Die Krähenzauberfeder
Der Käsedieb
Johanna, die Sennerin, hatte gerade ihre Schafe gemolken. Aus der Milch wollte sie Quark und daraus schließlich Käse machen. Sie lebte das ganze Jahr hier oben auf der Alm. Im Winter ziemlich einsam, weil alles metertief im Schnee verschwand, im Sommer hingegen, viel besucht. Ein herrlicher Wanderweg führte wenige Meter an ihrer Hütte auf dem Berg vorbei. Sie hatte einen großen Tisch und Bänke aufgestellt, sodass sich müde Wanderer bei ihr ausruhen konnten.
Viele kauften ihren handgemachten Käse. Manche kamen sogar extra deswegen hierher.
Die Weidenachbarn, die nur im Sommer ihr Vieh hier oben grasen ließen, versorgten Johanna mit allem, was sie nicht selbst herstellen konnte. Hin und wieder nahm sie einer mit dem Geländewagen mit ins Tal, damit sie sich neue Kleidung kaufen oder Behördengänge erledigen konnte. Denn Strom oder gar Internet gab es hier oben nicht. Ihre beiden Söhne arbeiteten in der nächstgelegenen Stadt, ihr Mann war schon vor drei Jahren gestorben, und so lebte Johanna ganz für ihre Tiere – die Schafe und eine Schar Hühner.
Dank der Quelle neben ihrem Häuschen mangelte es nie an frischem Wasser. Sie schor ihre Schafe selbst und spann das Vlies am Ende zu Wolle. Aus dieser strickte und häkelte sie Jacken. Oder sie filzte Hüte, wie sie gern von den Männern in der Region getragen wurden. Die meisten nahmen sich aber Urlauber als Souvenir mit.
In den letzten drei Tagen hatte es durchweg geregnet. Johanna, welche die Zeichen der Natur deuten konnte, wie kaum ein anderer, wusste, dass es noch ein paar Tage so weitergehen werde.
„Hm, was soll es“, murmelte sie. „Dann versüße ich mir das Leben heute mit ein paar Scheibchen Käse.“ Sie schnitt auch sofort einen kleinen Käselaib an und vier Scheiben davon ab. Sie ließ sie auf dem Brettchen liegen, um sich einen duftenden Kräutertee aus den getrockneten Bündeln unterm Vordach aufzubrühen. Mit der großen Blechtasse in der Hand setzte sie sich endlich an den Tisch, um auszuruhen und zu essen.
Johannas Augen weiteten sich in ungläubigem Staunen. Sie hatte vier Scheiben abgeschnitten. Es lagen aber nur noch drei auf dem Tisch.
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