PEM (PENE) ist auch nicht die zum Teil gravierende Erschöpfung während oder kurz nach der Akutphase (die bei Covid auch gerne mal 8 Wochen und länger dauern kann!), nachdem man etwas getan hat. Diese Fatigue ist normal nach einem Virusinfekt, auch nach anderen Infekten oder schweren Erkrankungen.
PEM (PENE) bedeutet, dass man unverhältnismäßig zur vorangegangenen Aktivität physisch, psychisch und kognitiv erschöpft ist, dass neue bzw. längst überwundene Symptome wieder auftreten und die Symptomatik sich durch Ruhen und Schlaf in der Regel nicht beheben lässt.
PEM (PENE) tritt oft in zwei oder mehr Phasen auf.
Die akute (zeitnahe) PEM (PENE) äußert sich bei den meisten Betroffenen in starken Kopfschmerzen, einer zunehmend erschwerten Konzentration, Brainfog und einer verlängerten Reaktionszeit.
Zeitverzögerte PEM (PENE)-Symptome sind Schmerzen in den Muskeln und Gelenken, Abgeschlagenheit, erhöhtes Schlaf- und Ruhebedürfnis, Unfähigkeit, das Bett zu verlassen, massive Reizüberempfindlichkeit gegen Licht, Geräusche und Gerüche, Unfähigkeit zu Kommunikation (egal, ob mündlich oder schriftlich), “Jeder Handgriff ist zuviel”. Diese zeitverzögerte PEM (PENE) ist der nahezu komplette Zusammenbruch der Körpersysteme. Bei manchen Betroffenen passiert das erst nach 48 bis 72 Stunden später - was es schwer macht, den oder die Auslöser zu identifizieren, gerade in den ersten Monaten der Erkrankung.
Eine weitere Ausdrucksweise von PEM (PENE) kann eine zeitlich begrenzte psychische Instabilität sein. (mehr dazu im Abschnitt ME/CFS und Psyche)
PEM ist eine Überreizung der Körpersysteme, vergleichbar mit Übertraining in der Sportmedizin. Daraus resultieren eine Verstärkung der Erschöpfungsphase und eine unverhältnismäßige Verlängerung der Erholungsphase.
PEM (PENE) ist aber kein statischer Zustand. Es gibt sehr individuelle Ausprägungen und Stärken, abhängig von der vorherigen Dauer und Intensität der Überlastung.
PEM (PENE) zwingt den Körper zu einer Pause, deren Länge kaum abschätzbar ist, wobei das Ruhebedürfnis völlig individuell ist. Manche Betroffenen können während PEM (PENE) sogenannte “aktive Erholung” betreiben, wie beispielsweise Meditationen, Yoga im Liegen oder Atemübungen, manche lesen oder hören Podcasts, während andere stunden- bis tagelang schlafen und in einer Art Dämmerschlaf dösen (und dann auch jedes Zeitgefühl und die Erinnerung fehlen kann). Diese Phase kann wenige Tage bis zu mehreren Wochen andauern, ob eine vollständige Erholung auf das vorherige Aktivitätsniveau möglich sein wird, das ist im Voraus auch kaum zu sagen. PEM (PENE) macht deshalb ein Leben mit ME/CFS kaum planbar, weder für die Betroffenen noch für das Umfeld.
Sicher ist hingegen eines: wenn dem Ruhebedürfnis bei PEM (PENE) nicht nachgegeben wird (oder nachgegeben werden kann), dann kommt es zum Crash, wobei der Übergang mitunter fließend ist und die Begriffe auch nicht geschützt sind im Sinne klarer Definition.
Ein Crash beschreibt einen kompletten Zusammenbruch des Systems mit in der Regel kompletter Bettlägerigkeit, Unfähigkeit zu Körperpflege, mitunter Unfähigkeit zu Kommunikation und Ernährung, manche Betroffene berichten von einer starken Abnahme von Puls und Atemfrequenz. Der Körper ist quasi mit dem Aufrechterhalten der existentiellen Körperfunktionen schon ausgelastet, mitunter sogar überlastet. Manchmal finden Verdauung und Harnproduktion nicht mehr statt. Im Extremfall kann ein starker Crash zum Tod führen.
PEM (PENE) zeigt, dass die Bezeichnung “Myalgische Enzephalomyelitis/ Chronisches Fatigue-Syndrom” nicht gut gewählt ist, denn PEM (PENE) hat (meistens) nichts mit Fatigue zu tun.
Betroffene leiden zwar mitunter an Fatigue, jedoch ist diese schwere, krankhafte Erschöpfung nicht das Leitsymptom. In Medien und Berichten, aber auch in Vorträgen erlebe ich es häufig, dass Betroffene sich durch den Begriff Fatigue nicht wahrgenommen fühlen. “Es wäre schön, wenn ich nur Fatigue hätte. Dann könnte ich etwas tun dagegen” ist ein oft gehörter und gelesener Satz.
Andererseits ist es auch enorm schwer abzugrenzen für Personen, die von chronischer Fatigue, aber NICHT von ME betroffen sind.
Ich schrieb es in der Einleitung: Ich bin seit Jahren Schmerzpatientin. Ich weiß, was Fatigue ist und ich dachte, deshalb auch zu wissen, was ME/CFS ist. Jetzt erst, seit ich selbst zusätzlich von ME betroffen bin, weiß ich, dass PEM (PENE) etwas ganz anderes ist als Fatigue und keineswegs die beiden Erkrankungen ME & CFS miteinander vergleichbar sind.
Ich nutze hier weiterhin dennoch den Doppelbegriff ME/CFS, weil dieser in der Literatur und in Fachartikeln so verwendet wird. In der Community setzt sich aber langsam die Schreibweise ME oder M.E. durch. Vielleicht ändert das auch zukünftig die Schreibweise in Fachmedien.