Politik und Glaube- Warum Christen aktiv werden müssen!

Leserbrief zur www.die-tagespost.de vom 5.6.2010

Glauben auch in der Politik bekennen!

Leserin Sigrid Sels schrieb in ihrem Leserbrief vom 5.06.2010: "Die Geschichte lehrt uns, dass zuviel Politik in der Kirche .... immer einherging mit einem Niedergang im Glauben." Sie bezieht sich dabei auf den Artikel vom 6.5.2010, wo Christen mehr Umweltengagement durch die Kirche forderten. Schon vor längerer Zeit gab es auch eine Anzeige in der Tagespost mit der Aussage, die Kirche sei kein Weltverbesserungsverein. Ich frage mich, ob diese Aussagen nicht genauso vereinfachend sind, wie viele derzeit populäre Kritiken an der Kirche.

Ich weiß, dass Ideologien gibt, die zum Totalitarismus neigen und ich weiß auch, dass es nichts auf dieser Welt gibt, was perfekt ist. Aber Kirche und Politik schließen sich nicht aus. Die Trennung von Kirche und Politik haben wir schon bei König David. Aber als dieser sich falsch verhält, tritt der Vertreter der Religion vor den Herrscher und sagt ihm sinngemäß: "Eure Majestät, ihr seid zu weit gegangen! Ihr habt für Eure Interessen ein Leben vernichtet und die Ehe gebrochen!"

Auch Johannes der Täufer wird hingerichtet, weil der den Herrscher kritisiert, nicht weil er eine neue Frömmigkeit predigt. Aber die Frömmigkeit war Grundlage des Einmischens in die Politik. In diesem Sinne Stimme ich sogar der Leserin zu: Ohne Frömmigkeit ist politisches Engagement auf wackeligen Fundament gebaut. Und auch in unserer Zeit hat politisches Engagement oft tödliche Folgen, man denke nur an Fritz Gerlich, der als Katholik gegen Hitler kämpfte oder an die vielen Geistlichen, die schon sterben mussten, weil diese sich an die Seite der Armen stellen.

Auch Paulus legt politisches Engagement nahe. Zeige mir deinen Glauben ohne Taten und ich zeige dir meinen anhand von Taten. Und zum Staat sagt er, dass man ein guter Untertan sein soll und die Regierung in allem Guten, was diese tut, unterstützen soll. Wahrscheinlich gab es in der Urgemeinde Personen, die auch das römische Reich in Frage stellten. Hätten diese sich durchgesetzt, hätte Rom seine ganze Macht eingesetzt, das Christentum im Keim zu vernichten. Paulus will nicht die Revolution, sondern eine Art Evolution. Christen sollen alles was gut ist unterstützen und in dem Rahmen, der ihnen gegeben ist, zum Gemeinwohl beitragen. In der Demokratie mit ihren Mitwrkungsrechten für Jedermann erwächst aus diesen Worten eine besondere Verantwortung, sich zu organisieren, um gute Gedanken in das Gemeinwesen zu tragen. Selbst die Aussage Jesu, "gib dem Kaiser, was des Kaisers ist", ist für mich eine Aufforderung Politik zu machen. früher war der Herrscher der Souverän des Staates, In der Demokratie ist es das Volk. Also ist jeder von uns ein kleiner Kaiser, der seinen Einfluss geltend machen soll, dass christliches Handeln die Politik bestimmt.

Was stört den Glauben, wenn Christen sich für eine bessere Familienpolitik einsetzen, was dringend geboten ist, wenn unsere Nachfahren nicht in 100 Jahren unter einer islamischen Mehrheit leben sollen?

Was stört den Glauben, wenn Christen sich für die Bewahrung der Schöpfung einsetzen? Ist es nicht ein Teil des aktiven Glaubensbekenntnisses, sich für die Bewahrung von dem einsetzen, was Gott geschaffen hat, damit alle Menschen leben können?

Was ist falsch daran, wenn Christen das ständige (oder ewige) Wirtschaftswachstum kritisieren? Sind Gier und Habsucht nicht antichristlich und sind es nicht antichristliche Ideologien, wie der Kommunismus und der enthemmte Kapitalismus, die dies ohne Rücksicht auf Verluste durchsetzen wollen?

Was ist falsch daran, wenn Christen korrekte Regel für eine von den Bürgern kontrollierte korruptionsarme Politik streiten, die wieder den Menschen dient und nicht dem Wohl weniger Konzerne und Interessengruppen? Korruption dient immer dazu, die best mögliche Lösung zu verhindern. Das ist sehr oft mit Leid für viele Betroffene verbunden und mit enormen Folgekosten, die sich auch in der Staatsverschuldung wiederspiegeln.

Was ist falsch daran, wenn Christen Verfassungen und Verträge fordern, die Kriege verbieten, statt diese ausdrücklich zu erlauben, wie dies im Vertrag von Lissabon geschieht? Wenn es Aufgrund der Gier nach Rohstoffen und der von ungerechten internationalen Verträgen zu Kriegen kommt oder zu großen Völkerwanderungen, ist es zu spät. Haben Christen nicht die Pflicht, vorausschauend zu denken, zu handeln und zu wählen?

Die Kirche wirkt meines Wissens gerade deshalb unglaubwürdig, weil diese zu selten zu solchen Themen Stellung nimmt und ihre oft vorhandenen guten Aussagen nicht stärker und mit besseren Strategien in das Licht der Öffentlichkeit stellt. Das hat schon Tradition und das haben schon Menschen wie der von mir sehr bewunderte Gandhi festgestellt. Er hat vieles von dem gelebt, was eigentlich für jeden Christen gelebte Glaubenspraxis sein müsste.

Frömmigkeit muss auch politisches Handeln zur Folge haben, nicht im Sinne der Parteipolitik, sondern im Sinne des Partei ergreifen für das Gute. Was nutzt der Schutz des ungeborenen Lebens, wenn nach der Geburt das Leben keinen oder zu wenig Schutz hat? Mit gleicher Intensität, wie für das Leben vor der Geburt muss die Kirche für das Leben nach der Geburt streiten und für das Leben der Menschen, die in den künftigen Jahrhunderten geboren werden. Noch nie hat eine Zivilisation so weitrechende Folgen für die nächsten Millionen Jahre gehabt, wie die unsere. Es geht dabei nicht darum, hier ein Paradies zu schaffen. Es gibt nicht den idealen Menschen und eine gute christliche Politik berücksichtigt die Fehler- Anfälligkeit des Menschen (z.B. Korruption in den Chefetagen und Sozialmissbrauch in der Unterschicht). Eine reine Konzentration auf die Frömmigkeit würde letztlich den Kritikern der Kirche recht geben, das Religion nur Opium für das Volk ist und das die Kirche das Leid ja nicht verhindern wolle, weil diese das für ihre Caritasaufgaben bräuchte.

Keiner kann alles machen. Wer sich sozial sehr stark engagiert oder liturgische Arbeit leistet, muss nicht auch noch total engagiert Politik betrieben. Aber durch das persönliche Verhalten (z.B. zu-fuss-zur-schule.de ) und das Wahlverhalten kann jeder Zeichen setzen. Und es ist gut, wenn Christen sich dafür entscheiden, in die Politik zu gehen und wenn die Laienverbände ihre Nähe zur CDU aufgeben und gemeinsam gegenüber allen Gruppen christliche Positionen vertreten. Auch die Sonntagspredigten können kritisches zur Politik enthalten, wennes darum geht, Dinge abzuwenden die fundamental gegen christliche Werte verstoßen. Und Gemeinden können z.B. Ökostrom kaufen (atomausstiegselbermachen.de) oder Solarzellen auf Pfarrhäusern und Kirchendächern installieren.

Laut dem Menschenrechtler Volker Reusing sind z.B. in den letzten Jahren mehr Menschen am Hunger gestorben, der durch die Auflagen des Internationalen Währungsfonds (IWF) geschaffen wurde, als durch die Kriege. Kann zu diesen Folgen der Politik der Christ noch schweigen? Unsere Staatsverschuldung mit ihrem Einspardruck ist auch deshalb entstanden, weil Ideologien und Korruption unsere Politik beeinflusst haben und weil mahnende Stimmen, die auch aus der Kirche hätten kommen können, zu schwach waren oder fehlten. Warum kann die Kirche nicht mal sagen, dass es nicht hinnehmbar ist, das Parteien und Politiker Spenden von Firmen und Verbänden annehmen dürfen? Gerade die Politik soll den Ausgleich schaffen zu den Einzelinteressen der Gesellschaft. Wenn diejenigen, die Politik eigentlich kontrollieren soll, sich als deren Geldgeber entpuppen, ist es logisch, das dies nicht mehr optimal geschieht. Ohne jetzt in die Tagespolitik einzugreifen, könnte sich die Kirche mal kundig machen, wo Basisgrundregeln für eine gute und menschliche Politik schlecht oder falsch geregelt sind und hier in aller Deutlichkeit weltweit Verbesserungen fordern.

Konzerne sind für ihren Profit gerne beriet, über Laichen zu gehen. das zeigen die Gen- Technikkonzerne beim Umgang mit Landwirten, die von diesen bis in in den Selbstmord getrieben werden und das zeigt BP mit dem laxen Umgang mit der Sicherheit bei der Tiefsee- Ölförderung. Mit dem Golfstrom werden sich das Öl und die dort eingesetzten Chemikalien auf den Weg nach Europa machen. Die Kirche muss politisch sein und niemand anderes als Papst Benedikt XVI hat in seiner Botschaft zum Weltfriedenstag 2010 gesagt, das Umweltschutz die Pflicht eines jeden Menschen ist ( http://sites.google.com/site/oekoradevormwald/kirche-und-religion/umwelt ).

Die Kirche hat im Rahmen der Affären mit sexuellen Missbräuchen in der Öffentlichkeit viel Ansehen verloren . Das muss aber nicht von Dauer sein, wenn daraus die Lehren gezogen werden und wenn die Kirche sich in aller Deutlichkeit auf Grundlage ihrer Frömmigkeit auf die Seite des Lebens, der Gerechtigkeit und der künftigen Generationen stellt. Es geht nicht darum, hier ein Paradies zu schaffen, die Politik der Kirche und der Christen muss vielmehr dafür stehen, dass die Hölle verhindert wird, zu der viele antichristliche Ideologen verschiedenster Richtungen diese Erde machen wollen. Ich bin überzeugter Katholik und wegen meiner katholischen Einstellungen sogar von einer Erstkommunionfeier ausgeladen worden. Aber ich leide auch an einer Kirche, die sich nicht traut oder es nicht schafft, viel deutlicher sich dem Übel entgegenzustellen, dass unsere Gegenwart und Zukunft bedroht.

Ist die Kirche wirklich kein Weltverbesserungsverein? Ist Jesus nicht den Weg bis ans Kreuz gegangen, um die Welt zu verbessern? Und soll nicht jeder Christ bestrebt sein, ebenfalls so einen Weg für eine bessere Welt zu gehen, selbst wenn man dafür ans Kreuz geschlagen wird? Vielleicht würde Jesus bei denen, denen der Zugang zum Himmel verwehrt ist heute auch sagen: "Ich litt unter den fatalen Folgen der Politik, aber ihr habt diese Leute gewähren lassen und nicht Eure Stimme gegen das Unheil erhoben." An Vorbildern für gutes Verhalten fehlt es doch nicht. Das 3. Reich und die Kirche Lateinamerikas haben genug Märtyrer hervorgebracht, die gegen die Politik solcher Regime und Ideologien tätig waren. Wieviel mehr müsste es solche Menschen heute in Europa geben, wo die Unterdrückung fehlt?

Abs. Felix Staratschek, Freiligrathstr. 2, 42477 Radevormwald

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http://sites.google.com/site/oekoradevormwald