja nicht gleich das Beerdigen aller Lebensträume bedeuten! Aber die kleinen Abschiede im Alltag (der Verlust der Arbeitsfähigkeit, das nicht-mehr-Ausüben-können von Sport, das Zerbrechen von Freundschaften u.vgl.), die gehören einfach dazu und sollten beachtet werden. Eine Zeitlang lässt sich das verdrängen, aber irgendwann kommt die Trauer ums Eck, möglicherweise hat sie auch Wut im Gepäck - und dann ist es gut, darauf vorbereitet zu sein.
Übrigens sind dann Sprüche wie "Jetzt reiß' dich mal zusammen" oder "Anderen geht es viel schlechter als dir" völlig unangebracht! (Tipp auch für Zugehörige)
Gefühle müssen verarbeitet werden, sonst suchen sie sich andere Wege. Und wir haben mit den bestehenden Symptomen schon genug zu tun, da braucht es nicht noch ein Magengeschwür, eine Depression oder anderes, dessen Ursache in nicht verarbeiteten Emotionen liegt.
Es gibt einige gute Hilfsmittel, um mit Überlastung und negativen Emotionen umzugehen.
Vieles davon ist im Abschnitt über Pacing und den Umgang mit der Erkrankung bereits genannt worden, die sich auch hier eignen. Dinge wie Energie einteilen, sich Unterstützung holen (über Fachpersonen oder Selbsthilfe), Aufschreiben der Gefühle, Ablenkung.
Sich darüber klar werden und sich nicht verbieten, zu trauern, das kann ebenso helfen.
Man muss nicht immer stark sein, und man muss nicht immer nur gute Laune haben und stark sein. Das zu erwarten, ist Quatsch, auch wenn zahllose Posts auf Social Media das suggerieren.
Das für mich wichtigste bleibt aber der Austausch mit anderen Betroffenen. Sei es telefonisch, in der online-Selbsthilfegruppe, in kleinen Chatgruppen oder auch nur durch das Aufschreiben (und dann entweder Abhaken und Weglegen oder Posten) habe ich mir schon so manche Krise von der Seele gepflückt.
Hilfreiche Kniffe zu lernen und anzuwenden, das wünsche ich jeder*m Betroffenen.